Fälle aus der Praxis. Der Antragsteller verlässt die Sühneverhandlung Schm. S in T In der Sühneverhandlung erschien pünktlich auf Ladung der Antragsteller mit seinem Anwalt. Nachdem ich die Personalien festgestellt hatte, erklärte der Anwalt des Antragstellers, sein Mandat habe nicht die Absicht sich zu vergleichen, er bitte um Ausstellung einer Sühnebescheinigung. Meine Bemerkung, die Sache selbst sei doch noch nicht verhandelt worden, blieb unbeachtet, der Antragsteller und sein Rechtsanwalt standen auf und verließen meine Wohnung mit dem Hinweis, ich möchte die Sühnebescheinigung doch der Kanzlei zusenden, damit die Privatklage erhoben werden könne. Der Antragsgegner wäre vergleichsbereit gewesen, weil er inzwischen eingesehen hatte, daß er im Unrecht war. Er fragte mich, als die anderen gegangen waren, ob er denn jetzt trotzdem mit einer Klage rechnen müsse und welchen Sinn denn das Verfahren beim Schiedsmann bei solchem Verhalten des Antragstellers eigentlich habe. Ich habe ihm geantwortet, dass meiner Ansicht nach eine Privatklage gegen ihn ohne Sühnebescheinigung nicht erhoben werden könne. Diese Bescheinigung könne ich aber jetzt nicht erteilen. Inzwischen drängt mich der Anwalt des Antragstellers, eine Sühnebescheinigung auszustellen und droht mit einer Beschwerde an den Aufsichtsrichter. Was soll ich tun? Ihre Auskunft ist, soweit ich sehen kann richtig. Eine Privatklage ist unzulässig, solange nicht vor einer durch die Landesjustizverwaltung bestimmten Vergleichsbehörde ein Sühneversuch stattgefunden hat und der Schiedsmann bescheinigt, dass dieser Versuch erfolglos war ( 380 StPO). Sie müssen keine Sühnebescheinigung erteilen und sollten sich auch vor einer Beschwerde nicht fürchten. In dem von Ihnen geschilderten Fall hat nämlich eine Sühneverhandlung nicht stattgefunden. Es steht zwar den Beteiligten frei, ob sie sich beim Schiedsmann einigen wollen oder aber ob sie auf eine gerichtliche Strafverfolgung hinaus wollen. Aber auch dann, wenn sie schon von vornherein die Absicht haben, vor Gericht zu gehen, müssen sie den Sühneversuch durchführen. Es entspricht nicht dem Normzweck, die Sühneverhandlung als reine Formsache zu behandeln. Dazu würde man weder Bestimmungen wie den Erscheinenszwang in Strafsachen noch die Notwendigkeit einer Terminwiederholung anordnen, wie dies im Gesetz geschehen ist. Dazu kommt, dass nicht die Parteien sondern der Schiedsmann den Ablauf des Seite 1/5
Sühneverfahrens bestimmen. Dies gilt auch für Anwälte, die im Verfahren nach 380 StPO nicht als Vertreter sondern nur als Beistand auftreten können. Unter diesen Voraussetzungen betrachtet, hat in dem von Ihnen geschilderten Fall eine Sühneverhandlung nicht stattgefunden. Zu einer Aussprache über die Sache selbst ist es nicht gekommen, weil der Anwalt des Antragstellers die Sühneverhandlung schon vorher abgebrochen und mit seinem Mandanten den Verhandlungsraum verlassen hat. Es ist aber Sache der Verhandlungsleitung und damit des Schiedsmanns, die Verhandlung zu eröffnen und zu schließen. Dazu gehört insbesondere das ihm ausschließlich zugewiesene Recht, den Sühneversuch für gescheitert zu erklären. Solange er bei gewissenhafter Prüfung der Ansicht ist, ein Vergleich sei noch keineswegs ausgeschlossen, besteht auch keine Veranlassung, die Verhandlung zu schließen. Bevor dies nicht geschehen ist, darf eine Partei zwar den Sühneversuch abbrechen, hat aber keinen Anspruch auf Erteilung der Sühnebescheinigung. Den Parteien steht nach der Verfahrensregel nicht zu, den Sühneversuch als gescheitert anzusehen und die Verhandlung abzubrechen. Falls man diese Rechtsansicht gelten lassen wollte, besteht keine Veranlassung, das Erscheinen überhaupt zu erzwingen. Dann könnte man sogleich die Mitteilung des Antragstellers, er werde sich auf keine Fall mit dem Antragsgegner einigen, genügen lassen, und ohne mündliche Verhandlung eine Sühnebescheinigung erteilen. Allerdings sollte man dann aber auch überlegen, welchen Sinn das Vorverfahren nach 380 StPO noch hat. (Ähnlicher Fall entschieden durch AG Marl, Schztg 59/38) Personenfeststellungen Schsm. S aus H Als Schiedsmann in H erlebe ich es immer wieder, dass Antragsteller oder Auskunftsuchende zu mir kommen, ohne dass sie die genaue Anschrift bzw. Personalien des Beschuldigten mitbringen. Hier kann ich nur wenig helfen. Vielleicht ist es Ihnen möglich, in der Schiedsmannszeitung einen entsprechenden Artikel unterzubringen. Insbesondere: In welchem Umfang kann die Polizei helfen? Wann muss sie bei der Ermittlung der Personalien helfen? Wie kann der Antragsteller erreichen, dass die Polizei tätig wird? Genügt das einfache Vorbringen des Antragstellers, er möchte sich mit dem Unbekannten XY, den er jeden Freitag um 17.00 Uhr an der Straßenbahnhaltestelle sieht, vor Gericht/bei der Schiedsfrau streiten und er habe halt die Personalien nicht feststellen können? muss nun ein Seite 2/5
Polizist für ihn die Personalien feststellen und ihm Namen und Anschrift mitteilen? Nach meinem Verständnis ist der Antragsteller letztlich auf seine privaten Ermittlungen angewiesen; die Polizei hilft nur unmittelbar am Tatort und ermittelt nicht nachträglich»nach Wunsch einzelner«. Als Schiedsmann kann ich den Antragsteller unter Hinweis auf den Beibringungsgrundsatz auffordern, einige Ermittlungen anzustellen und später mit den erforderlichen Angaben zu mir zu kommen. Dennoch bleibt mir ein ungutes Gefühl und die Unwissenheit, wo diese Dinge abschließend geregelt sind. Deshalb hier die Bitte vgl. oben um Information durch die Schiedsmannszeitung. Zu der Frage ist bereits in der Schiedsmannszeitung 1988 5.123 Stellung genommen. Wann und in welchem Umfang die Polizei zu Personenfeststellungen tätig wird, ist in der StPO geregelt. Daraus ergibt sich schon, dass solche Feststellungen nur in Strafverfahren möglich sind, und zwar in aller Regel in Strafverfahren, die Offizialdelikte betreffen. Natürlich kann der Antragsteller auch versuchen, nach einer Anzeige, die er dann zweckmäßigerweise bei der Staatsanwaltschaft stellt, ob die Polizei vielleicht auf Weisung des Staatsanwalts Ermittlungen anstellt, die zu Ergebnissen führen, die ihn interessieren. Er muss natürlich damit rechnen, dass der Staatsanwalt das Verfahren auch einstellen kann. Ihre Auffassung, dass der Antragsteller auf private Ermittlungen angewiesen ist, trifft zu. Dazu darf er sich privater Ermittlungen, auch mit Hilfe eines Ermittlungsinstituts bedienen, die er zwar bezahlen muss, aber wenn er erfolgreich ist, vom Gegner ersetzt bekommt. Sie müssen kein ungutes Gefühl haben, wenn sie Antragsteller auf den Beibringungsgrundsatz hinweisen, und sie bitten, mit den erforderlichen Angaben wieder zu Ihnen zu kommen. Verwünschung als Beleidigung Schdsf. W aus M Die in der Schdsmz 12/89 5.185 beschriebene Verwünschung empfinde ich als ungeheuerlich. Ich habe selbst drei Kinder und eine solche Verwünschung während der Schwangerschaft wäre für mich eine sehr schlimme Sache gewesen, gleichgültig, ob man sich darüber uneins ist, ob so etwas eine Beleidigung sein könnte. Ich hätte als Schdsf. diesen Fall ohne zu zögern behandelt. Ich möchte auch noch folgendes Erlebnis schildern: Eine Frau wurde, sobald sie sich in ihrem Garten aufhielt, von einem 80- jährigen Nachbarn aufs Übelste und unflätig beschimpft. Da kein Schiedstermin, weder von dem alten Seite 3/5
Mann noch seiner Familie wahrgenommen wurde, und auf meine Intervention niemand reagierte, habe ich mich auf dem zuständigen Amtsgericht erkundigt und den Rat erhalten, die Antragstellerin solle Anzeige erstatten. Das erfolgte dann auch. Auf alle Anzeigen erhielt die Antragstellerin den Bescheid, die Sache sei belanglos. So zog sich die Angelegenheit über mehrere Jahre hin und die Belästigungen hörten erst mit dem Tod des alten Mannes auf. Mich empört, dass eine Frau über längere Zeit auf diese Weise unbestraft beleidigt werden durfte. Der alte Mann war berechtigt, seine Schecks zu unterschreiben, aber für seine Frechheiten wurde er nicht zur Rechenschaft gezogen. Ich kann mir also im hohen Alter all meinen angestauten Groll ungestraft von der Seele schreien, oder dürfen das nur alte Männer? Zur Verwünschung Ich teile Ihre Auffassung, aber leider ist nicht jede Ungeheuerlichkeit auch tatbestandsmäßig eine Beleidigung. Sie wären dagegen nicht gehindert gewesen, die Sache als Zivilsache anzunehmen. Sie hätten sie auch als Strafsache annehmen können, nur wäre im Falle, dass ein Vergleich nicht möglich gewesen wäre, eine strafrechtliche Verfolgung zweifelhaft geblieben. Dem Gedanken der Parteiaussöhnung, der das Schiedsmannsamt bestimmt, steht aber auch eine Verhandlung einer solchen»ungeheuerlichkeit«gut an. Ein Ansatzpunkt für eine zivilrechtliche Verhandlung hätte sich sicher finden lassen. Zum alten Mann Leider teilen Sie nicht mit, was der Nachbar gesagt hat. Man kann daher nicht beurteilen, ob die Äußerungen beleidigend waren oder nicht. Selbst wenn ich einmal davon ausgehe, ist es das normale Schicksal, dass der Staatsanwalt eine solche Beleidigung im Garten, an der weitere Personen nicht beteiligt waren, mangels öffentlichen Interesses einstellt und auf den Privatklageweg verweist. Mit dieser Einstellung hätte die Antragstellerin zu Ihnen kommen können BDS-Nachrichten und einen Antrag auf strafrechtliche Sühneverhandlung stellen müssen. Wenn der Antragsgegner nicht erschienen wäre, hätten Sie ein Ordnungsgeld verhängen und nach dem zweiten Termin eine Sühnebescheinigung erteilen können. Damit wäre die Antragstellerin in die Lage versetzt worden, eine Privatklage vor dem Amtsgericht zu erheben. Ob ein solches Verfahren mit Aussicht auf eine Bestrafung des Antragsgegners hätte durchgeführt werden können, ist, nachdem Sie zwischen den Zeilen selbst Bedenken an der strafrechtlichen Zurechnungsfähigkeit äußern, mehr als zweifelhaft. Gegen Menschen, die zu Beginn ihres Lebens, strafunmündige Seite 4/5
Kinder, oder gegen Ende ihres Lebens, stark abgebaute alte Menschen, strafrechtlich nicht verantwortlich sind, besteht kaum Aussicht, erfolgreiche Schritte zu unternehmen. Das gilt für Männer und für Frauen. Dabei ist es gleichgültig, ob der alte Mann noch Schecks unterzeichnet hat, weil im privaten Bereich bis zur förmlichen Entmündigung solche Dinge im allgemeinen unbeanstandet ablaufen, und hierzu muss man eigentlich sagen, Gott sei Dank, denn die Entmündigung ist ein schwerwiegender Eingriff. Seite 5/5