Straftaten gg die persönliche Freiheit

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Transkript:

Straftaten gg die persönliche Freiheit 18. Abschnitt: 238: Nachstellung 239: Freiheitsberaubung 239a / b: Erpresserischer Menschenraub / Geiselnahme 240 Nötigung und 113 Widerstand Nicht vertieft werden: 232 ff. Menschenhandel 234 Menschenraub 234a Verschleppung 235 Entziehung Minderjähriger 236 Kinderhandel 237 Zwangsheirat 241 Bedrohung 241a Politische Verdächtigung

Straftaten gg die persönliche Freiheit Der 18. Abschnitt fasst Delikte zusammen, die dem Schutz elementarer Freiheit dienen. Kennzeichnend ist die Art und Weise in der auf das Opfer freiheitsberaubend eingewirkt wird: Zwangsmittel sind Gewalt und Drohung; teils auch List.

List List ein Verhalten, mit dem der Täter sein Ziel unter geschicktem Verbergen der wahren Zwecke oder Mittel verfolgt (BGH NStZ 96, 276 f.). Dies kann 239 auf andere Weise erfüllen: Das Opfer betätigt aufgrund der List nicht seinen vorhandenen Willen zur Fortbewegung.

Gewalt Der Gewaltbegriff ist umstritten. Früher teils weite Auslegung, wonach auch psychisch vermittelter Zwang Gewalt sein sollte ( vergeistigter Gewaltbegriff ). Nach heutiger Rspr (vgl etwa BVerfG 92,1): körperlich wirkender Zwang durch die Entfaltung von Kraft oder durch sonstige physische Einwirkung, die nach ihrer Intensität und Wirkungsweise dazu geeignet ist, die freie Willensentschließung oder -betätigung eines anderen zu beeinträchtigen.

Drohung Drohung ist das auf Einschüchterung des Opfers gerichtete In-Aussichtstellen eines zukünftigen Übels, auf dessen Eintritt der Drohende Einfluss zu haben vorgibt. Es ist unerheblich, ob der Einfluss tatsächlich besteht oder ob der Drohende sich insgeheim vorbehält die Drohnung nicht wahr zu machen.

Nötigung und Widerstand Der Widerstand nach 113 ist vorrangig zu prüfen.

Nötigung, 240 Tb Obj Gewaltanwendung oder Drohung mit empf. Übel Nötigungserfolg Kausalität zwischen Handlung und Erfolg Subj Vorsatz Absicht bzgl. Nötigungserfolg Rw Allgemeine Rechtfertigungsgründe (Notwehr,...) Verwerflichkeit: Mittel-Zweck-Relation (Abs. 2) Schuld Strafe: Ggf. Regelbsp Abs. 4

Nötigung Rechtsgut: persönliche Freiheit = Freiheit der Willensbildung und -betätigung. Die Nötigung ist ein offener Tatbestand. Daher indiziert das Vorliegen sämtlicher Tatbestandsmerkmale noch nicht die Rechtswidrigkeit. Es muss noch zusätzlich festgestellt werden, dass sich aus dem Zweck, dem Mittel oder der Zweck-Mittel-Relation eine Verwerflichkeit ableiten lässt.

Abgrenzung Nötigung und Erpressung Beides sind offene Tatbestände gesonderte Feststellung der Rechtswidrigkeit durch eine verwerfliche Zweck-Mittel-Relation 253 ist ein Vermögensdelikt, welches die Merkmale eine Nötigung enthält, insofern ist die Erpressung ein Spezialfall der Nötigung.

Erpressung TB Obj Subj Nötigungshandlung (Gewalt / Drohung) Dadurch: Tun / Duldung / Unterlassung Dadurch: Vermögensnachteil Vorsatz Absicht der rw Bereicherung (Stoffgleichheit) Rw Allgemeine RFG Verwerflichkeit (vgl. 240) Schuld Ggf: Regelbsp gem Abs. 4

238 I Nachstellung Stalking Tatbestand Obj. Tathandlung: unbefugtes Nachstellen durch beharrliches: Nähe suchen Kontaktaufnahme (Telekomm., Dritte) Bestellungen (Waren, Dienstleistungen) Bedrohung von Leib, Leben, Freiheit Opfer/ nahestehende Personen andere vergleichbare Handlung Neufassung: Bloße Eignung zur schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung - kein Erfolg erforderlich! Subj: Vorsatz RW/ Schuld

238 I Nachstellen: Handlungen, die darauf ausgerichtet durch un-/mittelbare Annäherungen an das Opfer in dessen persönlichen Lebensbereich einzugreifen und dadurch Handlungs- und Entschließungsfreiheit zu beeinträchtigen. beharrlich: wiederholte Begehung, ca. 5 Hdlg. Unbefugt: Ohne (mutmaßliche) Einwilligung

238 I Nr. 1: gezielte physische Annäherung ohne Körperkontakt, bspw Auflauern an Wohnung, Arbeitsplatz Nr. 2: Kontaktaufnahme über Telefon, Fax, mail, online- Plattform, Brief, über Dritte Nr. 3: bspw Abonnement, Pizzabestellung, Notruf, Handwerker zur Adresse des Opfers bestellen, Sex- Inserat mit Telefonnr des Opfers Nr. 4: Nur Fortbewegungsfreiheit, nicht Willensentschließungsfreiheit Nr. 5: Auffangvariante muss vergleichbar mit Nr. 1-4 sein, bspw Diskreditierung im persönlichen oder beruflichen Umfeld; Veröffentlichung persönlicher Daten im www; permanente anonyme Geschenksendg.

238: Eignung zur schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltg Äußere Gestaltung des Lebens (nicht ausr, wenn nur subjektiv nachteilig empfunden). Schwerwiegend: Wenn einzeln oder in der Summe unzumutbar, über das übliche Maß hinausgehend. Kein Erfolg erforderlich: Eignungsdelikt, d.h. Die Handlungen müssen nur geeignet sein, den Erfolg hervorzurufen. Es kommt nicht (mehr) darauf an, ob das Opfer aus finanziellen Gründen einen Umzug oder Arbeitsplatzwechsel unterlässt oder ob es besonnen reagiert.

238 II Gefährdungstatbestand: Durch den Grundtatbestand wird konkrete Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung des Opfers, dessen Angehöriger oder nahestehende Person hervorgerufen. Gefahr beruht auf der spezifischen Gefährlichkeit des Nachstellens. Bsp: Opfer versucht vor Nachstellung auf gefährlichem Weg zu fliehen.

238 III erfolgsqualifiziertes Delikt: 238 Abs. 1 als vorsätzlich begangenes Grunddelikt einschl. Rw und Schuld dadurch Tod des Opfers/ dessen Angehörige/ nahestehende Person verursacht spezifischer Gefahrzusammenhang zwischen 238 Abs. 1 und Todeserfolg Fahrlässigkeit bzgl schwerer Folge gem. 18

239 Tb Obj Rw Subj Schuld Tatobjekt: anderer Mensch Tathandlung: Beraubung der Freiheit für nicht ganz unerhebliche Zeit ( Vater-unser-Regel ) durch: Einsperren In sonstiger Weise (z.b. Fesselung, List, Drohung)

239: Anwendungsbsp Aufhebung der Fortbewegungsfreiheit durch Zusperren oder Bewachung der Ausgänge; Ausstieg für Beifahrer durch schnelles Fahren mit Kfz unmögl machen; Verbringung an entlegenen Ort nach (rw) Festnahme durch Polizisten; Fixierung pflegebedürftiger Personen im Bett

Tb 239a Abs. 1, 1. Alt. Obj Tatobjekt: anderer Mensch Tathandlung: Entführen oder Sich-Bemächtigen Subj Vorsatz bzgl Tatobj. und -hdlg. Erpressungsabsicht ggü Geisel o. Drittem: Rw Beabsichtigte Drohung Beabsichtigter Vermögensschaden Beabsichtigte rw Bereicherung Funktionaler Zusammenhang bei 2-Personenverhältnissen: unvollkommen 2-aktiges Delikt = Täter muss über Entführung/ Bemächtigung hinausgehende qualifizierte Nötigung beabsichtigen. Schuld Ggf. Erfolgsqualifikation: Abs. 3; Tätige Reue: Abs. 4

239a Abs. 1, 2. Alt. Tb Rw Obj Subj Schuld Tatobjekt: anderer Mensch Tathandlung: Schaffen einer Entführungs- oder Sich- Bemächtigungslage Zumind unmittelbares Ansetzen zur Erpressung mit funktionalem Zusammenhang zur Bemächtigungslage Vorsatz bzgl Tatobj., -hdlg. und Erpressung Absicht der rw Bereichung Ggf. Erfolgsqualifikation: Abs. 3; Tätige Reue: Abs. 4

239b Grundsätzlich gleiche Problematik und Prüfungsaufbau wie 239a: 239b betrifft statt der Erpressung (Vermögensschädigung) die Abnötigung sonstigen Verhaltens, z.b. Widerruf belastender Zeugenaussage, sex. Nötigung,... Die eingrenzende Auslegung in 2-Personenverh ist deshalb nötig, weil sonst fast jeder Raubüberfall nicht nur als räuberische Erpressung, sondern nach 239a bestraft würde. Unvollkommen 2-aktiges Delikt: Täter muss in seiner Vorstellung noch eine Nötigung planen, die über die bisherige Bemächtigung / Entführung herausgeht.