Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Auf dem Weg zu Imameausbildung und Islamischen Studien. Jörn Thielmann

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Transkript:

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Auf dem Weg zu Imameausbildung und Islamischen Studien Jörn Thielmann 1

1. WR Drs. 9678-10 Empfehlungen zur Weiterentwicklung von Theologien und religionsbezogenen Wissenschaften an deutschen Hochschulen vom 29. Januar 2010 Volltext unter: http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/9678-10.pdf 2. Fortbildung von Imamen und muslim. Aktiven 2

ad 1: WR-Empfehlungen Auf die weiter wachsende Pluralität der religiösen Bekenntnisse in Deutschland hat auch das Wissenschaftssystem langfristig und institutionell zu reagieren. (p. 4f) 3

ad 1: WR-Empfehlungen Prof. Reinhard Schulze, Bern, Mitglied der AG, auf dem Deutschen Orientalistentag 2010: Islamische Theologie soll aus dem genuinen Interesse einer säkularen (nicht laizistischen!) Universität entstehen. 4

ad 1: WR-Empfehlungen Prof. Reinhard Schulze, Bern, Mitglied der AG, auf dem Deutschen Orientalistentag 2010: Das eigentliche Ziel ist die Akademisierung der muslimischen Selbstauslegung. 5

ad 1: WR-Empfehlungen Wer soll ausgebildet werden? Islamische ReligionslehrerInnen Religionsgelehrte (u.a. für Moscheen) Sozialarbeit Wissenschaftlicher Nachwuchs => Es geht nicht um eine reine Imamausbildung! 6

ad 1: WR-Empfehlungen Welche Forschungs- und Lehrgebiete? Exegese (inkl. Sunna) Systematische Theologie (Fundamentaltheologie, Dogmatik, Moral/Ethik, islamische Ökumene) Historische Theologie (inkl. Sunna, kalam, Mystik, Philosophie etc.) Islamisches Recht und Rechtsmethodik Praktische Theologie Religionspädagogik 7

ad 1: WR-Empfehlungen Welche Strukturen? 1. Offen: Institut? Fakultät? 2. Gleichrangig: Promotions- & Habilitationsrecht 3. Selbstorganisiert, mit Kooperationen 4. 2-3 Standort mit jeweils 6 Lehrstühlen 5. Muslimische Beiräte für rel. Selbstbestimmung 8

ad 1: WR-Empfehlungen Beiräte 1. Hilfskonstruktion, da muslim. Vereine & Verbände keine anerkannten Religionsgemeinschaften sind. 2. Vorgeschlagene Zusammensetzung: Muslim. Vereine & Verbände, islam. Religionsgelehrte, muslim. Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, nicht-stimmberechtigte Universitätsvertreter 3. lokal-regional einvernehmlich gebildet 9

ad 1: WR-Empfehlungen Berufungen 1. Die Universität verantwortet die akademische Eignung und wählt entsprechend aus. 2. Der Beirat hat Entscheidungskompetenz mit Blick auf die religiöse Eignung, wobei die Freiheit von Forschung & Lehre gewisse Grenzen setzt. 3. Die Entscheidungen sollen einvernehmlich getroffen werden. 10

ad 1: WR-Empfehlungen Lehrpläne 1. Die Universität verantwortet die formalen Erfordernisse für B.A.- und M.A.-Studiengänge, Promotionen und Habilitationen samt den entsprechenden Prüfungsordnungen und garantiert die Wissenschaftlichkeit und Wissenschaftsfreiheit. 2. Der Beirat verantwortet die religiöse Selbstbestimmung mit Blick auf Studieninhalte. 3. Die Entscheidungen sollen einvernehmlich getroffen werden. 11

ad 1: WR-Empfehlungen Zeithorizont: 1. Berufungsverfahren: ca. 1 Jahr 2. Entwicklung eines gestuften Studiengangs (B.A. & M.A.) je nach Bundesland: ca. 1-2 Jahre Beginn des Studienbetriebs in ca. 3 Jahren Erste Absolventen in ca. 6 Jahren 12

ad 1: WR-Empfehlungen Kritik aus der Islamwissenschaft 1. Islamische Studien irreführende Bezeichnung: warum nicht Islamische Theologie? 2. Als bekenntnisorientiertes Fach gehört es in eine religionsplurale oder eigene theologische Fakultät. 3. Beiräte und ihr Ernennungsprozeß problematisch. 4. Politische Zielsetzung: Geburtshilfe für einen modernen, aufgeklärten und integrierbaren Islam. 13

ad 2: Imameausbildung 1. Begleitende Weiterbildung der Imame bleibt dringend erforderlich. 2. Teambildung und funktional differenzierte Organisationsentwicklung müssen Thema werden. 3. Erlanger Modell: Zentral entwickelte Kernmodule nach bisheriger best practice werden um theologische Komponenten ergänzt und über ein Dozierendennetz bundesweit angeboten. Lokale Ergänzung durch nur lokal vermittelbare Kenntnisse in Kooperation. 14

Zwischenbilanz der Tagung Fokussierung auf Imame als Allesmacher und meist einzige Hauptamtliche: Bleibt Raum für die Hauptaufgabe religiöse Betreuung? Was ist mit den anderen Aktiven? Wo sind die Konvertiten als Brückenbauer und interkulturelle und interreligiöse Übersetzer? 15

Zwischenbilanz der Tagung Instrumentalisierung von religiösen Vereinen und religiösem Personal für politische Zwecke (Integration, Kriminalprävention, Social Engineering) Ausschluß von bestimmten Vereinen & Verbänden (z.b. IGMG, IGD, z.t. MJD) und Unerreichbarkeit von freien Moscheen und Netzwerken wie der Salafiyya 16

Zwischenbilanz der Tagung Problem Konzentration auf türkische/türkischstämmige Muslime und ihre Vereine inner- und außermuslim. Wahrnehmung der muslimische Diversität fördern Problem Privilegierung von DITIB durch deutsche Politik und Behörden (ändert sich z.zt.) 17

Zwischenbilanz der Tagung Staaträtin Prof. Ammicht Quinn gestern: Wir fordern Integrationsbereitschaft und bieten Akzeptanzbereitschaft. Prozeß auf zwei Seiten, der Muslime wie Nichtmuslime betrifft (Beispiel von Imam Bülbül: gemeinsames Frühstück mit 140 Muslimen und 6 Christen.). Der Staat schafft Raum für individuelle & kollektive Religionsausübung. 18

Zwischenbilanz der Tagung Integration ist verbunden mit Teilhabe und Kontakten: Das erfordert auch die Übernahme von Verantwortung durch Muslime und ihre Vereine auch das Zueigenmachen der deutschen Geschichte! Es gibt große Gemeinsamkeiten in den Lebenswelten von Religiösen, über Religions- und Konfessionsgrenzen hinweg (vgl. Religionsmonitor 2008): Basis für vielfältige Kooperationen mit Muslimen! 19

Zwischenbilanz der Tagung Die Kirchen und die jüdischen Gemeinden verfügen über eine historisch gewachsene, funktional differenzierte Struktur (Seelsorge, Bildung, Wohlfahrt) und die erforderlichen personellen und finanziellen Ressourcen. => Geburtshilfe für muslim. Vereine & Verbände nötig durch zivilgesellschaftliche Akteure! 20

Zwischenbilanz der Tagung Zur unsicheren und schwachen Finanzierung der Vereine und Verbände: Bei Anerkennung als Religionsgemeinschaft im Sinne von Art. 140 WRV: Wollen Muslime eine Kirchensteuer für sich? 21

Zwischenbilanz der Tagung Vereine als Erfolgsgeschichte der Integration! Bildung & Sprache: wesentliche Basis für alles andere! Werte für die Begegnung & Wahrnehmung auf beiden Seiten: Respekt Akzeptanz Anerkennung 22

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit! Jörn Thielmann Erlanger Zentrum für Islam und Recht in Europa EZIRE joern.thielmann@jura.uni-erlangen.de 23