Wir fürs Tier 1. Fachtagung der Heimtierbranche Berlin, 21. Mai 2015 Dokumentation www.zzf.de
Erfolgreiche Fachtagung der Heimtierbranche Am 21. Mai 2015 fand unter dem Titel Wir fürs Tier die erste Fachtagung der Heimtierbranche in Berlin statt. Rund 100 Gäste aus Politik, Verwaltung, Verbänden und Heimtierbranche folgten der Einladung des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe Deutschland e.v. (ZZF) und diskutierten über die gesellschaftliche Bedeutung von Heimtieren in Deutschland. Nach den Reden von ZZF Präsident Norbert Holthenrich und der Parlamentarischen Staatssekretärin Dr. Maria Flachsbarth diskutierten die Fachleute in zwei hochkarätig besetzten Foren über die Themen Heimtiere als Begleiter für den Menschen und Verantwortungsvoller Umgang mit Wildtieren. In den Themenforen wurden von Podiums teilnehmern und Gästen eine Reihe von Forderungen und Anregungen an die Politik formuliert, die in dieser Zusammenfassung dokumentiert sind.
Programm Begrüßung Norbert Holthenrich, Präsident ZZF Rede Dr. Maria Flachsbarth, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Themenforum Heimtiere als Begleiter für den Menschen Prof. Dr. Thomas Blaha, Vorsitzender Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz Ute Klein, Vizepräsidentin ZZF Wilhelm Schmidt, Präsident Arbeiterwohlfahrt Dr. Klaus Peter Schulze, Mitglied des Bundestags Dr. Rainer Wohlfarth, Präsident European Society for Animal Assisted Therapy Moderation: Antje Schreiber Themenforum Verantwortungsvoller Umgang mit Wildtieren Dr. Markus Biffar, ZZF Fachgruppe Heimtierzucht und großhandel Svein Fosså, Präsident European Pet Organization Henriette Hackl, Vorsitzende Tierschutzverein Wiesbaden Robert Kless, International Fund for Animal Welfare Ute Vogt, Mitglied des Deutschen Bundestags, stv. Vorsitzende SPD Fraktion Moderation: Kajo Wasserhövel Kurzberichte aus den Foren Antje Schreiber und Kajo Wasserhövel Zusammenfassung und Abschluss Norbert Holthenrich, Präsident ZZF
Begrüßung Mehr als ein Drittel der Haushalte in Deutschland leben mit Heimtieren zusammen. Dass diese Hunde, Katzen, Kleinsäuger, Vögel, Fische und Reptilien ihren Bedürfnissen entsprechend gepflegt, ernährt und gehalten werden das ist das Anliegen des ZZF und die Aufgabe der deutschen Heimtierbranche. (...) Heimtiere haben viele Talente. Sie können trösten, zuhören, Freude schenken, beruhigen und Menschen in Bewegung bringen. (...) Das sieht auch die Mehrheit der Deutschen so: Laut einer aktuellen Forsa Befragung sind 75 Prozent der Deutschen sowohl Tierhalter als auch Nicht Tierhalter der Meinung, dass Heimtiere einen positiven Einfluss auf die Fitness und die körper liche Gesundheit ihrer Halter haben. Und sogar 90 Prozent der Deutschen sind überzeugt, dass der Kontakt zu Heimtieren besonders ältere Menschen fit und gesund hält. (...) Wir setzen uns dafür ein, auf unnötige gesetzliche Barrieren für die Heimtierhaltung zu verzichten. Jeder Mensch sollte in der Lage sein, ein Tier anzuschaffen, das zu seinen Lebensumständen passt und das er artgerecht versorgen kann sei es ein Hund, eine Katze, Kleinsäuger, Reptilien oder Fische. Was viele nicht wissen: Auch zu Terrarientieren ent wickeln Tierfreunde eine enge Beziehung ähnlich wie zu Meerschweinchen: Die Tiere werden zahm und reagieren auf den Menschen. Jeder Mensch sollte in der Lage sein ein Tier anzuschaffen, das zu seinen Lebensumständen passt. Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass auch künftig Terrarientiere und Aquarienfische gehandelt und gehalten werden dürfen. Natürlich fördern wir die Nachzucht dieser Tiere. Aber auch der Handel mit und die Haltung von
Wildfängen kann der Arterhaltung und der erfolgreichen Nachzucht dienen. (...) Gleichzeitig ist es uns ein Anliegen, dass Heimtiere nicht funktionalisiert werden und dass Tierfreunde sie verantwortungsvoll halten. Über eine tiergerechte Pflege und Ausbildung von Heimtieren muss aufgeklärt werden. Weitergehende Forschungen zu den Bedürfnissen der verschiedenen Arten, zur Mensch Tier Beziehung und zur tiergestützten Therapie sind daher notwendig. Wenn die Bedeutung von Heimtieren als Begleiter und die positiven Effekte der Heimtierhaltung mehr Anerkennung finden, heißt das auch, unnötige Behinderungen der Heimtierhaltung zu vermeiden. Menschen in finanzieller Notlage sollten ihre Schützlinge behalten dürfen und unterstützt werden. Gerade weil Heimtiere auf den Menschen stabilisierend und motivierend wirken. (gekürzte Fassung) Norbert Holthenrich Präsident des ZZF
Rede Der Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe Deutschlands vertritt die Interessen der gesamten Heimtierbranche. Sie handeln mit lebenden Heimtieren, Sie stellen Tiernahrung und Heimtierzubehör her und vertreiben sie. Sie stehen damit in der ersten Reihe, wenn es um das Wohlergehen der Tiere in deutschen Haus halten geht. Sie sind nah am Tierhalter, Sie haben die Möglichkeit, Ihre Kunden in Bezug auf verantwortungsvolle Tierhaltung zu unterstützen. Ich begrüße es daher sehr, dass Sie sich ausdrücklich für den verantwortungsvollen und artgerechten Umgang mit Tieren engagieren und in Ihrem Grundsatzprogramm die Verantwortung des Menschen für das lebende Tier und das Wohl der Heimtiere an erster Stelle sehen. (...) Der Tierschutz stellt einen Schwerpunkt der Arbeit im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in dieser Legislaturperiode dar. (...) Bundesminister Schmidt hat daher im September 2014 seine Initiative Eine Frage der Haltung Neue Wege für mehr Tierwohl auf den Weg gebracht. Die Initiative wird in 10 Eckpunkten beschrieben und umfasst nicht nur den Tierschutz in der Nutztierhaltung, sondern auch den Schutz von Versuchstieren und von Begleittieren. Eine Frage der Haltung bringt es zum Ausdruck: Es kommt auf die Haltung der Tiere an, aber noch viel mehr auf die Haltung in den Köpfen. Es kommt auf die Haltung der Tiere an, aber noch viel mehr auf die Haltung in den Köpfen. Die Initiative Eine Frage der Haltung hat eine flächendeckende Verbesserung des Tierschutzes in Deutschland zum Ziel. Sie versteht sich als Gemeinschaftswerk von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft und als laufenden Prozess. Sie setzt insbesondere auch auf die Eigeninitiative der Wirtschaft. (...) Einer der Eckpunkte der Initiative ist die Verbesserung der Sachkunde von Personen, die mit Tieren beruflich umgehen, auch im Bereich der Heimtiere. (...) Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, den Handel mit und die private Haltung von
exotischen und Wildtieren bundeseinheitlich zu regeln. Außerdem sollen der Import von Wildfängen in die EU grundsätzlich verboten und gewerbliche Tierbörsen für exotische Tiere untersagt werden. Die Motivation für solche Maßnahmen ist nicht nur der Tierschutz sondern auch der Artenschutz und der Schutz vor gefährlichen Tieren. (...) Ich kenne Ihre kritische Haltung zu den Forderungen des Koalitionsvertrags. Lassen Sie mich Ihnen versichern, dass wir nicht blindlings drauf los regeln werden. Die von manchen Seiten geforderten Positivlisten stellen für mich aus verschiedenen Gründen keine Lösung dar. (...) Sie treffen sich zu dieser Fachtagung Wir fürs Tier, um über die gesellschaftliche Bedeutung von Heimtieren zu diskutieren. (...) Sie nehmen mit Ihrer Fachtagung auch spezifische Sektoren wie Heimtiere als Begleiter im Alter oder für Menschen mit Behinderung oder für Menschen mit schwierigen Einkommenssituationen sowie den verantwortungsvollen Umgang mit Wildtieren in den Blick. Das sind wichtige Frage stellungen. Wichtig ist mir insbesondere, dass keine gesellschaftliche Gruppe von der Möglichkeit zur Tierhaltung ausgeschlossen wird. Gleichzeitig muss sichergestellt sein, dass die Voraussetzungen für eine tierschutzgerechte Haltung gegeben sind. Diesen Herausforderungen müssen wir uns stellen! (...) Ich darf Ihnen versichern, dass wir ein offenes Ohr haben, wenn Sie Handlungsfelder iden ti fizieren, in denen die Politik helfen kann, den Tierschutz in der Heimtierhaltung weiter zu verbessern. (gekürzte Fassung) Dr. Maria Flachsbarth Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft
Themenforum Heimtiere als Begleiter für den Menschen Heimtiere sind wichtige Begleiter für Menschen aller Altersstufen und in allen Lebenssituationen darin waren sich Podiumsteilnehmer und Gäste einig. Schwerpunkte der Diskussion waren die Tierhaltung in Alten und Pflegeeinrichtungen, die Erforschung der Mensch Tier Beziehungen, Qualifizierungsmaßnahmen zur Sachkunde im Umgang mit Tieren und Fragen der Finanzierung von Tieren im sozialen Einsatz. Prof. Dr. Thomas Blaha, Vorsitzender der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz, betonte, dass sich das Verständnis von Tieren in der Gesellschaft immer mehr verändert. Tiere hätten gerade auch auf ältere Menschen positive Effekte. Ute Klein, Vizepräsidentin des ZZF, forderte Begleithunde für Menschen mit Behinderungen und eine ausreichende finanzielle Unterstützung der Betroffenen, um das zu ermöglichen. Wilhelm Schmidt, Präsident der Arbeiterwohlfahrt, bezeichnete Tiere als Wohlfühlfaktoren in Alten und Pflege einrichtungen und wies auf das Problem der fehlenden Finanzierung von tierärzt lichen Untersuchungen und der Quali fizierung von Beschäftigten durch die Kostenträger hin. Dr. Klaus Peter Schulze, Mitglied des Bundestags, betonte die wachsende Bedeutung des Themas im Rahmen des demo grafischen Wandels. Aber auch Kinder könnten im Umgang mit Tieren wichtige Fertigkeiten und Fähigkeiten erwerben. Dr. Rainer Wohlfarth, Präsident der European Society for Animal Assisted Therapy, beklagte den Mangel an Forschung zur Mensch Tier Beziehung in Deutschland. Es gebe zwar viel positive Erfahrung aus der Praxis aber zu wenig Bemühen um wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse.
Forderungen und Anregungen aus dem Forum Verpflichtende tierärztliche Untersuchungen vor dem Einsatz in Pflegeeinrichtungen Finanzierung von tierärztlichen Untersuchungen über die Pflegeversicherung Aufnahme von Assistenzhunden in den Leistungskatalog der Kranken und Pflegeversicherung Finanzierung von tiergestützter Therapie durch Krankenversicherung Sachkundenachweis für den Einsatz von Tieren im sozialen Einsatz Praktikable Regelungen für Sachkundenachweis bei Tiertrainern Stärkung der Zugangsrechte für Assistenzhunde in öffentlichen Einrichtungen (Umsetzung europäisches Recht) Stärkung der Forschung zur Mensch Tier Beziehung Stärkung der Forschung zu Tieren im sozialen Einsatz Verbesserung der Fortbildungsangebote zur Sachkunde im sozialen Einsatz von Tieren Qualifizierungsangebote für Assistenzhunde Trainer und Blindenführhunde Trainer
Themenforum Verantwortungsvoller Umgang mit Wildtieren Erwartungsgemäß kontrovers war die Diskussion zum Thema Import und Handel mit Wildtieren und Wildfängen. Positionen für und gegen den Handel mit Wildfängen standen sich hier gegenüber. Konsens bestand jedoch darüber, dass die Problematik der Tierbörsen und vor allem des Online Handels konsequent angegangen werden muss. Einig waren sich die Teilnehmer auch in der Forderung nach einer Verbesserung der Sachkenntnis bei der Haltung von sogenannten Exoten und gefährlichen Tieren. Dr. Markus Biffar von der ZZF Fachgruppe Heimtierzucht und großhandel stellte fest, dass die Gesetzgebung zum Handel mit Wildtieren und Wildfängen ausreichend sei, das Problem liege im Vollzug. Er warnte vor einer Verdrängung des Handels in die Illegalität durch die Einführung einer Positivliste für handelbare Tiere oder ein vollständiges Importverbot. Svein Fosså, Präsident der European Pet Organization, berichtete, dass das Totalverbot für Reptilien in Norwegen nicht erfolgreich sei und zu einer illegalen, unkontrollierten Tierhaltung geführt habe. In vielen Herkunftsländern sei der Export von Wildfängen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Henriette Hackl, Vorsitzende des Tierschutzvereins Wiesbaden, erläuterte, dass der Kauf von Wildtieren ohne Aufklärung und Beratung über das Internet ein zentrales Problem sei. Die Tierheime seien den Anforderungen nicht gewachsen, solche Tiere aufzunehmen, wenn die Halter mit ihnen nicht zurecht kämen. Robert Kless vom International Fund for Animal Welfare sprach sich gegen die Entnahme von Tieren aus der freien Natur aus. Er plädierte für einen Sachkundenachweis für die Haltung von sogenannten Exoten und die Einführung einer Positivliste handelbarer Arten. Ute Vogt, stellvertretende Vorsitzende der SPD Bundestagsfraktion, forderte eine bundeseinheitliche Regelung für den Umgang mit Wildtieren sowie eine Positivliste handelbarer Arten und kündigte eine Initiative zum Verbot gewerblicher Tierbörsen an.
Forderungen und Anregungen aus dem Forum Massives Vorgehen gegen Tierbörsen im Internet notwendig Erhöhung der Sachkenntnis und Sensibilisierung für den Umgang mit sogenannten Exoten Transparente Regulierung unter Einbeziehung der Expertise von Tierschutz, Wissenschaft und Praktikern Klärung der Datengrundlage in Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Verbänden Folgenabschätzung muss bei Regulierungen beachtet werden (Verdrängungseffekte in die Illegalität)
Wir bleiben im Gespräch! Mir ist klar, dass das Thema Heimtiere nicht der Hauptpunkt in der harten politischen Auseinandersetzung ist. Allerdings sollte man immer wieder darüber nachdenken: Wie können wir alle zusammen besser für das Tier agieren? Deshalb stand diese Veranstaltung unter dem Titel Wir fürs Tier. Norbert Holthenrich, Präsident des ZZF Die Fachtagung hat für Politik und Branche viel Input an Expertise und Ideen gebracht. Der ZZF wird die Forderungen und Anregungen aus den Foren in seinen Gremien diskutieren, weiter bearbeiten und in die politische Positionierung der Heimtierbranche einfließen lassen. Der ZZF wird der Diskussion über die gesellschaftliche Bedeutung von Heimtieren und der Sicherung des Tierwohls im Heimtierbereich auch in Zukunft ein offenes Forum bieten. Politik, Verbände und Branche müssen im Gespräch bleiben, um gemeinsam eine gelungene Tier Mensch Beziehung zu schaffen.
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