Historie des kirchlichen Arbeitsrechts in Baden Referat zur Delegiertenversammlung der Mitarbeitervertretungen im Bereich der EKiBa am 14./15. Oktober 2015 von Walter Berroth
EKD - Entwicklung in den 50er-Jahren Barmer Theologische Erklärung von 1934 bewirkt: Forderung nach - Unabhängigkeit der Kirche von Staat und gesellschaftlichen Organisationen Ergebnis: Ausschluss von Kirche und Diakonie aus dem Betriebsverfassungsgesetz - Brüderlicher Gemeinschaft statt Hierarchie Ergebnis: Dienstgemeinschaftsgedanke Walter Berroth für GA Baden 2
EKD - Entwicklung in den 50er Jahren 1948 Bildung der ersten kirchlichen Mitarbeiterverbände Ziele: - Eigenes kirchliches Dienst- und Arbeitsrecht orientiert am Öffentlichen Dienst (TO.A - TO.B) - Keine Bildung von Arbeitsrechtlichen Kommissionen, um ein Abweichen vom ÖD-Tarif zu verhindern 1954 Erste ARK bei der Inneren Mission (heute DD) Zusammensetzung: 1 Anstaltsleiter, 4 Vertreter der Mitarbeitenden Kompetenz: Erarbeitung von Vorlagen für die Diakonische Konferenz. Diese beschließt die die Arbeitsvertragsrichtlinien. Walter Berroth für GA Baden 3
EKD - Entwicklung in den 50er/60er-Jahren 1957 Theologen-Kommission der EKD schlägt den Abschluss von kirchengemäßen Tarifverträgen vor 1958 Konferenz der Kirchenjuristen lehnt Tarifverträge ab und schlägt einen Dritten Weg eine Arbeitsrechtliche Kommission (ARK) vor 1960 EKD bildet eine ARK, ausschließlich besetzt mit leitenden Kirchenjuristen. ARK beschließt Vorlage an den Rat der EKD: Synode beschließt Arbeitsrecht Zustand bis 1974 1962 Erste paritätisch besetzte ARK in Bayern Walter Berroth für GA Baden 4
Baden - Entwicklung in den 70er-Jahren Stand verfasste Kirche bis 1979: In kirchlichen Einrichtungen und Dienststellen wird eine kirchliche Anstellungsordnung angewandt Beschlussorgan: Synode der EKiBa Erarbeitung der Vorlagen: Beratende ARK, auf Arbeitnehmerseite besetzt durch Vertreter - des Verbandes kirchlicher Mitarbeiter (VKM) - der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) Walter Berroth für GA Baden 5
Baden - Entwicklung in den 70er-Jahren Inhalt der kirchlichen Anstellungsordnung Bundes-Angestellten-Tarif (BAT - Fassung Länder) und - wenige spezielle kirchliche Regelungen zu Arbeitsbedingungen - eigene Eingruppierungsordnung für kirchenspezifische Berufsgruppen Walter Berroth für GA Baden 6
Baden - Entwicklung in den 70er-Jahren Stand Diakonie Baden bis 1979: Die diakonischen Einrichtungen wenden an: Entweder - die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der EKD (AVR) (ganz oder in Teilen) oder - hauseigene Arbeitsvertragsrundlagen (ganz oder in Teilen, meist orientiert am BAT) Walter Berroth für GA Baden 7
Baden - Entwicklung in den 70er-Jahren Beschlussorgan für die AVR: Diakonische Konferenz des DW der EKD Erarbeitung der Vorlagen für die Diakonische Konferenz Beratende ARK, auf Arbeitnehmerseite besetzt durch eine willkürliche, vom DW bestimmte Mischung kirchlicher Mitarbeiterverbände Walter Berroth für GA Baden 8
Baden - Entwicklung in den 70er-Jahren Inhalt der AVR Alle wesentliche Bestimmungen des BAT - Bedeutendste Abweichung: Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall - Eingruppierung wie BAT, eigene Eingruppierungen für diakoniespezifische Berufsgruppen Die AVR waren grundsätzlich als Empfehlung konzipiert! Die Kostenträger haben für die Pflegesatzvereinbarungen den BAT zugrunde gelegt! Walter Berroth für GA Baden 9
Baden - Entwicklung in den 70er-Jahren 1976 EKD-Synode verabschiedet als Rahmengesetz ein Arbeitsrechtsregelungsgesetz und empfiehlt den Landeskirche dessen Übernahme 1978 - April Synode der EKiBa verabschiedet ein badisches Arbeitsrechtsregelungsgesetz (ARRG der EKiBa) 1979- November Arbeitsrechtliche Kommission der EKiBa konstituiert sich Walter Berroth für GA Baden 10
Baden - Entwicklung in den 70er-Jahren Zusammensetzung der ersten ARK Baden 12 Dienstgebervertreter 6 DG der verfassten Kirche 1 Synode - 2 EOK - 1 Kirchenbezirke - 2 Kirchengemeinden - durch Landeskirchenrat nominiert 6 DG aus der Diakonie - vom Vorstand DW bestimmt Walter Berroth für GA Baden 11
Baden - Entwicklung in den 70er-Jahren Zusammensetzung der ersten ARK Baden 12 Dienstnehmervertreter 6 DN von Verbänden bestimmt 1 Verband diakonischer und kirchlicher Mitarbeiter (VDKM) 5 Verband kirchlicher Mitarbeiter (VKM) 6 DN von der Gesamtvertretung gewählt (Vertretung der MAVen in Kirche und Diakonie in Baden) Walter Berroth für GA Baden 12
Baden - Entwicklung in den 80er-Jahren ARK beschließt für Kirche und Diakonie: - Arbeitsrechtsregelung für hauptberuflich Beschäftigte - Arbeitsrechtsregelung für nebenberuflich Beschäftigte - Arbeitsrechtsregelung für Arbeiter - Arbeitsrechtsregelungen zu Arbeitsgesetzen o.ä. z.b.: AR-AzKimu AR-SoFei AR ArbZG Inhalte: BAT und kirchen- bzw. diakoniespezifische Sonderregelung Walter Berroth für GA Baden 13
Baden - Entwicklung in den 80er-Jahren Anwendungspraxis verfasste Kirche Arbeitsrechtsregelungen werden durchgehend angewandt, u.a. deswegen, weil die Form der Arbeitsverträge vorgeschrieben ist und die einzelnen Arbeitsverträge genehmigt werden müssen Walter Berroth für GA Baden 14
Baden - Entwicklung in den 80er-Jahren Anwendungspraxis in der Diakonie Die Satzung des DW Baden schreibt die verbindliche Anwendung des kirchlichen Arbeitsrechtes (BAT + spezifische kirchliche Regelungen) vor. Der Vorstand des DW kann aber Ausnahmegenehmigungen erteilen (z.b. Anwendung des AR einer anderen Landeskirche). Aber: Diakonischen Rechtsträger die bisher AVR angewandt haben - wechseln nicht zum Arbeitsrecht der EKiBa Hauptgrund: Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bis zur 26. Krankheitswoche Einige diakonische Rechtsträger wenden weiter arbeitgeberbestimmte Haustarife an. Der Vorstand des DW schreitet nicht gegen Satzungsverstöße ein! Walter Berroth für GA Baden 15
Baden - Entwicklung in den 80er-Jahren Folge: ARK Baden beschließt die Arbeitsrechtsregelung zur Anwendung der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der EKD (AR-AVR) Inhalt: Es gelten die AVR des DW der EKD, es sei denn, die ARK Baden beschließt aufgrund badischer Besonderheiten - eine abändernde oder ergänzende Regelung. Mit dieser Regelung konnte die AVR Baden lange auf BAT-Niveau gehalten Werden. (Verhinderung der Absenkung unterer Einkommensgruppen u.ä.) Walter Berroth für GA Baden 16
Baden - Entwicklung in den 90er-Jahren 1996 Die 10 größten Einrichtungen der Diakonie gründen den Verband diakonischer Dienstgeber in Deutschland (VdDD) Das Prinzip des brüderlichen Handelns bei der Arbeitsrechtsetzung wird damit endgültig verlassen. Prinzip war theologische Grundlage des Dritten Weges Verband setzt seine Arbeitgeber-Interessen durch, indem er alle wichtigen Entscheidungsgremien in der Diakonie besetzt. (z.b. 3 Sitze in der Konferenz für Diakonie und Entwicklung ) Walter Berroth für GA Baden 17
Baden - Entwicklung nach 2000 2005 13. September Die Vertreter des Bundes und der Vereinigung kommunaler Arbeitgeber vereinbaren mit der Gewerkschaft Ver.di den neuen Tarifvertrag Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD-Bund und TVöD-VKA) Der Rat der EKD empfiehlt, eine eigene Kirchliche Tarifregelung auf EKD-Ebene zu entwickeln und setzt einen entsprechenden Ausschuss ein. Walter Berroth für GA Baden 18
Baden - Entwicklung nach 2000 2005 16. Dezember ARK Baden beschließt als erste Landeskirche in der EKD die Übernahme des TVöD-Bund zum 1.1.12006 in Form einer Arbeitsrechtsregelung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 2007 1. Juli Die ARK des Diakonischen Werkes der EKD beschließt, die AVR von den Tarifverträgen des ÖD abzukoppeln und eine eigenständig Entgeltordnung zu entwickeln (Mantel überwiegend BAT incl. Kinderzuschlag) AR-AVR Baden wird nicht geändert Neuregelung gilt also auch in Baden Walter Berroth für GA Baden 19
Baden - Entwicklung nach 2000 2006 2011 DW Baden bescheinigt den Johannes-Anstalten rückwirkend, dass sie schon immer eine Ausnahmebestätigung zur Direkt-Anwendung der AVR des DW der EKD hätten (vom BAG für nichtig erklärt) DW Baden ändert seine Satzung: nach 5 Abs.4 Buchst. a sind die Mitglieder nun berechtigt, neben dem kirchlichen AR in Baden auch die AVR des DW der EKD direkt anzuwenden. Die großen diakonischen Träger wechseln zur AVR des DW der EKD Walter Berroth für GA Baden 20
Baden Entwicklung nach 2000 Durch den Wechsel der großen Rechtsträger zur AVR DW EKD werden die Inhalte der AVR-Arbeitsverträge einseitig geändert! (z.b. neu AZ-Regelungen u.a.) Folge: Diakonische Beschäftigte organisieren sich vermehrt in Gewerkschaften. Erste Streikmaßnahmen bei der Stadtmission Heidelberg Walter Berroth für GA Baden 21
Baden Entwicklung nach 2000 2012 November BAG entscheidet: Kirchen können einen eigenen Weg der Arbeitsrechtsetzung beschreiten und Streik ausschließen, wenn - die Gewerkschaften mit einbezogen werden - die Parität der verhandelnden Parteien gewährleistet ist - ein neutraler Schlichter den Letztendscheid hat - das ausgehandelte Tarifergebnis für alle kirchlichen Beschäftigten verbindlich ist Gleichzeitig wir durch Rücknahme einer Klage beim BAG anerkannt, dass die Gewerkschaften freien Zutritt zu allen kirchlichen Dienststellen und Einrichtungen haben. Walter Berroth für GA Baden 22
Baden Entwicklung nach 2000 2013 November Synode der EKD verabschiedet das Arbeitsrechtsregelungsgrundsätzegesetz (ARGG-EKD) Inhalt: - Sowohl der Dritte Wege (Arbeitsrechtliche Kommissionen) als auch der Zweite Weg (Tarifverträge bei Streikausschluss) sind möglich - Die getroffenen Tarifregelungen müssen für alle Beschäftigten verbindlich sein - Die Diakonie Deutschland darf eine eigene Regelung für ihren Bereich schaffen (AVR DD) Walter Berroth für GA Baden 23
Baden Entwicklung nach 2000 2014 April Synode der EKiBa verabschiedet das Zustimmungsgesetz und Ausführungsgesetz zum ARGG der EKD befristet auf zwei Jahre Inhalt: In der EKiBa soll in den zwei Jahren weiterhin die ARK das Arbeitsrecht setzen. Die bisherige ARK wird erweitert und setzt ihre Arbeit fort. 2015 Juli Die Stadtmission Heidelberg schließt mit Ver.di einen Haustarifvertrag ab Walter Berroth für GA Baden 24