FAMILIENBILDUNG IM RAHMEN DER FRÜHEN HILFEN MAINZ, 23. FEBRUAR 2018 Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz ggmbh (ism) Flachsmarktstr. 9 55116 Mainz Dr. Sarah Schmenger, Elisabeth Schmutz
Gliederung 2 Familienbildung im Rahmen der Frühen Hilfen Ergebnisse der Recherche zu landesrechtlichen Vorgaben und Förderprogrammen im Bereich Familienbildung und Kindertagesbetreuung Auftrag, Zielsetzung und methodisches Vorgehen Ausgewählte Ergebnisse aus BW, Hessen und NRW Kernaussagen: Gesamtergebnisse der Recherche Fazit und Entwicklungsperspektiven
3 Familienbildung im Rahmen der Frühen Hilfen
Zum Begriff Familienbildung 4 Familienbildung umfasst alle formellen und informellen Bildungsmaßnahmen für Familien, die präventiv, begleitend und unterstützend die Erziehungs- und Familienkompetenzen stärken ( doing family ) Familienbildung ist Teil der Familienförderung hin zu einer kinder- und familienfreundlichen Kommune lebensbegleitend, mit Fokus auf Gestaltung von Familienalltag und Erziehung der Kinder
Zielsetzung von Familienbildung 5 Befähigung zu gelingender Gestaltung von Familienalltag, Miteinander in der Familie und Erziehung der Kinder im Sinne der Stärkung der Selbsthilfekräfte der Familie lebensbegleitend entlang der sich wandelnden Fragen und Herausforderungen von Familie Familienbildung ist bezogen auf werdende Eltern und Familien mit kleinen Kindern ein wesentlicher Bereich der Frühen Hilfen und damit Teil eines präventiven Kinderschutzes
Zielgruppen der Familienbildung 6 Potentiell alle Familien Familienbildung versteht sich als allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie und steht grundsätzlich allen Familien als Angebot zur Verfügung In besonderer Weise für Familien mit besonderem Unterstützungsbedarf sei es aufgrund belastender Lebensereignisse, persönlicher Beeinträchtigungen, schwieriger Lebenslagen oder biographischer Entwicklungen ( Herausforderungen, die das Leben stellt )
Familienbildung und Frühe Hilfen 7 Familienbildung stellt einen zentralen Handlungsansatz zur Ausgestaltung Früher Hilfen dar ist selbstverständlich Teil des Kanons an Hilfeangeboten für schwangere Frauen, Eltern und ihre Kinder verfolgt dieselbe Zielsetzung, nämlich die Stärkung und Erweiterung der Beziehungs- und Erziehungskompetenzen von Eltern ist wie die Frühen Hilfen präventiv und nicht-stigmatisierend ausgerichtet reicht aber über die Frühen Hilfen hinaus und kann Eltern/Familien lebensbegleitend unterstützen
8 Ergebnisse der Recherche zu landesrechtlichen Vorgaben und Förderprogrammen im Bereich Familienbildung und Kindertagesbetreuung
9 Auftrag, Zielsetzung und methodisches Vorgehen Auftraggeber: Nationales Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) am Deutschen Jugendinstitut (DJI) Auftrag: Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit von Familienbildung, Frühe Hilfen, Kindertagesbetreuung und Familienzentren bei der Förderung der elterlichen Erziehungs- und Beziehungskompetenzen darlegen Zielsetzung der Recherche: Überblick zu rechtlichen Rahmensetzungen, Verordnungen und laufenden Förderprogrammen der Bundesländer erstellen
Auftrag, Zielsetzung und methodisches 10 Vorgehen Gegenstand der Recherche: Landesrechtliche Vorgaben und Förderprogramme im Bereich Familienbildung und Kindertagesbetreuung Perspektive der Landesregierungen und -verwaltungen Fokus: Altersspanne ein bis drei Jahre Öffentlich zugängliche Dokumente
Auftrag, Zielsetzung und methodisches 11 Vorgehen Nicht berücksichtigt wurden: Förderprogramme und Strukturen auf Bundesebene Einzelprojekte in den Kommunen Projekte und Empfehlungen der Freien Wohlfahrtsverbände, Fachverbände, Stiftungen etc. (Modellprojekte, die nicht in Regelstrukturen überführt wurden) (Programme und Projekte, die im Rahmen der BIFH umgesetzt werden)
12 Auftrag, Zielsetzung und methodisches Vorgehen Sichtung der Internetauftritte relevanter Landesministerien und der Landesjugendämter im Hinblick auf Förderprogramme und -strukturen Sichtung der z. T. unveröffentlichten Länderkonzepte zur Umsetzung der BIFH Systematische Sichtung von Gesetzen auf Landesebene (Ausführungsverordnungen zum KJHG, Landeskinderschutzgesetze, Kita-Gesetze, Weiterbildungsgesetze) Sichtung der Bildungs- und Erziehungspläne der Länder Klärende Nachfragen per Telefon oder E-Mail
13 Auftrag, Zielsetzung und methodisches Vorgehen Identifizierung der zentralen Landesprogramme Auswertung anhand eines Analyserasters: Förderstrukturen, Förderschwerpunkte Label des Programms Zielgruppen und präventive Ausrichtung Konzeptionelle Vorgaben hinsichtlich Zugängen zu und für Familien Förderung systemübergreifender Kooperationen, institutioneller Schnittstellen Einbezug von Ehrenamtlichen Programmatische Hinweise auf Frühe Hilfen, Kinderschutz
14 Auftrag, Zielsetzung und methodisches Vorgehen Stand der Daten: 2015/2016 Rückkopplung der Ergebnisse mit Landeskoordinierungsstellen Frühe Hilfen und Überarbeitung (2016) Veröffentlichung der Recherche durch das NZFH (2017) https://www.fruehehilfen.de/fileadmin/user_upload/fruehehilfen.de/pdf/publika tion-nzfh-materialien-fh-10-recherche-zu-landesrechtlichen-vorgaben-und- Foerderprogrammen.pdf
15 Ausgewählte Ergebnisse aus Baden- Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen Gesetzliche Grundlagen von Familienbildung Baden- Württemberg Ausführungsgesetz KJHG Hessen Ausführungsgesetz KJHG Weiterbildungsgesetz Landesprogramm STAERKE Etablierung von Familienzentren in Hessen Ministerielle Verankerung der Förderstruktur Begriffliche Einordnung des Programms Familien- und Sozialministerium Familienbildung Frühe Hilfen Präventiver Kinderschutz Sozialministerium Familienförderung Nordrhein- Westfalen Kita-Gesetz Weiterbildungsgesetz Familienzentren in NRW Familienministerium Präventiver Kinderschutz
16 Ausgewählte Ergebnisse aus Baden- Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen Förderschwerpun kte Erstempfänger der Fördermittel Baden-Württemberg Hessen Nordrhein- Westfalen Institutionelle Förderung von Einrichtungen Familienbildungsangebote/Angebote der FH Weiterentwicklung von Kitas zu Familienzentren Landesjugendamt Finanzierung Festbetragsfinanzieru ng Indikatorenabhängige Förderhöhe Zuschüsse zu Angeboten Förderung von Familienzentren Kommune und gemeinnützige Träger Projektförderung Weiterentwicklung von Kitas zu Familienzentren, Familienzentren in Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf Landesjugendamt Festbetragsfinanzieru ng
17 Ausgewählte Ergebnisse aus Baden- Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen Baden-Württemberg Hessen Nordrhein- Westfalen Zielgruppe Familien mit Kindern im Alter von 0-3 und bis 6 Jahren Familien mit Migrationshintergrund Familien in schwierigen finanziellen Verhältnissen Regenbogenfamilien Alleinerziehende Präventive Ausrichtung Zugänge zu Familien über Sowohl primär- als auch sekundärpräventiv Bekannte Orte, z. B. Kitas Niedrigschwellige Angebote, offene Treffs Vertraute Berufsgruppen Alle Familien ohne explizite Altersbeschränkung der Kinder Weitere wie Senioren, Paare, Alleinstehende primärpräventiv Niedrigschwellige Angebote, offene Treffs Alle Familien plus Schwerpunktsetzu ng Sowohl primär- als auch sekundärpräventiv Bekannte Orte, z. B. Kitas Niedrigschwellige Angebote, offene Treffs
18 Ausgewählte Ergebnisse aus Baden- Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen Hinweise auf institutionelle Schnittstellen Einbezug von Ehrenamtlichen Evaluation des Programms Baden-Württemberg Hessen Nordrhein- Westfalen Vernetzung im Sozialraum Entwicklung einer bedarfsgerechten/vernet z-ten Angebotsstruktur Planung und Gesamtverantwortung der Jugendämter Frühe Hilfen werden explizit erwähnt Mitwirkung von Ehrenamtlichen wird ausdrücklich als Option formuliert Fokus liegt auf dem Einsatz von Fachkräften Vernetzung im Sozialraum Fokus liegt auf dem Einsatz von Fachkräften Ja Nein Ja Vernetzung im Sozialraum Keine Konkretisierungen
19 Kernaussagen: Gesamtergebnisse der Recherche Familienbildung ist nur gering rechtlich normiert: In 6 von 16 Bundesländern finden sich Vorgaben zur Familienbildung in den Ausführungsverordnungen zum KJHG/SGB VIII In anderen Landesgesetzen finden sich nur vereinzelt Regelungen Die Zuständigkeit für Familienbildung liegt in der Regel im Familien- und Sozialministerium In zwei Bundesländern gibt es andere Förderstrukturen (Familienbildung in kommunaler Verantwortung, umfangreiches Landesprogramm im Bereich der Frühen Hilfen)
20 Kernaussagen: Gesamtergebnisse der Recherche Die Fördermittel gehen zum Teil an die Jugendämter, zum Teil an die Einrichtungen. Es zeigt sich keine eindeutige Tendenz. Ebenso variiert die Art der Mittelzuwendung ohne eindeutige Tendenz (Festbetragsfinanzierung, indikatorenabhängige Förderhöhe, z. T. Projektförderung) Begriffliche Rahmung der Programme: überwiegend unter Familienbildung oder Familienförderung
Kernaussagen: Gesamtergebnisse der 21 Recherche Es zeichnen sich zwei zentrale Förderlinien ab: Weiterentwicklung von Kitas und/oder Familienbildungseinrichtungen zu Familienzentren (z. T. mit Förderschwerpunkt auf Einrichtungen in Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf) institutionelle Förderung von Einrichtungen der Familienbildung Die Rolle der Jugendämter hinsichtlich Planung und Steuerung wird in drei Bundesländern, Gesamtkonzeptentwicklung in vier Bundesländern explizit über die Förderstruktur fokussiert
22 Kernaussagen: Gesamtergebnisse der Recherche Hinsichtlich der Zielgruppen unterscheiden sich die Förderprogramme dahingehend, ob der Fokus auf allen Familien liegt oder auf bestimmten Altersund/oder Zielgruppen (hier keine eindeutige Tendenz erkennbar) Wenn besondere Zielgruppen fokussiert werden, dann v. a. Familien in belasteten Lebenslagen und/oder Familien mit Migrationshintergrund Hinsichtlich der präventiven Ausrichtung überwiegt die selektiv-sekundärpräventive Ausrichtung leicht
23 Kernaussagen: Gesamtergebnisse der Recherche Die Gestaltung von Zugängen wird in fast allen Programmen thematisiert. Empfohlen/Vorgegeben werden insb. bekannte Orte (z. B. Kitas) und niedrigschwellige Angebote/offene Treffs In den Programmen finden sich zahlreiche Hinweise auf Kooperationen und institutionelle Schnittstellen: In der Mehrzahl der Programme wird die Vernetzung im Sozialraum fachlich gefordert oder auch als Förderkriterium gesetzt Weitere Hinweise auf: Entwicklung einer bedarfsgerechten/vernetzten Angebotsstruktur, Planung und Gesamtverantwortung der Jugendämter, Frühe Hilfen und/oder Kinderschutz
24 Kernaussagen: Gesamtergebnisse der Recherche Ehrenamtliche Strukturen spielen in den Förderprogrammen eine untergeordnete Rolle. Es werden i. d. R. Fachkräfte gefordert und gefördert
25 Kernaussagen: Gesamtergebnisse der Recherche Familienbildung spielt in fast allen Bildungs- und Erziehungsplänen/-empfehlungen eine Rolle, allerdings in unterschiedlicher Ausführlichkeit und Akzentuierung: Stichwort Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit Eltern Herausstellen der Bedeutung der Kita für den Sozialraum/Potential als Familienzentrum Bereithalten eigener Familienbildungsangebote in den Kitas Kooperation der Kita mit Institutionen der Familienbildung
26 Fazit und Entwicklungsperspektiven
Fazit und Entwicklungsperspektiven 27 Förderung der elterlichen Erziehungs- und Beziehungskompetenzen ist zentrale Zielsetzung in den Frühen Hilfen, Familienbildung und Kitas, aber oftmals unterschiedliche Ressort-Zuständigkeiten Ressortübergreifende Kooperation und Vernetzung notwendig, um Handlungsansätze und Entwicklungsstrategien aufeinander abstimmen und Wechselwirkungen produktiv nutzen zu können
Fazit und Entwicklungsperspektiven 28 Förderprogramme, die auf die Stärkung der elterlichen Erziehungs- und Beziehungskompetenzen zielen, firmieren weitgehend unter dem Begriff Familienbildung, Implementierung überwiegend zeitlich parallel zur BI Stärkung der Familienbildung gem. 16 SGB VIII als familienunterstützendes Infrastrukturangebot durch die Frühen Hilfen Potential als präventive Unterstützungsstruktur entlang des Aufwachsens der Kinder stärken
Fazit und Entwicklungsperspektiven 29 Förderprogramme im Vergleich uneindeutig bzgl. präventiver Ausrichtung eher primär- oder sekundärpräventiv Frühe Hilfen zeichnen sich durch intelligente Kombination von beidem aus Weiterentwicklung und Profilierung des präventiven Potentials der Familienbildung durch primär- und sekundärpräventiv ausgerichtete Angebotsstrukturen
Fazit und Entwicklungsperspektiven 30 Planungs- und Steuerungsfunktion der Jugendämter bzw. Entwicklung kommunaler Gesamtkonzepte nur wenig im Fokus der Programme Aber: in der Kommune i. d. R. verschiedene Programme mehr oder weniger unverbunden nebeneinander Es braucht Förderstrukturen, die Anreize für eine bedarfsorientierte Abstimmung und auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Infrastrukturentwicklung schaffen
Fazit und Entwicklungsperspektiven 31 Förderstrukturen der Länder sind unterschiedlich konstruiert bzgl. Adressaten der Mittel (Kommune, Freie Träger), Art der Mittel (institutionelle Förderung, Angebote), Bemessung (Festbetrag, indikatorenabhängig) Es braucht auskömmliche Finanzierung für Institutionen, um Angebote bedarfsorientiert erbringen zu können, aber auch ausreichende Ressourcen für Kommunen, damit diese ihre Gesamtverantwortung wahrnehmen können.
VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT! Bei weiteren Fragen können Sie uns gerne kontaktieren: Dr. Sarah Schmenger, Elisabeth Schmutz Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz ggmbh (ism) Flachsmarktstr. 9 55116 Mainz Tel: 06131-240 41-10 Fax: 06131 240 41 50 www.ism-mz.de