Schnittstelle Klinik-Außerklinik: Herausforderungen beim Aufbau einer Beatmungsstation in der Rehabilitation

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Transkript:

Schnittstelle Klinik-Außerklinik: Herausforderungen beim Aufbau einer Beatmungsstation in der Rehabilitation Dr. med. Martin Groß ÖR_FB_004_01_2012_09 Chefarzt der Klinik für Neurologische Intensivmedizin und Frührehabilitation am Evangelischen Krankenhaus Oldenburg

Phasen der Neurorehabilitation Phase A Phase B Phase C Phase D Phase E Akutphase im Krankenhaus Frührehabilitation (Patient schwerst betroffene, pflegeabhängige, oft bewusstseinsgestört) Weiterführende Rehabilitation (zunehmend aktive Mitarbeit, sinkender Pflegebedarf) Anschlussheilbehandlung (Patient weitgehend selbstständig in Aktivitäten des täglichen Lebens) Nachsorge und berufliche Rehabilitation Phase F Aktivierende, zustandserhaltende Langzeitpflege bei anhaltend hoher Pflegebedürftigkeit

Top-5-Diagnosen Beatmete Patienten Nicht beatmete Patienten 8 7 6 5 4 3 2 1 0 60 50 40 30 20 10 0 CIP/CIM als Sammeldiagnose für protrahiert und chronisch kritisch Kranke3

Herausforderung: Akutmedizinischer Behandlungsbedarf Phase A: Akutbehandlung Phase B: Frührehabilitation verbessertes Überleben Schwerstkranker in der Akutintensivmedizin Verschiebung der Schwerstkrankenversorgung in die Phase B (Chronisches Ein- und Mehrorganversagen, Beatmung, Kunstherz,..)

Wo findet neurologisch-neurochirurgische Frührehabilitation mit Beatmung statt? Akutkrankenhaus mit Frührehabilitationsabteilung Fach- oder Rehabilitationsklinik mit Intensiveinheit

Neurologische Frührehabilitation Bedarfsanalyse 700 600 500 400 300 Bedarf stationär aufgenommen 200 100 0 Patienten Anmeldelage und Bettenangebot in unserer Klinik Januar bis November 2015

Überblick über die Versorgungslandschaft hoher ökonomischer Druck der Akutkrankenhäuser überregionale Anmeldung in etlichen Frührehabilitationseinrichtungen Rehabilitation fern der Heimat regionale Versorgungsengpässe in der Frührehabilitation dezentralisierte Struktur

Rolle des Beatmungszentrums Ersteinstellung einer außerklinischen Beatmung ausschließlich in einem Beatmungszentrum Expertise in Indikationsstellung, Beginn und Überwachung einer außerklinischen Beatmung im Beatmungszentrum vorhanden langfristige Überwachung entlassener Patienten oder Anbindung an ein wohnortnahes Beatmungszentrum notfallmäßige Wiederaufnahme der Patienten bei Verschlechterung und Einbindung regionaler Kliniken in die Notfallversorgung Ansprechpartner für außerklinische Pflegeteams S2-Leitlinie Nichtinvasive und invasive Beatmung als Therapie der chronischen respiratorischen Insuffizienz

Herausforderung: Wohnortferne Anbindung an ein heimatnahes Beatmungszentrum erforderlich: unübersichtliche Versorgungslandschaft, fehlende Zertifizierungen, wenig Zusammenarbeit neurologischer und pneumologischer Beatmungszentren Gesetzliche Verpflichtung, sich zu überzeugen, dass nachversorgende Einrichtung Versorgung leisten kann: Ambulante Strukturen in Heimatnähe des Patienten unbekannt

Herausforderung: Infrastruktur Beispiel: Akutkrankenhaus Krankenhaus Rö, CT, MRT EEG, EMG/NLG, EP Sonographie EKG, Echo LZ RR, LZ EKG Bodyplethysmographie Endoskopie FEES, Bronchoskopie Tracheotomie Neurochirurgische Eingriffe Beatmungszentrum Nichtinvasives Standardmonitoring (SPO², RR, Puls, EKG) Erweitertes Monitoring (etco², tcco2, Zweikanal-Dauer-EEG) BGA Polygraphie Bedside-Spirometrie Mechan. Insufflator-/Exsufflator Heim- und Intensivbeatmungsgeräte Maskenanpassung/NIV Inhalationstherapie (Vernebler) O² Therapie Trachealkanülenmanagement Dysphagiemanagement Sekretmanagement

Multiprofessionelles Team Weigel, 2016 Pflegeteam Ärzteteam Sozialdienst Kreative Therapien Patient +Angehörige/Umfeld Neuropsychologie NeuroRehapädagogik Ergotherapie Physiotherapie Atmungstherapie Logopädie Ärzteteam: Neurologie, Intensivmedizin, Schlafmedizin, Palliativmedizin, HNO

Herausforderung: Schulung Beispiel: Therapeuten Kahle, Groß, 2016 Beatmung mit dem Beatmungsbeutel Theorie und praktische Einweisung Supervision Trachealkanülenwechsel durch erfahrene Kollegen Abnahme durch den Chefarzt 1x / Quartal TKW: Erhalt des Zertifikats Beatmung mit dem Beatmungsbeutel Einweisung nach MPG/VIVO 50 Theorie: Filter, Masken, Schläuche praktische Therapie Einweisung, beatmeter Supervision Patient und Abnahme durch den Chefarzt 6*/Jahr Journal Club: Erhalt des Zertifikats Einweisung Insufflator-Exsufflator nach MPG/Theorie praktische Einweisung, Supervision und Abnahme durch den Chefarzt Theorie Einweisung nach MPG - praktische Einweisung Supervision Absaugen tracheotomierter durch erfahrene Patienten Kollegen Abnahme durch den Chefarzt

Herausforderung: interne und externe Vernetzung Weigel, 2016 Stationsteam Krankenkassen Patienten und Angehörige Provider, Hilfsmittellieferanten Neurorehabilitatives Beatmungszentrum Klinik/Abteilung Technik, Hauswirtschaft etc. Zuweiser Ambulante Intensivpflege Einkauf, Hygiene, Med.technik, IT

Strukturierte Aufnahmeplanung

Herausforderung: Support Hotline für Patienten, Angehörige und Pflegedienste - Anwesenheitszeiten des Telefonsupports - Expertise des Telefonsupports (Atmungstherapeuten?) Kontakt für kommunikationsgestörte Patienten - zunehmende Bedeutung der Email, v.a. bei ALS Beatmungskontrollen, Wiederaufnahmen - Ablehnung der Bezahlung durch MDK und Kassen - weite Anfahrtswege - knappe Bettenkapazitäten - werden von vielen Kliniken nicht vorgehalten

Benefit Neuropalliative Care ALS, Multiple Sklerose, Parkinson-Syndrome Veronese et al., BMJ Support Palliat Care, 2015

Herausforderung: Konzept Intensivmedizin Überleben

Zusammenfassung Herausforderungen beim Aufbau einer neurorehabilitativen Beatmungsstation: - Überregionales Einzugsgebiet - Schwerstkranke Patienten - Notwendigkeit der Positionierung als Beatmungszentrum - Komplexe Vernetzung nach intern und extern - Adäquate apparative Diagnostik - Adäquates Angebot akutstationärer Behandlungsmaßnahmen - Hoher Schulungsbedarf für Ärzte, Pflegekräfte und Therapeuten - Hohe Anforderung an die ethische Haltung des Behandlungsteams