Stellungnahme zur Novelle der Energiestrategie 2030 Brandenburg

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Transkript:

Stellungnahme zur Novelle der Energiestrategie 2030 Brandenburg Ausgangslage und Herausforderungen Das Land Brandenburg befindet sich im Prozess der Fortschreibung seiner Energiestrategie 2030 und hat am 30.08.2017 einen Entwurf 1 zur Stellungnahme vorgelegt. Grundlage für die Fortschreibung ist der Bericht zur Evaluation und Weiterentwicklung des Leitszenarios sowie Abschätzung der Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte durch die Prognos AG vom Juli 2017. 2 Mit gleichzeitig sehr hohen Anteilen erneuerbarer Energien und Braunkohle an der Stromerzeugung des Landes steht Brandenburg vor einer großen Herausforderung. Dem jährlichen Stromverbrauch des Landes Brandenburg von 22,8 TWh steht bereits heute eine Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen von 16,7 TWh gegenüber, das entspricht über 73%. Gleichzeitig produziert Brandenburg etwa 33 TWh Braunkohlestrom, der mit insgesamt etwa 38 Mio. t CO 2-Emissionen 3 63% der Brandenburger CO 2-Emissionen insgesamt verursacht. Damit hat Brandenburg den höchsten CO 2-Ausstoß pro Kopf unter allen Bundesländern, da hier nur 3% der deutschen Bevölkerung zu Hause sind. Etwa 13 % der gesamten deutschen kohlebedingten CO 2-Emissionen von 280 Mio t CO 2/ a entstehen so in Brandenburger Braunkohlekraftwerken. 4 Da somit Brandenburg als zweitgrößter Braunkohlestandort einen überproportional hohen Anteil an den durch Kohleverstromung bedingten CO 2-Emissionen in Deutschland hat, leitet sich auch eine entsprechende höhere Verantwortung für die Erreichung der gesamtdeutschen Treibhausgasreduktionsziele ab. Die bestehende Brandenburger Energiestrategie 2030 von 2012 reflektiert dies noch, indem sie mit 72% ein deutlich höheres Reduktionsziel für das Land ansetzt als das gesamtdeutsche Ziel von 55% Treibhausgas-Reduktion, welches im Energiekonzept der Bundesregierung für 2030 angelegt ist. Dieses Ziel von 55% wurde im Klimaschutzplan 2050 von 2016 in Sektorenziele heruntergebrochen. 1 Land Brandenburg, Ministerium für Wirtschaft und Energie, Energiestrategie 2030, Entwurf vom 31.08.2017 2 https://www.prognos.com/uploads/tx_atwpubdb/20170824_prognos_evaluation_und_weiterentwicklung_leitszenarios_ Brandenburger_Energiestrategie.pdf 3 Klimagasinventur 2014 für das Land Brandenburg; S.13 http://www.mlul.brandenburg.de/cms/media.php/lbm1.a.3310.de/klimagas_2014.pdf 4 WWF Deutschland: Zukunft Stromsystem, 2017, s. 33; http://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/publikationen-pdf/wwf- Studie_Zukunft_Stromsystem_-_Kohleausstieg_2035.pdf 1

Im Folgenden nimmt der WWF Stellung zu ausgewählten Aspekten des Entwurfs zur Aktualisierung der Energiestrategie 2030, insbesondere zum Treibhausgasziel. Bewertung der Energiestrategie 2030 Der Entwurf der neuen Energiestrategie ist aus Sicht des WWF nicht geeignet, die deutschen Klimaschutzziele zu erreichen. Mit der vorliegenden Strategie wird es auch nicht möglich sein, die Verpflichtungen, die sich aus dem Pariser Abkommen ergeben, zu erfüllen. Das Land Brandenburg gibt mit dieser Strategie zumindest partiell die positiven Entwicklungen der letzten Jahrzehnte auf: Brandenburg hat sich nach Schleswig-Holstein und Niedersachsen zum größten Windenergieland entwickelt und hat pro 1000 Einwohner die meisten Wind- und Solarkraftwerke in ganz Deutschland. Mit dem Strategieentwurf wird jedoch eine Kehrtwende zugunsten der Braunkohle vollzogen. Die Novelle der Energiestrategie negiert die zentrale Rolle Brandenburgs bei der Erreichung der deutschen Klimaschutzziele Im Vorfeld zur Fortschreibung der Energiestrategie 2030 hat die Prognos AG im Auftrag der Landesregierung drei verschiedene Szenarien zur Zielerfüllung erstellt: eines, das hinter die aktuellen Klimaziele Brandenburgs zurückfällt (Basisszenario); eines, das die Ziele des Klimaschutzplans 2030 für Brandenburg modelliert (Szenario 1); und eines, das einen energiepolitischen Entwicklungspfad für Brandenburg modelliert, der im Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens steht (Szenario 2). In ihrem Entwurf einer Novelle der Energiestrategie 2030 setzt die Brandenburger Landesregierung auf das Basisszenario, welches die derzeitigen Entwicklungsplanungen des Braunkohlekraftwerksbetreibers LEAG für seine Tagebaue und Kraftwerke in den Szenarioannahmen übernimmt. Selbst die von der LEAG noch nicht entschiedene Tagebauerweiterung Welzow Süd II ist Teil der Annahmen. Der WWF kritisiert nachdrücklich die sich daraus ergebende Zielneudefinition einer Reduktion der energiebedingten CO 2-Emissionen bis 2030 von nur 55% gegenüber dem geltenden Ziel von 72%. Dies ist nicht nur eine deutliche Zielabsenkung gegenüber der aktuell geltenden Strategie damit negiert Brandenburg auch das Klimaschutzziel 2030 der Bundesregierung. Zum deutschen Gesamtziel von 55 % Minderung bis 2030 tragen laut Klimaschutzplan der Bundesregierung alle Sektoren maßgeblich bei. Je nach Sektor variiert jedoch der Minderungsumfang: während Sonstige 87 % und Gebäude 66-67% mindern sollen, und die Landwirtschaft prozentual die kleinste Minderung von 31-34% aufweist, beträgt der notwendige Beitrag des Energiesektors 61-62%. Diesen prozentualen Beitrag muss das Energieland Brandenburg (Eigendarstellung aus der Brandenburgischen Energiestrategie) aufgrund des hohen Anteils an der deutschen Stromerzeugung übertreffen, denn dort, wo überproportional viel Energieerzeugung stattfindet, muss auch der überwiegende Teil der Emissionsreduktionen geleistet werden. 2

Darüber hinaus entspricht auch die in der Strategie vorgeschlagene Zielsetzung von minus 55% nicht wie angegeben dem bundesdeutschen Minderungsziel von 55% bis 2030, welches sich auf alle Treibhausgase bezieht und nicht nur auf die energiebedingten Emissionen abzielt. Die energiebedingten Emissionen sind zwar mit fast 90% Anteil 5 entscheidend für die Brandenburger Klimabilanz, dennoch sollte das Klimaschutzziel aus Sicht des WWF alle Treibhausgase einbeziehen. Der WWF kritisiert, dass damit die deutschen Klimaschutzziele ausgehebelt würden und der deutsche Beitrag zum Pariser Abkommen nicht leistbar wäre. Im Gegenteil: um das Pariser Klimaschutzabkommen zu erfüllen, müssten die deutschen Ziele eigentlich erhöht werden. Die Novelle der Energiestrategie 2030 kompromittiert die Erreichung der Ziele des Pariser Abkommens für ganz Deutschland Das Klimaabkommen von Paris bedeutet, dass die Menschheit nur noch 890 Gigatonnen CO 2 in der Atmosphäre anreichern darf, damit die Erderhitzung unter 2 Grad Celsius bleibt. Teilt man dieses globale CO 2-Budget fair auf, dann darf Deutschland insgesamt zukünftig nur noch 10 Gigatonnen CO 2 in die Atmosphäre freisetzen. Der Stromsektor, der 40% zum Ausstoß der Treibhausgase beiträgt, hat hiernach ein Budget von 4 Gigatonnen nicht etwa pro Jahr, sondern langfristig. Ließe man alle derzeit aktiven Kohlekraftwerke weiter laufen, dann wäre dieses Budget für Deutschland schon im Jahr 2026 aufgebraucht also in neun Jahren. Deshalb kommt den beiden Braunkohleländern Nordrhein-Westfalen und Brandenburg beim Klimaschutz eine zentrale Rolle zu. Sie müssen sehr schnell und sehr stark klimaschädliche Emissionen reduzieren und dazu beitragen, dass Deutschland schon bis 2020 gut die Hälfte der Kohlekraftwerkskapazitäten vom Netz nehmen kann. Ohne zusätzliche Maßnahmen verbrauchen die bestehenden Kohlekraftwerke fast die Hälfte des CO 2- Budgets für den Stromsektor allein in der Legislaturperiode 2017-2021. Dieser Aufgabe stellt sich der Entwurf der Energiestrategie allerdings nicht. Wie auch Nordrhein-Westfalen bereits im Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung festgelegt hat, zementiert nun auch Brandenburg so die Abkehr von den gesamtdeutschen Klimaschutzzielen. NRW plant 2,7 Gigatonnen, Brandenburg 1,15 Gigatonnen klimaschädliches CO 2 allein aus der Braunkohleverfeuerung freizusetzen. 6 Damit wäre das gesamte CO 2-Budget der deutschen Energiewirtschaft allein von diesen beiden Kohle-Ländern aufgebraucht. Nach dem Szenario des Wirtschaftsministeriums würde somit Brandenburg, in dem 3% der Bevölkerung Deutschlands leben, rund 29% des CO 2-Budgets für den gesamten deutschen Stromsektor verbrauchen. So kann Deutschland seine Klimaschutzziele nicht erfüllen und seinen Beitrag zum Pariser Klimaschutzabkommen nicht leisten. 5 Klimagasinventur 2014 für das Land Brandenburg, S. 8; http://www.mlul.brandenburg.de/cms/media.php/lbm1.a.3310.de/klimagas_2014.pdf 3

Die Novelle der Energiestrategie perpetuiert die Stagnation der Brandenburger CO 2-Emissionen und gefährdet Gemeinden, Umwelt und Gesundheit Trotz der sehr positiven Entwicklung beim Ausbau der erneuerbaren Energien beschränkte sich der Beitrag Brandenburgs zur Senkung des CO 2-Ausstoßes bisher auf die Abschaltung unwirtschaftlicher Anlagen in den Wendefolgejahren. Seit 1995 hingegen ist im Land Brandenburg der absolute CO 2-Ausstoß nicht mehr gesunken. Im gleichen Zeitraum ist die Bevölkerung leicht rückläufig. 7 Für die Pro-Kopf- Emissionen bedeutet diese Entwicklung einen Anstieg auf 23,5 Tonnen pro Einwohner und Jahr. Somit übertrifft Brandenburg hinsichtlich der Pro-Kopf Emissionen die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien und die USA. Deutschland liegt im Durchschnitt bei knapp neun Tonnen pro Einwohner und Jahr. 8 Daran ist ersichtlich, wie überproportional die Brandenburger Emissionen sind und wie dringend notwendig ein adäquater Beitrag zum Klimaschutz aus diesem Bundesland ist. Alter und mangelnder Wirkungsgrad der Brandenburger Kohlekraftwerke sorgen dafür, dass die Brandenburger Kraftwerke unter den emissionsintensivsten in Europa sind. 9 Das Kraftwerk Jänschwalde beispielsweise steht bezüglich CO 2-Intensität auf Platz 4 und bezüglich anderer Emissionen rangiert es auf Platz 7 der Liste der gesundheitsschädlichsten Kohlekraftwerke Europas. Statt entschlossen zu handeln und sich für die Abschaltung veralteter Technik einzusetzen, verlangt die Landesregierung Brandenburgs von der Bundesregierung, dass diese sich auf EU-Ebene gegen Quecksilber- und Stickoxidgrenzwerte einsetzen soll, die den Betrieb derart umweltschädigender Kraftwerke EU-weit untersagen würden. Aus dieser Ausrichtung der Landesenergiestrategie an der Unternehmensstrategie des Braunkohlekraftwerksbetreibers LEAG, der erst 2020 eine Entscheidung zur Tagebauerweiterung Welzow Süd II treffen wird, folgen für die rund 800 Betroffenen der Stadt Welzow und des Ortes Proschim weitere Jahre der Unsicherheit in Bezug auf Heimatverlust und Umsiedlung. Abschließende Einschätzung Die Aktualisierung der Energiestrategie 2030 des Landes Brandenburg fällt hinter die Ambition der derzeit noch geltenden Energiestrategie zurück. Der WWF kritisiert dies mit Nachdruck und fordert die Landesregierung zur Korrektur auf. Eine Aktualisierung im Lichte von Paris, im Sinne des Szenarios 2 der Grundlagenevaluation, wäre aus Sicht des WWF der richtige Weg zur Neuauflage der Energiestrategie, ein Festhalten an der bislang geltenden Zielsetzung von minus 72% gegenüber 1990 eine Mindestanforderung. Aus WWF-Perspektive ist es in höchstem Maße kritikwürdig, dass die Landesregierung ihre gesamte Energiestrategie an der Unternehmensstrategie des Kraftwerk- und Tagebaubetreibers LEAG ausrichtet, statt an der politischen Rahmensetzung durch den Kli- 7 http://www.demografie.brandenburg.de/media/lbm1.a.4856.de/sb_a01-08-00_2011u00_bb.pdf 8 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/167877/umfrage/co-emissionen-nach-laendern-je-einwohner/ 9 http://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/publikationen-pdf/europes_dark_cloud_report_2016.pdf 4

maschutzplan 2050 und das Pariser Abkommen welche die Landesregierung im Entwurf entgegen ihrer Schlussfolgerung als rahmensetzend nennt. Ferner ist aus Umwelt- und Gesundheitsgründen geboten, dass im Kraftwerkspark des Landes Brandenburg die auf EU-Ebene beschlossenen ambitionierten Quecksilber- und Stickoxidgrenzwerte umgesetzt werden. Anders kann das Land seiner Verantwortung für Klima, Umwelt und das Wohlergehen seiner Bürger nicht nachkommen. AnsprechpartnerInnen: Viviane Raddatz Fachbereich Klimaschutz und Energiepolitik WWF Deutschland Reinhardtstr. 18 10117 Berlin viviane.raddatz@wwf.de Erika Bellmann Fachbereich Klimaschutz und Energiepolitik WWF Deutschland Reinhardtstr. 18 10117 Berlin erika.bellmann@wwf.de Michael Schäfer Fachbereich Klimaschutz und Energiepolitik WWF Deutschland Reinhardtstr. 18 10117 Berlin michael.schaefer@wwf.de 5

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