Deutscher Bundestag Drucksache 18/ Unterrichtung. 18. Wahlperiode. durch die Bundesregierung

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Transkript:

Deutscher Bundestag Drucksache 18/10817 18. Wahlperiode (zu Drucksache 18/10605) 11.01.2017 Unterrichtung durch die Bundesregierung Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Handlungsfähigkeit der Selbstverwaltung der Spitzenorganisationen in der gesetzlichen Krankenversicherung sowie zur Stärkung der über sie geführten Aufsicht (GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetz) Drucksache 18/10605 Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung Stellungnahme des Bundesrates Der Bundesrat hat in seiner 952. Sitzung am 16. Dezember 2016 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen: 1. Zu Artikel 1 Nummer 10a neu ( 117 Absatz 1 Satz 2 bis 9 SGB V) In Artikel 1 ist nach Nummer 10 folgende Nummer 10a einzufügen:,10a. In 117 Absatz 1 werden Satz 2 bis 9 durch folgende Sätze ersetzt: Satz 1 Nummer 2 umfasst dabei folgende Patientengruppen: 1. Patienten mit seltener Erkrankung gemäß dem Verzeichnis der seltenen Krankheiten und Synonyme der Orphanet Report Series in der jeweils aktuellen Fassung, 2. Patienten mit unklarer Diagnose auf Überweisung eines Facharztes, 3. Patienten mit Erkrankungen nach 116b Absatz 1 Satz 2 oder Absatz 5 Satz 1 auf Überweisung eines Facharztes, 4. Patienten mit fachgebietsgleicher Überweisung oder einer Überweisung durch einen Arzt mit gleicher Zusatzweiterbildung sowie 5. Patienten, die auf formlose Überweisung eines Zahnarztes der Behandlung in einer zahnärztlichen Hochschulambulanz oder Hochschulambulanz für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie bedürfen. Eine Überweisung nach Satz 2 Nummer 4 liegt vor, wenn die behandelnde Hochschulambulanz regelhaft über fachärztliche Kompetenz im gleichen Fachgebiet oder gleicher Zusatzweiterbildung wie der überweisende Arzt verfügt. Für die Fortsetzung der Behandlung innerhalb eines Jahres nach Behandlungsbeginn ist für die Patientengruppen nach Satz 2 Nummer 2 bis 5 keine weitere Überweisung erforderlich. Untersuchungs- und Behandlungsmethoden können Gegenstand des Leistungsumfangs bei der ambulanten Versorgung durch Hochschulambulanzen sein, soweit der

Drucksache 18/10817 2 Deutscher Bundestag 18. Wahlperiode Begründung Gemeinsame Bundesausschuss im Rahmen der Beschlüsse nach 137c für die Krankenhausbehandlung keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. ʻ Mit der vorgeschlagenen Änderung soll der Versorgungsumfang nach 117 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 SGB V zukünftig gesetzlich wie folgt festgelegt werden: Nach 117 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 SGB V soll der Versorgungsumfang Patienten mit seltenen Erkrankungen umfassen. In der amtlichen Begründung zum GKV-VSG wurde diese Patientengruppe bereits genannt. Seltene Erkrankungen bilden eine sehr heterogene und äußerst große Gruppe von Erkrankungen. Derzeit ist davon auszugehen, dass circa 7 000 bis 8 000 seltene Erkrankungen mit zumeist komplexen Krankheitsbildern bestehen. Aufgrund ihres seltenen Auftretens und der damit einhergehenden geringen Wahrscheinlichkeit, solche Patienten häufiger behandeln zu können, konzentriert sich deren Versorgung häufig auf spezialisierte Einrichtungen, insbesondere Hochschulambulanzen. Zur eindeutigen Identifizierung von seltenen Erkrankungen und zur Vermeidung von Interpretationsspielräumen wird auf die frei verfügbare und anerkannte Auflistung/Datenbank seltener Erkrankungen (OrphaNet (www.orpha.net)) verwiesen. Es handelt sich hierbei um ein von der Europäischen Kommission gefördertes Referenz-Portal für seltene Erkrankungen, welches die Erkrankungen im Einzelnen aufführt. Dieses umfassende Verzeichnis der seltenen Erkrankungen wird zweimal im Jahr veröffentlicht und basiert auf neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Da ein Behandlungsbedarf durch die Hochschulambulanz aus den oben genannten Gründen für die so definierten Erkrankungen gegeben ist, bedarf es in diesen Fällen keiner fachärztlichen Überweisung. Nach 117 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 SGB V sollen auch Patienten mit unklaren Diagnosen zu der Gruppe von Patienten gehören, für die die Hochschulambulanzen einen besonderen Versorgungsauftrag haben. Als Patienten mit unklarer Diagnose sollen solche Patienten gelten, bei denen zuvor in der vertragsärztlichen Versorgung die Diagnose nicht oder nicht hinreichend sichergestellt werden konnte. Nicht selten bieten solche Patienten bereits lange, teils leidvolle Krankheitsverläufe mit zahlreichen Arztkontakten und mehrfachen Überweisungen zwischen Fachärzten unterschiedlicher Fachgebiete, ohne eine korrekte Diagnosestellung und Behandlung zu erfahren. In anderen Fällen kann beispielsweise der Verdacht auf eine bestimmte Erkrankung bereits bestehen. Um diese Erkrankung zu verifizieren, bedarf es jedoch noch einer speziellen Bestätigungsdiagnostik, die vorwiegend von Hochschulkliniken angeboten wird. Der behandelnde Vertragsarzt stellt mit seiner Überweisung den Zeitpunkt fest, ab dem er eine angemessene Versorgung solcher Patienten nicht mehr gewährleisten kann und der Bedarf besteht, ergänzende Kompetenz einer Hochschulklinik hinzuzuziehen. Patienten mit unklarer Diagnose profitieren unter anderem von der Vielzahl verfügbarer Fachgebiete, der Vorhaltung innovativer Diagnostik und Technologien sowie der besonderen Expertise des Spezialisten zur Differentialdiagnostik komplexer Krankheitsbilder. Dies fördert nicht nur eine schnellere Diagnosestellung, sondern gleichermaßen die zeitnahe Einleitung notwendiger Therapien mit der Konsequenz, die Beschwerden der Patienten deutlich zu lindern und das Fortschreiten der Erkrankung, sofern möglich, aufzuhalten oder zu mindern. Mit 117 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 SGB V sollen solche Patienten erfasst werden, die entweder Erkrankungen aufweisen, die bereits in 116b Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2 SGB V aufgeführt sind oder die ergänzend durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) in diesem Kontext beschlossen wurden. Es handelt sich demnach um Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen sowie wenige seltene Erkrankungen und Erkrankungszustände mit entsprechend geringen Fallzahlen. Hochschulambulanzen sind an der ambulanten Versorgung dieser Patienten maßgeblich auch außerhalb der Regelungen nach 116b SGB V beteiligt. Nach 117 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 SGB V soll ein Patient auf Grund von Art, Schwere oder Komplexität seiner Erkrankung der Versorgung in einer Hochschulambulanz bedürfen, sofern eine fachgebietsgleiche Überweisung oder eine Überweisung durch einen Arzt mit gleicher Zusatzweiterbildung vorliegt. Ähnlich wie 117 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 SGB V ist in der Regel davon auszugehen, dass Fachärzte Patienten gezielt in die fachgebietsgleiche Hochschulambulanz überweisen, wenn die diagnostischen oder therapeutischen Möglichkeiten in der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschöpft sind und daher eine Fortführung der Versorgung in der Hochschulambulanz mit ihrer besonderen Kompetenz geboten ist. Satz 3 stellt hierfür ergänzend klar, dass eine Überweisung nach Satz 2 Nummer 4 dann vorliegt, wenn die be-

Deutscher Bundestag 18. Wahlperiode 3 Drucksache 18/10817 handelnde Hochschulambulanz regelhaft über fachärztliche Kompetenz im gleichen Fachgebiet oder gleicher Zusatzweiterbildung wie der überweisende Arzt verfügt. 117 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 SGB V ist die analoge Regelung zu Nummer 4 und soll die besondere Situation im zahnärztlichen Bereich berücksichtigen, wo sowohl eine Weiterversorgung in der Zahnmedizin als auch in der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie in Frage kommt. Sie ist komplementär zu den Vorgaben für Überweisungen im kassenzahnärztlichen Bereich entsprechend der Bundesmantelverträge, die auf eine Erforderlichkeit der Überweisung abstellen. Es ist davon auszugehen, dass die in 117 Absatz 1 Satz 2 SGB V genannten Patientengruppen oftmals über einen längeren Zeitraum einer Versorgung in der Hochschulambulanz bedürfen. Daher soll in Satz 4 hinsichtlich der Patientengruppen nach Satz 2 Nummer 2 bis 5 klargestellt werden, dass diese nicht jedes Quartal eine neue Überweisung ihres Arztes vorzulegen haben, sondern dass die Überweisung für ein Jahr die Behandlung durch die Hochschulambulanz ermöglicht. Wird die Behandlung nach dem einen Jahr fortgesetzt, ist erneut eine Überweisung vorzulegen. Auch diese ermöglicht abermals die Behandlung durch die Hochschulambulanz für ein Jahr. Hierdurch wird eine praktikable Umsetzung des Überweisungsgebots für alle Beteiligten ermöglicht. 117 Absatz 1 Satz 5 SGB V soll ähnlich wie bei den Vorgaben zur ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung nach 116b Absatz 1 Satz 3 SGB V klarstellen, dass in der Hochschulambulanz alle Untersuchungs- und Behandlungsmethoden Gegenstand des Leistungsumfangs sein können, soweit der G-BA im Rahmen der Beschlüsse nach 137c SGB V für die Krankenhausbehandlung keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. Auf Grund der vorgeschlagenen Neuformulierung von 117 Absatz 1 Satz 2 ff. SGB V entfällt der bisher in 117 Absatz 1 Satz 2 bis 9 SGB V vorgesehene Auftrag an die Selbstverwaltung zur Konkretisierung der Patientengruppen, die wegen Art, Schwere oder Komplexität ihrer Erkrankung einer Untersuchung oder Behandlung durch die Hochschulambulanz bedürfen. 2. Zu Artikel 1 Nummer 10b neu ( 120 Absatz 2 Satz 2 und Satz 4 und Absatz 3 Satz 2 und Satz 4 SGB V) In Artikel 1 ist nach Nummer 10a neu folgende Nummer 10b einzufügen:,10b. 120 wird wie folgt geändert: a) Absatz 2 wird wie folgt geändert: aa) In Satz 2 werden nach dem Wort Ersatzkassen die Wörter mit Wirkung für die Krankenkassen der jeweiligen Kassenart eingefügt. bb) In Satz 4 wird der Punkt am Ende durch ein Semikolon ersetzt und folgender Halbsatz angefügt: der Anpassung der Vergütung der Leistungen der Hochschulambulanzen steht der Grundsatz der Beitragssatzstabilität nicht entgegen. b) Absatz 3 wird wie folgt geändert: aa) In Satz 2 wird der Punkt am Ende durch ein Semikolon ersetzt und folgender Halbsatz angefügt: die Anwendung der Arzt- oder Zahnarztnummer nach 293 Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 ist dabei ausgeschlossen. bb) In Satz 4 werden die Wörter bis zum 23. Januar 2016 gestrichen.ʻ Begründung Zu Buchstabe a: Es handelt sich um eine Klarstellung, dass die einzelnen Hochschulambulanz-Vereinbarungen bundesweit Geltung haben, also innerhalb einer Kassenart auch für Regionalkassen aus anderen Ländern gelten, wenn deren Patienten in den entsprechenden Universitätsklinika behandelt werden. Derzeit sind Sozialgerichts-

Drucksache 18/10817 4 Deutscher Bundestag 18. Wahlperiode verfahren anhängig, weil einzelne Regionalkassen in Frage stellen, dass die Hochschulambulanz-Vereinbarungen über das jeweilige Land hinaus für Kassen der gleichen Kassenart gelten. In den erstinstanzlichen Urteilen ist die Rechtsprechung der Argumentation der Kassen gefolgt. Würde sich die Auffassung der Kassen auch letztinstanzlich durchsetzen, dann hätte dies erhebliche Rechtsunsicherheit für die Universitätsklinika zur Folge. Deshalb ist diese Klarstellung notwendig. Bereits die amtliche Begründung zum GKV-VSG stellt klar, dass der Anpassung der Vergütung der Leistungen der Hochschulambulanzen der Grundsatz der Beitragssatzstabilität nicht entgegensteht. Damit die gesetzgeberische Absicht zur Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aus dem GKV-VSG nochmals bestärkt wird, soll diese Klarstellung nunmehr in 120 Absatz 2 SGB V übernommen werden. Insbesondere mit Umsetzung der neuen Rahmenbedingungen nach 117 und 120 SGB V muss eine Anhebung der Vergütung oberhalb der Veränderungsrate möglich sein. Ähnliche Vorgaben zur begründeten Abweichung von der Beitragssatzstabilität sind bereits in anderen Regelungen des SGB V enthalten, zum Beispiel bei der Heilmittelversorgung in 125 Absatz 3 SGB V. Zu Buchstabe b: Die systematische Einordnung der Hochschulambulanzen und der sonstigen Ambulanzen mit institutionellem Charakter im SGB V macht deutlich, dass es sich bei der ambulanten ärztlichen Behandlung von Versicherten nicht um originäre vertragsärztliche Versorgung, sondern um einen Sondertatbestand handelt. Dies bedeutet auch, dass die vertragsärztlichen Vorgaben nicht vollumfänglich übertragen werden können. Daher gilt gemäß 120 Absatz 3 Satz 2 SGB V der 295 Absatz 1b Satz 1 SGB V auch nur entsprechend. Ein Grund ist der institutionelle Charakter der in 120 Absatz 3 Satz 1 SGB V genannten Ambulanzen. Leistungserbringer im Sinne des Gesetzes ist nicht der einzelne Arzt, sondern die Institution. Die lebenslange Arztnummer ist explizit ein an die arztbezogene Abrechnungs- und Verordnungsprüfung beim einzelnen, persönlich im Rahmen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen beziehungsweise genehmigten Arzt gebundenes Instrumentarium (siehe auch BSG vom 16. Juli 2008, Az B 6 KA 36/07 R). Die Anwendung der Arztnummer nach 293 Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 SGB V (lebenslange Arztnummer) ist daher auszuschließen, zumal auch datenschutzrechtliche Bedenken bestehen, da es für die Erhebung von Sozialdaten der in den genannten Institutionen tätigen Ärzte für die Nutzung der Arztnummer einer eindeutigen gesetzlichen Grundlage oder der vorherigen Einwilligung des Arztes bedarf. Die durch das GKV-VSG vorgegebene Frist für die zweiseitige Selbstverwaltungsvereinbarung zu den Hochschulambulanzen ist mittlerweile verstrichen. Daher kann sie entfallen. Auf Grund der hier vorgeschlagenen Neuregelungen ist eine Anpassung der bestehenden Vereinbarung gegebenenfalls notwendig. 3. Zum Gesetzentwurf allgemein Der Gesetzentwurf geht nicht auf die notwendigen Veränderungen für die Hochschulambulanzen ein. Nach wie vor erhalten die Hochschulambulanzen keine kostendeckende Finanzierung, obwohl ihnen in den Eckpunkten zu der Krankenhausreform zusätzliche 265 Millionen Euro pro Jahr in Aussicht gestellt wurden und mit dem GKV-VSG die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Ermächtigung und die Finanzierung der Hochschulambulanzen angepasst wurden. Die gesetzlichen Umsetzungsfristen wurden jedoch von der Selbstverwaltung deutlich überschritten und die Verhandlungen in der Selbstverwaltung scheiterten. Aktuell wurden im Schiedsverfahren zu 117 SGB V mit der Mehrheit von GKV und KBV eher nachteilige Regelungen für die Hochschulambulanzen festgesetzt. Die gesetzgeberisch intendierten Verbesserungen für die Hochschulambulanzen sind nicht absehbar. Es ist daher dringend notwendig, gesetzliche Nachbesserungen herbeizuführen, um die ursprünglichen Reformziele noch zu erreichen. Seit vielen Jahren findet in Deutschland eine Verlagerung von Krankenversorgungsleistungen aus dem stationären in die ambulanten Bereiche statt. Immer mehr Patientinnen und Patienten werden ambulant behandelt. Häufige in der ärztlichen Praxis vorkommende Volkskrankheiten wie zum Beispiel Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), chronische Atemwegserkrankungen, chronische Magen-Darmerkrankungen und Krankheiten des Bewegungsapparates werden verstärkt ambulant behandelt. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte und Patientinnen und Patienten nehmen Hochschulambulanzen stark in Anspruch. Dadurch steigen die Patientenzahlen in den Hochschulambulanzen der Universitätskliniken. Die ambulante Universitätsmedizin erhält eine zunehmende Bedeutung in Deutschland. Die Hochschulambulanzen leisten einen

Deutscher Bundestag 18. Wahlperiode 5 Drucksache 18/10817 wesentlichen Beitrag zur Sicherstellung der örtlichen und überregionalen qualitativ hochwertigen ambulanten Versorgung der Bevölkerung. Dies gilt insbesondere für seltene und komplexe Erkrankungen. Der Wissenschaftsrat hatte sich daher bereits im Jahr 2010 in seinen Empfehlungen zur Weiterentwicklung der ambulanten Universitätsmedizin in Deutschland für die Anerkennung der Versorgungsleistungen der Hochschulambulanzen sowie die Sicherstellung der leistungsgerechten Finanzierung der Hochschulambulanzen ausgesprochen (WR, Drucksachen 10052-10, 2. Juli 2010). Die Hochschulambulanzen erhalten jedoch nach wie vor keine kostendeckende Finanzierung. Die Erweiterung des Versorgungsauftrages in 117 SGB V um Personen, die wegen der Art, Schwere oder Komplexität ihrer Erkrankung einer Untersuchung oder Behandlung durch die Hochschulambulanzen bedürfen, war eine Anerkennung der bedeutsamen Rolle der Hochschulambulanzen in der ambulanten Versorgung. Im Sinne einer differenzierten Versorgung werden sie in der Regel erst dann in die Behandlung eingebunden, wenn die vertragsärztliche Versorgung keine ausreichende Behandlung mehr sicherstellen kann oder wenn es einen besonderen, oftmals dauerhaften ambulanten Versorgungsbedarf in Vorbereitung oder in Folge eines stationär durchgeführten Eingriffes gibt (zum Beispiel nach Stammzelltransplantationen bei Kindern und Erwachsenen oder Implantation eines Kunstherzes). Jedoch ist seit Inkrafttreten des GKV-VSG am 23. Juli 2015 über ein Jahr vergangen, ohne dass finanzielle Verbesserungen für die Hochschulambulanzen eingetreten sind. Der Gesetzgeber hatte die nähere Ausgestaltung an die Selbstverwaltung delegiert. Bis Ende Januar 2016 hätten durch die Selbstverwaltung der Zugang der relevanten Patientengruppen zu den Hochschulambulanzen konkretisiert ( 117 SGB V) und bundeseinheitliche Grundsätze zur Vergütungsstruktur und zur Leistungsdokumentation vereinbart sein sollen ( 120 SGB V). Die in 117 und 120 SGB V vom Gesetzgeber vorgegebenen Umsetzungsfristen wurden jedoch deutlich überschritten und die Verhandlungen in der Selbstverwaltung sind gescheitert. Die nicht auskömmliche Finanzierung der Leistungen der Hochschulambulanzen erhöht den wirtschaftlichen Druck auf die Universitätskliniken und verschlechtert deutlich die Bedingungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Patientinnen und Patienten der Hochschulambulanzen.

Drucksache 18/10817 6 Deutscher Bundestag 18. Wahlperiode Gegenäußerung der Bundesregierung Die Bundesregierung äußert sich zu der Stellungnahme des Bundesrates wie folgt: 1. Zu Artikel 1 Nummer 10a neu- ( 117 Absatz 1 Satz 2 bis 9 SGB V) Der Vorschlag wird geprüft. 2. Zu Artikel 1 Nummer 10b neu- ( 120 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 3 Satz 2 und Satz 4 SGB V) Der Vorschlag klarzustellen, dass bei der Anpassung der Vergütung der Leistungen der Hochschulambulanzen mit Umsetzung der neuen Rahmenbedingungen nach 117 und 120 SGB V eine Anhebung der Vergütung oberhalb der Veränderungsrate möglich sein muss, wird geprüft. Die übrigen Vorschläge sind vor dem Hintergrund der in der Schiedsstelle am 9. Dezember 2016 festgesetzten bundeseinheitlichen Grundsätze, die die Besonderheiten der Hochschulambulanzen angemessen abbilden, insbesondere zur Vergütungsstruktur und zur Leistungsdokumentation, nicht erforderlich. Der Vorschlag zur Einführung einer bundesweiten Hochschulambulanzvergütung, wäre eine Neuregelung, deren Auswirkungen aufgrund der regionalen Unterschiede der Hochschulambulanzen und der fehlenden Transparenz nicht abschätzbar wäre. Daher kann der Vorschlag nicht kurzfristig umgesetzt werden. 3. Zum Gesetzentwurf allgemein Aufgrund der erheblichen Fristüberschreitungen bei der zum 23. Januar 2016 vorgesehenen Vereinbarung der Patientengruppen, die einer Untersuchung oder Behandlung durch die Hochschulambulanzen bedürfen, sowie bei der ebenfalls bis zum 23. Januar 2016 terminierten Vereinbarung bundeseinheitlicher Grundsätze zur Vergütungsstruktur und Leistungsdokumentation, konnten die Vergütungsverträge vor Ort bislang nicht angepasst werden. Die in den Eckpunkten zur Krankenhausreform den Hochschulambulanzen in Aussicht gestellten 265 Millionen Euro wurden somit zum größten Teil im Jahr 2016 noch nicht wirksam. Die Festlegungen sind inzwischen im Wege von Schiedsverhandlungen zustande gekommen. Sie ermöglichen einen breiten Zugang der Patienten in die Hochschulambulanzen innerhalb einer dreijährigen Evaluationsphase, ohne dass dabei wesentliche Regularien der vertragsärztlichen Versorgung Anwendung finden. Verbesserungen für die Hochschulambulanzen sind nun zeitnah umsetzbar.

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