Gruppen K-M und W-Z Prof. Dr. Felix Uhlmann Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht sowie Rechtsetzungslehre Universität Zürich Prof. Dr. Felix Uhlmann 1
Frage 1 Prof. Dr. Felix Uhlmann 2
Ergänzung zum Sachverhalt Mail-Anfrage des Assistenten an die UNESCO "These two Cantons are currently negotiating under the auspices of the Federal Council of Switzerland (the Swiss government). As the site from which those goods where stolen 300 years ago is listed as UNESCO World Cultural Heritage since several years, the question arose, whether it would be possible for one federal state of Switzerland to call the UNESCO World Heritage Committee (WHC) for support. Because the Canton fears that the other Canton and the Swiss government are trying to find a compromise which is not adequate considering the status of the site (being World Cultural Heritage). We could not find any precedent for this question and the procedural rules of the WHC do also not foresee such a case. This is why we would be very thankful, if you helped us: How can a Canton approach the WHC for a inner-state-dispute, if it fears that Switzerland might not live up to the duties under the UNESCO Convention? [Es folgen mehrere Detailfragen.] As we were asked to answer the federal states end of this week, we would be very grateful, if you could submit us an answer until Wednesday..." (aus: Urteil 1C_448/2008 vom 13. März 2009 ). Prof. Dr. Felix Uhlmann 3
Frage 1 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1. Beschwerdeobjekt 2. Vorinstanzen 3. Beschwerdegründe 4. Beschwerdelegitimation 5. Form und Frist Anträge von Prof. X Rückweisung an das Verwaltungsgericht St. Gallen Prof. Dr. Felix Uhlmann 4
Frage 2: Formen des Verwaltungshandelns Verwaltungshandeln Beispiele Rechtliches Tatsächliches Informelles Verfügung Verwaltungsrechtlicher Vertrag Realakte (Strassenbau u. unterhalt etc.) Auskünfte Warnungen / Informationskampagnen Empfehlungen Berichte / Vernehmlassungen Kooperation Absprachen (Gentlemen s Agreement) Einladung zu Selbstregulierung (z.b. Umweltschutz) Unterschiede Zielen auf Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechtsverhältnissen ab (Rechte und Pflichten des Verwaltungsrechts) Zielen nicht auf Rechtswirkungen ab, haben aber u. U. (mittelbare) Rechtswirkungen Zielen darauf ab, dass die Privaten sich freiwillig zu einem bestimmten Verhalten bereit erklären, welches sonst rechtlich durchgesetzt würde. Prof. Dr. Felix Uhlmann 5
Frage 2: Formen des Verwaltungshandelns Öffentliches Recht Privatrecht Subordinationstheorie Staat Staat Privater Privater Interessentheorie Wahrnehmung vorwiegend öffentlicher Interessen Wahrnehmung vorwiegend privater Interessen Funktionstheorie Erfüllung öffentlicher Aufgaben Keine Erfüllung öffentlicher Aufgaben Prof. Dr. Felix Uhlmann 6
Frage 2: War das Verwaltungsgericht zuständig? Art. 79 Abs. 1 VRP Klage vor dem Verwaltungsgericht 1 Das Verwaltungsgericht beurteilt: a) öffentlich-rechtliche Streitigkeiten im Sinne von Art. 76 dieses Gesetzes, wenn der Staat Partei ist; b) Art. 76 Abs. 1 VRP Klage vor der Regierung 1 Die Regierung beurteilt, wenn nicht der Staat Partei ist: a) Ansprüche aus öffentlich-rechtlichen Verträgen; b) öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in anderen Angelegenheiten, in denen weder eine Verfügung ergehen, noch Klage vor einer anderen Instanz erhoben werden kann. Prof. Dr. Felix Uhlmann 7
Frage 2: Rechtsnatur des Schreibens Verwaltungsgericht St. Gallen (19.09.2007) Grundsätzlich: Keine gewerbliche Verrichtung i.s.v. OR 61 II und daher dem öffentlichen Recht zuzuordnen; Aber: Schreiben weist engen Bezug zum auftragsrechtlichen Verhältnis (OR 394 ff.) auf. Zuordnung zum Zivilrecht Bundesgericht (BGE 134 I 229, 234 f.) Die Bedeutung des Schreibens geht über die Rechtsbeziehung aus dem Auftragsverhältnis hinaus: Adressaten waren nicht am Auftragsverhältnis beteiligt; Enger Zusammenhang mit Privatrecht reicht nicht aus, um dem Streit privatrechtliche Natur beizulegen; Eine allfällige Vertragsverletzung stellt eine Vorfrage dar. Zuordnung zum öffentlichen Recht Prof. Dr. Felix Uhlmann 8
Frage 3: Rechtsschutz gegen Realakte Art. 25a VwVG (Verfügung über Realakte) 1 Wer ein schutzwürdiges Interesse hat, kann von der Behörde, die für Handlungen zuständig ist, welche sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen und Rechte oder Pflichten berühren, verlangen, dass sie: a. widerrechtliche Handlungen unterlässt, einstellt oder widerruft; b. die Folgen widerrechtlicher Handlungen beseitigt; c. die Widerrechtlichkeit von Handlungen feststellt. 2 Die Behörde entscheidet durch Verfügung. Prof. Dr. Felix Uhlmann 9
Frage 3: Verstoss gegen die Rechtsweggarantie? Art. 29a BV (Rechtsweggarantie) Jede Person hat bei Rechtsstreitigkeiten Anspruch auf Beurteilung durch eine richterliche Behörde. Bund und Kantone können durch Gesetz die richterliche Beurteilung in Ausnahmefällen ausschliessen. Art. 13 EMRK (Recht auf wirksame Beschwerde) Jede Person, die in ihren in dieser Konvention anerkannten Rechten oder Freiheiten verletzt worden ist, hat das Recht, bei einer innerstaatlichen Instanz eine wirksame Beschwerde zu erheben, auch wenn die Verletzung von Personen begangen worden ist, die in amtlicher Eigenschaft gehandelt haben. Prof. Dr. Felix Uhlmann 10