Das Neue Rezeptur-Formularium (NRF ) im DAC HOLGER REIMANN

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DOI:10.1002/pauz.201000372 Gestern Heute Morgen Das Neue Rezeptur-Formularium (NRF ) im DAC HOLGER REIMANN Nach 25-jährigem Bestehen gilt das NRF als feste Größe im Rezepturbetrieb. Dabei wird es in unterschiedlichster Form wahrgenommen: Beim Hautarzt steht es für besonders sichere Apothekerformeln, die für seinen Bedarf im Ärzte-NRF- Taschenbuch zusammengefasst sind. Die PTA nutzt neben dem Herstellungsteil den Service der Informationsstelle; in der Ausbildung ist es die praxisnahe Brücke zum Arzneibuch. Und mancher hält sogar die zahlreichen Rezepturvorschläge im Internetauftritt für das NRF. ABB. 1 STANDARDISIERTE REZEPTUREN VS FREI KOMPONIERTE INDIVIDUALREZEPTUREN Halbfeste Externa Orale Liquida Tees Wund-/Blasenspülung Pulver Halbfeste Nasalia Nasentropfen Sonstige 13 101 142 181 564 308 377 274 200 61 79 64 152 108 1031 freie Komposition standardisierte Rezeptur 0 1000 2000 3000 4000 5000 Stichproben und Umfragen in Apotheken bestätigen immer wieder den geringen Anteil standardisierter Rezepturen gegenüber frei komponierten Individualrezepturen [8]. Gezeigt: Anzahl Rezepturen nach Darreichungsformen (ohne Zytostatika) in 21 Werktagen in 147 Apotheken in Thüringen. Die Einrichtung des Neuen Rezeptur-Formulariums (NRF) als Ableger des Deutschen Arzneimittel-Codex (DAC) [1] wurde um 1980 eingeleitet. Der DAC fungiert als Ergänzungsbuch zum Arzneibuch. Anlass für die Bearbeitung war die dringend notwendige Bereinigung der Deutschen Rezeptformeln (DRF) von therapeutisch obsoleten Vorschriften. Bei der Neufassung des Bewährten wurden die DAC-Monographien formal getrennt in solche für Ausgangsstoffe und solche für die im NRF zusammengeführten gebrauchsfertigen Arzneimittel. Wirksamkeit und Unbedenklichkeit Der heutige Herausgeber des NRF, die ABDA (Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände) beauftragte die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) mit der pharmakologischen Beurteilung. Etwa 60 der 294 DRF-Vorschriften galten als noch verwertbar und wurden von einer Arbeitsgruppe im Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL) bearbeitet. Sie bildeten zusammen mit den ausgegliederten DAC-Vorschriften den Grundstock des NRF in der Stammlieferung 1983 und den ersten Ergänzungen 1984 und 1985. Die wissenschaftliche Beratung durch die AMK, seit 2009 abgelöst durch die eigens berufene Kommission Neues Rezeptur-Formularium, stellte auch bei den folgenden Neuaufnahmen Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der NRF-Vorschriften sicher. Infolge des geforderten Bioverfügbarkeitsnachweises bei Fertigarzneimitteln kamen Zweifel an der Wirksamkeit der Hartkapsel-Rezepturen des NRF auf. Dies führte 1989 zur Streichung der Kapseln mit Wirkstoffen wie Propranololhydrochlorid, Etilefrinhydrochlorid, Allopurinol, Eisen(II)-sulfat, Doxycyclinhyclat, Tetracyclinhydrochlorid, Dimenhydrinat oder Coffein und zu strengeren Forderungen an spätere Neuaufnahmen. 274 Pharm. Unserer Zeit 4/2010 (39) 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 4836

DAS NEUE REZEPTUR-FORMULARIUM PHARMAZEUTISCHE PRAXIS Kontrollierte klinische Studien waren allerdings für Rezepturen des NRF nie vorgesehen gewesen. Nur in wenigen Fällen, vorwiegend auf dermatologischem Gebiet und ohne Mitwirkung des NRF wurden klinische Untersuchungen ausgeführt [2, 3]. Neue Vorschriften des NRF leiten sich möglichst von Rezepturen und Behandlungsverfahren ab, die in der Praxis bereits ansatzweise bewährt und in Publikationen beschrieben sind. Sie werden lediglich pharmazeutisch dem wissenschaftlichen Stand angepasst. So schreibt die NRF-Rezeptur 9.3. zur intravesikalen Oxybutyninhydrochlorid-Instillation selbstverständlich die Konfektionierung als Einzeldosiszubereitungen und die Hitzesterilisation vor, im Gegensatz zu Teilen der zugrunde liegenden medizinischen Literatur. Zum Teil bis heute berührt die Arbeit der ab 1982 berufenen Aufbereitungskommissionen für das Nachzulassungsverfahren auch die Magistralrezeptur in Deutschland [4, 5]. Die bis 1994 publizierten amtlichen Aufbereitungsmonographien erleichtern häufig auch bei Rezepturen die notwendige Nutzen-Risiko-Beurteilung, die jeweils vor dem Hintergrund der therapeutischen Alternativen getroffen werden muss. Die restriktive Anwendung beim NRF begründete die Ablehnung negativ beurteilter Wirkstoffe. So spielten bei der Elimination der Zinkoxid-Schwefel-Paste, der Bleipflastersalbe, der Kaliumiodid-Mixtur als Expektorans, der Brechwurzel-Mixtur als Antitussivum, Papaverinhydrochlorid-haltiger Zäpfchen und Tropfen, der Resorcin-Schälpaste sowie der Castellani-Lösung in den 1990er-Jahren die Aufbereitungsergebnisse eine Rolle. Infolge dieser Bereinigung sind heute kaum noch Rezepturen aus den ersten Lieferungen im NRF verblieben. Wirtschaftlichkeit und Defektur Die Apothekenbetriebsordnung von 1987 (ApBetrO) führte neue Anforderungen an die Anfertigung, Kennzeichnung und Dokumentation ein, sollte aber die Herstellung preiswerter Arzneimittel in Apotheken weiterhin ermöglichen. In dieser Zeit der hochpreisigen Originalpräparate erschien das Ziel wirtschaftlicher Herstellung erreichbar, wenn nicht in der Rezeptur, so bei defekturmäßig produzierten Kleinchargen [6]. Obgleich als Rezeptur-Formularium im Wortsinne konzipiert, erleichtert das NRF die eigenverantwortliche Verlängerung der standardisierten Rezeptur zur Fertigarzneimittel-Defektur. Diese Vorstellungen ließen sich wegen der einsetzenden Generikaflut nicht realisieren, aber auch deshalb nicht, weil es nicht gelang, den Anteil der Verordnungen nach NRF-Vorschriften ausreichend zu steigern [7, 8]. Mehrheitlich kann die Einzelrezeptur nach NRF wirtschaftlich bestenfalls in einer Mischkalkulation bestehen [9]. Wenn die Fertigarzneimittel-Defektur nicht infrage kommt, so kann die Herstellung des Arzneimittels als Standgefäß-Defektur zumindest den Aufwand reduzieren, zum Beispiel bei den Methadon- und Levomethadonhydrochlorid-Lösungen nach NRF 29.1. und 29.4. Tendenziell gilt das auch für die defekturmäßige Herstellung von Arzneiträgern und Rezepturkonzentraten des NRF zur Vereinfachung der Individualrezeptur. Zurzeit überwiegt bei der Eigenherstellung für den Bedarf der Dermatologie und HNO-Medizin die Einzelanfertigung [8] (Abb. 1). Ob in Zukunft für NRF-Vorschriften die Vorteile der defekturmäßigen Herstellung hinsichtlich Aufwand, Sicherheit, Qualität und Lieferzeit besser genutzt werden können, wird wesentlich vom ärztlichen Ver- GLOSSAR Rezeptur: Im engeren Sinne eine auf Verlangen bei Bedarf ausgeführte Einzelherstellung eines Arzneimittels in der Apotheke, das aber auf mehrere Packungen für die Einmalanwendung oder den Tagesbedarf verteilt sein kann. In der ApBetrO zur Abgrenzung von der Defektur verwendet. Im weiteren Sinne auch das Produkt, die Rezepturformel, die ärztliche Verschreibung oder der Herstellungsbereich in der Apotheke. Abzuwarten bleibt, ob der Begriff nur für Arzneimittel oder weiter auch auf die nach früherer Auffassung in der Apotheke als Arzneimittel angesehenen Medizinprodukte, kosmetischen Mittel und Nahrungsergänzungsmittel angewendet wird. Defektur: Herstellung einer im Umfang auf 100 abgabefertige Packungen begrenzte Menge eines Fertigarzneimittels oder der entsprechenden Menge eines für die Lagerung im Standgefäß bestimmten Arzneimittels, eines Trägers, einer Grundlage, eines Rezepturkonzentrates oder einer sonstigen Stammzubereitung. In der ApBetrO zur Abgrenzung von der Rezeptur verwendet. Medizinprodukt: Produkt, das dem Medizinprodukterecht unterliegt. In der Eigenherstellung schwer von einem Arzneimittel oder kosmetischen Mittel zu unterscheiden. Herstellung unter Umständen formal komplizierter als bei Arzneimitteln, da keine Ausnahmeregeln für die Apotheke. Kosmetisches Mittel: Produkt, das dem Kosmetikarecht unterliegt. In der Eigenherstellung schwer von einem Arzneimittel oder Medizinprodukt zu unterscheiden. Herstellung unter Umständen formal komplizierter als bei Arzneimitteln, da keine Ausnahmeregeln für die Apotheke. Aufbrauchsfrist: Dauer der Haltbarkeit eines Arzneimittels nach Anbruch. Für Rezepturen wird der Beginn bei Mehrdosenzubereitungen oft mit der Herstellung gleichgesetzt und das Enddatum gekennzeichnet. Näheres siehe NRF-Abschnitt I.4. Laufzeit: Dauer der Haltbarkeit eines Arzneimittels oder eines Ausgangsstoffes vor Anbruch. Näheres siehe NRF-Abschnitt I.4. Verwendbarkeitsfrist: Dauer der Verwendbarkeit eines Ausgangsstoffes. Dieser kann aber selbst am Enddatum der Verwendbarkeitsfrist noch für die Herstellung eines über dieses Datum hinaus haltbaren Arzneimittels verwendet werden. Näheres siehe NRF-Abschnitt I.4. Minimaleinwaage: In der Apotheke einer bestimmten Waage zugewiesene kleinste Masse, die gerade noch mit vorgegebener Genauigkeit gewogen werden kann. Der zugrunde liegende Wägefehler ist vor Ort unter Praxisbedingungen in Abständen zu ermitteln. Näheres siehe NRF-Abschnitt I.2.9. Einwaagekorrekturfaktor: Faktor zur Kompensation der Gehaltsminderung der Rezeptursubstanz eines Wirkstoffes. Kann zusätzlich die stöchiometrische Umrechnung von einem verschriebenen Bestandteil auf die Rezeptursubstanz enthalten, sodass dieser unter Umständen mehrere unterschiedlich definierte Einwaagekorrekturfaktoren zugeordnet werden. Näheres siehe NRF-Abschnitt I.2.1.1. und EXCEL-Wirkstoffdatenbank auf NRF-CD-ROM. Arbeits- und Dokumentationsvorlage: Im NRF für jede Rezeptur und jede Stammzubereitung (Defektur) vorbereitetes elektronisches Dokument, das als Druckvorlage für die strukturierte Herstellungsplanung und Protokollierung verwendet wird, mit Vorteil aber auch PC-gestützt an individuelle Vorgaben angepasst werden kann. Näheres siehe NRF-Abschnitt II. 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.pharmuz.de 4/2010 (39) Pharm. Unserer Zeit 275

schreibungsverhalten abhängen. Hier gilt es, begonnene Standardisierungsbemühungen zu stärken [10]. Die erwartete Novelle der Apothekenbetriebsordnung dürfte der Defektur dazu weiterhin Raum geben. Haltbarkeitssystematik Die ApBetrO spiegelt das bescheidene Wissen um die Arzneimittelstabilität von 1987 wider, sodass noch heute das Herstellungsdatum und ein unbestimmter Hinweis auf die begrenzte Haltbarkeit für Rezepturen formal ausreichen. Das NRF ließ jedoch bereits ab 1988 eine konkrete Aufbrauchsfrist beziehungsweise deren Enddatum kennzeichnen, also zu einer Zeit, als dies bei Fertigarzneimitteln noch nicht üblich war. Da bis heute beim NRF keine experimentellen Daten aus Simulationstest für die Haltbarkeit nach Anbruch erhoben werden, handelt es sich bei den im NRF- Abschnitt I.4. inzwischen für alle Rezepturen gelisteten Aufbrauchsfristen um plausible Erfahrungswerte. Sie können unterschiedliche Packmittel und andere Vorgaben berücksichtigen. Oft stimmen sie mit den heute für vergleichbare Fertigarzneimittel typisch angegebenen Aufbrauchsfristen gut überein (Nasentropfen, Nasensprays, orale Liquida), bei Cremes und Salben in Tuben sollten sie künftig eventuell gekürzt werden. Das NRF listet zudem die Haltbarkeitsfristen der Rezepturen auf, damit die Herstellung in der Apotheke zur Fertigarzneimittel-Defektur verlängert werden kann. Angegeben werden auch die Weiterverarbeitungsfristen der NRF- Stammzubereitungen. Mit ihrer Unterscheidung in Ausgangsstoffe, Rezepturen und Fertigarzneimittel ist die Haltbarkeitssystematik des NRF in sich schlüssig. Sie liefert auch Entscheidungshilfen für nicht standardisierte Individualrezepturen und wird voraussichtlich den künftigen Forderungen einer novellierten Apothekenbetriebsordnung gerecht. ABB. 2 Eigenherstellung nach NRF in Apotheken soll laut amtlichen Pandemieplänen bei Bedarf die Versorgung mit Oseltamivir-Lösungen sichern. Grenzen der Praktikabilität Die NRF-Rezepturen haben grundsätzlich den Anspruch behalten, in jeder Apotheke einwandfrei hergestellt werden zu können. Die ApBetrO fordert die notwendigen Voraussetzungen an Personal, Ausrüstung und Einrichtung der Apotheke. Hieran orientieren sich zurzeit die im NRF beschriebenen Darreichungsformen und Herstellungstechniken. Diese erreichen aber fast die Grenzen der Möglichkeiten der Apotheke, zum Beispiel mit der Heißluftsterilisation von Augensalbengrundlagen, mit der Wasserdampfsterilisation von Lösungen oder Gelen (zur Blaseninstillation, Inhalation, Wundbehandlung oder submukösen Injektion als Sklerosierung) sowie mit der kontaminationsarmen Herstellung im nahezu geschlossenen System (Augensalben, Augencremes, Augenbäder und Augentropfen). Die Herstellung der Zytostatika, der Zubereitungen für Schmerzpumpen oder für die parenterale Ernährung und andere Spezialrezepturen ist eine darüber hinausgehende, freiwillige Leistung. Sie hat trotz ihrer Bedeutung im Versorgungsauftrag der Apotheke bisher keinen Eingang in die Monographien des NRF gefunden. Nichts deutet darauf hin, dass die Novelle der ApBetrO das Pflichtprogramm der Darreichungsformen ändern wird. Es dürfte leicht sein, Konsens darüber zu erzielen, dass Medizinprodukte und kosmetische Mittel in denselben Bereichen der Apotheke wie Arzneimittel nach gleichem Standard hergestellt werden können, obgleich sie unterschiedlichen Rechtsgebieten zuzuordnen sind. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass einige bisher als Arzneimittel angesehene Zubereitungen des NRF künftig entweder als Medizinprodukte behandelt werden oder entfallen müssen. Nischen der Arzneimitteltherapie Der Anspruch auf Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und pharmazeutische Qualität ist für die Aufnahme einer Rezeptur in das NRF selbstverständlich. Wenn geeignete Fertigarzneimittel zur Verfügung stehen, verlieren wirtschaftliche Aspekte und die vermutete Praxisrelevanz als Kriterien an Bedeutung. Allerdings können diese verhindern, dass eine Rezeptur zurückgezogen wird. So sind beispielsweise die Monographien über Clotrimazol-Lösungen, Miconazol-Hautcreme, Benzoylperoxid-Gel, Pilocarpin-Augentropfen, Xylometazolin-Nasengel, Lactulose-Lösung, Sennes-Mixtur, Haloperidol-Tropfen oder Bromhexin-Lösung wegen des Angebots an preiswerten Fertigarzneimitteln entfallen. Dagegen sind Chlorhexidindigluconat-Mundspüllösung sowie mehrere Harnstoff- und Glucocorticoid-haltige Dermatika weiterhin monographiert, ebenso Minoxidil-Hautspiritus, Metronidazol-Gel und -Creme, Thalidomid-Hartkapseln, Methadon-Lösung zur Substitutionsbehandlung und Ribavirin-Lösung, obgleich hier zwischenzeitlich Fertigarzneimittel zugelassen wurden und mit der Rezeptur konkurrieren. Zweifellos sind Rezepturen in Nischen unentbehrlich, für die Fertigarzneimittel zur Diagnose, Prophylaxe oder 276 Pharm. Unserer Zeit 4/2010 (39) www.pharmuz.de 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

DAS NEUE REZEPTUR-FORMULARIUM PHARMAZEUTISCHE PRAXIS Behandlung nicht oder nicht in ausreichendem Umfang (Abb. 2) zur Verfügung stehen. Anfangs war für solche Nischen in der Bundesrepublik Deutschland der inzwischen beseitigte Zulassungsstau mitverantwortlich. Ebenso führte der strukturelle Mangel an Arzneifertigwaren in der DDR zu den amtlichen Standardrezepturen (SR), die nach der deutschen Wiedervereinigung zum Teil in das NRF übernommen wurden. Rezepturen haben gegenüber Fertigarzneimitteln den grundsätzlichen Vorteil, dass sie nicht lange haltbar zu sein brauchen. Sie können deshalb zu Gunsten einer guten Verträglichkeit auf einen hinsichtlich der Lagerstabilität eigentlich ungünstigen ph-wert eingestellt oder ohne Konservierungsstoffe und Stabilitsatoren hergestellt werden. Im NRF besetzen Povidon-Augenbad, Mercaptamin-Augentropfen und die Erythromycin-haltigen Dermatika als von Hause aus instabile Zubereitungen diese Nische, ebenso wie die Hydrophile Erythromycin-Creme 2 % mit Metronidazol 1 % nach Vorschrift 11.138., bei der die ph- Optima der Wirkstoffe deutlich auseinander liegen und entsprechende Kombinationspräparate deshalb nur kurz haltbar sind. Werden prinzipiell sinnvolle Fertigarzneimittel vom Markt genommen (Neomycinsulfat-Tabletten, Butylscopolaminiumbromid-Kinderzäpfchen) oder selten benötigte niedrige (Pädiatrie) beziehungsweise hohe Dosierungen (Tobramycin-Augentropfen 2 %) erst gar nicht realisiert, kann man wirtschaftliche Gründe unterstellen. Hinzu kommt bei neueren Therapieansätzen (Aminolävulinsäure- Creme zur photodynamischen Therapie) und seltenen Krankheiten (Natriumdichloracetat-Lösung zur Einnahme bei MELAS) oder besonderen Indikationen (Cefuroxim-Augentropfen) eine zur Zulassung noch nicht ausreichende klinische Datenlage. Die rezepturmäßige Verschreibung kann gleichwohl im Einzelfall bei den genannten, noch nicht im NRF monographierten Rezepturen gerechtfertigt sein. Nicht zuletzt durch jährlich 9.000 Anfragen aus Apotheken an die Rezeptur-Informationsstelle des NRF und den daraus resultierenden Recherchen werden immer neue potenzielle Nischenarzneimittel dokumentiert. Da das NRF nicht schnell genug mit einer soliden Standardisierung nachkommt, findet sich eine Fülle unterschiedlich gut recherchierter und überprüfter Rezepturen aus den unterschiedlichsten Indikationsgebieten und die zugehörigen Informationen zunächst in den NRF-Rezepturhinweise im Internet [11]. Bei Neuaufnahmen aus diesem Fundus wird der Anteil erklärungsbedürftiger Rezepturen im NRF künftig zunehmen und weiterhin für Fluktuation bei der Sammlung (Abb. 3) sorgen. Standardisierung und Individualität Bei ähnlichen Rezepturen ist die pharmazeutische Standardisierung auf möglichst nur eine Variante wünschenswert. Das reduziert den Untersuchungsaufwand, die Apotheke kann sich besser auf die Herstellung vorbereiten, gegebenenfalls wird die Defektur möglich und der Patient erhält womöglich schneller und sicherer sein Arzneimittel. Dies widerspricht aber offensichtlich dem Bild der individuell maßgeschneiderten Rezeptur. Ein Kompromiss, der beiden Erwartungen gerecht wird, lässt sich mit gutem Willen jedoch im interdisziplinären Dialog leicht finden, weil nicht jede Zwischengröße und jede Kombination von Merkmalen therapeutisch sinnvoll ist. Zum Beispiel werden die noch nicht ins NRF aufgenommenen, niedrig konzentrierten Pilocarpinhydrochlorid-Augentropfen beim Adie-Syndrom diagnostisch angewendet, um die ungleiche Pupillenreaktion zu erkennen, und in der symptomatischen Behandlung sollen sie durch einseitige Anwendung annähernd gleiche große Pupillen erzielen. Für die einmalige Anwendung in der Arztpraxis reicht eine einzige Konzentrationsstufe aus, zudem ist eine stabile Lösung wünschenswert. Da es nur um eine Einmalanwendung geht, kann weniger gute Lokalverträglichkeit in Kauf genommen werden. Die Lösung kann bei einem niedrigen ph belassen und mit Benzalkoniumchlorid konserviert werden. Demgegenüber sollen die vom Patienten selbst mehrmals täglich angewendeten Augentropfen annähernd ph-neutral und möglichst unkonserviert sein. Trotz Beschränkung auf wenige Rezepturen wird man dann immer noch von Standardisierung und zugleich von individuell optimaler Rezeptur sprechen können. ABB. 3 REZEPTUR DIHYDROCODEIN-SAFT NRF 7000 6000 5000 4000 3000 2000 1000 Menge [kg] 0 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 Jahr Das Beispiel Dihydrocodein-Saft NRF zeigt wie ein spezifischer Bedarf für Rezepturarzneimittel entsteht und schwindet (Quelle: Meldestatistik der Bundesopiumstelle beim BfArM). 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.pharmuz.de 4/2010 (39) Pharm. Unserer Zeit 277

Besonders auffällig ist das Dilemma bei dermatologischen Rezepturen. Hier kommt für die frei komponierte Individualrezeptur ein praktisch unbegrenztes Spektrum an Grundlagen infrage. Bei variabler Konzentration, Wirkstoffkombination und möglichen Hilfsstoffzusätzen resultiert schnell eine sowohl aus therapeutischer Sicht des Hautarztes selbst wie auch unter pharmazeutischen Aspekten für die anfertigende Apotheke intransparente Zubereitung [7]. So kann man im einfachen Beispiel eines Salicylsäure-Spiritus die Wahl des Trägers (Ethanol-Wasser-Gemisch oder 2- Propanol-Wasser-Gemisch), die Art und Konzentration eines zugesetzten flüssigen Lipids (Raffiniertes Rizinusöl oder Octyldodecanol) und die Wirkstoffkonzentration als variabel ansehen. Dabei wird man die im NRF getroffene Wahl eines bestimmten 2-Propanol-Wasser-Gemisches und des fakultativ enthaltenen Octyldodecanol sowie die Festlegung auf wenige Salicylsäure-Konzentrationen in den NRF-Vorschriften 11.45. und 11.55. nicht als übertriebene Einschränkung ansehen. Deshalb überraschen der immer wieder festgestellte geringe Standardisierungsgrad dermatologischer Verschreibungen und der geringe Anteil der NRF-Rezepturen. Ihr Anteil liegt oft nur im einstelligen Prozentbereich während die frei komponierten Individualrezepturen absolut dominieren [7, 8] (vergleiche Abb. 1). Die Bundesapothekerkammer versucht zurzeit, unter Beteiligung Regionalbeauftragter der Landesapothekerkammern und Vertreter des NRF gemeinsam mit dem Berufsverband der Deutschen Dermatologen in dessen regionalen Qualitätszirkeln Kooperationen zur Verbesserung der Rezepturqualität ins Leben zu rufen [10]. Hieran werden auch seitens des NRF große Erwartungen geknüpft, denn in den Niederlanden hatten 2006 ähnliche interdisziplinäre Regionalgruppen nach wenigen Jahren einen mit etwa 80 % sehr hohen Anteil standardisierter Rezepturverschreibungen bewirkt. Pharmazeutische Qualität Bereits lange vor der Diskussion um Qualitätsmanagementsysteme in Apotheken wurde klar, dass sich die Rezepturqualität allein durch Angabe der Bestandteile einer Rezepturformel nicht verbessern und sichern lässt. Immer wenn dies für die Ausführung der Rezepturvorschriften notwendig erschien, wurde das NRF nach und nach um Elemente ergänzt, die es heute als ein komplexes Konzept für die Rezeptur erscheinen lassen. Innerhalb der Formelsammlung wurde bereits 1988 ein Erläuterungsteil in die Monographien eingefügt, der Besonderheiten erklärt und auf eventuell notwendige Rückfragen beim Arzt vorbereitet. Die Aufnahme der Stammzubereitungen getrennt von den Rezepturmonographien unterstützt die Apotheke bei der rationellen Herstellung mit vorgefertigten Trägern und Konzentraten. Bezugsquellennachweise für erklärungsbedürftige Rezepturbestandteile und Packmittel erleichtern die Logistik. Kurz gefasste Abhandlungen über unterschiedliche Darreichungsformen im allgemeinen Teil fassen grundlegende Forderungen zusammen, stellen die einzelnen Rezepturen in den richtigen Zusammenhang und vermitteln den Bezug zu Arzneibuchvorschriften. Ebenfalls im allgemeinen Teil finden sich unter anderem die den Stabilitätsangaben zugrunde liegende Haltbarkeitssystematik, ein Abschnitt über Wägetechnik in der Apotheke unter besonderer Berücksichtigung der Minimaleinwaage und detaillierte Erläuterungen, wie sich Mindergehalte in Wirkstoffen durch Einwaagekorrekturfaktoren in der Rezeptur kompensieren lassen. Hierfür steht eine EXCEL -Wirkstoff-Datenbank zur Berechnung zur Verfügung. Ein gesondertes Kapitel beschreibt praxisnahe Arbeitsund Dokumentationsvorlagen, welche konform zu den Leitlinien der Bundesapothekerkammer für die qualitätsgesicherte Rezepturplanung sind und zur Protokollierung genutzt werden können. Die notwendige Flexibilität wird durch anpassungsfähige elektronische Vorlagen erreicht. In das Loseblattwerk ist unter der Bezeichnung Tabellen für die Rezeptur eine Broschüre mit vielen Übersichten eingefügt, die über das NRF hinaus besonders bei nicht standardisierten Rezepturen Schnellinformationen bereitstellt. Außerhalb der eigentlichen Formelsammlung gibt das Pharmazeutische Laboratorium des NRF zur Information der Ärzte das auf Kitteltaschenformat komprimierte Ärzte- NRF heraus [12]. Aus gelegentlichen Auskünften an Apothekenmitarbeiter haben sich zwei Service-Einrichtungen des NRF entwickelt, die NRF-Rezeptur-Informationsstelle zur schnellen Anfrage bei galenischen Problemen und das Angebot von etwa 500 Dokumenten, die das NRF-Team zur Eigenrecherche im Internet bereitstellt [11]. DAC/NRF und die globalisierte Rezeptur Die förmliche Trennung in den Kern-DAC mit Prüfvorschriften und das NRF mit Herstellungsvorschriften lässt sich vor dem Hintergrund des Bedarfs an praxisgerechten Hilfestellungen und Informationen für die Apotheke immer weniger konsequent aufrecht erhalten. Ein Beispiel hierfür sind die in einem kontrollierten Herstellungsablauf notwendigen einfachen Inprozessprüfungen, die gemeinsam von den Arbeitsgruppen DAC und NRF bearbeitet werden. Wie in Deutschland bemühen sich Apotheker in anderen Ländern Europas und der Welt um Qualitätssicherung in der Rezeptur [9]. Auch das Europäische Direktorat für Arzneimittelqualität und Gesundheitswesen (EDQM) beschäftigt sich in Arbeitsgruppen mit der Qualität der Arzneimittelherstellung in Apotheken und der Berücksichtigung apothekengerechter Vorgaben in einer allgemeinen Arzneibuchmonographie über Pharmazeutische Zubereitungen. DAC und NRF sehen sich deshalb auch in Zukunft mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert, damit die in der Apotheke hergestellten Rezepturen mit vertretbarem Aufwand zeitgemäßen Qualitätsansprüchen gerecht werden. 278 Pharm. Unserer Zeit 4/2010 (39) www.pharmuz.de 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

DAS NEUE REZEPTUR-FORMULARIUM PHARMAZEUTISCHE PRAXIS Zusammenfassung Am Wandel der Rezepturen des NRF innerhalb der letzten Jahrzehnte lassen sich die Erwartungen an die Rezeptur in der Apotheke verfolgen. Nicht nur die monographierten Arzneimittel ändern sich und machen neue Untersuchungen erforderlich, auch die der Apotheke zur Verfügung gestellten Angaben müssen sich an der jeweiligen Praxis in den Apotheken und zeitgemäßen Qualitätsvorgaben orientieren. Deshalb stehen zwar die Rezepturen immer noch im Zentrum des NRF, das Angebot an die Apotheke und die verschreibenden Ärzte kann aber nur ein Gesamtkonzept sein, dessen wichtigste Elemente neben den Rezepturmonographien die allgemeinen Teile des NRF, die Bereitstellung von elektronischen Arbeits- und Dokumentationsvorlagen sowie die Service-Angebote der NRF-Rezeptur-Informationsstelle und der NRF-Rezeptur-Hinweise im Internet sind. Maßnahmen zur Erhöhung des Anteils der NRF-Rezepturen an den ärztlichen Rezepturverschreibungen sind dringend erforderlich. Zitierte Literatur [1] Kommission Deutscher Arzneimittel-Codex, Kommission Neues Rezeptur-Formularium: DAC/NRF. In: Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (Hrsg.), Govi-Verlag Pharmazeutischer Verlag, Eschborn / Deutscher Apotheker-Verlag, Stuttgart. [2] Zimmermann, E., Lehmann, L. Lehmann, J.W., Fluhr, Gloor, M.: Effektivität von Tretinoin bei Verwendung von zwei neuen NRF- Rezepturen. Akt. Dermatol. 25 (1999), 262-265. [3] Blessing, C., Garbe, C.: Atopische Dermatitis: Klassische dermatologische Externatherapie führt zu guter Abheilung und Verbesserung der Lebensqualität. Dt. Derm. 46 (1998), 909-917. [4] Holz-Slomczyk, M., Hildebrandt, A.: Aufbereitung beim BGA / Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Eine Bilanz. Pharm. Ind. 56 (1994), 680-685. [5] Thesen, R., Schulz, M., Braun, R.: Negativ -Monographien: eine Übersicht. Pharm. Ztg. 139 (1994), 596, 3360 und Anhänge. [6] Wolf, H.-G.: Rezeptur des Monats, PZ-Schriftenreihe 1, 2. Auflage, Govi-Verlag Eschborn (1994). [7] Altmeyer, P., Bergmeyer, V., Wienand, W.: Analyse magistraler Rezepturen von niedergelassenen Dermatologen. Hautarzt 48 (1997) 17 20. [8] Neidel, D.: Perspektive Rezeptur in Thüringer Apotheken. Dtsch. Apoth. Ztg. 143 (2003), 4660-4667. [9] Birrenbach, G.: Magistralrezeptur in der Apotheke Bewertung aus betriebswirtschaftlicher Sicht. Dtsch. Apoth. Ztg. 139 (1999), 3056-3060. [10] Sauer, B.: Medizinisches und pharmazeutisches Wissen vereinen. Pharm. Ztg. 154 (2009), 3624. [11] Zentrales Prüflaboratorium des DAC, Pharmazeutisches Laboratorium des NRF, www.dac-nrf.de. [12] Pharmazeutisches Laboratorium des Neuen Rezeptur-Formulariums: Standardisierte Rezepturen NRF/SR (2007), Govi-Verlag Eschborn. Der Autor: Dr. Holger Reimann; Pharmaziestudium an der Freien Universität Berlin; 1986 Promotion an der Universität Düsseldorf; 1986 Leitung der Arbeitsgruppe Neues Rezeptur-Formularium im Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker in Eschborn; 1998 Leitung der Arbeitsgruppe Neues Rezeptur-Formularium im Govi-Verlag in Eschborn. Anschrift: Dr. rer. nat. Holger Reimann Pharmazeutisches Laboratorium des Neuen Rezeptur-Formulariums Carl-Mannich-Straße 20 65760 Eschborn reimann@govi.de EINE AUSWAHL INTERESSANTER INTERNETADRESSEN ZUM THEMA MAGISTRALREZEPTUR http://www.pharmazeutische-zeitung.de/ index.php?id=2264 Rezepturhinweise des NRF http://www.abda.de/leitlinien0.html http://www.abda.de/revision_leitlinien.html http://www.zlg.nrw.de/cms.php?phpsessid= 44adb04eade7b0061c4879d7ae23531e&mapid=619 http://www.zentrallabor.com magistral/magistral.htm magistral/wirkstoffdossiers.htm magistral/leitlinienmagistral.htm magistral/hygienerichtlinie.htm Die Leitlinien zur Qualitätssicherung der ABDA Revisionen der Leitlinien der ABDA Der EG-GMP-Leitfaden mit Anhängen Der Internetauftritt des Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker e.v. (z.b. Hinweise zu den Ringversuchen etc.) Leitlinien und Empfehlungen der GD Fachgruppe Magistrale Rezepturen Wirkstoffdossiers für externe dermatologische Rezepturen der GD Fachgruppe Magistrale Rezepturen Leitlinie Dermatologische Rezepturen der GD Fachgruppe Magistrale Rezepturen Hygienerichtlinie der GD Fachgruppe Magistrale Rezepturen für die Herstellung von nicht sterilen pharmazeutischen Zubereitungen in der Apotheke 2010 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.pharmuz.de 4/2010 (39) Pharm. Unserer Zeit 279