Prävention von Abbrüchen in der Berufsausbildung

Ähnliche Dokumente
Lehrabbruch: Gründe, Dynamik, Folgen und Prävention

Lehrabbruch: Gründe, Dynamik, Folgen und Prävention

Alter: Geschlecht: w m Migrationshintergrund: ja nein. Realschul- oder gleichwertiger Abschluss Hochschulreife. Ausbildungsberuf: Branche:

Praxisbeitrag: Prävention von Lehrabbrüchen das Projekt PraeLab

Transfer of Innovation: Prävention von Lehrabbrüchen

Das Problem des Ausbildungsabbruchs in den kleinen und mittleren Unternehmen

Berufseinstiegsbegleitung - Was sie beim Übergang von der Schule in den Beruf leistet

Senior Experten Service. Initiative VerA - Stark durch die Ausbildung

Schul- und Ausbildungsabbruch verhindern Bildung, Jugendpolitik & Arbeitswelt verbinden. ERASMUS+ am Thematisches Forum 9

Senior Experten Service. Stark durch die Ausbildung

Senior Experten Service. Initiative VerA - Stark durch die Ausbildung

Klärungsstelle Ausbildung Unser Konzept und unsere Erfahrungen im Landkreis Marburg-Biedenkopf

Ursachen von Ausbildungsabbrüchen im Handwerk und Lösungsansätze zu deren Verhinderung

Umsetzung von ECVET an der Schnittstelle zwischen vollzeitschulischer und dualer Berufsausbildung im kfm. Bereich. Ergebnisse aus der Erprobung

Berufsorientierung an Schulen. 18. Oktober 2010 Bildungskonferenz 2010 Wissen braucht Köpfe

ProTeGe GmbH, Gutenbergstraße 2, Greiz, Tel.:

Psychische Belastungen Erfahrungen aus der betrieblichen Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung

Förderung für Ihre zukünftigen Fachkräfte INFORMATIONEN FÜR ARBEITGEBER. Berufsberatung. Qualifizierten Nachwuchs sichern. Logo

Stand der Arbeit. Kinder und Jugendliche mit frühkindlichen Entwicklungsstörungen in der Schweiz Bericht des Bundesrats

Medienpädagogische Arbeit zur Prävention des sexuellen Missbrauchs

Lehrvertragsauflösungen und Erfolgsquoten in der beruflichen Grundbildung. Das gemeinsame Ziel und die gemeinsame Motivation:

Beratungs- und Hilfezentrum

STAY IN - Projektnummer: LLP-LDV-TOI-13-AT0010 Seite 1 von 7

Alles Theater oder was?! Gelingende Bildungsprozesse in der Jugendberufshilfe

Senior Experten Service. Initiative VerA - Stark durch die Ausbildung

Kooperationsvereinbarung zur. Landespartnerschaft Schule und Wirtschaft Schleswig-Holstein

Die Berufsberatung in der Agentur für Arbeit

Herzlich willkommen. zum Impuls-Vortrag. Bundesagentur für Arbeit: Orientierung, Beratung, Vermittlung

Feedback-Bogen (Feebo)

Von der Fachkräfteoffensive zur Bildungsregion Landkreis Verden

Qualität und Qualitätssicherung in der beruflichen Ausbildung

Berufsorientierung in der Schule

AUSWERTUNG DER REGION HEILBRONN-FRANKEN

Henkel KGaA Qualifikationsmanagement IFOK Mai 2000

Ergebnisse. Elternbefragung zur Berufsorientierung von Mittelschüler/innen in der Region Coburg

A U S B I L D U N G S V E R T R A G

Modellprogramm in Hessen QuABB: Die Ausbildung schaffen! Eisenach, Alles Theater oder was? Carola Koisser, Michael Kendzia

Axel Solty. Erfahrungen mit und Maßnahmen gegen Ausbildungsabbruch. Ausbildungsberater bei der IHK Düsseldorf

1 Fragebogen zur Erhebung (zu 2.4.1)

Forum 2: Modernisierung der beruflichen Bildung

Vom Lehrrettungsassistenten zum Praxisanleiter für Notfallsanitäter (verkürzter Lehrgang 100 Std oder 80 Std)

Berufliche Rehabilitation

Herzlich willkommen Elektroniker/-in Fachrichtung Energie- und Gebäudetechniktechnik

Ausbildung von staatlich anerkannten Erziehern und Erzieherinnen an Fachschulen für Sozialpädagogik

Vorzeitig gelöste Ausbildungsverträge in der dualen Ausbildung in Thüringen

Berufliche Orientierung im Bildungsplan 2016

25 JAHRE AGRARGENOSSENSCHAFTEN Nachwuchsgewinnung in der Landwirtschaft. Bettina Wiener

Informationen zum Stressbarometer S-Tool. Weshalb wurde S-Tool entwickelt? Welche Resultate liefert S-Tool?

Die Lehrer- und Ausbilderrolle in der Berufsausbildung. Anmerkungen zur aktuellen Situation

Von der Lehrstellenlücke zum Lehrlingsmangel Veränderte Anforderungen an die Partner der dualen Ausbildung

Lehr- und Stoffverteilungsplan für die Ausbildereignungslehrgänge

Zeitarbeit in Zahlen. Anke Siefer

Berufsbildungsausschuss Amtsperiode

Ausbildungsintegrierte Studiengänge (AIS) in der Versicherungswirtschaft. Stand: Februar 2012

Arbeitsbedingungen in Güterverkehr und Logistik

Handwerkskammer Ein wic htiger Akteur in der Berufsbildung

GUT ZU TUN. Arbeit, Beschäftigung und Qualifizierung für Personen in besonderen Lebensverhältnissen in Berlin

Alte Daisbacher Straße 7 a Sinsheim Tel: Fax: Kooperationsvertrag. ... im folgenden Träger genannt

Meine Chance ich starte durch! Ein Projekt zur Förderung benachteiligter Jugendlicher.

Agentur für Arbeit Berufsberatung/U25. Die Berufsberatung und ihr Angebot als Partner im Netzwerk

Jugendberufshilfe beim Wort genommen

9.1 Bericht über die praktischen Leistungen zur Vorlage bei der Fachschule ( 3 Abs. 1 AltPflAPrV)

Beurteilungs-/Selbsteinschätzungsbogen

Die Einstiegsqualifizierung (EQ) in Deutschland systemimmanent oder unabhängig? Andreas Saniter , Steyr

A U S B I L D U N G S P L A N

So schaffst du deine Ausbildung

Teilzeitberufsausbildung (TEP) Einstieg begleiten Perspektiven öffnen

SGV-Forum: Plan B. Kanton St.Gallen Amt für Berufsbildung. 14. Februar 2013; Thurpark Wattwil

Ausbildung im Rettungsdienst. Stand: 18. November 2012 RETTUNGSASSISTENT/IN

Das Lehrerbetriebspraktikum

Übergang Schule Beruf: Belastungen und Ressourcen

Nachschulische Perspektiven unserer Schülerinnen und Schüler. Berufsorientierungskonzept. an der LVR - Schule am Volksgarten

TEP Teilzeitberufsausbildung Einstieg begleiten Perspektiven öffnen Rückblick auf vier Jahre TEP-Monitoring ( ) Julia Mahler 22.

Cleveres Köpfchen Główka pracuje

Ausbildungsabbrüche vermeiden - neue Ansätze und Lösungsstrategien

Praxisintegrierte Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern an der 3-jährigen Fachschule für Sozialpädagogik (BKSPIT)

Ideen und Lösungsvorschläge zur Lernortkooperation

Ergebnisse des Unternehmer-Workshops Reif für Ausbildung?! März 2013, Ratssaal der Stadt Recklinghausen

Individuelle Gründe 1

Interkulturelle Orientierung von Bildungspatenschaften und Zusammenarbeit mit Migrantenorganisationen Mousa Othman

Wirtschaft macht Schule machen Sie mit!

Reflexionsworkshop Strategischer Einbezug von Akteuren. 19. November 2010 Regiestelle Weiterbildung

Gemeinsam in die Zukunft investieren.

Fachtag BOM - Berufsorientierung für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Rheinland-Pfalz (RLP)

Psychische Belastung am Arbeitsplatz

1.4 Leitfaden zum Arbeitsmaterial: Auswahl von Auszubildenden

Baustein 3: Hauswirtschaftlich-soziale Berufe

TranzparenzKompetenzKooperation am Übergang Schule-Beruf. 21. Februar 2013 IHK-Akademie München

Stoffgliederungsplan. Ausbildung der Ausbilder 2017

umsichtige Eltern wählen für ihr Kind die passende Schule!

Stress bei der Arbeit Was sagt der Stressreport? Welche Genderaspekte gibt es?

Erfahrungsaustausch zum BMBF- Programm Förderung der Berufsorientierung in überbetrieblichen und vergleichbaren Berufsbildungsstätten

Herzlich Willkommen zur Vorstellung der Studie:

Die Arbeit in Mutter-Kind-Einrichtungen: Eine fachliche und persönliche Herausforderung

Nicht genutzte Chancen - Underachievement

future Nächste Schritte: Da geht s weiter! Ausblick so steige ich aus My future aus. Rückblick das nehme ich mit.

Armutsprävention in Thüringen strategische Ansätze im ESF

Modul 2. Wie klappt die Arbeit im Team?

Die Sicht der Jugendlichen: Anforderungen an die Berufseinstiegsbegleitung

Transkript:

Prävention von Abbrüchen in der Berufsausbildung Das EU-Projekt PraeLAB Andreas Frey, Lars Balzer und Jean-Jacques Ruppert This project has been funded with support from the European Commission. DE/10/LLP-LdV/TOI/147301/2010-1-DE2-LEO05-05358 1

Übersicht Ausgangslage Definition Zielsetzung des Projekts Diagnose von Kompetenzen und Abbruchrisiken Prävention Bilanz

Ausgangslage: Abbruchquoten Im Durchschnitt liegt die Abbruchquote (Dropout) zwischen 25% und 35%! Praelab

Gründe für einen Ausbildungsabbruch Falsche Berufswahl Falsche Betriebswahl Mangelnde Qualität der Ausbildung im Betrieb (z.b. Ausbildungspläne sind nicht mit Lehrplänen der BBS abgestimmt) Mangelnde Professionalität der Ausbilder in Kleinbetrieben (z.b. fehlende Anleitung, billige Kraft) Schlechte Rahmenbedingungen (z.b. unbezahlte Mehrarbeit, fachfremde Tätigkeiten)

Gründe für einen Ausbildungsabbruch eigenes Fehlverhalten ungenügende Ausbildungsreife fehlende Schlüsselkompetenzen keine Ansprechpersonen bei Problemen und Konflikten schlechte schulische Leistungen (z.b. zu viel Stoff, keine Verknüpfung mit der Praxis) ungenügende Beratung im System

Was kostet ein Abbruch? Praelab

Definition Ausbildungsabbruch Vorzeitige Vertragslösung = Abbruch Vorzeitige Lösung eines Ausbildungsverhältnis ohne Erreichen des Ausbildungsziels Kündigung des Ausbildungsvertrags durch Auszubildenden oder Betriebsverantwortlichen Initiative für Ausbildungsabbruch: 60% Jugendliche 30% Betriebsverantwortliche 10% im gegenseitigen Einvernehmen

Zeitraum der Abbrüche 60% der Abbrüche finden im ersten Ausbildungsjahr statt Erhebung einer Abbruchtendenz und Erstberatung muss früh durchgeführt werden Der Prozess eines Abbruchs dauert zwischen 2 Wochen und 8 Monate Präventionsmassnahmen müssen intensiv im ersten Jahr stattfinden Das Beratungspersonal muss für vertiefende Beratungen qualifiziert sein

Abbrüche: 3 Wege

Qualifizierung des Berufsbildungs- und Beratungspersonals hinsichtlich der Identifikation und Beratung von Auszubildenden mit hohem Abbruchrisiko

Ziele des Projekts Vernetzung und Kooperation der an der Berufsausbildung beteiligten Ausbilder, Lehrkräfte, Berufsberater und Fallmanager Transfer eines in der Schweiz entwickelten Online-Tools zur Identifikation und Rückmeldung von Kompetenzen und Ausbildungsabbruchsrisiken Pilottraining zur Qualifikation der Fachkräfte hinsichtlich der Identifikation und Beratung von abbruchsgefährdeten Auszubildenden Feldphasen auf nationaler Ebene: Umsetzung erster Diagnose- und Beratungseinheiten an rund 2500 Auszubildenden und Berufsschülern Zertifizierung des Weiterbildungskonzepts Bereitstellung der Produkte im Internet in 5 Sprachen (DE, EN, FR, IT, PL)

Das Online-Tool

H H H Selbsteinschätzung Gruppenmittelwert unterdurchschnittlich durchschnittlich überdurchschnittlich 2 3 4 5 6 Kooperationsfähigkeit Soziale Verantwortung Konfliktfähigkeit Kommunikationsfähigkeit Führungsfähigkeit Situationsgerechtes Auftreten Selbstständigkeit Reflexivität 1 Analysefähigkeit Flexibilität Zielorientiertes Handeln Arbeitstechniken Einfühlsamkeit Pflichtbewusstsein Neugierde Leistungsorientierung 2 3 4 5 6 1 H k

Übersicht Abbruchrisiko Abbruchrisiko keines/gering mittel hoch akut Maria Mustermann Max Mustermann Mathias Mustermann

Abbruchgründe ja eher ja eher nein nein Zu geringe oder eintönige Anforderungen im Beruf Zu hohe Anforderungen im Beruf Schlechte Arbeitsbedingungen Schlechte oder zu lange Arbeitszeiten Schlechte oder unzureichende Zukunftsperspektiven Zu viele fachfremde Tätigkeiten Zu hohes gesundheitliches Risiko (z.b. Allergieprobleme, psychische Belastung) Familiäre Probleme Finanzielle Probleme Konflikte mit Ausbildner/Meister/Chef im Betrieb oder im Praktikum Konflikte mit Lehrkräften in der Schule Konflikte mit überbetrieblichen Kursleitenden Konflikte mit anderen Lernenden im Betrieb oder im Praktikum Konflikte mit Mitarbeitenden im Betrieb oder im Praktikum

Abbruchgründe ja eher ja eher nein nein Mangelnde Qualität der Ausbildung Mein eigenes Fehlverhalten Schlechte Noten Habe keine Energie mehr Keine Aussicht, die Abschlussprüfung erfolgreich zu bewältigen Kein Interesse am Beruf mehr Habe mich für einen anderen Beruf entschieden Habe einen Studienplatz bekommen Sonstiger Grund (bitte im nächsten Textfeld benennen): -- Wenn Sie an einen Ausbildungsabbruch denken, an welche Person wenden Sie sich, bevor Sie die Ausbildung abbrechen? (Bitte die wichtigste Person auswählen): Freunde

Prävention vor Ausbildungsbeginn Wünschenswert: Erweiterte vertiefte Berufsorientierung mit mehr als 4 Wochen innerhalb des Unterrichts in der Sekundarstufe I Coaching und Begleitung mit Hilfe von Berufsberatern, Fallmanagern und Einstiegsbegleitern

Prävention nach Ausbildungsbeginn Befragung aller Jugendlichen zu Schlüsselkompetenzen und Ausbildungsabbruchstendenzen zu Beginn und während der Lehre Identifikation der Jugendlichen mit unter- und überdurchschnittlichen Schlüsselkompetenzen Identifikation der Jugendlichen mit hohen und/oder akuten Abbruchrisiken Beratung, Unterstützung und Begleitung der Jugendlichen bei der Entscheidungsfindung und Problemlösung

Prävention vor/nach Ausbildungsbeginn Schulung aller Berufsbildungsverantwortlichen (Ausbilder, Lehrpersonen, überbetriebliche Kursleiter, Berufsberater, Fallmanager etc.) zur Thematik der Ausbildungsabbrüche Kooperation der o.g. Personenkreise Beratung, Unterstützung und Begleitung der o.g. Personenkreise

Bilanz Die Ergebnisse zeigen, das das Thema Ausbildungsabbrüche ein mehrperspektivisches Problem darstellt, welches über verschiedene Zugänge angegangen werden muss. Sensibilisierung der Ausbildner, Lehrpersonen, Berufsberater, Arbeitsvermittler und Jugendliche für diese Thematik ist eine wichtige Aufgabe. Jugendliche arbeiten sehr gerne mit dem Online-Tool und finden eine Beratung mit einer neutralen Instanz für sehr hilfreich.

Bilanz Interviews bestätigen, dass Ausbilder, Lehrpersonen, Berufsberater und Arbeitsvermittler anfänglich Schwierigkeiten haben, das Thema Identifikation und Beratung von Jugendlichen mit Abruchrisiken anzugehen, da ihnen die Instrumente und Methoden fehlen. Die Weiterbildung der verschiedenen Personenkreise trägt dazu bei, diese Lücke durch Training und Vernetzung der Akteure zu schließen. Die Deutschen, Schweizer, Polnischen und Südtiroler Berufsbildungsverantwortlichen und Berufsberater arbeiten sehr intensiv und erfolgreich mit den Instrumenten und Methoden.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!