B-Klasse eine erfolgreiche Kooperation im Übergang zwischen Mittel- und Berufsschule



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Transkript:

Thomas Hochleitner, ISB B-Klasse eine erfolgreiche Kooperation im Übergang zwischen Mittel- und Berufsschule Zusammenfassung: Um Jugendliche im Übergang von der Mittelschule zur Berufsausbildung zu unterstützen, wurde der Schulversuch B-Klasse ins Leben gerufen. Dort werden freiwillige Wiederholer der 9. Jahrgangsstufe in Kooperation mit Schülern 1 des kooperativen Berufsvorbereitungsjahrs (BVJ/k) speziell beschult. 1. Ausgangslage Von den etwa 270.000 Berufsschülern im Schuljahr 2010/11 (vgl. Landesamt f. Statistik und Datenerhebung Schuldaten Herbst 2010) fallen immerhin noch 14.133 unter den Begriff Jugendliche ohne Ausbildungsplatz (JoA) 2. Die Tendenz ist in den letzten Jahren deutlich fallend, jedoch mit 5,2 % unter dem Fokus jedem Kind in Bayern schulische und berufliche Perspektiven [zu] eröffnen ( Spaenle, 2011), immer noch zu hoch. Auch in Hinblick auf die sinkenden Schülerzahlen bei gleichzeitig steigendem Bedarf an Fachkräften müssen besondere Anstrengungen unternommen werden, um die Zahl der Jugendlichen, die den direkten Übergang in eine Berufsausbildung nicht schaffen zu minimieren. Besonders zu berücksichtigen ist, dass hier der Anteil an Jugendlichen aus der Mittelschule (speziell auch ohne erfolgreichen Abschluss) in Bezug auf die Absolventenzahlen besonders groß ist. Eine Gruppe von Jugendlichen taucht in diesem Zusammenhang jedoch gar nicht auf. Das sind die freiwilligen Wiederholer der Abschlussklassen der Mittelschulen. Speziell mit diesen Jugendlichen befasst sich der Schulversuch B-Klasse in Kooperation mit Klassen des BVJ/k. Die jungen Menschen beider Bildungsangebote verfolgen das Ziel, den Übergang in eine Ausbildung zu meistern und - falls er ihnen noch fehlt - den erfolgreichen oder qualifizierenden Hauptschulabschluss zu erreichen. (Spaenle, 2011) 2. Schulversuchskonstruktion 2.1 Ziele Berufsorientierungsklassen eröffnen jungen Menschen eine zweite Chance zum Schulabschluss und unterstützen sie im Übergang in den Beruf. (Spaenle, 2011) 1 Zur einfacheren Lesbarkeit werden im Text die männlichen Formen benutzt. Die weiblichen Formen sind natürlich immer gleichwertig mit angesprochen. 2 inklusive Schüler in vollzeitschulischen Maßnahmen der Berufsvorbereitung 1

Den Überlegungen folgend wurde eine Reihe von Zielen für diesen Schulversuch formuliert: 1. Der Anteil der Schüler, die im Rahmen des Besuchs einer allgemeinbildenden Schule (mindestens) den erfolgreichen Hauptschulabschluss erreichen, soll erhöht werden. 2. Schülerinnen und Schüler sollen bei der Berufsorientierung sowie bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz unterstützt werden. 3. Der Übergang zwischen Mittelschule und Berufsschule soll erleichtert werden. 4. Die Kooperation soll für beide Partnerschulen zu Synergieeffekten führen. 5. Die pädagogische und fachliche Qualität des Unterrichts soll durch die Kooperation von Lehrkräften beider Schularten gesteigert werden. Eine Sicherstellung und Dokumentation der Ziele bzw. der Zielerreichung und der Auswertung der Erfahrungen soll unter anderem durch die Evaluation der Schulen (Fragebögen, Interviews), regelmäßige Schulbesuche und Tagungen aller Beteiligten erreicht werden. 2.2 Maßnahmen Auf der Grundlage der Erfahrungen aus dem BLK-Modellversuch JoA Jugendliche ohne Ausbildungsplatz (2005-2008) (vgl. Schelten, 2010) wurden die freiwilligen Wiederholer der 9. Klasse Mittelschule und Schülerinnen und Schüler des BGJ/k in jeweils einer eigenen Klasse an der Berufsschule beschult. Die Lehrkräfte kommen sowohl aus der Mittel- als auch aus der Berufsschule. Unterstützt wird die Maßnahme, bei der die Jugendlichen pro Woche zwei bis drei Tage an der Berufsschule und zwei bis drei Tage an einem Berufspraktikum teilnehmen, durch einen Sozialpädagogen. In diesem tripolaren Beziehungsfeld können bei entsprechender Zusammenarbeit die Synergieeffekte besonders den Schülern zugutekommen. Der Unterricht findet grundsätzlich an der Berufsschule statt, die Verwaltung der B- Klasse-Schüler liegt jedoch bei der Mittelschule. Unterrichtet wird von beiden Lehrern jeweils der schulartspezifische Bereich. Neben dem Unterricht werden die Jugendlichen im und vor dem Praktikum von den Sozialpädagogen unterstützt. Der Leistungsumfang beinhaltet neben der Vorbereitung auf Praktika, der Praktikumsplatzaquise, der Betreuung während der Praktika (eventuell auch bei Praktikumswechsel) auch die Beratung während des Unterrichts. Diese liegt dabei in der Hand des Kooperationspartners, der über eine Ausschreibung zu Beginn des Schuljahres gefunden wird. Die Ausführung und die Schwerpunkte sind je nach Kooperationspartner und Konzept von Schule zu Schule sehr unterschiedlich und auch auf die individuellen Verhältnisse vor Ort abgestimmt. Während dieses Jahres können die Jugendlichen den Hauptschulabschluss bzw. den qualifizierenden Hauptschulabschluss nachholen, eine vertiefte Berufsfindung erleben und den Einstieg in eine Ausbildung direkt erfahren. 2

2.3 beteiligte Schulen im Schuljahr 2011/12 Kooperierende Berufsschule (BS) BVJ/k Staatl. BS I Mühldorf Staatl. BS I Traunstein Staatl. BS Fürstenfeldbruck Staatl. BS Altötting Staatl. BS I Straubing Staatl. BS Vilshofen Staatl. BS Waldkirchen/Grafenau Städt. BS II Regensburg Staatl. BS I Bayreuth Staatl. BS Kronach Staatl. BS Rothenburg-Dinkelsbühl Staatl. BS I Schweinfurt Staatl. BS I Aschaffenburg Staatl. BS I Memmingen Staatl. BS I Kempten Kooperierende Mittelschule (MS) B-Klasse MS Mühldorf Franz-von-Kohlbrenner-MS Traunstein MS Fürstenfeldbruck an der Theodor- Heuss-Str. MS Neuötting Max-Fellermeier-Schule MS Straubing-Alburg MS Vilshofen Propst-Seyberer-MS Grafenau Pestalozzi-MS Regensburg Albert-Schweitzer-MS Bayreuth Gottfried-Neukam-MS Kronach Valentin-Ickelsamer-MS Rothenburg Frieden-MS Schweinfurt MS Hösbach Bismarckschule MS Memmingen Robert-Schumann-MS Sankt Mang Kempten 3. Erste Untersuchungsergebnisse 3.1 Evaluation vor Ort Zur Unterstützung der Schulen und für den nachhaltigen Kompetenztransfer auch nach Beendigung des Schulversuchs wird diese Maßnahme durch das Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB) begleitet und evaluiert. Jede der Schulen wurde im ersten Projektjahr von einem gemeinsamen Team des Kultusministeriums und des ISB besucht. Vor Ort konnten sowohl Lehrer, Schüler und alle beteiligten Kooperationspartner befragt werden. Jenseits der regionalen Variabilität der Durchführung konnten sowohl eine Reihe von Standards und Gelingensbedingungen, als auch einzelne Problembereiche festgehalten werden. Diese Erkenntnisse haben direkten Einfluss auf die Modifizierung des weiteren Schulversuchsablaufs und einer späteren eventuellen Freigabe als Regelangebot. Das Team Mittelschullehrer, Berufsschullehrer und Sozialpädagoge bilden das Kernteam und sind in hohem Maße für den Erfolg des Schulversuchs verantwortlich. Im Bereich der Rahmenbedingungen spielt die Zusammenarbeit der beiden Schulleitungen mit dem zuständigen Schulamt und der jeweiligen Regierung eine entscheidende Rolle. 3

Der Schulortwechsel ist für den Großteil der Jugendlichen neuer Impuls und wird als Chance gesehen, schulische Altlasten hinter sich zu lassen. Das intensive Praktikum wird von allen Beteiligten als in hohem Maße zielführend angesehen. Es bedarf jedoch der flankierenden Begleitung durch den Sozialpädagogen. Eine langfristige Bindung der Partner insbesondere des Kooperationspartners wird für eine nachhaltige Projektplanung als notwendig gesehen. Der Freiraum um regionale und schülerspezifische Varianten des Ursprungsmodells umzusetzen wird als sehr hilfreich angesehen. Der Rahmen sollte deshalb nicht enger gesteckt werden. Die Chance auf Synergieeffekte durch die enge Zusammenarbeit der Schularten wird erkannt und auch genutzt. Trotz hoher Erfolgsquoten muss konstatiert werden, dass nicht alle Schüler zum erwünschten Erfolg kommen. Unterschiedliche Faktoren (oft extern) führen bei einzelnen Jugendlichen trotz aller Unterstützung zum Abbruch. (Auszug aus den Ergebnissen der Befragungen vor Ort) 3.2 Befragungsbögen Zum Ende des ersten Projektjahres fand eine umfangreiche Schülerbefragung statt. Es wurden die Jugendlichen an allen 12 Standorten befragt. Die ausgewählten Ergebnisse stellen sich wie folgt dar: Eltern haben einen großen Einfluss auf die Entscheidungen der Berufswahl der Schüler im Schulversuch. Schüler verfolgen zumeist klare Ziele beim Besuch der Klassen des Schulversuchs. Die Erwartungen der Schüler werden im Schulversuch voll erfüllt. In der Berufsorientierung sind die Schüler meist sicher aber noch nicht immer realistisch (und hoffentlich nicht resignativ). Im Schulversuch ist den Schülern ihr berufliches Ziel deutlich klarer geworden Die Anschlüsse an den Schulversuchsklassen sind überdurchschnittlich gut. 3.3 Ergebnisse aus der Schulstatistik Über 90 % der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler konnten am Schuljahresende 2010/11 den erfolgreichen Hauptschulabschluss vorweisen, über 50 % sogar den qualifizierenden Hauptschulabschluss. Im selben Schuljahr gelingt es rund 72 % der Schülerinnen und Schüler in den B-Klassen, einen beruflichen oder schulischen Anschluss zu finden. (Spaenle, 2011), 4

4. Ausblick Neben einer intensiven Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten der Jugendlichen einerseits und der organisatorischen Rahmenbedingungen andererseits konnten eine Reihe von Konstanten festgestellt werden, die bei fast jeder Schule einen Beitrag zum Erfolg geleistet hatten. Folgende Gestaltungselemente haben zum Erfolg der Kooperation von B-Klasse und BVJ/k beigetragen: Im regulären Unterricht unterrichten sowohl Lehrkräfte der Mittelschule als auch Lehrkräfte der Berufsschule; hierbei werden die Schülerinnen und Schüler in allgemeinbildenden Fächern primär von Lehrkräften der Mittelschule unterrichtet. In Unterrichtsfächern mit fachpraktischen und fachtheoretischen Inhalten unterrichten überwiegend Berufsschullehrkräfte. Schülerinnen und Schüler sammeln in intensiven Praktika, welche fast 50 % der Unterrichtszeit umfassen, Berufserfahrung und werden während dieser Zeit von Sozialpädagogen unterstützt. (Spaenle, 2011) Wichtige Eckpunkte waren auch die besondere Bedeutung der Unterstützung und vertrauensvollen Zusammenarbeit von Schulleitungen, Schulämtern und den zuständigen Regierungen, die den Bemühungen der Kolleginnen und Kollegen vor Ort eine hohe Priorität im Rahmen der pädagogischen Arbeit zugestanden hatten. Dass alle Beteiligten voneinander lernen können, wurde immer wieder in den Gesprächen betont. Gerade von der Bündelung der Kompetenzen beider Schulen können die jungen Menschen profitieren. Zahlreiche Schülerinnen und Schüler können durch die Kooperation beider Bildungsangebote den angestrebten schulischen Abschluss erreichen und den Übergang in eine Ausbildung schaffen. (Spaenle, 2011) Als ein besonderes Unterscheidungsmerkmal zum herkömmlichen Unterricht an der Mittelschule sahen viele Jugendliche der B-Klasse die Praktika, die neben den Praxisanteilen des Berufsschulunterrichts fast die Hälfte der Unterrichtszeit einnahmen und kontinuierlich während des gesamten Schuljahres besucht wurden. Sowohl die Dauer, als auch die intensive Betreuung und Vorbereitung durch die Sozialpädagogen sicherten einen nachhaltigen Erfolg der Praktika, der sich in hohem Maße auch auf die Übernahmequote während des Schuljahres auswirkte. Dies wurde auch in früheren Untersuchungen des DJI bestätigt. Der Betrieb als Ort der Förderung auch von benachteiligten Jugendlichen steht derzeit hoch in Kurs. Allerdings ist der Betrieb allein noch kein pädagogisches Programm. Damit Jugendliche und Betrieb von diesem Ansatz profitieren, bedarf es einer flankierenden Begleitung. (Förster et altera, 2006) 4.1 Auswirkungen in Hinblick auf die demografische Entwicklung Weniger Fachkräfte führen schon aus rein ökonomischen Gesichtspunkten dazu, dass wir uns künftig einen >>drop-out<< aus Bildungs- und Beschäftigungssystemen und somit aus der Gesellschaft noch weniger leisten können als heute. (Prager, J u.a. 2007) 5

Die besonders leistungsfähigen Jugendlichen werden durch den sehr hohen Mangel im Ingenieurbereich in den MINT-Fächern zunehmend von den Hochschulen absorbiert. Dies zeigen auch die steigenden Absolventenzahlen von Fachschulen und der beruflichen Oberschule. Ausbaufähig ist das Angebot an Fachkräften durch die Verkürzung von Warteschleifen und die Minimierung der oben genannten dropout-quote. Wege zur Verringerung dieser Zahlen sind kostenintensiv, aber auf lange Sicht neben der sozialen Verantwortung auch aus ökonomischer Sicht lohnend. Für die neuen Schwerpunkte [z.b. Langzeitpraktika, nachhaltige Partnerschaften zwischen Schulen und Betrieben] ist vielfach ein langer Atem erforderlich. Der Einsatz lohnt sich: Er hilft den Betrieben bei der Sicherung ihres Fachkräftenachwuchses und den Jugendlichen beim Einstieg in das Berufsleben (DIHK-Bildungsbericht 2011, S. 9) Nach vielen Jahren des Bewerberüberschusses beginnt sich die Waage zugunsten der Bewerber zu neigen. 2010 konnten schon 24% der Betriebe in Deutschland ihre angebotenen Ausbildungsplätze nicht besetzen. (Vgl. DIHK-Bildungsbericht 2011, S.8f) Deshalb ist es dringend notwendig im Bereich der Jugendlichen mit Förderbedarf durch geeignete Maßnahmen das Potential das in ihnen steckt zu entdecken und zu nutzen. 4.2 Weiterentwicklungspotential des Schulversuchs B-Klasse Ob der Schulversuch in Zukunft zum Regelangebot wird scheint nach den ersten Ergebnissen kaum mehr in Frage zu stehen. Wichtig erscheint es die aufgezeigten Gelingensbedingungen nicht nur in diesem Angebot zu verstetigen, sondern auf weitere Angebote zu übertragen, um bei aller positiver Vielfalt die Basiskonditionen zu vereinheitlichen und die durch viele Untersuchungen (vgl. Schreiber, E. et altera, 2007) verifizierten Wege sicher zu stellen. Der Schulversuch B-Klasse stellt sicher einen guten Weg weg von einem sich ausbreitenden Übergangssektor und hin zu einer zielgerichteten Qualifizierung bzw. Vorqualifizierung von Jugendlichen dar. Gründe für den Erfolg scheinen zum einen die intensive Betreuung durch Sozialpädagogen und die Zusammenarbeit von Mittelschul-, Berufsschullehrern und den Sozialpädagogen zu sein, auf der anderen Seite auch ein neuer Motivationsschub der Jugendlichen durch den Beschulungsortwechsel und das intensive und längerfristige Praktikum. Viele Jugendliche bekamen bei den Betrieben auch die Möglichkeit über einen längeren Zeitraum zu zeigen, was sie trotz oft mäßiger Schulnoten in realen Betriebsabläufen zu leisten fähig und bereit sind. Viele Jugendliche mit schlechten Schulnoten sind in der betrieblichen Praxis motiviert und leistungsfähig. (DIHK-Bildungsbericht 2001, S.8) Daneben können die Jugendlichen sich durch die Erhöhung ihres Bildungsabschlusses auch noch weitere Berufsmöglichkeiten erschließen. Die Schulmüdigkeit und die Fehlzeiten konnten in dem Schulversuch stark reduziert werden. Zusammengenommen bewirkten diese kleinen Verbesserungen einen positiven Sog, der sich in der vergleichsweise sehr hohen Vermittlungsquote zeigte. Auch andere Projekte widmen sich derzeit diesem Themenfeld. Einen bemerkenswerten Weg, der sich auch auf Teile des Schulversuchs B-Klasse übertragen lassen könnte, zeigt das Projekt Chance plus der Deutschen Bahn. Hier wird der Kompetenzerwerb während der Einstiegsqualifizierung mit Leistungspunkten bewertet und dann im Rahmen der Pilotinitiative DECVET des BMBF auf die betriebliche Ausbildung angerechnet. (vgl hierzu auch: Richter, M./Laubersheimer J. 2011) 6

5. Literaturhinweise Schelten, A. / Zöller A. 2010: Praxishandbuch JoA ISB (Hrsg.), 2010. S. Förster, H. / Kuhnke, R. / Skrobanek, J. (Hrsg.) 2006: Am Individuum ansetzen, S. 239 Spaenle, L., Pressemitteilung StMUK Nr. 220, 30.09. 2011 Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2010: Statistische Berichte: Berufsschulen in Bayern Schuljahr 2010/11, Herbst 2010 Schreiber, E. et altera 2007: Schulabbrüche und Ausbildungslosigkeit, DJI(Hrsg.) Prager, J. / Wieland, C. (Hrsg.) 2007: Duales Ausbildungssystem, Quo vadis? Gütersloh, S. 208f Richter, M / Laubersheimer, J 2011: Durchlässigkeit zwischen Berufsvorbereitung und Berufsausbildung verbessern, in: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis Heft 5/2011, S.47 ff Pahl, T, in: Grupe, S/Mertens, M. 2011: DIHK-Bildungsbericht 2011, DIHK-Verlag (Hrsg.) S. 8f 7