Nottötung von Saugferkeln Tierschutzrechtliche Vorschriften zur Ruhigstellung, Betäubung und Tötung von Ferkeln Dr. Nils Schneider, LVwA 03. und 04. 12. 2014
Gliederung Gliederung 1. Einleitung Hintergrund für die Sachkunde 2. Tierschutzgesetz 3. Spezielle rechtliche Vorschriften zur Betäubung und Tötung von Ferkeln 4. Ausblick
Einleitung Hintergrund für die Sachkunde Wie ist die öffentliche Wahrnehmung?
Einleitung Hintergrund für die Sachkunde Animal Rights Watch-Video
Einleitung Hintergrund für die Sachkunde Politische Reaktionen Beschluss des Landtages LSA (17.07.2014) Tierschutzgerechte Sauenhaltung und Ferkelaufzucht landesweit umsetzen Die Landesregierung ist gebeten, die für Schweine rechtlich zulässigen Verfahren zur Betäubung und Tötung unter Berücksichtigung der Aspekte Tierschutzgerechtheit, Verfügbarkeit der erforderlichen technischen Ausrüstung auf dem Markt, Zeitaufwand und Kosten einer fachlichen Bewertung hinsichtlich der Eignung für Saugferkel zu unterziehen und in Abhängigkeit vom Ergebnis ggf. auf eine Änderung der Tierschutz-Schlachtverordnung hinzuwirken.
Einleitung Hintergrund für die Sachkunde Parteitag der Grünen 22./ 23. 11.2014 Fordert radikalen Umbau der Landwirtschaft. "Die Agrarwende hat ökologisch eine Bedeutung wie die Energiewende Kampfansage an die Massentierhaltung Massentierhaltung ist Massentierquälerei (Bundestagsfraktionschef Anton Hofreiter) Die Grünen stellen schon sechs Landwirtschaftsminister und sind in 7(8) Ländern an der Regierung beteiligt.
Einleitung Hintergrund für die Sachkunde Was hat sich rechtlich geändert? Kopfschlag (Anlage 3 TierSchlV gültig bis 2012) Der Kopfschlag darf nur bei anschließendem Entbluten eingesetzt werden. Er ist mit einem geeigneten Gegenstand und ausreichend kräftig auszuführen. Zur Betäubung von Schweinen mit einem Körpergewicht bis zu 10 Kilogramm, die nicht in einem Schlachtbetrieb geschlachtet oder getötet werden und bei denen das Betäuben und Entbluten durch dieselbe Person vorgenommen wird.
Einleitung Hintergrund für die Sachkunde Stumpfer Schlag auf den Kopf (Anlage 1 TierSchlV gültig ab 2013) Abweichend von Anhang I Kapitel I Tabelle 1 Nummer 6 der Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 darf ein stumpfer Schlag auf den Kopf Ferkeln, nur außerhalb von Schlachthöfen, nur bis zu einem Lebendgewicht von 5 Kilogramm und nur in den Einzelfällen, in denen keine anderen Betäubungsverfahren zur Verfügung stehen und bei denen das Betäuben und Entbluten durch dieselbe Person vorgenommen wird,
Einleitung Hintergrund für die Sachkunde Warum benötigen Sie Sachkunde? Tierschutzgesetz (TierSchG) 4 Ein Wirbeltier töten darf nur, wer die dazu notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten hat. Personen, die berufs- oder gewerbsmäßig regelmäßig Wirbeltiere töten, haben gegenüber der zuständigen Behörde einen Sachkundenachweis zu erbringen. Tierschutz-Schlachtverordnung (TierSchlV) 4 Wer Tiere betreut, ruhigstellt, betäubt, schlachtet oder tötet, muss über die hierfür notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten (Sachkunde) verfügen.
Einleitung Hintergrund für die Sachkunde Hintergrund Bei den Tätigkeiten der Handhabung, des Ruhigstellens, Betäubens und Tötens sind Tiere von vermeidbaren Schmerzen, Stress und Leiden zu verschonen (VO (EG) 1099/2009) Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Leiden, Schmerzen oder Schäden zufügen (TierSchG) Seit Jahren ist der Tierschutz im Grundgesetz als Staatsziel verankert
Einleitung Hintergrund für die Sachkunde Tierschutzrechtliche Vorschriften Tierschutzgesetz (TierSchG) Tierschutzschlachtverordnung (TierSchlV) Verordnung (EG) 1099/2009 Schweinehaltungshygieneverordnung (SchHaltHygV) Erlass MLU Tierschutz beim Töten von Ferkeln in Schweinezuchtanlagen und Schweineaufzuchtbetrieben vom 31.07.2014
Tierschutzgesetz Vernünftiger Grund Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Leiden, Schmerzen oder Schäden zufügen ( 1 TierSchG) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder 2. einem Wirbeltier aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oder länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt. ( 17 TierSchG)
Tierschutzgesetz Ein vernünftiger Grund liegt vor, bei: organische Fehlentwicklungen (z.b. Afterlosigkeit) keine Erfolgsaussicht auf Heilung bestehender Erkrankungen (massive Bauchdeckenbrüche, massive Verletzungen, generalisierte massive Nekrose der Haut) stark untergewichtige Ferkel, bei denen ein Überleben auch durch zusätzliche Fütterungsbzw. Tränkmaßnahmen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten ist (Erlass MLU Tierschutz beim Töten von Ferkeln in Schweinezuchtanlagen und Schweineaufzuchtbetrieben )
Tierschutzgesetz Ein vernünftiger Grund liegt nicht vor: bei rein wirtschaftlichen Erwägungen (z.b. bei überzähligen oder untergewichtigen Ferkeln, die nicht unter Nr. 2.1 Buchstabe f dieses Erlasses fallen), bei zu geringem Personaleinsatz in den Schweinehaltungsanlagen für eine tierschutzgerechte Absicherung der Betreuung und Versorgung der gehaltenen Schweine (Erlass MLU Tierschutz beim Töten von Ferkeln in Schweinezuchtanlagen und Schweineaufzuchtbetrieben )
Spezielle rechtliche Vorschriften zur Betäubung und Tötung von Ferkeln TierSchSchlV den Tieren nicht mehr als unvermeidbare Aufregungen oder Schäden verursachen Verordnung (EG) Nr.1099/2009 zusätzlich zu diesen Anforderungen an die Betäubung sind Tiere so zu betäuben, dass sie schnell und unter Vermeidung von Schmerzen oder Leiden in einen bis zum Tod anhaltenden Zustand der Wahrnehmungs- und Empfindungslosigkeit versetzt werden.
Spezielle rechtliche Vorschriften zur Betäubung und Tötung von Ferkeln Zulässige Verfahren zum Betäuben und Töten: Penetrierender Bolzenschuss Kugelschuss Stumpfer Schlag auf den Kopf (einfache Betäubungsverfahren) Elektrobetäubung/ -Tötung Kohlendioxidbetäubung/ -Tötung Tödliche Injektion
Spezielle rechtliche Vorschriften zur Betäubung und Tötung von Ferkeln Penetrierender Bolzenschuss Das Gerät muss so angesetzt und die Größe sowie die Auftreffenergie des Bolzens so bemessen sein, dass der Bolzen mit Sicherheit in das Gehirn eindringt. Darf ohne Blutentzug nur angewendet werden, wenn im Anschluss an den Bolzenschuss das Rückenmark zerstört oder durch elektrische Herzdurchströmung ein Herzstillstand verursacht wird. wird bei Saugferkeln aufgrund der geringen Körpergröße nicht praktiziert
Spezielle rechtliche Vorschriften zur Betäubung und Tötung von Ferkeln Kugelschuss Darf bei Schweinen nur zur Nottötung angewendet werden. Der Kugelschuss ist so auf den Kopf des Tieres abzugeben und das Projektil muss über ein solches Kaliber und eine solche Auftreffenergie verfügen, dass das Tier sofort betäubt und getötet wird. bei Saugferkeln aufgrund der geringen Körpergröße nicht praktiziert Waffenrecht (nur Waffenscheininhaber, Schießerlaubnis in Anlage, Aufbewahrung Waffe u.a.)
Spezielle rechtliche Vorschriften zur Betäubung und Tötung von Ferkeln Elektrobetäubung/ -Tötung Die Stromstärke bei der Elektrobetäubung muss bei Schweinen mindestens 1,3 Ampere betragen. Bei Tötungen ohne Blutentzug muss im Anschluss an die Betäubung durch elektrische Herzdurchströmung ein Herzstillstand hervorgerufen werden. Hinsichtlich der Elektrobetäubung und -tötung fehlen für Saugferkel belastbare Daten zur Eignung der Methodik (Auslösen Herzkammerflimmern) und verfügbaren Technik
Spezielle rechtliche Vorschriften zur Betäubung und Tötung von Ferkeln Kohlendioxidbetäubung/ -Tötung Zur Tötung ohne Blutentzug mindestens 10 Minuten bei eine Kohlendioxidkonzentration von mindestens 80 %. Bei der Kohlendioxidbetäubung/-tötung tritt die Wirkung verzögert ein. Unmittelbar wirksame Methoden sind vorzuziehen. Arbeitssicherheit? belastbare Daten zur Eignung der Methodik fehlen
Spezielle rechtliche Vorschriften zur Betäubung und Tötung von Ferkeln Tödliche Injektion Herbeiführen der Wahrnehmungs- und Empfindungslosigkeit mit anschließendem irreversiblem Tod durch die Injektion von Tierarzneimitteln.
Spezielle rechtliche Vorschriften zur Betäubung und Tötung von Ferkeln Stumpfer Schlag auf den Kopf Der stumpfe Schlag auf den Kopf ist mit einem geeigneten Gegenstand und aus reichend kräftig auszuführen. Das Schlaggerät muss zum Tier geführt werden. Das Schleudern der Ferkel gegen eine Wand, über eine Kante oder das Schlagen der Tiere auf den Boden entspricht nicht den geltenden Rechtsvorschriften. Der Kopfschlag darf nur bei anschließendem Entbluten eingesetzt werden. Das Betäuben und Entbluten ist durch dieselbe Person vorzunehmen.
Spezielle rechtliche Vorschriften zur Betäubung und Tötung von Ferkeln Schweinehaltungshygieneverordnung Der Tierhalter eines Zuchtbetriebes mit mehr als drei Sauenplätzen hat für jede Sau unverzüglich Belegungsdatum, zur Zucht verwendeten Eber, Umrauschen, Aborte, Wurfgröße (insgesamt geborene Ferkel je Wurf einschließlich totgeborener Ferkel), lebendgeborene Ferkel je Wurf sowie aufgezogene Ferkel je Wurf bis zum Absetzen zu dokumentieren.
Tierschutzgesetz Betriebliche Eigenkontrollen Der Tierhalter hat durch betriebliche Eigenkontrollen sicherzustellen, dass die Anforderungen des 2 TierSchG eingehalten werden. ( 11 Abs. 8 TierSchG) Dazu hat er geeignete tierbezogene Merkmale (Tierschutzindikatoren) zu erheben und zu bewerten. Dafür Daten aus SchHaltHygV (Wurfgröße, lebendgeborene und aufgezogene Ferkel) nutzen
Ausblick Was muss getan werden? Möglichst viele Ferkel so versorgen, dass eine Tötung nicht nötig wird Tötung rechtskonform durchführen Dokumentation über Ferkelverluste führen Ferkelverluste als Tierschutzindikator nutzen Vielen Dank!