23. So n.trin 2016 Kreuzkirche RT Phil 3, 16-21 ----- Predigttext lesen ----- Liebe Schwestern und Brüder, Nimm dir ein Beispiel an XY! wie ich solche Sätze als Kind gehasst habe Nimm dir ein Beispiel an mir sagt Paulus ahmt mich alle nach. Schon wieder so ein ganz Perfekter! Ich bin nicht sicher, ob ich Lust habe, da weiterzulesen mir anzuhören, wie Christsein geht. Mir sagen täglich schon zu viele, wo s langgeht nach was ich mich zu richten habe wie ich zu was komme was von mir erwartet wird. Ich habe genug von den perfekten Lebensläufen, den Bilderbuchfamilien, den Vorzeigechristen. Paulus auch! Ihm ist zum Heulen, wenn er daran denkt, wie viele an Christus vorbei-leben und wie es immer wieder geschieht, dass Gottes Liebe in Gesetzlichkeit erstickt wird. Wie Gottes Geist die Luft zum Atmen fehlt. Es geht ihm nicht um eine christliche Leistungsschau, um höhere Stufen der Erleuchtung sondern eigentlich um die Frage: Wieviel Himmel steckt in unsrem Christsein drin? 1
Wie ernst nehmen wir, dass Gott den Tisch im Himmel für uns gedeckt hat? Machen wir von unserem Bürgerrecht bei ihm Gebrauch? Bürger sein, Bürgerrechte haben, - das ist das große, erstrebenswerte Ziel vieler Menschen aus südosteuropäischen und afrikanischen Ländern. Bürger sein in einem Land der EU. Die Bürgerrechte garantieren uns Reisefreiheit, Arbeitsplatzwahl und Wohnsitzmöglichkeit innerhalb der 27 Länder der EU. Diese Bürgerrechte sind für viele außereuropäische Menschen so etwas wie der Himmel auf Erden. Bürger sein in einem freien Land das macht mich selber frei. Nutzen wir die Möglichkeiten unseres Bürgerrechts? Ich meine: des himmlischen Bürgerrechts? Bedeutet s uns was, dass auf unserem Pass steht: Herkunft: Himmel? Der Himmel ist nicht unsere ungewisse Zukunft, auf die wir hinarbeiten und hinzittern müssten. Jesus Christus hat uns dort bereits eingebürgert mit unbefristeter Aufenthaltserlaubnis. Die Taufe ist dafür der Stempel im Pass. Der Himmel, das Reich Gottes, ist nicht erst unsere Zukunft sondern bereits unsere Herkunft. Deshalb frage ich uns nochmals: Wie viel Himmel steckt in unserem Christsein drin? Wie ernst nehmen wir JX? Wie viel lassen wir JX gelten? Und wie viel tun wir noch selber? 2
Wie sehr rechnen wir mit Gott? Wie sehr merkt man uns an, dass wir Bürger des Himmels sind? Wie viel an unserem Glauben ist Beziehung und Vertrauen statt moralischer Untadeligkeit? Wo endet der Horizont unserer Hoffnung? wo prägt meine himmlische Herkunft den irdischen Wohnort mit? Wenn wir ins Ausland reisen, dann bleiben wir Deutsche egal wo auf der Welt wir uns befinden. Und diese Staatsbürgerschaft wird uns auch von keiner anderen Regierung abgesprochen. Sie gilt! und hat Auswirkungen für uns. Wenn ich zum Bsp. im Ausland in Schwierigkeiten komme ich kann mich jederzeit an die Botschaft meines Heimatlandes wenden. Wir sind Bürger des Himmels und von dort erwarten wir auch einen Erlöser, den Herrn JX. Was sind das für Menschen, grübelt Paulus, die immer wieder Halt und Sicherheit in starren Regeln und festen Formen suchen? Fehlt es ihnen an innerem Halt und innerer Haltung? Sehen sie ihren Glauben so leicht bedroht und verraten? Wie leicht rettet man sich dann ans Ufer mit Ansichten wie: So was tut ein Christ nicht! Das war schon immer so! Wer richtig Christ ist, der muss in Fragen der Gendiagnostik, in Fragen nach der sexuellen Orientierung, in seiner Ansicht über die Evolution dieser und nur dieser Meinung sein! 3
Aber selbst wenn wir uns in JX fest verankert wissen, mit Gott in enger Verbindung stehen, und in der Bibel gut zuhause sind wir bleiben Fragende, Suchende und Tastende. Wir ringen darum, wie wir der Welt zugewandt bleiben ohne dabei das Reich Gottes zu verraten. Deshalb ist es so wichtig, dass wir als Gemeinschaft unterwegs sind als stärkende und stützende Gemeinschaft. Gemeinde ist immer auch Auslegungsgemeinschaft gemeinsam unterwegs gemeinsam um Gottes Blick auf die Dinge ringend. Merkt man uns an, dass wir Bürger des Himmels sind? Tun wir hier, was dort gilt? Ob es meine Mitmenschen hier und jetzt verstehen und gut finden, das ist eine andere Frage. Ich will tun, was Gottes Wille ist und was er uns in Jesus verkörpert hat. Sein Wille geschehe nicht der Wille derer, die mich gern dazu bringen würden, dass ich nach ihrer Pfeife tanze, dass ich nach ihrem Geschmack denke, rede, lebe und tue, was sie gut finden. Mein Bürgerrecht ist im Himmel. Dort wird bestimmt, was ich hier tue und wie ich mich hier verhalte. Die Herausforderung an der Sache ist: Doppelte Staatsbürgerschaft Wir sind einerseits hoffnungsvolle Christen wir wissen vom geschenkten Heil - aber wir sind mit diesem Wissen unterwegs auf der Erde heillos suchend und auf Sichtbares angewiesen. 4
Es wäre schön, wenn wir uns nicht teilen müssten: auf der einen Seite hoffnungsvoll und schöpfend aus dem Reich der Liebe Christi und andererseits Alltagsmenschen nach den Gesetzen der Karriere und des Mottos: Friss oder stirb! Wie viel Himmel lassen wir in unserem Leben gelten? Wo endet der Horizont meiner Hoffnung? Ich ertappe mich immer wieder, dass mein Blick nur bis zum sichtbaren Horizont reicht. Und dann leben wir gestresst, problembeladen, scheinbar den Zwangsläufigkeiten ausgeliefert durch die Woche. dabei hätten wir allen Grund, den Blick durch den Horizont hindurch zu richten und in Anspruch zu nehmen! Wie gesagt: Der Tisch in Gottes Reich ist für uns gedeckt. Die Gemeinschaft mit Gott in JX verändert uns. An diesen Tisch können wir immer und häufig zurückkehren. Wir können uns stärken lassen vergewissern, was gilt. An diesem Tisch bekommen wir den Blick, die Welt und uns im Licht des Himmels zu beurteilen. (Ich erlebe das manchmal auch als schmerzlich und anstrengend. Es verschont uns nicht, die Spannungen in der Welt genauer zu sehen. Wir müssen sie auch aushalten.) Und dann stehen wir von diesem Tisch auf, um in die Gegenwart zu gehen und sie zu gestalten. und Christus bleibt dabei! So leben wir gespeist aus unserer Herkunft unsere Zukunft. 5