FHF IUD. 2.1 Geburtsüberwachung I CTG

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Transkript:

2.1 Geburtsüberwachung I CTG FHF IUD Abb. 2.2 Schematische Darstellung des pathologischen Entstehungsmechanismus der prolongierten Dezeleration (FHF: fetale Herzfrequenz; IUD: intrauteriner Druck) (Quelle: [30]). 19

Überwachung der Geburt Abb. 2.3 Schematische Darstellung der pathologischen Entstehungsmechanismen der variablen Dezeleration (Nabelschnurkompressionen) (FHF: fetale Herzfrequenz; IUD: intrauteriner Druck) (Quelle: [30]). 20

2.1 Geburtsüberwachung I CTG Tab. 2.1 Veränderungen des CTG-Befundes im Geburtsverlauf (5695 Geburten) (Quelle: [35]). Geburtsphase Normalbefund Leichte hämodynamische Störungen Prognostisch ungünstige Hämodynamik Terminale Bradykardie EP 30,0 58,6 11,0-0,3 ± 8,3 ± 5,7 ± 3,1 ± 0,2 AP 10,7 63,3 26,0-0,1 PI-Zeichen präfinaler Befund ± 3,8 ± 1,3 ± 4,8 ± 0,08 PP 2,7 47,0 43,3 7,0 0,1 ± 1,1 ± 4,5 ± 5,3 ± 1,2 ± 0,05 PI: Plazentainsuffizienz; EP: Eröffnungsperiode; AP: Austreibungsperiode; PP: Pressperiode Tab. 2.2 Neonatalazidosen (ph NA < 7,20) bei definiertem CTG-Muster Pressperiode (Quelle: [35]). CTG-Befund Geburten (n) Normalbefund 134 3 2,2 Warnbefund (leichte hämodynamische Störungen) terminale Bradykardie prognostisch ungünstige hämodynamische Störungen Plazentainsuffizienzzeichen präfinale Befunde 2325 88 3,8 2202 222 10,1 364 97 26,6 6 5 83,3 Gesamt 5031 415 8,2 Azidotische Neugeborene Azidoserate nusrhythmus. Präfinal mit zunehmender Schädigung des Myokards und des Reizleitungssystems sinkt die Herzfrequenz unter 100 SpM. Zusätzlich treten Arrhythmien auf. Tab. 2.3 CTG-Befunde der Pressperiode bei 415 azidotischen Neugeborenen (Quelle: [35]). CTG-Befund Azidotische Neugeborene ph NA < 7,20 (n) Normalbefund 3 0,7 Warnbefund (leichte hämodynamische Störungen) prognostisch ungünstige hämodynamische Störungen 88 21,2 222 53,5 terminale Bradykardie 97 23,4 Plazentainsuffizienzzeichen 5 1,2 präfinale Befunde Gesamt 415 100,0 Es hat sich aus eigener Erfahrung als vorteilhaft erwiesen, im CTG Normalbefunde von leichten und prognostisch ungünstigen hämodynamischen Störungen sowie von der terminalen Bradykardie, Zeichen der plazentaren Insuffizienz und präfinalen Befunden zu differenzieren. Im Verlauf der Geburt ergeben sich von der Öffnungsperiode bis zur Pressperiode erhebliche Häufigkeitsunterschiede ( Tab. 2.1). Der Zusammenhang zwischen ätiologisch definierten Belastungshinweisen und dem Aziditätsstatus des Neugeborenen ist in der Pressperiode verständlicherweise besonders eng und weist auf Möglichkeiten der Leistungsverbesserung durch Wehenregulation und Zeitabkürzung der Pressperiode hin ( Tab. 2.2, Tab. 2.3). Weitere Leistungsverbesserungen und eine Vereinheitlichung der CTG-Interpretation, der Differenzialdiagnosen und der Therapieansätze können sich so die jahrzehntelangen eigenen Erfahrungen durch eine Orientierungshilfe zur ätiopathogenetischen CTG-Interpretation und Geburtsleitung ergeben ( Abb. 2.4). 21

22 Überwachung der Geburt 22 Abb. 2.4 Ätiopathogenetische CTG-Interpretation und Geburtsleitung nach Koepcke (PI: Plazentainsuffizienz, KBW: Kindesbewegungen) (Quelle: [35]).

2.2 Geburtsüberwachung II CTG Nach einer Vorentscheidung bezüglich einer Differenzierung in wehenbetonte persistierende fetale Gefährdungszeichen oder wehenabhängige und/oder funktionelle Störungen und primär nicht klassifizierbar, meist wehenunabhängig sowie Übergangs-/Kombinationsformen zwischen beiden erstgenannten Gruppen ist eine Differenzialdiagnose meist leicht möglich speziell unter Einbeziehung der typischen CTG. Die daraus abgeleitete Entscheidungsfindung hat für die Geburtsleitung die in der letzten Zeile der Abb. 2.4 aufgeführten Aspekte zu berücksichtigen. 2.2 Geburtsüberwachung II CTG D. Grab, E. Koepcke Für die standardisierte Beurteilung des ante- und intrapartalen CTG ist die Verwendung einheitlicher Definitionen und objektiver Bewertungskriterien von entscheidender Bedeutung. Dieses Kapitel orientiert sich an der aktuellen Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG) Anwendung des CTG während Schwangerschaft und Geburt [19]. Diese Leitlinie wurde unter Berücksichtigung sämtlicher nationaler und internationaler Empfehlungen (DGGG, Fédération Internationale de Gynécologie et d Obstétrique [FIGO], Royal College of Obstetricians and Gynaecologists [RCOG], American College of Obstetricians and Gynaecologists) sowie der publizierten evidenzbasierten Daten erstellt. Beurteilt werden folgende Parameter: Grundfrequenz (basale Herzfrequenz) Akzelerationen Dezelerationen Oszillationsamplitude Langzeitoszillation (Oszillationsfrequenz) 2.2.1 Grundfrequenz Unter der Grundfrequenz oder basalen Herzfrequenz versteht man die mittlere über mindestens 5 10 min beibehaltene FHF in Abwesenheit von Akzelerationen bzw. Dezelerationen in Schlägen pro Minute (SpM). Die Normbereiche und die entsprechende Terminologie sind in Tab. 2.4 aufgelistet. In der praktischen Anwendung ist die korrekte Klassifikation insbesondere bei prolongierten Akzelerationen gelegentlich erschwert. Im vorliegenden CTG ( Abb. 2.5) liegt die basale Herzfrequenz bei 140 SpM mit variablen Dezelerationen und teilweise prolongierten Akzelerationen. Hilfreich zur Bestimmung der Basalfrequenz kann hier die Berücksichtigung der zuvor aufgezeichneten Kurvenverläufe sein. 2.2.2 Akzelerationen Unter Akzelerationen versteht man einen passageren Anstieg der FHF von über 15 SpM über die Grundfrequenz. Sporadisch auftretende Akzelerationen sind physiologisch und der Ausdruck einer normalen Großhirnaktivität. Die Normbereiche und die entsprechende Terminologie sind in Tab. 2.5 aufgeführt. Tab. 2.4 Grundfrequenz. Terminologie Grundfrequenz (SpM) Normalbereich leichte Bradykardie leichte Tachykardie schwere Bradykardie schwere Tachykardie Definition mittlere über mindestens 5 10 min beibehaltene FHF in Abwesenheit von Akzelerationen bzw. Dezelerationen in Schlägen pro Minute (SpM) Im Bereich der fetalen Unreife liegt die mittlere FHF eher im oberen Streubereich. Ein trendmäßig zunehmender Anstieg der FHF muss besonders beachtet werden! 110 160 SpM 100 109 SpM 161 180 SpM < 100 SpM > 180 SpM Tab. 2.5 Akzelerationen. Terminologie Definition Akzelerationen Anstieg der FHF > 15 SpM bzw. > ½ Bandbreite und > 15 s normal 2 Akzelerationen in 20 min suspekt periodisches Auftreten mit jeder Wehe pathologisch keine Akzeleration > 40 min (Bedeutung noch unklar) 23