Numerische Simulation statt hydraulischem Modellversuch? Gezeigt anhand von praktischen Anwendungen

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Transkript:

Konstruktiver Wasserbau Landschaftswasserbau, Band 18 1 Numerische Simulation statt hydraulischem Modellversuch? Gezeigt anhand von praktischen Anwendungen Boris Huber Institut für Konstruktiven Wasserbau, TU-Wien Kurzfassung: Wo können numerische Simulationen im Wasserbau den klassischen Hydraulischen Modellversuch ersetzen? Anhand von praktischen Anwendungen und Gegenüberstellung der Ergebnisse numerischer Simulationen mit denen Physikalischer Modellversuche wird auf diese Frage eingegangen. 1 Einführung Die physikalischen Grundlagen der Strömungsmechanik und damit die Grundlagen der numerischen Simulation sind bereits seit langer Zeit bekannt: die Kontinuitätsgleichung gemeinsam mit den Navier-Stokes-Gleichungen und der Energiegleichung beschreiben instationäre, kompressible, dreidimensionale Strömungen in allgemeiner Form. Zur Lösung dieser Gleichungen wurden zahlreiche Modelle entwickelt, die gemeinsam mit der immer stärker werdenden Rechnerleistung dem Ingenieur ein sehr gutes Handwerkszeug für die Lösung wasserbaulicher Probleme in die Hände gegeben haben. Im numerischen Modell lassen sich in der Regel einfach Alternativen und Umbauten entwickeln und man hat auch schnell auf Tastendruck und Mausklick einen färbigen Konturplot erstellt, ein dreidimensionales Stromlinienbild erzeugt oder Geschwindigkeitsvektoren dargestellt, während man bei einem hydraulischen Modellversuch dafür oft sehr aufwändige Messungen durchführen muss. Doch: wie gut sind numerische Simulationen wirklich? Können Sie bereits den klassischen Hydraulischen Modellversuch ersetzen? Anhand von praktischen Beispielen sollen aus der Sicht des anwendenden Ingenieurs Möglichkeiten und Grenzen der numerischen Simulation im Wasserbau gezeigt werden.

2 Möglichkeiten des hydraulischen Modellversuches Seminar am 3. Juni 2004, im Labor des Instituts für Konstruktiven Wasserbau der TU Wien 2 Allgemeines Laminare und turbulente Strömungen werden durch die Grundgleichungen (Kontinuitätsgleichung, Navier-Stokes-Gleichungen und Energiegleichung) exakt beschrieben. Sie bilden ein System partieller, nicht-linearer Differentialgleichungen. Während sich laminare Strömungen direkt berechnen lassen, ist bei turbulenten Strömungen das Problem, dass sehr kleine Wirbelstrukturen eine wichtige Rolle spielen. Turbulente Strömungen sind sehr komplex; sie sind instationär, unregelmäßig und dreidimensional, auch wenn eine ausgeprägte Grundströmung vorherrscht; sie sind mischungsintensiv und dissipativ. Man geht dabei von der Vorstellung aus, dass große, energiereiche Wirbel, die ihre Energie aus der Grundströmung beziehen, ihre Energie an kleinere Wirbel abgeben. In den kleinsten Wirbeln findet dann die Energiedissipation, vor allem in Wärme und Schall, statt. Um diese Wirbelstrukturen zu beschreiben, wurden verschiedene Verfahren entwickelt: Direkte Numerische Simulation (DNS) Die direkte Lösung der Navier-Stokes-Gleichungen ist zwar mit Direkter Numerischer Simulation (DNS) möglich, jedoch aufgrund der hohen Berechnungszeiten kaum im Ingenieurbereich in Verwendung und auf kleine Reynolds-zahlen beschränkt (sehr feines Gitter, exzessive Rechenzeiten) Large Eddy Simulation (LES) Die Transportgleichungen werden räumlich gemittelt; die grobskaligen Wirbelstrukturen werden aufgelöst und die feinen Skalen modelliert (hohe Rechenzeiten)

Konstruktiver Wasserbau Landschaftswasserbau, Band 18 3 Reynolds-gemittelte Navier-Stokes Gleichungen (RANS) Die Berechnung der turbulenten Strömungen erfolgt hier durch eine zeitliche Mittelwertbildung der Grundgleichungen: dabei werden die Strömungsgrößen in einen zeitlichen Mittelwert und einen Schwankungswert aufgeteilt (z.b. Aufteilung der Geschwindigkeit u i = U i + u i ). Man erhält die so genannten Reynoldsgleichungen (RANS), in denen die Schwankungsbewegungen der Strömung (turbulenter Impulsaustausch, scheinbare turbulente Schubspannungen oder Reynoldsspannungen) durch ein entsprechendes Turbulenzmodell beschrieben werden. Anhand der Anzahl der partiellen Differentialgleichungen, die ein Modell beinhaltet, ordnet man Turbulenzmodelle in Null-, Ein- bzw. Mehrgleichungsmodelle. Das in der Praxis weitest verbreitete 2- Gleichungsmodell ist das k- -Modell. Tabelle 1: Modell Standard k- RNG k- Übersicht über die gängigsten RANS- Turbulenzmodelle Eigenschaften und Einsatzbereich Robust, Weit verbreitet trotz bekannter Einschränkungen. Weniger geeignet für komplexe Strömungen mit hohem p, Ablösungen bzw. starker Stromlinienkrümmung. Gut geeignet für Initiallösung und Parameterstudien Geeignet für komplexe Scherströmungen, moderate Wirbel, lokale Übergangsbereiche (z.b. vortex-shedding behind bluff bodies) Standard k- SST RSM Sehr gut für Grenzschichtauflösung, Strömungen mit niedriger Re-Zahl. Auch für den Übergangsbereich Kombination zwischen k- -Modell (Wandnähe) und k- -Modell. Hat k- -Modell teilweise als Industriestandard abgelöst Physikalisch besser fundiert, Höhere Rechenzeiten. Für komplexe 3d-Strömungen, starke Wirbelströmungen Jedes Turbulenzmodell hat seine Vor- und Nachteile und seinen Einsatzbereich und enthält auch empirische Konstanten, deren Gültigkeit entsprechend einge-

4 Möglichkeiten des hydraulischen Modellversuches Seminar am 3. Juni 2004, im Labor des Instituts für Konstruktiven Wasserbau der TU Wien schränkt ist. Es gibt jedenfalls kein universell gültiges Turbulenzmodell, das für alle Arten von Strömungsberechnungen eingesetzt werden kann. Für jede numerische Simulation muss ein passendes Modell gewählt werden und die Ergebnisse sind dann auch stark von der Modellwahl abhängig. Für die numerische Berechnung des Gleichungssystems muss das Berechnungsgebiet diskretisiert, also in einzelne Zellen aufgelöst werden. Die Struktur des Berechnungsnetzes ist von besonders großer Bedeutung. Sowohl die Größe als auch die Form der Gitterelemente und die Gesamtstruktur des Netzes können die Ergebnisse stark beeinflussen. In die Generierung des Berechnungsnetzes sollte daher immer große Sorgfalt gelegt werden. 3 Vergleich numerischer Simulationen mit Modellversuchen Anhand von praktischen Anwendungen wurden die Ergebnisse hydraulischer Modellversuche mit jenen aus numerischen Simulationen verglichen. Die Berechnungen erfolgten mit dem Programmpaket FLUENT, einem der führenden Softwarepakete auf dem Gebiet der numerischen Strömungssimulation (CFD - Computational Fluid Dynamics). Um ein möglichst breites Spektrum abzudecken, kamen die meisten der verfügbaren Turbulenzmodelle sowohl 2- dimensional wie auch 3-dimensional, stationär und instationär zum Einsatz. Die nachfolgend angeführten Anwendungsbeispiele stellen einen Auszug aus einem Forschungsschwerpunkt dar, in dem die Anwendungsmöglichkeiten und grenzen von CFD-Simulationen untersucht werden. 3.1 Wasserspiegelabsenkung an einem Wehrpfeiler Beobachtungen eines Hochwasserereignisses am Trennpfeiler einer Schleusenanlage, die auch der Hochwasserabfuhr dient, zeigten deutliche Wasserspiegelabsenkungen. Die in der Schleusenanlage vorherrschenden Strömungsverhältnisse wurden in einer numerischen Simulation nachgerechnet und die berechneten Wasserspiegellagen mit aus Fotos des Hochwassers rekonstruierten Wasserspiegeln verglichen.

Konstruktiver Wasserbau Landschaftswasserbau, Band 18 5 Abbildung 1: beobachtete Wasserspiegelabsenkungen Das 3-dimensionale Berechnungsgitter im numerischen Modell bestand aus 16416 quaderförmigen Zellen (Hex/Wedge Netz). Als Turbulenzmodell wurde das Standard k- -Modell eingesetzt, kombiniert mit dem Volume-of-Fluid Modell (VOF) zur Berechnung des freien Wasserspiegels. Die berechneten Wasserspiegellagen zeigten sehr gute Übereinstimmung mit den aus den Fotos rekonstruierten (siehe Abbildung 3). Auch bei anderen, ähnlichen Fragestellungen Simulation von Wasserspiegelverläufen und Strömungsverhältnissen - konnten sehr gute Übereinstimmungen mit den Messergebnissen gefunden werden. Abbildung 2: berechnete Wasserspiegelabsenkungen

6 Möglichkeiten des hydraulischen Modellversuches Seminar am 3. Juni 2004, im Labor des Instituts für Konstruktiven Wasserbau der TU Wien 160,0 156,0 152,0 148,0 y=4.618,80 y=4.618,80 linke Seite (Nord)... WSP aus Fotos ermittelt rechte Seite (Süd) Dammbalkennische 154,26 154,07 154,26 155,23 156,40 156,96 157,00 156,80 156,2 Dammbalkennische 156,00 y=4.678,30 y=4.678,30... Berechnung FLUENT 160,0 156,0 158,80 158,40 157,60 156,30 154,86 154,60 154,33 154,45 155,50 156,34 156,68 157,11 152,0 148,0 Abbildung 3: Vergleich der berechneten und beobachteten Wasserspiegel 3.2 Optimierung einer bestehenden Wehranlage Zur Optimierung der Strömungsverhältnisse im Tosbecken einer bestehenden Wehranlage wurden hydraulische Modellversuche durchgeführt. Im bestehenden Tosbecken war der Abfluss sehr unruhig und der Überwurfstrahl wurde nach dem Tosbecken relativ weit ins Unterwasser geworfen. Zur Beruhigung der Strömungsverhältnisse sollte eine neue Tosbeckenform gefunden werden. Um die erforderlichen Umbauarbeiten im hydraulischen Modellversuch möglichst gering halten zu können, wurden mittels CFD verschiedene Tosbeckenvarianten vorab untersucht. Dabei stellte es sich als günstig heraus, das Tosbecken tiefer zu legen und mit einer schrägen Endschwelle auszustatten.

Konstruktiver Wasserbau Landschaftswasserbau, Band 18 7 Das so optimierte Tosbecken wurde dann im hydraulischen Modellversuch untersucht. Das Abflussbild im neuen Tosbecken war wesentlich ruhiger. Abbildung 4: Abflussbild der bestehenden Wehranlage Abbildung 5:CFD-Simulation der bestehenden Wehranlage In der numerischen Simulation der bestehenden Wehranlage wurde ein 2d- Modell mit 2205 rechteckigen bzw. trapezförmigen Zellen eingesetzt, das Netz der optimierten Tosbeckenvariante hatte 4744 Zellen. Wiederum erfolgte die Simulation der freien Wasseroberfläche mit dem 2-phasigen VOF-Modell; als Turbulenzmodell kam das Standard k- -Modell zum Einsatz. Sowohl beim bestehenden Tosbecken als auch bei der neuen Tosbeckenvariante konnte die numerische Simulation die tatsächlichen Strömungsverhältnisse gut vorhersagen. Die CFD-Simulation erwies sich so als gutes Hilfsmittel zur Variantenuntersuchung und als Grundlage für die Detailuntersuchungen im Hydrau-

8 Möglichkeiten des hydraulischen Modellversuches Seminar am 3. Juni 2004, im Labor des Instituts für Konstruktiven Wasserbau der TU Wien lischen Modellversuch. Die Kolkbildung und die Abflussverhältnisse der endgültigen Tosbeckenvariante wurden dann im Modellversuch ermittelt. Abbildung 6: Abflussbild der optimierten Tosbeckenvariante Abbildung 7: CFD-Simulation der optimierten Tosbeckenvariante 3.3 Druckverluste in einem Siphon Der Druckverlust in einem speziellen Siphon im Kühlwasserrücklauf eines Kombikraftwerkes (combined cicle gas turbine) wurden in einem hydraulischen Modellversuch ermittelt. Der Siphon besteht aus einem rechteckigen, schräg nach oben verlaufenden Zulaufrohr, zwei vertikalen Schwallschächten, die hintereinander angeordnet sind, und daran anschließend einem ebenfalls rechteckigen Ablaufrohr. An 2 Stellen im Einlauf- und Auslaufbereich wurden in Rohrachse Bohrungen angebracht und auf daran angeschlossenen Standrohren die

Konstruktiver Wasserbau Landschaftswasserbau, Band 18 9 Druckhöhen abgelesen. Die gemessene Wasserspiegeldifferenz bei einem Durchfluss von 10 l/s betrug 7 cm. Abbildung 8: Siphon im Modellversuch Es wurde eine CFD-Berechnung mit einem 2d-Berechnungsnetz von 7562 Vierecks-Zellen mit einer Symmetriebedingung in der Mittelebene durchgeführt. Als Turbulenzmodell kam zunächst wiederum das Standard k- -Modell mit dem VOF-Modell zum Einsatz. Der Wasserspiegelverlauf in den Schwallschächten sowie das Strömungsbild wurden zwar gut nachgebildet, aber der berechnete Druckverlust war mit nur 3,4 cm deutlich zu gering. In weiterer Folge wurden verschiedene Turbulenzmodelle angewandt (RNG k-, SST Modell und RSM), die aber auch den Druckverlust nicht besser simulieren konnten. Die Ergebnisse bewegten sich um 4 cm Druckunterschied, je nach verwendetem Turbulenzmodell. Nach einer Verfeinerung des Netzes auf ca. 91.500 Zellen wurde, je nach verwendetem Modell, ein Druckverlust von ca. 5-6 cm ermittelt, aber in diesem Fall konnte der Verlauf des Wasserspiegels in den Schwallschächten nicht korrekt nachgebildet werden. Aus diesem Beispiel wird ersichtlich, wie schwierig es sein kann, das Ergebnis einer CFD-Berechnung zu interpretieren: man erhält

10 Möglichkeiten des hydraulischen Modellversuches Seminar am 3. Juni 2004, im Labor des Instituts für Konstruktiven Wasserbau der TU Wien ja fast immer ein plausibel scheinendes Ergebnis, es ist nur die Frage, ob dieses dann auch richtig ist. Man müsste das richtige Ergebnis oft schon vor der Berechnung kennen. Abbildung 9: Siphon- Simulation mit 2d-SST-Modell, ca. 7500 Zellen

Konstruktiver Wasserbau Landschaftswasserbau, Band 18 11 Abbildung 10: Siphon- Simulation mit 2d-RSM-Modell, ca. 7500 Zellen Da die Berechnungsergebnisse der 2-dimensionalen Simulation nicht befriedigend waren, wurde der Siphon auch 3-dimensional simuliert. Das dabei verwendete Netz bestand aus 86866 Tetraederzellen, als Simulationsmodelle kamen wiederum das k- und das RSM Modell, kombiniert mit dem VOF-Modell zur Berechnung des freien Wasserspiegels, zum Einsatz. Mit diesem verfeinerten, 3- dimensionalen Netz wurden Druckunterschiede errechnet, die im Bereich von 5,5 cm WS lagen. Eine weitere Netzverfeinerung auf ca. 580.000 Zellen ergab mit dem k- Modell einen Druckunterschied von 5,8 cm. Abbildung 11: Geschwindigkeitskonturen beim 3d k- -Modell, 580.000 Zellen Eine weitere Berechnung mit dem RSM Modell ergab schließlich den auch gemessenen Druckunterschied von 7,0 cm bei allerdings beträchtlichem Rechenaufwand. An diesem Beispiel ist ersichtlich, dass die Interpretation der Ergebnisse aus der numerischen Simulation oft mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist. Man erhält zwar praktisch immer ein plausibel scheinendes Ergeb-

12 Möglichkeiten des hydraulischen Modellversuches Seminar am 3. Juni 2004, im Labor des Instituts für Konstruktiven Wasserbau der TU Wien nis, jedoch die Beurteilung, ob dieses auch richtig ist, muss vom Ingenieur getroffen werden und setzt große Erfahrung und fundiertes Fachwissen voraus. Abbildung 12: Geschwindigkeitskonturen 3d RSM-Modell, 580.000 Zellen 4 Zusammenfassung Mit den heute zur Verfügung stehenden numerischen Modellen im Wasserbau können sehr komplexe Strömungsvorgänge simuliert werden. Besonders wenn es um Detailfragen geht, stellen sie eine meist kostengünstigere Alternative zu hydraulischen Modellversuchen dar. Sie haben gegenüber den physikalischen Modellen oft den Vorteil, dass sich Umbauten, Änderungen und Alternativen sehr wirtschaftlich realisieren lassen. Auf der anderen Seite besteht bei den numerischen Simulationen unter Umständen die Gefahr, dass die Ergebnisse nicht mit der Realität übereinstimmen zum

Konstruktiver Wasserbau Landschaftswasserbau, Band 18 13 Beispiel auf Grund der Struktur des Berechnungsnetzes, der Einschränkungen des gewählten Turbulenzmodells oder der Randbedingungen. Dies zu erkennen setzt auch entsprechende Erfahrung voraus. Um die praktische Anwendbarkeit von CFD- Simulationen im Wasserbau zu testen, werden im Rahmen eines Forschungsschwerpunktes an unserem Institut Ergebnisse aus numerischen Modellen mit physikalischen Modellversuchen und Naturmessungen verglichen. Dabei haben sich die CFD- Simulationen meist gut bewährt, wenngleich auch sie ihre Grenzen sowohl in der Anwendbarkeit als auch in ihrer Aussagekraft aufweisen. Aus der Erfahrung des Verfassers haben sie sich jedenfalls bei der Simulation von Wasserspiegelverläufen und der Nachbildung von Geschwindigkeitsverteilungen und Strömungsverläufen sehr gut bewährt. Bei der Berechnung von Druckunterschieden speziell bei drallbehafteten Strömungen waren die Ergebnisse der Numerischen Simulationen jedoch nicht immer optimal. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sowohl die numerische Simulation als auch der physikalische Modellversuch ihre Stärken aufweisen die Zukunft liegt wohl in der Kombination beider Verfahren. 12 Literatur Rodi W., Turbulence Models and Their Application in Hydraulics, State-of-the-artpaper, IAHR, 1984, ISBN 90 212 7002 1 Schröder P.-M., Forkel C., Numerische Modelle von Flüssen, Seen und Küstengewässer, DVWK Heft 127, 1999 FLUENT 6.0 Dokumentation, Fa. FLUENT, Darmstadt Anschrift des Verfassers: Dipl.-Ing. Dr.techn. Boris Huber TU_Wien, Institut für Konstruktiven Wasserbau 1040 Wien, Karlsplatz 13/222 Tel. +43-1/58801/22231 Fax +43-1-5045928 E-Mail boris.huber@kw.tuwien.ac.at