Konversatorium Strafrecht IV Vermögensdelikte
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- Peter Wetzel
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1 Konversatorium Strafrecht IV Vermögensdelikte 12. Stunde: Abgrenzung 249/253, 255 StGB Daniel Müller Lehrstuhl Prof. Dr. Schuster E Mail: daniel.mueller@uni wuerzburg.de Internet: wurzburg.de/lehrstuehle/schuster/mitarbeiter Büro: Paradeplatz 4 Raum Nr. 410
2 (P) Verhältnis 249 / 253, 255 StGB Ausgangsfall: T droht dem O mit vorgehaltener Pistole zu erschießen, sofern O ihm nicht seine Geldbörse gibt. Aus Angst zu sterben gibt O dem T seine Geldbörse. Strafbarkeit des T aus 249 oder aus 253, 255 StGB? BGH: für 255 genügt Nötigung zur Duldung einer Wegnahme 255 ist lex generalis zu 249 Abgrenzung nach dem äußeren Erscheinungsbild: Weggabe 255 Wegnahme 249 H.L.: 255 erfordert Vermögensverfügung schließen sich gegenseitig aus Abgrenzung nach der Vorstellung des Opfers: denkt meine Mitwirkung erforderlich 255 denkt meine Mitwirkung egal 249
3 Argumente der Literatur Strukturverwandtschaft zwischen Raub und Diebstahl einerseits und Erpressung und Betrug andererseits. Erstere Fremdschädigungsdelikte, Letztere Selbstschädigungsdelikte. Daher ist zur Abgrenzung die Vermögensverfügung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal notwendig. Ohne das Merkmal der Vermögensverfügung wäre 249 StGB zudem völlig überflüssig. Jede Wegnahme i.r.d. Raubes ist auch eine Duldung der Wegnahme i.s.d. räuberischen Erpressung, sodass Letztere ausreichend wäre.
4 Argumente der Literatur Ohne das Merkmal der Vermögensverfügung wäre auch bei einer bloßen Gebrauchsanmaßung die räuberische Erpressung erfüllt. Gesetzgeberische Privilegierung der bloßen Gebrauchsanmaßung ( 248bStGB) wird umgangen. Denn eigentlich würde dort, wo nur eine Gebrauchsanmaßung unter Anwendung qualifizierter Nötigungsmittel vorliegt, der Raub ausscheiden, da keine Zueignungsabsicht vorliegt. Doch wenn man für die räuberische Erpressung keine Vermögensverfügung verlangt, würde eine Gebrauchsanmaßung mit qualifizierten Nötigungsmitteln zu einer Strafbarkeit wegen räuberischer Erpressung führen. So würde der Täter, obwohl er ohne Zueignungsabsicht handelt, so bestraft werden, wie ein Räuber.
5 Argumente des BGH Wortlaut des 253, 255 StGB sieht keine Vermögensverfügung als Tatbestandsmerkmal vor. Kritik: Auch der Wortlaut des 263 StGB sieht diesen nicht vor, trotzdem dort unstreitig Vermögensverfügung (+) Die von der Lit. behauptete Strukturverwandtschaft zwischen Erpressung und Betrug besteht nicht, Verwandtschaft eher zu 240 StGB. Das Opfer des Betruges ist völlig ahnungslos. Das Opfer der Erpressung weiß, dass er erpresst wird. Wortlaut des Gesetzes (H, D, U) stimmt mit 240 überein, bei dem eine Vermögensverfügung nicht vorausgesetzt wird.
6 Argumente des BGH Der Täter, der zur vis absoluta statt vis compulsiva greift, wird privilegiert, wenn man eine Vermögensverfügung verlangt. Denn wo der Täter willensbrechende Gewalt anwendet, liegt keine Vermögensverfügung vor. Insofern wäre Gewalt i.s.d. 253, 255 StGB nur bei vis compulsiva gegeben, obwohl die Tatbestände der Nötigung, des Raubes und des räuberischen Diebstahls unter Gewalt beide Gewaltformen erfassen. Es ist nicht klar, warum ausgerechnet für (räuberische) Erpressung eine mildere Gewaltform gelten soll.
7 Argumente des BGH Kriminalpolitische Gründe, da sonst kein lückenloser Rechtsschutz gegen alle in Bereicherungsabsicht gewaltsam herbeigeführten Vermögensschädigungen erreicht werden kann, z.b. gewaltsame Gebrauchsanmaßung eines Fahrzeugs. Nach der Lit. Täter mangels Zueignungsabsicht und Vermögensverfügung nur aus 240; 248b, 223 f. StGB strafbar. Nur die schlichte und nicht die abgenötigte Gebrauchsanmaßung soll aber nach dem Willen des Gesetzgebers privilegiert sein.
8 Argumente des BGH Nach der Ansicht der Lit. würde dort, wo der Täter einen Menschen entführt oder sich ihm bemächtigt, um ihn auszurauben, erpresserischer Menschenraub ausscheiden, da 239a Abs. 1 eine Erpressung voraussetzt ( 239a-Argument ). Nur die Rspr., wonach jeder Raub auch eine Erpressung darstellt, kann den Täter auch in diesem Fall wegen erpresserischen Menschenraubs bestrafen.
9 249 / 253, 255 StGB - Aufbauvorschlag I. Beginnen mit 249 StGB, sofern dieser (+) Bei Merkmal Wegnahme / Bruch fremden Gewahrsams Darstellung des Streits. II. 253, 255 StGB Ist 249 StGB verwirklicht, genügt kurzer Hinweis, dass keine Strafbarkeit aus 253, 255 StGB vorliegt, da Vorschrift entweder tatbestandlich ausgeschlossen (Lit.) oder im Wege der Subsidiarität hinter 249 StGB zurücktritt (BGH).
10 249 / 253, 255 StGB - Aufbauvorschlag 249 StGB wurde wegen Vorliegens einer Verfügung (Lit.) verneint Prüfung von 253, 255 unproblematisch, da auch nach Ansicht des BGH äußerlich eine Weggabe und damit eine räuberische Erpressung gegeben ist.
11 Konkurrenzen Handlungseinheit oder Handlungsmehrheit Gesetzeskonkurrenzen Gesetzeskonkurrenzen Tateinheit, 52 StGB (= Idealkonkurrenz) Tatmehrheit, 53 ff. StGB (= Realkonkurrenz)
12 Konkurrenzen Handlungseinheit/-mehrheit Handlungsmehrheit liegt vor, wenn keine Handlungseinheit gegeben ist. Handlungseinheit liegt vor bei: Handlung im natürlichen Sinn natürliche Handlungseinheit juristische Handlungseinheit
13 Konkurrenzen - Handlungseinheit Handlung im natürlichen Sinn = wenn ein Handlungsentschluss in einer Willensbetätigung realisiert wird. Beispiel: W wirft absichtlich einen Stein in ein Küchenfenster und gegen den Kopf der V natürliche Handlungseinheit = wenn mehrere gleichartige Tätigkeitsakte auf einem einheitlichen Willensentschluss beruhen und aufgrund ihres räumlich-zeitlichen Zusammenhangs derart eng miteinander verbunden sind, dass der Vorgang einem Außenstehenden als ein einheitliches, Zusammengehöriges Tun erscheint. Beispiel: wiederholtes Erteilen einer Kopfnuss juristische Handlungseinheit = Dauerdelikte, zusammengesetzte oder mehraktige Delikte, Klammerdelikte
14 Gesetzeskonkurrenz bei Handlungseinheit Spezialität = Ein Tatbestand ist in einem anderen notwendigerweise/logisch zwingend enthalten. Beispiel: 240 StGB in 249 StGB Konsumtion = Ein Tatbestand ist typischerweise regelmäßige Begleittat eines anderen. Beispiel: 123, 303 gegenüber 242, 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB Subsidiarität (formelle und materielle) = Ein Tatbestand greift nur hilfsweise, wenn ein anderer nicht greift. Beispiele: 246 Abs. 1 StGB; Teilnahme ggü Täterschaft; Versuch ggü Vollendung
15 Gesetzeskonkurrenz bei Handlungsmehrheit mitbestrafte Vortat = hier entfällt die Strafbarkeit des früheren Tuns im Wege der Subsidiarität oder Konsumtion, wenn der Unrechtsgehalt des früheren Tuns von dem des späteren mitumfasst ist. Beispiel: Verbrechensverabredung nach 30 Abs. 2 StGB zur durchgeführten Straftat mitbestrafte Nachtat = beruht auf dem Grundgedanken der Konsumtion, d.h. die Nachtat enthält im Verhältnis zu der Vortat keinen selbstständigen Unwertgehalt. Der Täter will den durch eine andere Tat erlangten widerrechtlichen Vorteil sichern, ausnutzen oder verwerten. Die Nachtat muss sich aber gegen denselben Rechtsgutsträger und dasselbe Rechtsgut richten. Beispiel: X verkauft das von ihm gestohlene iphone weiter nach der Konkurrenzlösung ist 246 StGB mitbestrafte Nachtatt des 242 StGB; ebenso auch der Sicherungsbetrug bzw. die Sicherungserpressung
16 Konkurrenzen Handlungseinheit - Handlung im natürlichen Sinn - Natürliche Handlungseinheit - Juristische Handlungseinheit oder Handlungsmehrheit ǂ Handlungseinheit Gesetzeskonkurrenzen - Spezialität - Konsumtion - Subsidiarität Gesetzeskonkurrenzen - Mitbestrafte Vortat - Mitbestrafte Nachtat Tateinheit, 52 StGB (= Idealkonkurrenz) Tatmehrheit, 53 ff. StGB (= Realkonkurrenz)
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