24/SN-285/ME XXII. GP - Stellungnahme zum Entwurf elektronisch übermittelt 1 von 6 Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Minoritenplatz 5 1014 Wien Ihr Zeichen Unser Zeichen Bearbeiter/in Tel 501 65 Fax Datum 14.160/0012 GSt-Tö Mag. Tölle DW 3102 DW 3227 25.05.2005 III/2/05 Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung geändert wird Die BAK begrüßt die Intention des bm:bwk, das seit seiner Einführung im Jahr 1997 ausgesprochen erfolgreiche Instrument der Berufsreifeprüfung (BRP) weiterzuentwickeln. Allerdings meldet die BAK insbesondere bei der geplanten Neugestaltung der Vorsitzführung bei Teilprüfungen in der Erwachsenenbildung wie auch bei der Neudefinition der Zulassungskriterien zur BRP ihre Bedenken an. Die BAK lehnt die Vorsitzführung bei Teilprüfungen in der Erwachsenenbildung durch eine/n von der Schulbehörde entsandte/n VertreterIn ab. Diese Regelung nimmt der Erwachsenenbildung die Flexibilität, die sie auszeichnet, und die zu einem guten Teil zum Erfolg der BRP beigetragen hat. Sollte die neue Vorsitzführung so wie im Entwurf vorgesehen beschlossen werden, wird die BRP aufgrund der Probleme in der logistischen Umsetzung an Attraktivität verlieren, was insbesondere auch im Hinblick auf die geringe österreichische Maturantenquote bildungspolitisch kontraproduktiv ist. Nach Auffassung der BAK sind die vorhandenen Instrumente der Qualitätssicherung ausreichend. Die Schulbehörde ist aufgefordert, verstärkt zu kontrollieren. Die BAK lehnt eine Verschärfung der Zulassungskriterien zur BRP ab. So wie bisher sollen die in 1 BRPG definierten Abschlußprüfungen den Zugang zur BRP regeln, das höhere Niveau ist über die Teilprüfungen zur BRP nachzuweisen und nicht schon vorher. Ansonsten käme es zu einer Differenzierung von guten und schlechten Lehrberufen bzw. Ausbildungen, von Branchen mit mehr oder weniger betrieblicher Weiterbildung, das kann nicht im Sinne des Gesetzgebers sein.
2 von 6 24/SN-285/ME XXII. GP - Stellungnahme zum Entwurf elektronisch übermittelt Seite 2 Die BAK begrüßt die Zulassung zur BRP auch von jenen KandidatInnen, die nach der Novelle der Gewerbeordnung auch ohne Lehrabschlußprüfung eine Meister- oder Befähigungsprüfung absolvieren können. Die BAK begrüßt zudem die neue Regelung der Fachbereichswahl für jene Gruppe von Lehrberufen, für die es keine entsprechende höhere Schule gibt. Damit wird diesen BRP- KandidatInnen ein Rechtsanspruch auf einen Fachbereich eingeräumt. Die BAK nimmt zum vorliegenden Entwurf zur Novelle des Bundesgesetzes über die BRP wie folgt Stellung: Zu den neuen Z 6 und 7 im 1 Abs. 1: Die BAK begrüßt die Zulassung der AbsolventInnen von Meister- und Befähigungsprüfungen zur BRP, die nach der Novelle der Gewerbeordnung auch ohne Lehrabschlussprüfung zur Meister- bzw. Befähigungsprüfung antreten können. Nach Auffassung der BAK sollten darüber hinaus gesetzlich oder kollektivvertraglich geregelte Ausbildungen, die nicht unter das BAG fallen und mindestens drei Jahre dauern, in den 1 BRPG aufgenommen werden (z.b. ZahnarztassistentIn). Zum neuen Abs. 3 des 3: Die BAK begrüßt diese neue Regelung, die darauf abzielt, all jenen KandidatInnen zur BRP, die keine ihrer Ausbildung und/ oder ihrer beruflichen Tätigkeit entsprechende BHS finden können (siehe das vielzitierte Beispiel des/ der FriseurIn), einen Fachbereich anzubieten. Dieser Auffangfachbereich kann durchaus, so wie in den Erläuterungen vorgeschlagen, BWL/ Rechnungswesen sein. Die BAK regt an, als zusätzliche Wahlmöglichkeit auch die Fachbereiche Gesundheit und Soziales und Wirtschaftsinformatik aufzunehmen. Die KandidatInnen sollten frei zwischen diesen Fachbereichen wählen können und sind jedenfalls von der höheren Schule mit diesem Fachbereich zur BRP zuzulassen. Diese Regelung könnte durchaus auch regionale Anwendung finden: Gibt es im jeweiligen Bundesland keine entsprechende höhere Schule (in Vorarlberg z.b. für den Bereich Holztechnik), so ist die Wahl eines der w.o. angeführten Auffangfachbereiche zulässig. Sollte das bm:bwk zu der in den ersten Jahren seit Einführung der BRP gehandhabten Regelung der freien Wahl des Fachbereiches zurückkehren, würde sich der neue Abs. 3 erübrigen und allen BRP-KandidatInnen eine in die Zukunft gerichtete Fachbereichswahl ermöglicht. Nicht nachvollziehbar ist für die BAK, dass die Zulassung zur BRP in Zukunft auf ein durch die Ausübung des Berufes bereits erreichtes höheres Niveau abstellen soll. KandidatInnen, die laut 1 zur BRP zugelassen werden, sind a priori durch ihre berufliche
24/SN-285/ME XXII. GP - Stellungnahme zum Entwurf elektronisch übermittelt 3 von 6 Seite 3 Ausbildung und die erlangte Berufspraxis anderen ExternistenprüfungskandidatInnen voraus. Ein weiteres Zulassungskriterium erscheint der BAK daher nicht erforderlich, die bisherige Praxis der Zulassung soll beibehalten werden; damit ist Rechtssicherheit auf beiden Seiten des Kandidaten und der höheren Schule - gegeben. Das höhere Niveau wird über das Ablegen der Teilprüfungen zur BRP erreicht. Die vorgeschlagenen Neudefinition der Zulassung zur BRP widerspricht dem Gesetz über die BRP und wird von der BAK abgelehnt. Zu 4 Abs. 3: Die BAK begrüßt die Aufwertung der vierjährigen Lehrberufe, hält diese allerdings nicht für ausreichend. Nach dem vorliegendem Entwurf kann zu einer weiteren Teilprüfung zur BRP bereits vor Lehrabschluss oder im Rahmen der Lehrabschlussprüfung angetreten werden. Damit ist jedenfalls das gleiche Pensum zu absolvieren, wie es für die anderen Lehrberufe gilt. Dies ist ein Rückschritt im Vergleich zur geltenden Verordnung zur BRP (Entfall der Fachbereichsprüfung bei Lehrabschlussprüfung mit ausgezeichnetem Erfolg und Prüfung auf höherem Niveau) wie auch zum Entwurf der Novelle der Verordnung zur BRP (Entfall der Fachbereichsprüfung bei Vorliegen einer Projektarbeit). Die BAK schlägt daher ein Modell (ähnlich dem einstimmigen Gutachten des Bundesberufsausbildungsbeirates an das BMWA) vor, welches die höheren Anforderungen eines vierjährigen Lehrberufes berücksichtigt: Es soll an der Berufsschule im Rahmen des Berufsschulunterrichts (des fächerübergreifenden Projektunterrichts) ein Projektpraktikum im Ausmaß von 120 Unterrichtseinheiten eingerichtet werden. Die Themenstellungen der zu bearbeitenden Projekte sind bei der Schulbehörde einzureichen und von dieser zu approbieren. Am Ende der Berufsschulzeit (und außerhalb der Lehrabschlussprüfung) wird das Projekt vom Kandidaten präsentiert, wobei ein Vertreter der Schulbehörde (z.b. der Landesschulinspektor für das Berufsschulwesen) das höhere Niveau der Projektarbeit bescheinigt. Dieser Modus soll die Fachbereichsprüfung für die vierjährigen Lehrberufe ersetzen. Im Sinne des Konzeptes Lehre und Matura sollten in Lehrberufen, die über drei Lehrjahre hinausgehen, bis zu drei BRP-Teilprüfungen vor der Lehrabschlussprüfung abgelegt werden können. Zum Abs. 4 des 6: Die BAK ist mit der verpflichtenden Beiziehung eines Schriftführers einverstanden. Dies entspricht der schon vielerorts gehandhabten Praxis und gibt auch dem/ der PrüfungskandidatIn im Falle einer Berufung mehr Sicherheit.
4 von 6 24/SN-285/ME XXII. GP - Stellungnahme zum Entwurf elektronisch übermittelt Seite 4 Zum ersten Satz des 7 Abs. 1: Bei dieser Neuregelung, welche die Beurteilungskompetenz des Vorsitzenden aufwertet, ist jedenfalls darauf zu achten, dass der Vorsitzende über die erforderlichen Fachkenntnisse verfügt. Die BAK hält diese Neuregelung allerdings nicht für erforderlich. Zum 8: Die Akkreditierung der Vorbereitungslehrgänge zur BRP durch das bm:bwk sollte, so wie im Entwurf vorgesehen, beibehalten werden. Zum 8a: Die BAK versteht die Intention des bm:bwk, durch eine Neugestaltung der Prüfungskommission - durch die Beiziehung eines externen Vorsitzenden, der von der Schulbehörde namhaft gemacht wird - eine neue Optik im Hinblick auf das Beurteilungsverfahren zu bewirken. Dies scheint in erster Linie eine Reaktion auf die Nichtanerkennung der BRP in Deutschland zu sein. Die BAK hält allerdings die Anerkennung der deutschen Fachhochschulreife in Österreich für die bessere Variante, um BRP-AbsolventInnen ein Studium in Deutschland zu ermöglichen. Zudem werden mit der Neugestaltung der Prüfungskommission einige bedenkliche Effekte erzeugt: Die BRP wird bürokratischer und weniger flexibel (das ist die Stärke der Erwachsenenbildung: Flexibilität). Sie wird für die KandidatInnen zeitaufwendiger (durch das Warten auf Prüfungstermine) und kostenintensiver (durch zusätzliche Prüfungsgebühren). Man nimmt ein modernes, innovatives Element des österreichischen Bildungssystems zurück, nämlich die Anrechnung von in der Erwachsenenbildung absolvierten Prüfungen. Das muss durchaus als Rückschritt gewertet werden. Die Terminvereinbarung mit den fachkundigen ExpertInnen erhöht den organisatorischen Aufwand für die Erwachsenenbildung, und natürlich auch für die Schulbehörden: Bei zur Zeit rd. 6.000 BRP-KandidatInnen in den anerkannten Vorbereitungslehrgängen ist mit über 10.000 Prüfungsantritten pro Jahr zu rechnen! In der Regel finden diese Prüfungen abends, am Freitag nachmittag, am Samstag, oft an schulfreien Tagen und in den Schulferien statt (da sich die Prüfungstermine an der Zeitstruktur Berufstätiger orientieren). Die Prüfungen finden zudem direkt anschließend an die Vorbereitungslehrgänge statt. Natürlich überschneiden sich die Prüfungstermine auch mit den schulischen Maturaterminen. Mit der Neugestaltung der Prüfungskommission käme der Gesetzgeber in die schwierige Situation, zu gewährleisten, dass
24/SN-285/ME XXII. GP - Stellungnahme zum Entwurf elektronisch übermittelt 5 von 6 Seite 5 1. es ausreichend viele, langfristig festgesetzte Prüfungstermine gibt (wobei es, wie die Erfahrung zeigt, nur kurzfristig möglich ist, die konkrete Anzahl der Prüfungsantritte zu nennen, da die KandidatInnen selbst über den Zeitpunkt ihres Antrittes entscheiden); 2. dass diese Prüfungstermine direkt an die Vorbereitungslehrgänge anschließen (Wartezeiten auf Prüfungen bedeuten einen Mehraufwand für die KandidatInnen, da sie den Prüfungsstoff dann nocheinmal lernen müssen, das ist weder für die Prüflinge noch für potenzielle KandidatInnen ein motivierender Impuls); 3. eine Absage eines Termines durch den Vorsitzenden nicht möglich ist, hier ist entweder ein Vertreter zu entsenden (es muss ein eindeutiges Vertretungsprozedere geben) oder der Vorsitz wird bei Nichterscheinen der Schulbehörde von der Erwachsenenbildung eingenommen; 4. die Prüfungsarbeiten in einem angemessenen Zeitraum zu korrigieren sind (wer im Sommer antritt, will im Herbst studieren und braucht daher das BRP-Zeugnis); 5. es analog zur Externistenprüfung die Möglichkeit gibt, eine Prüfung in der Erwachsenenbildung dreimal (und nicht wie zur Zeit nur zweimal) zu wiederholen. Die BAK macht darauf aufmerksam, dass die BRP deutlich an Attraktivität verlieren wird, sollte es in der logistischen Umsetzung der Neugestaltung der Prüfungskommission zu Problemen kommen. Dafür wären dann jedenfalls nicht die Einrichtungen der Erwachsenenbildung verantwortlich zu machen. Schon jetzt verzeichnen manche Bundesländer (wie etwa OÖ) lange Wartezeiten auf Prüfungstermine an höheren Schulen. Da zudem die österreichische Maturantenquote unter dem europäischem Durchschnitt liegt, gefährdet die Neuregelung auch eine Verbesserung dieser Quote Aufgrund dieses negativen Szenarios lehnt die BAK die im Entwurf vorgesehene Neugestaltung der Prüfungskommission ab. Die BAK empfiehlt, die bisher vorgesehenen Instrumente der Qualitätssicherung beizubehalten und dort, wo erforderlich bzw. gewünscht, verstärkt einzusetzen: Die Akkreditierung der Lehrgänge durch das bm:bwk, die Definition der Mindeststundenanzahl der Lehrgänge sowie der Qualifikation der Lehrenden und PrüferInnen (wie bisher), die verpflichtende Eingabe der Prüfungsthemen an die Schulbehörde (wie bereits praktiziert), die Approbation derselbigen, die Kontrolle der schriftlichen Prüfungsarbeiten durch die Schulbehörde (immerhin mit dem Sanktionsdruck der Nichtverlängerung der genehmigten Lehrgänge!), der Beisitz bei mündlichen Prüfungen. Das Kontrollrecht wurde seitens der Schulbehörde bisher nur partiell ausgeübt. Daraus kann nicht auf das mangelnde Niveau der Abschlussprüfungen geschlossen werden. Auch sind der BAK bisher keine Belege über zu Unrecht positiv beurteilte Teilprüfungen zur BRP bekannt.
6 von 6 24/SN-285/ME XXII. GP - Stellungnahme zum Entwurf elektronisch übermittelt Seite 6 Aussagen über die Qualität der BRP bzw. der Vorbereitung in der Erwachsenenbildung können letztendlich nur getroffen werden, wenn der Studienerfolg jener untersucht wird, die über die BRP den Zugang zum postsekundären und tertiärem Bildungssektor gefunden haben. Die BAK schlägt daher vor, eine entsprechende Untersuchung dazu durchzuführen. Zu 8b: Bei Abs. 3 wäre genauer zu definieren, was die Prüfungsunterlagen umfassen. Zu 11: An dieser Stelle kritisiert die BAK, dass es durch die Abgeltung der Vorsitzführung und der Schriftführertätigkeit zu einer Verteuerung der BRP kommt, die, wenn auch geringfügig, bei Lehrgangsgebühren von ohnehin zwischen rd. 2.000 3.000 eine zusätzliche Belastung für die KandidatInnen darstellt. Die BAK ersucht um Berücksichtigung ihrer Stellungnahme. Mit freundlichen Grüßen Herbert Tumpel Präsident Johanna Ettl i.v. des Direktors