SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG

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Transkript:

SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 16/1541(neu) 16. Wahlperiode 11.09.2007 Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Landeswahlgesetzes

Drucksache 16/1541(neu) Schleswig-Holsteinischer Landtag - 16. Wahlperiode A. Problem Weibliche Abgeordnete sind im Schleswig-Holsteinischen Landtag ebenso wie in den übrigen Landesparlamenten und dem Deutschen Bundestag von je her unterrepräsentiert. Der Anteil der Frauen im Schleswig-Holsteinischen Landtag stagniert seit Jahren und ist derzeit sogar wieder rückläufig aktuell sind lediglich 30,4 % der Abgeordneten Frauen. B. Lösung Durch die Änderung des Landeswahlgesetzes reagiert der Gesetzgeber auf diese seit Jahren unbefriedigende Situation und führt eine weiche Quotierung bei der Aufstellung der Kandidatenlisten für die Landtagswahlen ein. Die Änderungen in 23 Absatz 3 Landeswahlgesetz zielen darauf ab, künftig den Anteil der Kandidatinnen auf den Landeslisten aller Parteien auf 50 % zu erhöhen und infolgedessen den Anteil der weiblichen Abgeordneten im Landtag entsprechend anzuheben. Die gesetzliche Quotenregelung stellt ein gleichermaßen effektives bezogen auf die Zielerreichung eines mit Männern und Frauen paritätisch besetzten Landtags wie auch verhältnismäßiges Mittel dar (Artikel 3 Absatz 2 Satz 2 GG, Demokratiegebot). C. Alternativen Keine. Insbesondere parteiinterne Satzungsregeln, die bis heute nicht von allen Parteien freiwillig eingeführt wurden, stellen mangels effektiver Steuerungswirkung keine Alternative dar. D. Kosten Keine. 2

Schleswig-Holsteinischer Landtag - 16 Wahlperiode Drucksache 16/541(neu) Entwurf Gesetz zur Änderung des Landeswahlgesetzes vom Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen: Artikel 1 Änderung des Landeswahlgesetzes Das Wahlgesetz für den Landtag von Schleswig-Holstein (Landeswahlgesetz - LWahlG) in der Fassung vom 7.10.1991 (GVOBl. 1991, S. 442), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15.5.2007 (GVOBl. 2007, S. 271), wird wie folgt geändert: 1. 23 Abs. 2 wird wie folgt geändert: Nach Satz 1 wird folgender Satz 2 eingefügt: Eine Quotierung findet nicht statt. 2. 23 Abs. 3 wird wie folgt geändert: Nach Satz 1 werden folgende Sätze 2 bis 5 eingefügt: Es kandidieren jeweils zur Hälfte Männer und Frauen. Die Landesliste ist abwechselnd mit Frauen und Männern zu besetzen, wobei der erste Platz mit einer Frau o- der einem Mann besetzt werden kann. Ausnahmsweise dürfen auch die den Frauen vorbehaltenen Listenplätze mit Männern besetzt werden, wenn sich nicht genügend Kandidatinnen zur Wahl stellen bzw. die den Männern vorbehaltenen Listenplätze mit Frauen besetzt werden, falls sich nicht genügend Kandidaten zur Wahl stellen. Das Geschlecht, das unter den Mitgliedern einer Partei in der Minderheit ist, muss mindestens entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis auf der Liste vertreten sein. Artikel 2 Inkrafttreten Das Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. 3

Drucksache 16/1541(neu) Schleswig-Holsteinischer Landtag - 16. Wahlperiode Begründung A. Allgemeines I. Zielsetzung und Regelungsbedürfnis 1. Ausgangslage Frauen sind im Schleswig-Holsteinischen Landtag ebenso wie in den anderen Parlamenten in Deutschland von je her unterrepräsentiert. Seit Ende der 1970er Jahre wird die mangelnde Präsenz weiblicher Abgeordneter in den deutschen Parlamenten von den Parteien als Problem erkannt. Seitdem wird die Quotierung bei der Aufstellung von Kandidatenlisten als Mittel zum Abbau faktischer Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen diskutiert. Um den Anteil der weiblichen Abgeordneten zu erhöhen, reagierten die meisten Parteien in den letzten 28 Jahren mit der Einführung unterschiedlicher Quoten- und Quorenregelungen in ihren Parteistatuten (Die Grünen 1979, SPD 1988, CDU 1996). Rückblickend betrachtet hat sich die parteiinterne Quotierung überwiegend nicht als effektives (wirksames) Steuerungsinstrument zur signifikanten Erhöhung des Anteils weiblicher Abgeordneter erwiesen. Dies gilt auch für den Schleswig-Holsteinischen Landtag. Der Anteil der weiblichen Abgeordneten im Landtag stagniert seit Jahren bei etwa 35 % und ist derzeit mit 30,4 % sogar wieder rückläufig (13. Wahlperiode 1992-1996: 34,8 %; 14. Wahlperiode 1996-2000: 38,7 %; 15. Wahlperiode 2000-2005: 38,2 %; 16. Wahlperiode seit 2005: 30,4 %). Erforderlich ist daher eine für alle Parteien verbindliche gesetzliche Regelung zur Quotierung ihrer Kandidatenlisten für die Landtagswahlen im Sinne einer 50%- Quote. Seit der Verfassungsreform von 1994 enthält das Grundgesetz in Artikel 3 Absatz 2 Satz 2 GG den ausdrücklichen Auftrag für den Staat, für die Zukunft die Gleichberechtigung der Geschlechter durchzusetzen (BVerfGE 109, 64, 89) und die Lebensverhältnisse zwischen Frauen und Männern tatsächlich anzugleichen. Dieser bindende staatliche Auftrag beinhaltet nicht nur die Berechtigung zur Beseitigung gesellschaftlicher Benachteiligungen, er weist dem Staat gerade eine gestaltende Aufgabe zu und zielt insoweit gerade auf ein aktives staatliches Tun mittels Fördermaßnahmen (Eckertz-Höfer, in: Denninger u. a. (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (Reihe Alternativkommentare), 3. Aufl. <2002>, Art. 3 Rn. 39, 77, 80; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 9. Aufl. <2007>, Art. 3 Rn. 90). 4

Schleswig-Holsteinischer Landtag - 16 Wahlperiode Drucksache 16/541(neu) Der staatliche Gleichstellungsauftrag aus Artikel 3 Absatz 2 Satz 2 GG wird vor allem in der neueren Rechtsprechung des BVerfG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.11.2003 < Mutterschaftsgeld >, BVerfGE 109, 64), wonach sich die Rechtslage, soweit sie den Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter betrifft, durch die Fortentwicklung des europäischen Gemeinschaftsrechts und des deutschen Rechts zur Durchsetzung des Grundsatzes der Gleichberechtigung der Geschlechter, insbesondere durch die Neufassung des Art. 3 Abs. 2 GG, geändert hat. Angesichts der weitgehend rechtlichen Gleichstellung von Frauen und Männern richtet sich der staatliche Auftrag aus Artikel 3 Absatz 2 Satz 2 GG heute vor allem darauf, faktische, insbesondere strukturelle Benachteiligungen von Frauen zu beseitigen. Dass strukturelle Benachteiligungen für Frauen in den politischen Parteien tatsächlich bestehen, zeigt sich an der seit Jahren anhaltenden mangelnden Präsenz in den deutschen Parlamenten, auch im Schleswig-Holsteinischen Landtag. Daraus ist zu schließen, dass Frauen auch heute noch geringere Chancen als Männer haben, Parlamentsmandate zu erhalten. Ein europaweiter Vergleich zeigt im Übrigen, dass derartige Quotenregelungen in verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union bereits Anwendung finden. So hat Frankreich bereits 2001 eine Quotierung von Wahllisten eingeführt, wenn auch wegen des Direktwahlsystems nicht bei nationalen Wahlen. Spanien hat im März dieses Jahres ein weit reichendes Gleichberechtigungsgesetz verabschiedet, in dem eine rechtsverbindliche Frauenquote für die Kandidatenlisten bei Wahlen eingeführt wurde: Der verbindliche Anteil der Kandidatinnen bei Parlaments-, Regionalund Kommunalwahlen liegt zwischen 40 bis 60 %; weder Frauen noch Männer dürfen mehr als 60 % der Bewerberinnen bzw. Bewerber stellen. Der Frauenanteil im spanischen Parlament liegt derzeit bei 36 %. 2. Gesetzgebungskompetenz Die Kompetenz des Landesgesetzgebers für eine gesetzliche Quotenreglung zur Aufstellung von Kandidatenlisten für Landtagswahlen ergibt sich aus Art. 3 Abs. 4 LV, Art. 70 GG. 5

Drucksache 16/1541(neu) Schleswig-Holsteinischer Landtag - 16. Wahlperiode 3. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer Quotenregelung für Männer und Frauen beurteilt sich nach Artikel 3 Absatz 2, Absatz 3 Satz 1 GG, Artikel 6 LV sowie Artikel 21 Absatz 1 Satz 2 GG und Artikel 38 Absatz 1 Satz 1 GG i. V. m. 28 Abs. 1 S. 2 GG, Art. 3 Abs. 1 LV. Schwerpunktmäßig sind spezielle Gleichheitssätze betroffen. Der Wissenschaftliche Dienst des Landtags hat zur Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer gesetzlichen Quotenregelung, wie in dem vorliegenden Entwurf geregelt, in seinem Gutachten vom 21. Juni 2007 Stellung genommen und die Zulässigkeit bejaht, vgl. Schleswig-Holsteinischer Landtag Umdruck 16/2273, http://www.sh-landtag.de/infothek/wahl16/umdrucke/2200/umdruck-16-2273.pdf. Auf das Gutachten wird hier verwiesen und Bezug genommen. B. Einzelbegründung Artikel 1 Änderung des Landeswahlgesetzes Zu 23 Absatz 2 Der neu eingefügte Satz 2 stellt klar, dass in Bezug auf die Wahl der Wahlkreisbewerberinnen und -bewerber nach 23 Abs. 2 Satz 1 keine Quotierung zugunsten eines Geschlechts stattfindet. Zu 23 Absatz 3 Satz 1 stellt klar, dass die von der Landesversammlung zu wählenden Landeslistenbewerberinnen und -bewerber regelmäßig aus einem Bewerberkreis stammen müssen, der sich zur Hälfte aus Frauen und zur Hälfte aus Männern zusammensetzt. Insoweit obliegt es den Parteien, im Vorfeld der Wahl Vorsorge zu treffen, dass sich genügend weibliche wie auch männliche Kandidaten freiwillig zur Wahl stellen. Aus Satz 3 ergibt sich jedoch, dass ausnahmsweise Männer in dem Bewerberkreis überproportional vertreten sein dürfen, wenn sich nicht genügend Kandidatinnen freiwillig zur Wahl stellen. Entsprechendes gilt im umgekehrten Fall, sollten sich nicht genügend freiwillige Kandidaten finden. Diese Ausnahmeregelung lässt aus Gründen der 6

Schleswig-Holsteinischer Landtag - 16 Wahlperiode Drucksache 16/541(neu) Verhältnismäßigkeit ein Abweichen von der Quotierung zugunsten von Männern oder von Frauen zu, da letztlich nichts Unmögliches gefordert werden kann ( Ausnahmeklausel ). Satz 2 schreibt vor, dass die Landesliste alternierend mit Frauen und mit Männern zu besetzen ist ( Reißverschlussprinzip ), ohne dass Vorgaben für die Besetzung des ersten Listenplatzes gemacht werden. Die Liste kann daher entweder mit einer Frau oder einem Mann auf Platz Eins beginnen. Satz 2 wird ebenso wie Satz 1 durch die Ausnahmeklausel in Satz 3 ergänzt, wonach in den Fällen, in denen sich nicht genügend Kandidatinnen zur Wahl stellen, die den Frauen vorbehaltenen Listenplätze ausnahmsweise mit Kandidaten besetzt werden dürfen. Entsprechendes gilt für den umgekehrten Fall, wenn sich nicht genügend Kandidaten zur Wahl stellen. Satz 4 schreibt eine Mindestquote für das unter den Mitgliedern einer Partei unterrepräsentierte Geschlecht vor; in dem zahlenmäßige Verhältnis, in dem das unterrepräsentierte Geschlecht unter den Mitgliedern einer Partei vertreten ist, muss es auch auf der Landesliste vertreten sein Beispiel: Liegt der Anteil der weiblichen Parteimitglieder bei 20 %, so müssen mindestens 20 % der Listenplätze mit Frauen besetzt sein. Artikel 2 Inkrafttreten Das Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt in Kraft und gilt damit bereits für die nächste Landtagswahl. Karl-Martin Henschel und Fraktion 7