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Transkript:

Berlin, im November 2008 Stellungnahme Nr. 72/2008 www.anwaltverein.de Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins durch den Strafrechtsausschuss zum Referentenentwurf für ein Gesetz zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren Gewalttaten (GVVG) Mitglieder des Ausschusses: Rechtsanwalt Dr. Stefan König, Berlin (Vorsitzender) Rechtsanwalt Dr. h. c. Rüdiger Deckers, Düsseldorf (Berichterstatter) Rechtsanwältin Dr. Margarete Gräfin von Galen, Berlin Rechtsanwältin Dr. Gina Greeve, Frankfurt am Main Rechtsanwalt Prof. Dr. Rainer Hamm, Frankfurt am Main Rechtsanwalt Eberhard Kempf, Frankfurt am Main Rechtsanwältin Gül Pinar, Hamburg Rechtsanwalt Michael Rosenthal, Karlsruhe Rechtsanwalt Martin Rubbert, Berlin Rechtsanwältin Dr. Heide Sandkuhl, Potsdam Rechtsanwalt Dr. Rainer Spatscheck, München Zuständig in der DAV-Geschäftsführung: Rechtsanwalt Peter Altemeier, DAV-Berlin

Seite 2 von 8 Verteiler: Bundesministerium des Innern Bundesministerium der Justiz Rechtsausschuss, Innenausschuss des Deutschen Bundestages Vorsitzender des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages, Andreas Schmidt Vorsitzender des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, Sebastian Edathy Bundesgerichtshof Bundesanwaltschaft Vorstand des Deutschen Anwaltvereins Landesverbände des Deutschen Anwaltvereins Vorsitzende der Gesetzgebungsausschüsse des Deutschen Anwaltvereins Strafrechtsausschuss des Deutschen Anwaltvereins Geschäftsführender Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Strafrecht des Deutschen Anwaltvereins Strafrechtsausschuss der Bundesrechtsanwaltskammer Vorsitzende des Strafrechtsausschusses des KAV, BAV Vorsitzender des Forums Junge Anwaltschaft des DAV Deutscher Strafverteidiger e. V., Frau Regina Michalke Regionale Strafverteidigervereinigungen Organisationsbüro der Strafverteidigervereinigungen und -initiativen Arbeitskreise Recht der im Bundestag vertretenen Parteien Deutscher Richterbund Strafverteidiger-Forum (StraFo) Neue Zeitschrift für Strafrecht, NStZ Strafverteidiger Prof. Dr. Jürgen Wolter, Universität Mannheim ver.di, Bereich Recht und Rechtspolitik Deutscher Juristentag (Präsident und Generalsekretär) Prof. Dr. Schöch, LMU München

Seite 3 von 8 Der Deutsche Anwaltverein (DAV) ist der freiwillige Zusammenschluss der deutschen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Der DAV mit derzeit ca. 66.000 Mitgliedern vertritt die Interessen der deutschen Anwaltschaft auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene. I. Zum Inhalt des Entwurfs Unter dem Eindruck von Bedrohungen durch den internationalen Terrorismus hat das Bundesjustizministerium im Oktober dem Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren Gewalttaten zugeleitet. Der Entwurf soll die Strafbarkeit weit in den Vorbereitungsbereich zukünftiger Straftaten ausdehnen. Ziel des Gesetzes soll die Unterbindung der sich schon aus der Vorbereitung von schweren Gewalttaten ergebenden erheblichen Gefahren sein (Referentenentwurf, S. 1). Die bisher existierenden Normen des materiellen Strafrechts namentlich die 30 und 129a des Strafgesetzbuches (Versuch der Beteiligung an einem Verbrechen und Bildung terroristischer Vereinigungen) werden nicht mehr als ausreichend erachtet. Die neuen Strukturen insbesondere islamistischer Terrororganisationen könnten aufgrund ihrer dezentralen Ausprägung nicht mehr von den bestehenden Strafgesetzen erfasst werden. An dieser Stelle sei es erforderlich, neue Straftatbestände zu schaffen. Nach einer Pressemitteilung vom 27.08.2008 sieht das Bundesjustizministerium die rechtsstaatlichen Grundsätze als gewahrt an; denn die Vermittlung von Fertigkeiten zur Begehung terroristischer Anschläge genüge allein noch nicht für die Begründung der Strafbarkeit. Hinzukommen müsse nämlich die Absicht, diese Fertigkeiten zu nutzen. Erst das Zusammenspiel beider Kriterien schaffe eine ausgewogene Regelung (BMJ- Pressemitteilung vom 27. September 2008). Zur Umsetzung dieser Vorgaben soll das Strafgesetzbuch um zwei neue Paragraphen ergänzt werden, 89a E-StGB und 91 E-StGB. Der Schwerpunkt des Entwurfs liegt auf 89a, der Vorbereitung einer schweren Gewalttat. Die neue Vorschrift schließe die Lücken der bestehenden 30, 129a StGB, indem nunmehr auch jene strafwürdigen Fälle erfasst [seien], in denen Handlungen zur Vorbereitung von schweren Gewalttaten mangels Bestehens oder Nachweisbarkeit einer terroristischen Vereinigung bislang nicht als Beteiligung an oder Unterstützung einer solchen gem. 129 StGB verfolgt werden können genauso wie diejenigen (Einzel-)Täter, die bislang nicht bestraft werden können, weil die Voraussetzungen des 30 StGB nicht vorliegen.

Seite 4 von 8 Zentrale Tatbestandsvoraussetzung des 89 ist die Vorbereitung einer schweren Gewalttat. Letztere wird in Absatz 1 legaldefiniert als Straftat gegen das Leben in den Fällen des 211 oder des 212 oder gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des 239a oder des 239b, die nach den Umständen bestimmt und geeignet ist, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates zu beeinträchtigen oder Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben. Die begriffliche Weite der Vorbereitungshandlung wird im zweiten Absatz eingeschränkt, indem vier Fälle der Vorbereitung abschließend aufgezählt werden. Die genannten Vorbereitungshandlungen umfassen: - das Unterweisen einer anderen Person oder das Sich-unterweisen-Lassen in der Herstellung von oder im Umgang mit Schusswaffen, Sprengstoffen, Spreng- oder Brandvorrichtungen, Kernbrenn- oder sonstigen radioaktiven Stoffen, Stoffen, die Gift enthalten oder hervorbringen können, anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, zur Ausführung der Tat erforderlichen, besonderen Vorrichtungen oder sonst in der Planung oder Durchführung eines Anschlags, - das Herstellen der in Nr. 1 genannten Waffen, Stoffen oder Vorrichtungen oder das sich oder einem anderen Verschaffen, das Verwahren oder das einem anderen Überlassen dieser Waffen, Stoffen oder Vorrichtungen, - das Sichverschaffen oder das Verwahren erforderlicher wesentlicher Gegenstände um die in Nr. 1 genannten Waffen, Stoffe oder Vorrichtungen herzustellen, - das Sammeln, Entgegennehmen oder Zurverfügungstellen nicht unerheblicher Vermögenswerte zur Planung oder Durchführung eines Anschlags. Abs. 3 enthält eine umfassende Zuständigkeitserweiterung (s.u.) für Taten im Ausland und Abs. 4 sieht für einen Teil dieser Auslandsfälle für die Verfolgung eine notwendige Ermächtigungsgrundlage des Bundesministeriums der Justiz vor. Abs. 5 normiert einen minder schweren Fall und Abs. 6 begründet die Möglichkeit der Anordnung der Führungsaufsicht. Schließlich ist in Abs. 7 ein fakultativer Strafmilderungsgrund vorgesehen.

Seite 5 von 8 Mittels der Vorschrift des 91 E-StGB ( Anleitung und Aufnahme von Beziehungen zur Begehung einer schweren Gewalttat ) sollen die vielfach ohne konkreten Tatbezug erfolgende Verbreitung von Bombenbauanleitungen und so genannten Kochbüchern zur Planung terroristischer Anschläge über das Internet erfasst werden. Die Vorschrift stellt das Anpreisen oder das Zugänglichmachen einer Schrift unter Strafe, wenn diese nach ihrem Inhalt geeignet ist, als Anstiftung zu einer schweren Gewalttat im Sinne des 89a E-StGB zu dienen. Die Strafbarkeit der Geberseite wird im zweiten Absatz um die Sanktionierung des Sichverschaffens solcher Schriften und auch schon um die Kontaktaufnahme zu einer Vereinigung im Sinne des 129a StGB ergänzt, sofern die Begehung einer Tat gemäß 89a E-StGB beabsichtigt ist. II. Stellungnahme 1. Der Entwurf soll zunächst an seinen eigenen Kriterien gemessen werden. Schon die Ausgangsposition des Entwurfs selbst mutet fragwürdig an. Es ist geradezu charakteristisch für terroristische Straftaten, dass diese aus einer Organisation heraus begangen werden. Nimmt man den bisher nicht aufgetretenen Einzeltäter außer Betracht, so werden die bisher bekannt gewordenen Handlungsweisen schon von den 30, 129a StGB mit Strafe bedroht. Insbesondere die stets als Sinnbild aufscheinende Organisation Al-Quaida kann zwar nicht als traditionell straff hierarchisch strukturierte Gruppierung aufgefasst werden, ihre Dezentralisierung führt jedoch jedenfalls zu sog. lokalen und autonomen Terrorzellen (Bericht des Verfassungsschutzes NRW, Islamistische Organisationen in Nordrhein-Westfalen, www.im.nrw.de:verfassungsschutz: Islamismus, S. 23). Bei kritischer Betrachtung müssen daher schon die Grundlage und Notwendigkeit der aktuellen Neuerung hinterfragt werden. Wenn die Entwurfsbegründung in der Einleitung auf die Anschläge von Madrid und London, sowie auf die in Koblenz und Dortmund in Zügen entdeckten Kofferbomben abstellt, so geht dieser Hinweis an den zentralen Änderungsvorschlägen des Gesetzes vorbei. In keinem dieser Fälle handelte ein Alleintäter.

Seite 6 von 8 2. Der Kern des Entwurfs richtet sich aber gegen den im europäischen Raum bisher nicht aufgetretenen Alleintäter. In diesem Kernbereich, in dem der Strafrechtsschutz vorverlagert werden soll, darf nicht allein auf die dem Entwurf innewohnenden (Effektivitäts-)Kriterien abgehoben werden, sondern die Betrachtung hat sich auf die rechtsstaatlichen Grundlagen des Strafrechtssystems zu richten. Ziel des Entwurfs ist es, eine möglichst effektive strafrechtliche Verfolgung auch von organisatorisch nicht eingebundenen Tätern, die staatsschutzrelevante schwere Gewalttaten vorbereiten, zu ermöglichen. An dieser Stelle muss die Analyse der Strafbarkeitsausweitung in den Bereich der Vorbereitungshandlung kritisch hinterfragt werden. Dem geltenden Strafgesetzbuch ist die Strafbarkeit einer Vorbereitungshandlung nicht unbekannt. Eine Ausnahme von der grundsätzlichen Straflosigkeit von Vorbereitungshandlungen wird nämlich bei der sog. unselbständigen Ausdehnung von Straftatbeständen (LK-Hillenkamp, 2002, Vorb. 2 Rdnr.6 f.) gemacht. Hier sind beispielhaft die 80 (Vorbereitung eines Angriffskrieges), 96 (Auskundschaften von Staatsgeheimnissen) und 310 (Vorbereitung eines Explosions- oder Strahlungsverbrechens) StGB zu nennen. Diese Normen sanktionieren bestimmte Handlungen wegen ihrer typischen Ausprägung und besonderen Gefährlichkeit in einem selbständigen Delikt, obwohl es sich materiell nur um eine Vorbereitung einer anderen Tat handelt (Jescheck/Weigend, Strafrecht AT, 5. Aufl. 1996, 49 VI 2 b). Der vorgeschlagene 89a fügt sich jedoch in diese Gruppe von Gesetzen nicht ein. Auch eine besondere Gefährlichkeit des im Gegensatz zum geltenden Recht nunmehr erfassten Einzeltäters unterstellt, zeigt schon die Nr. 1 des Abs. 2 die Unbestimmtheit der erfassten Handlungen: zur Ausführung der Tat erforderlichen besonderen Vorrichtungen oder sonst in der Planung oder Durchführung eines Anschlags (Hervorhebungen nicht im Original). Die typische Ausprägung ist jedoch für die Sanktionierung einer Vorbereitungshandlung unentbehrlich, da sie erst den deutlichen Hinweis auf ein späteres Delikt leistet (Stratenwerth/Kuhlen, Strafrecht, AT, 5. Aufl. 2004, 11, Rn. 9) und so die Abgrenzung von sozial unauffälligem Handeln ermöglicht (Jakobs, Strafrecht, AT, 2. Aufl. 1991, Abschn. 25, Rn. 9).

Seite 7 von 8 Bleibt jedoch die Vorbereitungshandlung im Bezug auf konkrete Rechtsgüter völlig neutral, so dienen allein die bösen Gedanken des Täters dazu, eine Strafdrohung zu legitimieren. Hier zeigt sich, dass die von der Bundesjustizministerin genannte Absicht nicht ein die Strafbarkeit einschränkendes, sondern diese legitimierendes Kriterium darstellt. 89 a visiert nämlich zunächst rechtsgutneutrale Handlungen an: So können der Besuch einer Flugschule, das Sich-Einprägen eines S-Bahnnetzes, das Kaufen eines Mobiltelefons, das Sparen oder Anhäufen erheblicher Geldsummen als Manifestationen von Planung und Vorbereitung eines Anschlags und damit als tatbestandserfüllend angesehen werden. Zur Straftat werden diese Handlungen durch den sie als tatbestandsmäßig qualifizierenden Vorsatz (vgl. dazu: Deckers/Heusel ZRP 2008, 169, 171). Festzuhalten bleibt, dass der Entwurf mit der Pönalisierung (teilweise) sozial neutraler Handlungen, ohne auf die spezifische Gefahr durch das Zusammenwirken mehrerer (z.b. in einer Organisation) abzustellen, neues, bedenkliches Terrain betritt. 3. Die Diskussion um den Begriff des Feindstrafrechts (Jakobs) ist aktuell, eine Erwähnung kann bei dem vorliegenden Befund kaum unterbleiben. Jacobs Begriff des Feindstrafrechts lässt sich in vier Kriterien zusammenfassen (Sinn, ZIS 2006, 107, 108): 1. Vorverlagerung der Strafbarkeit. 2. Keine der Vorverlagerung proportionale Reduktion der Strafe. 3. Übergang von der Strafrechtsgesetzgebung zur Bekämpfungsgesetzgebung. 4. Abbau prozessualer Garantien. Blickt man auf den bisher noch nicht erfassten Einzeltäter, so ergibt sich unschwer, dass die Änderungsvorschläge alle Kriterien eines Feindstrafrechts erfüllen. Die Strafbarkeit wird erheblich in das Vorbereitungsstadium vorverlagert, die Höchststrafe von immerhin 10 Jahren wird jedoch im Gegenzug nicht erheblich gegenüber den vollendeten Delikten abgesenkt. Allein terminologisch kann sich der Entwurf zugute halten, dass er sich nicht in die sprachlich misslungenen Bekämpfungsgesetze der letzten Jahre einreiht. Allerdings fehlt auch eine Ausweitung der Ermittlungsbefugnisse im Hinblick auf die neuen Normen nicht.

Seite 8 von 8 III. Fazit Schon die Effektivität des Entwurfs kann wie gezeigt bezweifelt werden. Ein weiteres Stück symbolischer Gesetzgebung, um im Falle eines Falles sagen zu können Wir haben alles versucht, sollte unterbleiben. Auch von der Basis eines rein präventiv verstandenen Rechts muss eben jene Grundlage gefordert werden: eine wahrscheinliche präventive Wirkung. Doch auch über diese Schlüssigkeitsargumente hinaus ist der Entwurf aus rechtsstaatlichen Erwägungen heraus bedenklich. Bereits im Jahr 1976 wurde in der Literatur zu der damaligen Antiterrorgesetzgebung gewarnt: Wenn der Gesetzgeber auf dem eingeschlagenen Weg fortschreitet, wird er den freiheitlichen Rechtsstaat zu Tode schützen. Dieser Ausspruch von Dahs (NJW 1976, 2145) ist wie der hier zu untersuchende Referentenentwurf eindrücklich zeigt von großer Aktualität. Da Alltagshandlungen über 89a StGB als strafwürdig angesehen werden können, wenn sie in einen terroristischen Kontext gestellt werden, muss sich der Bürger fragen, ob er sich den repressiven Staat durch Wohlverhalten noch vom Leib halten kann. Die Norm des 89a StGB schafft nicht Sicherheit, sondern trägt erheblich zur allgemeinen Verunsicherung bei. Sicherheit ergibt sich insbesondere für den Rechtsstaat nur dann, wenn dieser auch gegenüber seinen Feinden mit rechtsstaatlichen Mitteln und vor allem mit Normalität reagiert. Hierdurch wird dem Täter die Fähigkeit abgesprochen, die hinter den Normen liegenden gesellschaftlichen Strukturmerkmale überhaupt in Frage zu stellen (Cancio Meliá, ZStW 2005, 267, 286). Das rechtsstaatliche Beispiel nicht aber eine den konkreten Rechtsgüterschutz aus den Augen verlierende unbestimmte Prävention vermag allein eine terroristische Bedrohung zu begrenzen.