Ehen von Migranten in Westdeutschland: binational, interethnisch? Julia Schroedter GESIS-ZUMA, Mannheim Mikrozensus Nutzerkonferenz Mannheim 15.11.2007 1 Motivation & Ziel intermarriage (interethnische Ehen) stärkster Indikator der sozialen Assimilation bisher wenig Forschung in Deutschland betrifft zeitliche Entwicklung und Mechanismen Im Folgenden: Trends in Bezug auf soziale Assimilation? vermittelnde Mechanismen 2 1
Theoretischer Rahmen: Integrationsmodell Kulturelle Dimension Strukturelle Dimension Soziale Dimension Intermarriage als Indikator der sozialen Dimension von Integration Identifikative Dimension 3 Wirksamkeit der Dimensionen bei der Partnerwahl Sprache Verständigung, Vorbedingung zum Erleben einer belohnenden Interaktion Arbeitsmarkt Bildungssystem Gelegenheitsstrukturen Ehepartner deutsch? Einbürgerung 4 2
Wirksamkeit der Dimensionen bei der Partnerwahl Ehepartner deutsch? Spracherwerb Kinder Arbeitsmarkt Bildungssystem Kulturelle Distinktion 5 Daten Mikrozensus Scientific Use Files der Jahre: 1973, 1976, 1982, 1989, 1991, 1993, 1995-2005 (z.t. mit Designgewichtung ) bis 2004: nur Staatsangehörigkeit zur Abgrenzung von Migranten 2005: zusätzlich Informationen zum Einbürgerungsstatus Migranten der wichtigsten ehemaligen Anwerbeländer: Italien, Spanien, Griechenland, Türkei, (ehemaliges) Jugoslawien Analysen nur für Westdeutschland 6 3
Datenbasis Mikrozensus Vorteile: auch kleinere Migrantengruppen können analysiert und differenziert werden Nachteile Mikrozensus ist Querschnittserhebung, keine Erfassung der Inzidenz Eheschließung 1973-2004: Beschränkung auf Staatsangehörigkeit Zuzugsjahr und Eheschließungsjahr sind freiwillige Angaben (Item-Non-Response ca. 12%) 7 Binationale Ehen mit Deutschen für Migranten im Zeitverlauf - nur Männer - 8 4
Binationale Ehen im Zeitverlauf (nur Männer) % italienisch spanisch griechisch türkisch (ex-)jugosl. Erhebungsjahr Daten: Mikrozensus SUF 1973, 1976, 1982, 1989, 1991, 1993, 1995-2005 9 Migrant Partnerin deutsch o. A. bei Zuzugs-/ Heiratsjahr Ehepartnerin ausländisch in BRD geboren Zuzug vor Heirat Zuzug nach Heirat Zuzug und Heirat im selben Jahr ohne Angabe bei Zuzugs-/ Heiratsjahr in BRD geboren Zuzug vor Heirat Zuzug nach Heirat Zuzug und Heirat im selben Jahr 10 5
Trends nach Geburtskohorten (Männer) - gleitender 5-Jahres-Durchschnitt binationaler Ehen - % italienisch spanisch griechisch türkisch (ex-)jugosl. Geburtskohorte Daten: Mikrozensus SUF 1976, 1982, 1989, 1991, 1993, 1995-2004 ( BRD-Ehen ) 11 Trends binationaler Ehen: Unterschiede zwischen den Generationen 12 6
Trends nach Geburtskohorte und Generation (italienische Männer) - gleitender 5-Jahres-Durchschnitt % Italiener 1. Gen. 2. Gen. Geburtskohorte Daten: Mikrozensus SUF 1976, 1982, 1989, 1991, 1993, 1995-2004 13 Trends nach Geburtskohorte und Generation (türkische Männer) - gleitender 5-Jahres-Durchschnitt % Türken 1. Gen. 2. Gen. Geburtskohorte Daten: Mikrozensus SUF 1976, 1982, 1989, 1991, 1993, 1995-2004 14 7
Trends nach Geburtskohorte und Generation (ehem. jugosl. Männer) - gleitender 5-Jahres-Durchschnitt % (Ex-)Jugoslawen 1. Gen. 2. Gen Geburtskohorte Daten: Mikrozensus SUF 1976, 1982, 1989, 1991, 1993, 1995-2004 15 Auswirkungen von Einbürgerungen? 16 8
Relevanz von Einbürgerungen Mann italienisch spanisch griechisch türkisch (ex-)jugosl. nein Daten: Mikrozensus SUF 2005 Deutsche Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung (Frau) 97,1 95,8 90,8 48,4 76,4 ja 2,9 4,2 9,2 51,6 23,6 Gesamt (N) 310 71 65 411 195 Anteil binationaler Ehen 2005 37,7 % 50,7 % 16,3 % 16,7 % 19,2 % 17 Ehen von (eingebürgerten) Migranten (in Zeilenprozent) Staatsangehörigkeit Mann (frühere) son. Staatsangehörigkeit der Frau identisch (türk./jug.) deutsch (eh. ident.) deutsch* Gesamt (N) türkisch 1,1 82,2 8,3 8,4 2 454 dt. (türkisch) 1,7 26,7 59,5 12,1 771 ex-jugosl.** 3,6 77,8 2,6 16,1 1 013 dt. (jugosl.) 5,5 21,3 41,7 31,5 127 Daten: Mikrozensus SUF 2005 * inkl. deutsch & türkisch / deutsch & (ex-)jugoslawisch ** Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Serbien und Montenegro 18 9
Soziale Assimilation nach unterschiedlichen Operationalisierungen Migranten (Mann) Indikator für soziale Assimilation Gesamt (N) Konzept Herkunft türkisch (ex-)jugoslawisch ** Anteil interethnischer Ehen 9,3 % 18,3 % 3 225 1 140 Konzept Staatsangehörigkeit türkisch (ex-)jugoslawisch ** Anteil binationaler Ehen 16,7 % 19,2 % 2 454 1 013 Daten: Mikrozensus SUF 2005 ** Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Serbien und Montenegro 19 Mikrozensus SUF 2005 Vorteile: Erfassung von Migrationshintergrund : Einbürgerung, frühere Staatsangehörigkeit, Angaben zu Eltern Identifizierung interethnischer Paare möglich Nachteile Eheschließungsjahr entfällt kein Ausschluss von Personen mehr möglich, die schon verheiratet zugezogen sind Identifizierung transnationaler Ehen nicht mehr möglich 20 10
Theoretischer Hintergrund Erklärungen Präferenzen Gelegenheitsstruktur Bevölkerungsgröße, Geschlechterverhältnis (Blau) strukturelle Assimilation (Teilheiratsmärkte) 21 Einflussfaktoren Strukturvariablen gebildet mit Daten der Mikrozensen 1964-2004 relative Bevölkerungsgröße Odds Ratio des Geschlechterverhältnisses (Fi / Mi) / (Fa / Ma) bilden Gelegenheitsstruktur ein Jahr vor Eheschließung ab jeweils personenspezifisch (+/- 5 Jahre im Vgl. zu betrachteter Person) 22 11
Mechanismen binationaler Ehen mit Deutschen -fürmännerbinational vs. uninational 23 Einflussfaktoren binationaler Ehen AV: binationale Ehe mit dt. Frau (ja=1 / nein=0) model 1 model 2 model 3 model 4 Nationalität & Generation Interaktion Natio. x Geburtsjahr Bildungsniveau Bevölkerungsgröße & Geschlechterverhältnis Daten: Mikrozensus SUF 1976, 1982, 1989, 1991, 1993, 1995-2004 N = 14 335 24 12
Binationale Ehen: Haupteffekte Nationalität & Generation (RF: türkisch 2.Gen.) model 1 model 2 IA: Natio. x Geburtsjahr model 3 Bev.größe & Sex Ratio model 4 Bildungsniveau italienisch 1. Gen. 1,85 *** 1,47 *** 0,98 *** 1,19 *** spanisch griechisch türkisch (ex-)jug. 2. Gen. 1. Gen. 2. Gen. 1. Gen. 2. Gen. 1. Gen. 1. Gen. 2. Gen. 2,46 *** 1,43 *** 2,62 *** 0,71 *** 1,51 *** -0,17 0,78 *** 1,33 *** 2,45 *** 1,41 *** 2,61 *** 0,09 1,48 *** -0,19 1,38 *** 1,35 *** 1,94 *** 0,75 ** 1,93 *** -0,44 * 0,89 *** - 0,30 * 1,13 *** 1,06 *** 1,98 *** 0,92 ** 1,81 *** -0,49 * 0,75 ** - 0,20 1,05 *** 0,93 *** * p<0,05; ** p<0,01; *** p<0,001 25 Interaktion: Nation. & Geburtskohorte (RF: 1965) italien. 1.Gen. x Gebj. model 1 model 2 IA: Natio. x Geburtsjahr -0,02 *** model 3 Bev.größe & Sex Ratio -0,02 *** model 4 Bildungsniveau -0,02 *** span. griech. türk. jug. 2.Gen. x Gebj. 1.Gen. x Gebj. 2.Gen. x Gebj. 1.Gen. x Gebj. 2.Gen. x Gebj. 1.Gen. x Gebj. 2.Gen. x Gebj 1.Gen. x Gebj. 2.Gen. x Gebj. 0,00-0,00 0,00-0,03 *** -0,01-0,00-0,00 0,05 *** -0,02 0,00-0,00 0,01-0,03 *** -0,01 0,01 ** -0,05 0,04 *** -0,02 0,00 0,00 0,01-0,04 *** -0,02 0,02 ** -0,03 0,04 *** -0,03 * p<0,05; ** p<0,01; *** p<0,001 26 13
Einfluss der Strukturvariablen Strukturvariablen model 1 model 2 IA: Natio. x Geburtsjahr model 3 Bev.größe & Sex Ratio model 4 Bildungsniveau rel. Bevölkerungsgröße -0,41 *** -0,39 *** OR Geschlechterverhältnis -0,32 ** -0,26 * * p<0,05; ** p<0,01; *** p<0,001 27 Bildungsniveau (RF: Hauptschule ohne berufl. Abschl.) model 1 model 2 IA: Natio. x Geburtsjahr model 3 Bev.größe & Sex Ratio model 4 Bildungsniveau entf./o.a./kein Ab. -0,22 * HS mit berufl. Ab. 0,55 *** MR ohne berufl. Ab. 0,74 *** MR mit berufl. Ab. 0,97 *** FHR/Abi o. berufl. Ab. 1,15 *** FHR/Abi mit berufl. Ab. 1,29 *** FH-Abschluss 1,63 *** Hochschulabschluss 1,93 *** noch in Ausbildung 1,20 *** * p<0,05; ** p<0,01; *** p<0,001 Ab.: HS=Hauptschule; MR=mittlere Reife, FHR/ABI=(Fach-)Hochschulreife; FH=Fachhochschule 28 14
model 1 model 2 IA: Natio. x Geburtsjahr model 3 Bev.größe & Sex Ratio model 4 Bildungsniveau Konstante -2,19*** -2,18*** -1,15** -1,71*** chi-square 1596,7 1783,9 1840,5 2289,9 R 2 (Mc Fadden) 0,11 0,12 0,12 0,16 N of cases 14 335 14 335 14 335 14 335 * p<0,05; ** p<0,01; *** p<0,001 29 Zusammenfassung (Männer) zeitliche Entwicklung: Anstieg binationaler Ehen bei erster Generation der türkischen und (ex-)jugoslawischen Männer Gelegenheitsstruktur bedeutsam für Unterschiede zwischen den Nationalitäten Bildungsniveau hat Erklärungskraft für binationale Ehen, aber weniger wichtig für Niveauunterschiede der Nationalitäten soziale Assimilation? Entwicklungen noch immer unklar (v.a. für die zweiten Generationen) 30 15
Ausblick umfassendere Abbildung interethnischer Ehen Berücksichtigung des Migrationshintergrundes (z.b. Staatsangehörigkeit der Eltern) Mechanismen für interethnische Ehen (mit Daten des Mikrozensus 2005) Unterschiede zwischen binationalen und interethnischen Ehen transnationale Ehen 31 Literatur Schroedter, Julia H. und Frank Kalter (2008). Binationale Ehen in Deutschland. Trends und Mechanismen der sozialen Assimilation. Sonderheft 48 der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie (im Erscheinen). 32 16
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Kontakt: julia.schroedter@gesis.org 33 17