Sportentwicklungsbericht 2015/2016

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Transkript:

Christoph Breuer (Hrsg.) Sportentwicklungsbericht 2015/2016 Analyse zur Situation der Sportvereine in Deutschland

Bundesinstitut für Sportwissenschaft Sonderpublikationen Herausgeber: Bundesinstitut für Sportwissenschaft Graurheindorfer Str. 198 53117 Bonn Tel.: +49 (0) 228 99 640 0 info@bisp.de www.bisp.de Breuer, Christoph (Hrsg.) Analyse zur Situation der Sportvereine in Deutschland Sportverlag Strauß, Hellenthal, 1. Aufl. 2017 ISBN 978-3-86884-595-2 SPORTVERLAG Strauß Neuhaus 12 53940 Hellenthal Tel. +49 2448 247 00 40 Fax +49 2448 919 56 10 info@sportverlag-strauss.de www.sportverlag-strauss.de Druck: Hausdruckerei des Statistischen Bundesamtes, Zweigstelle Bonn Printed in Germany Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar

9 Zusammenfassung Christoph Breuer & Svenja Feiler Die Sportvereine in Deutschland stellen nach wie vor ein besonders gemeinwohlorientiertes Sportangebot bereit, was unter anderem in ihren Vereinszielen zum Ausdruck kommt. So ist es den Vereinen unter einer Vielzahl an Vereinszielen besonders wichtig, Werte wie z.b. Fair Play und Toleranz zu vermitteln sowie eine preiswerte Möglichkeit des Sporttreibens zu bieten. Außerdem engagieren sich die Sportvereine für eine gleichberechtigte Partizipation der Geschlechter. Auch im Zeitverlauf bestätigt sich die hohe Gemeinwohlbedeutung der Sportvereine in Deutschland. Es zeigt sich unter anderem, dass die Gemeinwohlausrichtung der Sportvereine in Deutschland im Hinblick auf die meisten Bereiche über zwölf Jahre hinweg weitgehend stabil geblieben ist. Weiterhin sind Sportvereine Garanten dafür, dass finanziell erschwingliche organisierte Sportangebote von der breiten Bevölkerung nachgefragt werden können. Die Hälfte aller deutschen Sportvereine verlangt einen monatlichen Mitgliedsbeitrag für Kinder von maximal 2,50, für Jugendliche von maximal 3,-, für Erwachsene von maximal 6,30. Von besonderer Bedeutung für die Sportvereine ist nach wie vor das Ehrenamt. Seit 2013 ist die Gesamtanzahl der ehrenamtlich Engagierten bundesweit stabil. Dies gilt sowohl für die Anzahl der Ehrenamtlichen auf der Vorstandsebene wie auch auf der Ausführungsebene. Trotz der stabilen Gesamtzahlen der Ehrenamtlichen haben die Vereine zunehmend mit einem Mangel an ehrenamtlichen Funktionsträgern zu kämpfen. So geben rund 14 % der Vereine an, das Problem der Bindung und Gewinnung von ehrenamtlichen Funktionsträgern bedrohe die Existenz des Vereins. Um diesem Problem entgegenzuwirken, hat ein Großteil der Vereine Maßnahmen bzw. Initiativen zur Gewinnung und Bindung von Ehrenamtlichen ins Leben gerufen. Hierbei greifen die Vereine insbesondere auf das persönliche Gespräch sowie gesellige Veranstaltungen zurück. Neben den ehrenamtlich Engagierten, die für die Sportvereine im Einsatz sind, setzen knapp 6 % der Sportvereine in Deutschland auf bezahlte Mitarbeiter in einer Führungsposition. Diese Mitarbeiter sind überwiegend in Teilzeit beschäftigt. Für die Bereitstellung von Angeboten für ihre Mitglieder greifen die Sportvereine nach wie vor auf vereinseigene und kommunale Sportanlagen zurück. Bundesweit besitzen 46,3 % der Vereine eigene Anlagen (inkl. Vereinsheim) und 61,2 % nutzen kommunale Sportanlagen. Zum Zeitpunkt der Befragung (d.h. im Herbst 2015) gaben knapp 4 % der Vereine an, dass eine von ihnen genutzte

10 Zusammenfassung Sportanlage in den vergangenen zwei Jahren als Flüchtlingsunterkunft genutzt wurde. Sportvereine in Deutschland engagieren sich maßgeblich für die Integration verschiedener Bevölkerungsgruppen. Hierzu zählen neben Flüchtlingen u.a. Mädchen und Frauen, Kinder und Jugendliche, Ältere und Senioren, Menschen mit Behinderungen, Menschen mit Migrationshintergrund sowie einkommensschwache Personen. In diesem Zusammenhang haben die Vereine bereits diverse Maßnahmen und Initiativen ins Leben gerufen, um den genannten Gruppen das Sporttreiben in den Vereinen zu ermöglichen. Dabei scheinen sich die Sportvereine in Deutschland schnell an neue Herausforderungen anzupassen. So haben sich die Vereine in bemerkenswertem Umfang in der Flüchtlingskrise engagiert. Knapp 29 % der Sportvereine stimmen der Aussage, dass sie sich für Flüchtlinge engagieren, völlig oder eher zu. Es zeigen sich hier allerdings sportartenspezifische Unterschiede. So engagieren sich nach eigenen Angaben Vereine mit Fußball-, American Football- und Handballabteilungen sowie Vereine mit Angeboten in Leichtathletik, Rettungsschwimmen, Boxen, Ringen und Schach überproportional stark für Flüchtlinge. Darüber hinaus bieten 18,2 % der Sportvereine besondere Maßnahmen oder Initiativen für Flüchtlinge an. Neben den Sportvereinen kommt auch den Stadtund Kreissportbünden bei Angeboten für Flüchtlinge eine besondere Rolle zu. Mehr als 37 % der Stadt- und Kreissportbünde stimmen der Aussage völlig zu, dass sie sich für Flüchtlinge engagieren; drei Viertel stimmen dieser Aussage völlig oder eher zu. Knapp die Hälfte der Sportvereine in Deutschland schätzt das Thema der Prävention sexualisierter Gewalt im Sport als relevant ein. Durchschnittlich haben die Vereine zwei von 14 möglichen Präventionsmaßnahmen umgesetzt, allerdings hat auch gut ein Drittel der Vereine keine einzige Maßnahme eingeführt. Unterstützt werden die Vereine bei der Präventionsarbeit insbesondere aus dem Sportverbandssystem selbst, d.h. vom Landessportbund (LSB) bzw. der Sportjugend auf Länderebene. Von Bedeutung sind darüber hinaus aber auch die Stadt-/Kreissportbünde, die Fachverbände auf Bundes- und Landesebene und der DOSB bzw. die Deutsche Sportjugend (dsj) auf Bundesebene. Allgemeine Probleme zeigen sich vor allem im Bereich Personal: So wird wie oben bereits erwähnt neben der Bindung und Gewinnung von ehrenamtlichen Funktionsträgern auch die Bindung und Gewinnung von jugendlichen Leistungssportlern, Trainern und Übungsleitern sowie Schieds- bzw. Kampfrichter von den Vereinen als besonders herausfordernd empfunden. Das Problem der Bindung und Gewinnung von Mitgliedern ist etwas weniger stark ausgeprägt. Unterstützungsbedarf besteht ferner hinsichtlich der demographischen Entwicklung in

Zusammenfassung 11 den Regionen. Dieses Problem hat sich im Vergleich zu 2013 allerdings etwas verringert. Weiterhin sehen sich die Vereine aufgrund der Anzahl an Gesetzen, Verordnungen und Vorschriften belastet. Auffällig ist, dass sich bundesweit 36,4 % der Sportvereine durch mindestens ein Problem in ihrer Existenz bedroht sehen. Am stärksten wirken hier Probleme der Gewinnung und Bindung ehrenamtlicher Funktionsträger. Die Untersuchung im Zeitverlauf unterstreicht diese Ergebnisse: Im Verlauf der vergangenen zwölf Jahre hat sich der Anteil an Sportvereinen in Deutschland, die mit mindestens einem existenziellen Problem zu kämpfen haben, mehr als verdoppelt. Hierbei ist insbesondere die Existenzbedrohung aufgrund von Problemen im Bereich der Gewinnung und Bindung von ehrenamtlichen Funktionsträgern angewachsen. In finanzieller Hinsicht zeigen sich die Einnahmen und Ausgaben der Sportvereine im Vergleich zu 2013 stabil. Im Bereich der Einnahmen gibt es einzig leichte Zuwächse bei den Mitgliedsbeiträgen. Insgesamt konnten 76,2 % der Sportvereine schwarze Zahlen schreiben.