Stellungnahme zur Konsultation der Verordnung über die öffentliche Sozialhilfe

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Transkript:

Bern, 4. Juli 2011 Gesundheits- und Fürsorgedirektion Regierungsrat Philippe Perrenou Rechtsamt Rathausgasse 1 3011 Bern Stellungnahme zur Konsultation der Verordnung über die öffentliche Sozialhilfe Sehr geehrter Herr Regierungsrat Perrenoud, sehr geehrter Herr Meyer Sehr geehrte Damen und Herren Für die Einladung zur Konsultation und die Möglichkeit der Stellungnahme danken wir Ihnen. Wir schätzen dies sehr. Gerne teilen wir Ihnen mit, welche Änderungen wir unterstützen können und welche Änderungen noch sorgfältig bedacht werden sollten. Zudem gibt es weiteren Handlungsbedarf, weshalb wir zusätzliche Vorschläge einbringen. Grundsätzliches Das Personal der Sozialdienste ist seit der Erhöhung der Fallzahl von 80 Fällen auf 80 bis 100 Fälle pro Fachstelle chronisch überlastet, da die meisten Sozialdienste faktisch über 100 Fälle pro Vollzeitstelle führen. Eine Folge davon mit teuren Auswirkungen ist eine im Vergleich mit dem Kantonspersonal doppelt so hohe Fluktuationsrate und anhaltend massive Schwierigkeiten, Fachpersonal mit Erfahrung in der gesetzlichen Sozialarbeit zu rekrutieren. Eine weitere teure Folge davon sind zunehmend gesundheitliche Probleme der Mitarbeitenden der Sozialdienste. Es ist unumgänglich, die unzumutbar hohe Belastung zu reduzieren. Dies auch im Hinblick auf neue, zeitintensive Aufgaben im Rahmen des IIZ. Wichtig ist zudem eine wirksame Entlastung der Leitungspersonen, weshalb wir den Antrag der BKSE zur Aufhebung des Leitungsabzugs unterstützen. Ein Bonus-Malus-System, das ausschliesslich auf den Unterstützungskosten basiert können wir nicht unterstützen. Die Kosten der Sozialhilfe können am wirksamsten über präventive Massnahmen zur Verhinderung von Armut gesenkt werden. Das vorliegende Bonus-Malus-System kann schnell zu unerwünschten Fehlanreizen führen, welche die Existenzsicherung von Menschen in Not gefährdet. Deshalb erachten wir es als sehr wichtig, dass die direkten und indirekten Auswirkungen des Bonus-Malus-Systemes dokumentiert und evaluiert werden. Aus unserer Sicht ist es nicht vertretbar, dass Sozialinspektionsaufgaben an Private delegiert werden können. Diese besonders sensible Aufgabe ist direkt vom Staat wahrzunehmen. Bisherige Erfahrungen zeigen, dass viele bedeutende Fehler begangen wurden und dass private Organisationen ihre Dienstleistungen möglichst zahlreich verkaufen wollen. Wir sind klar der Meinung, dass rechtmässig bezogene Sozialhilfe nicht von zukünftigem Erwerbseinkommen zurückgefordert werden sollte, sondern nur bei allfälligem Vermögensanfall, wie dies auch die SKOS empfiehlt. Die Rückerstattung sollte zudem auf vier Jahre begrenzt werden.

Konsultation SHV: Stellungnahme von AvenirSocial Sektion Bern, Juli 2011 2 Zu den einzelnen Artikeln und dem Vortrag Art. 2: Organisationsform Die Ergänzung mit dem Buchstaben e ist grundsätzlich sinnvoll. Unabdingbare Voraussetzung ist allerdings, dass die nötigen personellen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, was mit der vorliegenden Regelung nicht der Fall ist, vgl. unsere Anträge zu Art. 38. Sehr stossend ist hingegen der letzte Satz der Erläuterungen im Vortrag zu dieser Änderung. Dieser unterstellt, dass bisher der Wille fehle, IIZ-Empfehlungen umzusetzen. Das ist von Seiten der Sozialdienste in keiner Art und Weise der Fall; im Gegenteil, das Interesse und die Bereitschaft hierzu ist sehr hoch. Deshalb beantragen wir, diesen Satz (S. 3 oben, letzter Satz zu Art. 2) zu streichen. Art. 3: Aufgaben des Fachpersonals Wir begrüssen es klar, dass festgehalten ist, dass die Hauptverantwortung für die Fallführung immer beim Fachpersonal ist. Die vorgesehene Verankerung der Möglichkeit, Aufgaben der Fallführung an Administrativpersonal zu delegieren, erachten wir hingegen als sehr problematisch. Um Missverständnisse zu vermeiden: Die verstärkte Delegation von administrativen Aufgaben begrüssen wir explizit. Damit dieses Ziel effektiver erreicht werden könnte wäre es notwendig, die Aufgaben des Administrativpersonals zu definieren und diejenigen Gemeinden in die Pflicht zu nehmen, welche nicht genügend Stellen aus eigenen Mitteln finanzieren für administrative Aufgaben, die nicht dem Lastenausgleich zugeführt werden können. Insbesondere angesichts der rein kostenorientierten Anreize (Bonus-Malus-System) wird dieser Absatz für eine Reihe von Gemeinden eine willkommene Grundlage sein, das Fachpersonal dazu zu verpflichten, möglichst viele Aufgaben zu delegieren, unabhängig von fachlichen Abklärungen. Deshalb beantragen wir die Streichung von Art. 3b, 2. Anträge zu den Formulierungen der Aufgaben des Fachpersonals, 3b, 1: b) beratet und begleitet hilfesuchende Personen Unter dem Begriff Betreuung wird in erster Linie die praktische Alltagsbetreuung (stationär oder Tagesstrukturen, etc.) verstanden. Eine solche Art Betreuung direkt in der Lebenswelt der KlientInnen leistet das Fachpersonal der Sozialdienste nicht. Treffender erachten wir den Begriff Begleitung. c) klärt die persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse ab Die sozialen Lebensverhältnisse spielen meist eine sehr wichtige Rolle und sollten hier explizit erwähnt werden. Sie sind alleine mit dem Begriff persönliche Verhältnisse nicht genügend abgedeckt. e) nimmt Aufgaben der Vernetzung und koordinierten Zusammenarbeit mit Fachstellen und Institutionen des Sozialwesens wahr. Die interinstitutionelle Zusammenarbeit der Fachpersonen gehörte schon vor der Einführung von IIZ zu den Kernaufgaben der Sozialarbeitenden. Es ist daher wichtig, die Definition dieses Aufgabengebiets nicht auf die IIZ im engeren Sinn zu reduzieren, sondern genügend weit zu fassen, damit alle wichtigen Formen von Vernetzung und Kooperationen darin inbegriffen sind.

Konsultation SHV: Stellungnahme von AvenirSocial Sektion Bern, Juli 2011 3 Art. 4 bis Art.7: Kommission für Sozial- und Existenzsicherungspolitik Die Neuausrichtung dieser Kommission begrüssen wir sehr, insbesondere den Einbezug gesamtschweizerischer und internationaler Entwicklungen. Die Querschnittsaufgabe betrifft nicht nur verschiedenste Politikfelder und Rechtsgebiete, sondern auch verschiedene kantonale Direktionen, wie dies im Vortrag ausgeführt ist. Auch der Austausch mit Fachorganisationen und Sozialpartnern gehört unseres Erachtens zu den Kernaufgaben. Daher beantragen wir eine Ergänzung von Art. 5: c) fördert den Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen Kanton, Gemeinden, Fachorganisationen und Sozialpartnern in Fragen der Sozial- und Existenzsicherungspolitik, sowie die Verankerung des Einbezugs der betroffenen Direktionen in Art. 6, 1: a) aller betroffenen Direktionen der Kantonsverwaltung ( ) Antrag zum Vortrag zu Art. 6: Bei den Ausführungen im Vortrag zu Buchstabe d, Vertretungen von Fachorganisationen ist unser Berufsverband AvenirSocial Sektion Bern zu ergänzen. Als Vertretung der Professionellen Sozialer Arbeit sind wir gerne bereit, unser Fachwissen, insbesondere zu den zahlreichen Schnittstellen, in dieser Kommission einzubringen. Art. 8, 2: Direktionsverordnung Wir schliessen uns dem Antrag der BKSE an, auf eine zusätzliche Regelungsebene zu verzichten und beantragen: Art. 8, 2: streichen. Art. 8h: Prämienverbilligung Die aktuell geltende Regelung (Wechsel zu den 20 günstigsten Krankenkassen) ist mit einem hohen zusätzlichen administrativen Aufwand verbunden. Es ist zu prüfen, ob diese Regelung wirtschaftlich sinnvoll ist, bzw. ob die Einsparungen höher oder tiefer sind als alle zusätzlich benötigten Zeitressourcen. Viel unnötiger Zeitaufwand könnte zudem eingespart werden, wenn der Kanton Bern den Umgang mit einem Leistungsstopp, bzw. das Verfahren, bis ein Leistungsstopp aufgehoben werden kann, deutlich vereinfachen und verkürzen würde. Andere Kantone kennen deutlich einfachere Verfahren. Art. 11 a bis 11c: Rückerstattung Wie schon erwähnt, sind wir klar der Meinung, dass rechtmässig bezogene Sozialhilfe nicht von zukünftigem Erwerbseinkommen zurückgefordert werden sollte, sondern nur bei allfälligem Vermögensanfall, wie dies auch die SKOS empfiehlt. Die Rückerstattung sollte zudem auf vier Jahre begrenzt werden. Unsere Anträge sind unter diesem Vorbehalt zu verstehen. Art. 11b: Die Definition von wirtschaftlich wesentlich besseren Verhältnissen ist grundsätzlich auf der Basis der aktuell geltenden SKOS-Richtlinien angemessen konzipiert. Sie sollte einzig ergänzt werden mit der Konkretisierung, dass der effektive Bedarf berücksichtigt wird (effektive Krankenkassenprämie, effektive Wohnkosten, etc.). In den Ausführungen im Vortrag sollten zusätzlich zu den Ausbildungskosten ebenso die Fort- und Weiterbildungskosten sowie Lücken in der Altersvorsorge (2. Säule) erwähnt werden. 11b, a: ein Einkommen erzielt, das über dem erweiterten effektiven Bedarf gemäss

Konsultation SHV: Stellungnahme von AvenirSocial Sektion Bern, Juli 2011 4 Antrag zu Vortrag zu 11b, S. 9: Ergänzung mit Fort- und Weiterbildungskosten sowie Lücken in der Altersvorsorge (2. Säule). 11c: Wir begrüssen die Definition des Härtefalls. Diese Regelungen sind sehr wichtig, um kontraproduktive oder sehr stossende Folgen der Rückerstattungspflicht zu verhindern. Ein ganz wichtiger Aspekt ist hingegen nicht aufgenommen. Zahlreiche Menschen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, leisten über längere Zeit wichtige, nicht-entlöhnte Arbeit in Form von Kindererziehung oder der Pflege von kranken oder betagten Angehörigen (oder Nachbarn). Diese gesellschaftlich wichtigen Leistungen sind bei der Definition der Kriterien für einen Härtefall zu berücksichtigen. Deshalb beantragen wir, den Vortrag S.9 zu 11c, Buchstabe c, wie folgt zu ergänzen: Unbillig ist eine Rückforderung beispielsweise auch dann, wenn die betroffene Person während des Sozialhilfebezugs nicht-entlöhnte Leistungen, insbesondere Kindererziehung oder die Pflege von kranken oder betagten Angehörigen (oder Nachbarn) erbracht hat. Aus ähnlichen Gründen beantragen wir eine Ergänzung der Verordnung Art. 11c, d, gemäss den Ausführungen im Vortrag zu Buchstabe d: d unter Berücksichtigung der finanziellen und persönlichen Situation unverhältnismässig erscheint. Art. 23 a bis 23d Sozialinspektion Die Anforderungen an die berufliche Qualifikation von Sozialinspektorinnen oder Sozialinspektoren erachten wir als unzureichend. Ein vom Bund anerkannter Abschluss auf Tertiärstufe und mehrere Jahre Berufserfahrung sind für diese anspruchsvollen Aufgaben unerlässlich. Deshalb beantragen wir: 23 a, 1: Die Sozialinspektorinnen und Sozialinspektoren verfügen über eine abgeschlossene und vom Bund anerkannte Ausbildung auf Tertiärstufe sowie über mehrere Jahre Berufserfahrung. 23 a, 1 b: streichen: oder Fachschule Den Absatz 3 in Art. 23 b erachten wir als wichtig. Anmerkung: Die Aufgaben von Sozialinspektoraten gehören nicht zum Aufgabengebiet der Sozialen Arbeit. Art. 32a bis 32c: Sozialinspektorate Wir erachten die vom Grossen Rat gewählten Organisationsformen und Delegationsmöglichkeiten als nicht angemessen. Wie schon ausgeführt, erachten wir es als Aufgabe des Staates, Sozialinspektionen durchzuführen. Eine kantonale, regionalisierte Organisationsform würde es zudem ermöglichen, mindestens zwei Vollzeitstellen pro Region zu finanzieren. Bei tiefer dotierten Organisationsformen steigt das Risiko von ungenügender Qualität und ungenügender Interdisziplinarität. Bei der vorgeschlagenen Regelung in Art. 32b ist dies besonders der Fall, da Gemeinden nach Gutdünken Dritte beauftragen können.

Konsultation SHV: Stellungnahme von AvenirSocial Sektion Bern, Juli 2011 5 Art. 34: Besoldungs- und Weiterbildungsaufwendungen Auf die Kürzung der Pauschale für Fachpersonal in berufsbegleitender Ausbildung soll verzichtet werden. Die notwendigen Entlastungen während der berufsbegleitenden Ausbildung haben für das gesamte Team eine Mehrbelastung zur Folge, welche zurzeit nicht angemessen honoriert werden kann. Deshalb beantragen wir: Art. 34, 3: streichen Im Vortrag ist der letzte Satz im zweitletzten Abschnitt (S. 16 Mitte) anzupassen, vgl. unseren Antrag zu Art. 38a. Pro 70-80 bearbeitete Fälle wird eine Fachpersonalstelle bewilligt. Art. 37 Leitendes Personal Wir unterstützen den Antrag der BKSE hierzu: Art. 37: 1 Die Besoldungs- und Weiterbildungsaufwendungen der Gemeinden für das leitende Personal der Sozialdienste sind wie folgt lastenausgleichsberechtigt: Pro Fachpersonalstelle werden zusätzlich 10 Stellenprozente für das leitende Personal anerkannt. Die anrechenbaren Aufwendungen entsprechen den Ansätzen für das Fachpersonal (Art. 34 Abs. 2 lit. a). 2 Die Aufgaben des leitenden Personals gem. Art. 37 Abs. 1 umfassen die fachliche, personelle und administrative Erfüllung der Aufgaben gemäss Art. 19 SHG. 3 Sämtliche weitere Leitungsfunktionen sind durch die Gemeinden zu übernehmen und nicht lastenausgleichsberechtigt. Art. 38a: Stellenbemessung Das Personal der Sozialdienste ist seit der Erhöhung der Fallzahl von 80 Fällen auf 80 bis 100 Fälle pro Fachstelle chronisch überlastet, da die meisten Sozialdienste faktisch über 100 Fälle pro Vollzeitstelle führen. Eine Folge davon mit teuren Auswirkungen ist eine im Vergleich mit dem Kantonspersonal doppelt so hohe Fluktuationsrate und anhaltend massive Schwierigkeiten, Fachpersonal mit Erfahrung in der gesetzlichen Sozialarbeit zu rekrutieren. Eine weitere teure Folge davon sind massive gesundheitliche Probleme der Mitarbeitenden der Sozialdienste. In den letzten Jahren wurden zudem zusätzliche, zeitintensive Aufgaben geschaffen (Bsp. IIZ) und bisherige Aufgaben erfordern wesentlich mehr zeitliche Ressourcen (bspw. akribische Kontrollen). Ohne eine Anpassung der Fallzahlen werden die Sozialdienste nicht mehr in der Lage sein, ihre Aufgaben gemäss fachlichen Standards zu erfüllen. Die Erhöhung der administrativen Pauschale von 30 auf 50 Stellenprozent pro 100% Fachpersonal war sehr begrüssenswert. Leider wurden vorgängig neue, sehr zeitaufwändige administrative Aufgaben geschaffen, welche diese wichtigen neuen personellen Ressourcen wieder absorbierten. Insbesondere der Zwang zum Wechsel zu einer möglichst billigen Krankenkasse sollte rasch aufgehoben werden. Aufgrund der drei oben genannten Gründe stellen wir folgende Anträge: Art. 38a, 1: A 70-80 Fällen pro Fachstelle,

Konsultation SHV: Stellungnahme von AvenirSocial Sektion Bern, Juli 2011 6 Berücksichtigung der Einarbeitung von beruflichem Nachwuchs: Durchschnittlich dauert es ein Jahr, bis frisch diplomierte Berufseinsteiger/innen alle nötigen Regelungen und Vorgehensweisen beherrschen, um voll einsetzbar zu sein. Dies ist aktuell beim Bedarfsnachweis für Fachstellen nicht berücksichtigt und hat zur Folge, dass diejenigen Sozialdienste, die diese Einarbeitung leisten, eine wesentliche Zusatzbelastung im Team aufzufangen haben: Solche Überlastungen führen zu häufigeren Kündigungen. Mit einer einfachen Regelung wäre dies zu vermeiden. Antrag: Ergänzung von Art. 38a mit neuem Absatz 5: 38a, 5: Für frisch diplomierte Berufseinsteiger/innen sowie für Fachpersonal vor Abschluss der Ausbildung ist während einem ganzen Jahr die Hälfte der üblichen Fallzahlbelastung im Stellenplan anzurechnen. Art. 40: Personalregister Sozialdienste Das Personalregister sollte auch für statistische und wissenschaftliche Zwecke zugänglich sein (z.b. Fluktuationsrate). Daher beantragen wir folgende Ergänzung: Art. 40, 4, bestimmt sowie für statistische und wissenschaftliche Auswertungen. 41 b Berechnung Kosteneffizienz Sozialdienste Ein Bonus-Malus-System, das ausschliesslich auf den Unterstützungskosten basiert, können wir nicht unterstützen. Die Kosten der Sozialhilfe können am wirksamsten über präventive Massnahmen zur Verhinderung von Armut gesenkt werden. Das vorliegende Bonus-Malus-System kann schnell zu unerwünschten Fehlanreizen führen, welche die Existenzsicherung von Menschen in Not gefährdet oder zur Folge hat, dass Situationsbedingte Leistungen nicht mehr gewährt werden. Deshalb erachten wir es als unumgänglich, dass die direkten und indirekten Auswirkungen des Bonus-Malus-Systemes dokumentiert und evaluiert werden. Antrag Art. 41b, 6 (neu) Die direkten und indirekten Auswirkungen des Bonus-Malus-Systemes sind regelmässig alle zwei Jahre zu evaluieren. Art. 41b, 7 (neu) Die direkten und indirekten Auswirkungen sind insbesondere zu evaluieren hinsichtlich der rechtzeitigen Gewährleistung der Existenzsicherung, der Gewährung von Situationsbedingten Leistungen, dem Umgang mit der Niederlassungsfreiheit und der Entstehung von neuen sozialen Notlagen. Für allfällige Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Wir danken für Ihre Kenntnisnahme und für die Berücksichtigung unserer Anträge und Anliegen. Freundliche Grüsse AvenirSocial Sektion Bern Sign. Sign. Brigitte Hunziker Co-Präsidentin Jutta Gubler Kläne-Menke Geschäftsleiterin