Digitale Oberflächenmodelle aus Bildkorrelation



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Transkript:

Digitale Oberflächenmodelle aus Bildkorrelation Matthias Stolz Einleitung Digitale Oberflächenmodelle (DOM) sind geometrische Abbildungen der Erdoberfläche, die das Landschaftsmobiliar, wie z. B. Vegetation oder Gebäude mit einschließen. Sie sind von digitalen Geländemodellen (DGM) klar abzugrenzen, die ausschließlich unbedecktes Gelände ohne Landschaftsmobiliar darstellen. Beide Abbildungsformen werden mit dem übergeordneten Begriff digitale Höhenmodelle (DHM) bezeichnet. Für die Erfassung von DOM stehen verschiedene Methoden zur Verfügung. Neben der terrestrischen Vermessung mit Tachymeter und globalen Navigationssatellitensystemen (GNSS), wurden bis Ende der 80er Jahre DOM überwiegend durch interaktive Stereoauswertung von orientierten Luftbildern erzeugt. Mitte der 90er Jahre setzte sich dann das wirtschaftlichere Verfahren des Airborne Laserscanning (Lidar) durch, das neben dem DOM aus First Echos, zusätzlich das DGM aus Last Echos erfasst. Inzwischen sind auch flugzeug- und satellitengestützte Radarsysteme im Einsatz. Innerhalb der letzten Jahre hat sich durch die rasante technische Entwicklung im Bereich des maschinellen Sehens (Computer Vision) eine weitere Methode zur Erfassung von DOM herauskristallisiert. Mit Hilfe effizienter Bildkorrelationsverfahren (Image Matching) haben Geodatenproduzenten nun die Möglichkeit, DOM aus den Luftbildern einer photogrammetrischen Befliegung abzuleiten. Neben den neuen Matching-Methoden ist die zweite Erklärung für die zunehmende Bedeutung bildbasierter DOM der für den Bildflug vollzogene Wechsel von analogen zu digitalen Luftbildkameras. Denn erst die hohe radiometrische Auflösung (Farbtiefe) und das bessere Signal-Rausch-Verhältnis der digitalen Luftbilder erlauben neuen Algorithmen, den Informationsgehalt der Luftbilder voll auszuschöpfen. Im folgenden Beitrag wird der Herstellungsprozess von bildbasierten DOM geschildert. Zudem werden ausgewählte DOM-Anwendungen und auf DOM basierende Folgeprodukte vorgestellt. Mitteilungen 2/2013 139

1. Herstellung von bildbasierten DOM Die Herstellung bildbasierter DOM aus orientierten Luftbildern beruht im Wesentlichen auf dem Verfahren der Stereophotogrammetrie, das mit der Einführung effizienter Bildkorrelationsmethoden eine erhebliche technische Weiterentwicklung erfahren hat. 1.1 Ausgangsdaten Der Ausgangsdatensatz für die DOM-Ableitung ist ein Verband von digitalen Luftbildern der mit speziellen Luftbildkameras von einem Messflugzeug aus aufgenommen wurde. Der Bildverband deckt das Projektgebiet vollständig ab und ist so organisiert, dass sich seine Luftbilder in einem bestimmten Verhältnis längs und quer zur Flugrichtung überlappen (z. B. zu 75 % und 35 %). Die Luftbilder werden dabei durch ihre Bodenpixelgröße (z. B. 0.2 m), ihre Farbkanäle (z. B. panchromatisch) und ihre Farbtiefe (z. B. 16 Bit) charakterisiert. Anschließend werden die Einzelbilder des Verbandes zueinander orientiert. Dies geschieht mit während des Fluges durchgeführten GNSS- und Trägheitsmessungen sowie mit Hilfe von Verknüpfungspunkten, deren Pixel denselben Objektpunkt in verschiedenen Stereobildern beschreiben. Der relativ orientierte Bildverband wird dann durch die Einführung von terrestrisch bestimmten Passpunkten (PP) in einer Bündelblockausgleichung absolut im Landeskoordinatensystem orientiert. Für jedes Luftbild stehen damit Orientierungsparameter bereit, die die Geometrie der Aufnahme im Objektraum beschreiben. Abb. 1: Zwei überlappende Streifen eines photogrammetrischen Bildfluges (Graphik: Flotron AG, Schweiz) 140 Mitteilungen 2/2013

1.2 Stereophotogrammetrie Nach der Orientierung des Bildverbandes können nun die 3D-Koordinaten der Erdoberfläche durch einen räumlichen Vorwärtsschnitt bestimmt werden. Die dafür notwendigen geometrischen Messelemente sind die Bildparallaxen. Bildparallaxen resultieren aus den verschiedenen Aufnahmezentren der Stereobilder und werden durch die Messung homologer Pixelkoordinaten bestimmt. Homologe Pixel (griechisch: όμος, homos = gleich, λόγος, logos = Sinn) sind Pixel verschiedener Stereobilder, die denselben Objektpunkt beschreiben. Demnach sind auch Verknüpfungspunkte homologe Punkte. Statt des Begriffs homologer Punkt wird im Bereich des maschinellen Sehens auch von einem korrespondierenden Punkt gesprochen. 1.3 Bildkorrelation Die Identifikation der korrespondierenden Pixel für die Koordinierung der Erdoberfläche ist ein Zuordnungsproblem. In der Vergangenheit wurde dies für eine begrenzte Anzahl von korrespondierenden Punkten von einem menschlichen Operator durchgeführt. Später unterstützten klassische Korrelationsansätze diese Aufgabe. Heute ermöglichen effiziente Bildkorrelationsverfahren die Zuordnung vieler Millionen korrespondierender Pixel und damit die dichte Triangulierung der Objekte auf der Erdoberfläche. Dabei wird zunächst jedes Stereobildpaar in ein Ausgangsbild (Basisbild, Referenzbild) und ein Suchbild (Matching Bild) eingeteilt und jedem Pixel des Ausgangsbildes das entsprechende korrespondierende Pixel im Suchbild zugeordnet. Die Zuordnung basiert auf der Berechnung Abb. 2: Zuordnung korrespondierender Pixel zur Bestimmung der Bildparallaxen eines Ähnlichkeitswertes der aussagt, wie ähnlich sich die beiden untersuchten Pixel sind. I. d. R. basiert die Berechnung des Ähnlichkeitswertes auf der Intensität (Grauwert) der untersuchten Pixel. Dabei stehen verschiedene Korrelationsstrategien zur Verfügung. Die bekanntesten Methoden sind die flächenbasierte Zuordnung (Area-based-Matching) und die merkmalsbasierte Zuordnung (Feature-based-Matching). Mitteilungen 2/2013 141

Der maßgebliche technische Fortschritt erfolgte vor wenigen Jahren mit der Zuordnungsmethode auf Basis globaler Kostenfunktionen. Eine Kostenfunktion berechnet für ein Pixel im Ausgangsbild und ein Pixel im Suchbild einen Kostenwert. Beispiele für Kostenfunktionen sind z. B. die Census- oder die Mutual Information Matching- Kostenfunktion. Der Kostenwert beschreibt den Grad der Verschiedenheit zweier Pixel, kann also als umgekehrter Ähnlichkeitswert verstanden werden. Ein Beispiel für einen Kostenwert ist die Grauwertdifferenz zwischen den Pixeln im Ausgangs- und im Suchbild. Eine Kostenfunktion ist global, sobald für die Zuordnung eines Pixels im Ausgangsbild grundsätzlich alle Pixel des Suchbildes in Betracht gezogen werden. Um die Anzahl an Rechenoperationen und damit die Rechenzeit zu reduzieren, werden für jedes Pixel im Basisbild nur Kostenwerte von potentiell korrespondierenden Pixeln (Kandidaten) im Suchbild berechnet. Welche Kandidaten dafür in Frage kommen, entscheidet die Untersuchung der lokalen Kostennachbarschaft um jedes Pixel des Basisbildes, die dazu näherungsweise modelliert wird (Kostenapproximation). Die Kombination von pixelweisem (globalem) Matching mit einer lokalen Kostenapproximation wird als semi globales Matching (SGM) bezeichnet. Der Grund für den Erfolg des SGM ist die effiziente Verbindung von dichter Punktkorrelation mit geringer Rechenzeit. 1.4 Datenvolumen und Rechenzeit Das bei der Bildkorrelation entstehende Datenvolumen wird im Wesentlichen von der Größe des Projektgebietes, von der geforderten Punktdichte, von der Anzahl der verwendeten Stereomodelle und von der Wahl des Ausgabeformates beeinflusst. Die erforderliche Rechenzeit hängt hauptsächlich von dem zu bewältigenden Datenvolumen, von der eingesetzten Hardware (Hauptprozessor, Arbeitsspeicher, evtl. Prozessor der Graphikkarte) und von der Fähigkeit der Matching-Software ab, die zahlreichen Arbeitspakete auf einer verteilten Rechnerarchitektur parallelisiert abzuarbeiten. 1.5 Punktwolke Das Ergebnis der Bildkorrelation ist die triangulierte Punktwolke der in den Luftbildern abgebildeten Objekte. Dabei wird zwischen einer 2.5D- und einer 3D-Punktwolke unterschieden. Eine 2.5D-Punktwolke hat für jede Lage (X, Y) genau einen Höhenwert (Z) und beschreibt eine Oberfläche. Eine 3D-Punktwolke weist pro Lage (X, Y) unter Umständen mehrere Höhenwerte (Z 1, Z 2 ) auf und kann dadurch einen Körper mit Volumen (z. B. einen Quader) beschreiben. Die durch Image Matching entstanden Punktwolken sind i. d. R. 3D-Punktwolken und lassen sich durch folgende Merkmale charakterisieren: Homogene oder inhomogene Punktverteilung in der horizontalen Ebene Geometrische Auflösung in der Ebene mit daraus abgeleiteter Punktdichte Geometrische Höhenauflösung Genauigkeit der Koordinaten des Einzelpunktes für X, Y und Z 142 Mitteilungen 2/2013

1.6 Farbkodierung Die Herstellung von bildbasierten DOM erlaubt als zusätzlichen Veredelungsschritt die Belegung von Oberflächenpunkten mit Farbwerten. Die Farbkodierung greift dabei auf die Farbwerte der für die Korrelation verwendeten Luftbilder zurück. Jeder Oberflächenpunkt erhält dabei bis zu drei Farbwerte als Attribut. Abhängig von der Zusammenstellung der spektralen Kanäle erscheint das DOM in Graustufen (Pan), in Echtfarben (RGB) oder farbinfrarot (CIR). Stehen für einen Punkt Farbwerte aus mehreren Luftbildern zur Verfügung, werden diese durch das arithmetische Mittel oder den Median ausgeglichen. Abb. 3: Farbkodierte 3D-Punktwolke des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation (LVG) Mitteilungen 2/2013 143

1.7 Qualitätskontrolle Die entstandene 3D-Punktwolke wird anschließend einer Qualitätskontrolle unterzogen. Folgende Kriterien samt Beispielen eignen sich dabei zur Beurteilung: Themenfeld Beurteilungskriterium Beispiele und Bemerkungen Umgang mit problematischen Bereichen in Luftbildern Geometrie der Punktwolke Höhenfehler Qualität der abgebildeten Objekte Homogene Textur Helligkeitsunterschiede Wiederkehrende Muster Vollständigkeit Punktverteilung Auflösung Punktgenauigkeit Ausreißer Höhenrauschen Komplexe Objekte Filigrane Objekte Transparente Objekte Bewegte Objekte Höhensprünge Asphalt, trübe Gewässer Harte Schatten, überstrahlte Dachflächen Parallele Ackerfurchen, Wellblechdächer Möglichst wenige Datenlücken Ideal ist eine homogene Verteilung Bis zum Maximum der Bodenpixelgröße Falls eine Überbestimmung der Objektpunkte die statistische Ausgleichung ermöglicht Artefakte wie Spitzen oder Spalten Künstliche raue Abbildung ebener Objektflächen Gebäude, Bäume Hochspannungsmasten, Baukräne Glasgebäude, stehende klare Gewässer Fahrzeuge, Fließgewässer Vorhangeffekt bei Gebäudefassaden 1.8 Nachprozessierung Zur Herstellung eines qualitativ hochwertigen bildbasierten Oberflächenmodells aus der rohen Punktwolke müssen noch weitere Aufgaben gelöst werden. Dies erfordert eine Nachprozessierung, die aus folgenden Arbeitsschritten bestehen kann: Für die Korrektur der Abbildungsgeometrie müssen zunächst mögliche grobe Höhenausreißer identifiziert und herausgefiltert werden. Anschließend werden Datenlücken in der 144 Mitteilungen 2/2013

Punktwolke geschlossen, die durch sichttote Räume im Luftbildverband oder gescheitertes Matching entstanden sind. Dabei ist grundsätzlich zu entscheiden, ob dazu Punkte ohne Höheninformation (No Data Values) oder Oberflächenpunkte mit interpolierten Höhen eingesetzt werden sollen. Unter Umständen tritt bei der Prozessierung der Punktwolke ein Höhenversatz (Offset) zwischen benachbarten Kacheln auf, der identifiziert und korrigiert werden muss. Für manche Aufgabenstellungen ist es nicht notwendig, mit der höchstmöglichen geometrischen Auflösung des DOM zu arbeiten. Die anfänglich dichte Punktwolke kann deshalb bis zur erforderlichen Punktdichte ausgedünnt werden. Dies spart Speicherplatz und Prozessierungszeit bei der weiteren Nutzung des DOM. 1.9 Modellbildung Nachdem die Geometrie der korrelierten 3D-Punktwolke aufbereitet ist, erfolgt zur effizienteren Verwaltung in Informationssystemen die klassische Modellierung in ein 2.5D- DOM. Dabei werden die topologischen Beziehungen zwischen den Oberflächenpunkten hergestellt. Die wichtigsten Strategien dafür sind die Gitter-Berechnung und die Dreiecksvermaschung. Bei der Modellierung eines regelmäßigen Gitters werden die gleichabständigen Gitterpunkte durch spezielle Interpolationsverfahren aus den Elementen der Punktwolke bestimmt. Bei der Dreiecksvermaschung wird die Oberfläche durch eine Serie verketteter Dreiecke beschrieben. Die am häufigsten verwendete Methode in einem unregelmäßigen Punktfeld Dreiecksmaschen zu bilden ist die Delaunay-Triangulation. 1.10 Konvertierung Für die weitere Verarbeitung des DOM ist zu entscheiden, ob es als Vektor- oder Rasterdatei abgelegt bzw. welche Software unterstützt wird. Im Anschluss daran erfolgt die Konvertierung in das geeignete Dateiformat. Verbreitet ist das LASer-Format mit der Dateiendung.las. Mitteilungen 2/2013 145

2. Anwendungsfälle von DOM Für DOM aus Image Matching gibt es zahlreiche direkte Anwendungsfälle in Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft. Für die Landesvermessungsbehörden ermöglichen bildbasierte Oberflächenmodelle den Aufbau und die Fortführung eines landesweiten DOM. Auch die Aktualisierung eines DGM im vegetationsfreien Gelände ist denkbar. Zuletzt setzten die Ersterfassung und Fortführung von 3D-Gebäudemodellen häufig DOM voraus. Für eine erfolgreiche Entwicklung müssen Städte und Gemeinden in ihren Planungen eine Vielzahl von zum Teil widersprüchlichen Anforderungen berücksichtigen. Ohne die Versorgung mit dreidimensionalen Geodaten können bauliche Aspekte mit Höhenbezug (z. B. Belichtung und Belüftung von Siedlungen, Lärmschutz ) in kommunalen Planungen nur unzureichend behandelt werden. Auch Energieversorger sind bei der Planung, beim Bau und beim Betrieb ihrer Netzinfrastruktur auf aktuelle und flächendeckende Oberflächendaten angewiesen (z. B. Trassenplanung von überirdischen Hochspannungsleitungen, Standortwahl von Windrädern, Wirkungsgrad von Photovoltaikanlagen). Telekommunikationsunternehmen mit ausgedehnter Kommunikationsinfrastruktur können DOM für ihre Aufgaben mit Höhenkomponente nutzen (z. B. Standorte für Mobilfunkmasten). Die Forstwissenschaft verwendet DOM bereits in der Forstinventur zur Modellierung verschiedener Bestandsparameter, wie z. B. der Baumhöhe oder des Kronendurchmessers. Zur Planung und Durchführung von Maßnahmen gegen Bodenerosion (z. B. durch Anpflanzung von Hecken oder Feldgehölzen) können Landschaftsplaner und Landwirte auf Oberflächendaten zurückgreifen. Internet-Kartendienstleister setzten DOM zur Geovisualisierung virtueller Globen ein, die wiederum eine Plattform für viele weitere Geowebdienste sind. In der Luftfahrt können DOM bei der Simulation und Navigation von Hubschraubern oder unbemannten Luftfahrzeugen eingesetzt werden. 146 Mitteilungen 2/2013

3. Folgeprodukte aus DOM Neben den direkten Anwendungsfällen von DOM gibt es eine Reihe von Folgeprodukten, die auf flächendeckenden und aktuellen Oberflächendaten aufbauen. Wie im Falle des klassischen digitalen Orthophotos (DOP) entsteht das True Orthophoto (TrueOP) durch eine orthogonale Parallelprojektion des orientierten Luftbildes. Doch anstatt eines DGM wird ein DOM verwendet. Damit ist eine Abbildung ohne Umklappen der erhöhten Objekte, wie z. B. Gebäude oder Bäume, möglich. Die Objekte werden grundrisstreu abgebildet und weisen keine Fassaden mehr auf. Die sichttoten Räume werden nach Möglichkeit durch Inhalte aus einem der Nachbarbilder aufgefüllt. Abb. 4: TrueOP des Bereiches um die Kirche St. Anna ohne Gebäudefassaden, München, Lehel Eine Alternative zum TrueOP bietet eine hochaufgelöstes und dicht besetztes Raster- DOM, dessen Punkte mit den Farbwerten der originären Luftbilder belegt sind (z. B. RGB oder CIR). Wählt man für dieses kolorierte DOM die senkrechte Betrachtungsperspektive (Nadir), entspricht ihre in die Ebene projizierte Ansicht einem TrueOP. Mitteilungen 2/2013 147

Ein weiteres potentielles Folgeprodukt ist das normalisierte DOM (ndom). Das ndom berechnet sich aus der Höhendifferenz eines digitalen Oberflächenmodells und eines digitalen Geländemodells. DOM und DGM müssen dafür eine vergleichbare Modellierung aufweisen (z. B. Gitter). Dabei entstehen relative Objekthöhen ohne den Einfluss der Geländehöhe. Bildlich ausgedrückt wird das Landschaftsmobiliar (Gebäude, Vegetation ) auf die Kartenebene aufgesetzt. Das ndom ist damit zur Modellierung natürlicher oder künstlicher Objekte ohne Einfluss der Geländehöhe geeignet und eröffnet dadurch z. B. neue Auswerteansätze bei der Klassifikation von Fernerkundungsdaten. Für die Forstwissenschaft liefert das ndom in Waldbereichen wertvolle Informationen zum Kronendach, dem Schirm von Baumbeständen. Abb. 5: Normalisiertes DOM (ndom) München, Haidhausen 148 Mitteilungen 2/2013

Das 3D-Landschaftsmodell ist eine dreidimensionale Abbildung der Landschaft (Geovisualisierung), für das das bildbasierte DOM zusammen mit den zugehörigen DOP oder TrueOP texturiert wird. Das 3D-Landschaftsmodell findet als interaktive 3D-Anwendung ein breites Aufgabenspektrum oder dient als Grundlage für animierte Videoclips. Abb. 6: Geovisualisierung von Inzell im Chiemgau mit amtlichen DOP, DOM und der Software 3D-Reality Maps Für eine 3D-Änderungserkennung (Change Detektion) könnten aus den bildbasierten DOM verschiedener Aufnahmezeiten Höhendifferenzen gebildet werden. Damit würden Änderungen an Landschaftselementen wie Gebäude, Bäume etc. visualisiert werden. Die neu entstandenen oder verschwundenen Objekte könnten für die dreidimensionale Fortführung verschiedener Datenbestände eingesetzt werden. Im Forstbereich würde sich eine zyklische Modellierung von Baumbeständen anbieten, um etwa Baumzuwachs zu ermitteln oder festzustellen, in welchem Maß Bäume entnommen oder aufgeforstet wurden. Für die Abfallwirtschaft einer Großstadt ist zudem die 3D-Deponieüberwachung, also z. B. das Wachstum der Müllberge interessant, um rechtzeitig Vorkehrungen im Rahmen neuer Entsorgungslösungen zu treffen. Hier kann eine zyklische DOM-Ableitung die Mitteilungen 2/2013 149

Rechengrundlage für den Zuwachs an Müllvolumen zur Verfügung stellen. Betriebe im Bereich Mineralabbau können die zyklische DOM-Ableitung zum Monitoring von offenen Abbaugruben im Tagebau nutzen. Damit wird der Abbaufortschritt dokumentiert und das Volumen des Aushubs abgeschätzt. Zudem helfen DOM bei der Bewertung des Eingriffes in die Landschaft im Zuge des Rückbaus von z. B. Kiesgruben. Ein 3D-Druck (3D-Plot) ist ein Werkstück, das mit einem 3D-Drucker (3D-Plotter) gefertigt wird und je nach Herstellungsverfahren aus verschiedenen pulverförmigen oder flüssigen Materialien wie Gips besteht. Dabei wird der Modellkörper entsprechend seiner 3D-Koordinaten schichtweise aufgetragen, gegossen, gefräst oder ausgehärtet. Der 3D-Druck einer Stadtansicht auf Basis von DOM kann etwa für Ausstellungen in den Bereichen Tourismus, Architektur etc. genutzt werden. Fazit In der Vergangenheit wurden orientierte Luftbilder, neben der klassischen stereoskopischen Auswertung, in erster Linie als ein Zwischenprodukt bei der Herstellung des digitalen Orthophoto (DOP) betrachtet. Doch seitdem es durch effiziente Bildkorrelationsmethoden möglich ist ihr volles geometrisches und radiometrisches Potential zu erschließen, haben orientierte Luftbilder erheblich an Bedeutung gewonnen. Sie sind nun die Ausgangsdaten für das bildbasierte DOM, dessen Herstellungsprozess im Hauptteil dieses Artikels beschrieben wurde und das für Geodatenproduzenten eine Reihe von Vorzügen aufweist. Eine einzige Befliegung erlaubt die Ableitung von drei photogrammetrischen Produkten: Dem orientierten Luftbild, dem DOP und dem DOM. Dies macht die Luftbildbefliegung zu einem der wirtschaftlichsten Verfahren der Geodatengewinnung. Zudem weisen alle drei Datensätze denselben Aufnahmezeitpunkt auf. Dies erleichtert die Kombination der Datensätze z. B. bei der Geovisualisierung von 3D-Landschaftsmodellen. Die Aktualisierung eines flächendeckenden DOM kann im Zyklus der Landesbefliegung durchgeführt werden und erlaubt dadurch eine hohe zeitliche Auflösung. Da die neuen Bildkorrelationsverfahren pixelweise durchgeführt werden können, hat die entstehende Punktwolke eine geometrische Auflösung, die der Bodenpixelgröße der verwendeten orientierten Luftbilder entspricht. Die aufgeführten Vorzügen sowie das breite Spektrum neuer Anwendungen und Folgeprodukte machen aus dem bildbasierten DOM ein vielversprechendes Geodatenprodukt. 150 Mitteilungen 2/2013