Entnationalisierung des Geldes? Währungsunion. Prof. Dr. Lars P. Feld Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Walter Eucken Institut



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Transkript:

Entnationalisierung des Geldes? Währungsunion Prof. Dr. Lars P. Feld Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Walter Eucken Institut

Entnationalisierung des Geldes: Theorie Hayek (1976): Wettbewerb zwischen Banken, die ihr jeweils eigenes Geld emittieren. Währungswettbewerb statt Geldschöpfungsmonopol Grundlegende Kritik an staatlichen Notenbanken Disziplinierungswirkung auf die nationale Finanz- und Wirtschaftspolitik Verantwortung der Gewerkschaften für die Arbeitslosigkeit würde offenkundig. Noch besser: Goldstandard. Hayek (1937): Monetary Nationalism and International Stability. Flexible Wechselkurse verzerren relative Preise Abwertungswettlauf und Inflation Unverantwortliches Verhalten der Gewerkschaften. Folie 2

Goldstandard (1/3) Internationaler Goldstandard in Reinform von 19-1914 zwischen UK, D und USA (plus Wechselkursbindung an Pfund Sterling durch weitere Länder, z.b. Österreich und Russland) Goldeinlösepflicht der Banknoten Deutsches Reich: Münzgesetz vom 9.7.1873 und Bankgesetz vom 14.3.1875. Banknoten als Inhaberschuldverschreibungen auf Goldmünzen. Reichsbank hielt ein Drittel des Betrages an ausgegebenen Banknoten in Gold, Rest in guten Handelswechseln. An- und Verkaufspreis von Gold eines Landes differieren in Höhe der Transaktionskosten Folie 3

Goldstandard (2/3) Price-Specie-Flow- oder Hume-Mechanismus: Exportüberschuss: Gold fließt von außen zu. Ausweitung der inländischen Kreditvergabe und über die dadurch angefachte Nachfrage Inflation. Chronische Leistungsbilanzdefizite: Geld- (Gold-) und Kreditknappheit führen zu höheren Zinssätzen, sinkender gesamtwirtschaftlicher Nachfrage sowie Preis- und Lohnsenkungen. Deflation stellt die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes her. In der Praxis gab es so gut wie keinen Goldzu- oder -abstrom wegen staatlicher Interventionen an den Devisenmärkten. Arbitragegleichgewicht des Als-ob. Folie 4

Goldstandard (3/3) Internationaler Goldstandard als sich selbst durchsetzende internationale Währungsordnung. Goldstandard und Papierstandard sind Ergebnis gesetzgeberischer Entscheidungen. Goldstandard: jedes Land für sich alleine. Papierstandard: völkerrechtlicher Vertrag zwischen souveränen Staaten. Supranationaler Standard Geldfluchtfreiheit: Jeder Bürger hat das freie Recht auf Kapitalflucht. Im Goldstandard ist die Notenbank kein Auslandsfinanzier. Folie 5

Entnationalisierung: Währungsunion? Geld, das man nicht selbst herstellen kann (Sievert 1992): Sie [Die Geschichte des Geldwesens, LPF] ist vor allem eine wechselvolle Geschichte der mißbräuchlichen Nutzung des Rechts, Geld zu schaffen. Handlungsmöglichkeiten und Vorteile gewinnen und nutzen, die einem nicht zustehen, indem man Geld ausgibt, das man nicht hat, aber herstellen kann, indem man Einkommen und Vermögen entstehen läßt, für die es eine reale Grundlage nicht gibt, die also, wenn überhaupt, nur auf Kosten von anderen gewonnen werden können, und nicht zuletzt indem man Schulden entwertet, die mit gutem Geld zu bezahlen man versprochen hat, kurz, Lug und Trug im Gewande staatlicher Hoheit, das hat über die Jahrhunderte die Attraktivität der einzelstaatlichen Souveränität über das Geldwesen ausgemacht. (Sievert, 1992). Folie 6

Entnationalisierung: Währungsunion? Disziplinierung der Finanzpolitik über die Finanzmärkte. Disziplinierung gewerkschaftlicher Lohnpolitik. Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen muss über reale Bedingungen hergestellt werden. Völkerrechtlicher Vertrag souveräner Staaten statt souveräner Entscheidung einzelner Staaten Kein sich selbst durchsetzender Vertrag ohne politische Union (Richter 212). Aber: Verbot der monetären Staatsfinanzierung, Nicht-Beistandsklausel, Stabilitäts- und Wachstumspakt De Soto (212): Euro als Proxy für den Goldstandard und ihm sogar überlegen, da beständiger. Fehler: Keine Vorkehrung für Bankenkrise. Folie 7

Die Bankenkrise (1/2) Vertrauensverlust in die Banken der Problemländer führte zum Abzug von Interbankengeldern und Rückgang der grenzüberschreitenden Finanzbeziehungen Schaubild 27 Einlagen bei Banken im Euro-Raum Veränderung im angegebenen Zeitraum September 211 gegenüber September 21 3. Quartal 212 gegenüber 3. Quartal 21 September 212 gegenüber September 211 3. Quartal 212 gegenüber 3. Quartal 211 Einlagen von Nichtbanken Einlagen von ausländischen Banken % % 15 1 1 5-1 -2-5 -3-1 -4-15 -5-2 EA DE ES FR GR IE IT PT EA DE ES FR GR IE IT PT -6 1) EA-Euro-Raum (Gebietsstand: Januar 211), DE-Deutschland, ES-Spanien, FR-Frankreich, GR-Griechenland, IE-Irland, IT-Italien, PT-Portugal. Sachverständigenrat Quelle: EZB Folie 8

Die Bankenkrise (2/2) Schaubild Beiträge der einzelnen Faktoren auf Zinsdifferenzen für Spanien Ausstieg Bid-Ask CDS GARCH US-Bonds % 12 Geschätzte Zinsdifferenz Tatsächliche Zinsdifferenz % 12 1 1 8 8 6 6 4 4 2 2-2 -2-4 -4-6 -6 J F M A M J JI A S O N D J F M A M J JI A 211 212 Sachverständigenrat Quelle: Eigene Berechnungen 3212_Spanien_CH Folie 9

Die Staatsschuldenkrise (1/3) Schaubild Schuldenstandsquoten der Problemländer im Euro-Raum 1) vh vh 2 2 18 18 16 14 12 Italien Griechenland 16 14 12 1 1 8 6 4 Spanien Portugal Irland 8 6 4 2 2 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2 21 22 23 24 25 26 27 28 29 21 211 212 213 214 1) Schuldenstand des Staates in Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt, ab 211 Schätzung des IWF. Sachverständigenrat Quelle: IWF 21712_UK Folie 1

Die Staatsschuldenkrise (2/3) Schaubild Konsolidierung der öffentlichen Finanzen ausgewählter OECD-Länder 1)2) Rückführung tatsächliches Defizit Rückführung strukturelles Defizit Prozentpunkte 16 14 12 1 8 6 4 2-2 Veränderung 212 gegenüber 29 Prozentpunkte 16 14 12 1 8 6 4 2-2 -4 JP US UK IT IE PT ES GR JP US UK IT IE PT ES GR -4 Folie 11

Die Staatsschuldenkrise (3/3) 212 % Tatsächliches Defizit Strukturelles Defizit Primärsaldo % 6 6 4 4 2 2-2 -2-4 -4-6 -6-8 -8-1 -1-12 JP US UK IT IE PT ES GR -12 1) ( ) Defizit, (+) Überschuss. 2) US-Vereinigte Staaten, UK-Vereinigtes Königreich, IT-Italien, IE-Irland, PT-Portugal, ES-Spanien, GR- Griechenland. Quelle: OECD Sachverständigenrat 16512_KPK Folie 12

Die makroökonomische Krise (1/3) Fortschritte bei der Wiederherstellung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit Positive Beurteilung der Strukturreformen durch OECD und Weltbank Abbau der außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte: Schaubild 24 Leistungsbilanzsalden der fünf Problemländer Mrd Euro 1) 5 Griechenland Irland Italien Portugal Spanien Mrd Euro 1) 5-5 -5-1 -1-15 -15-2 -2-25 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2 21 22 23 24 25 26 27 28 29 21 211 212-25 1) Originalwerte des IWF in US-Dollar, umgerechnet mit dem jahresdurchschnittlichen Wechselkurs der Euro. Quellen für Grundzahlen: EZB, IWF Sachverständigenrat Folie 13

Die makroökonomische Krise (2/3) Fortschritte bei der Wiederherstellung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit Gewisse Verbesserung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit (Nominallöhne, Lohnstückkosten, realer Wechselkurs) Schaubild 26 Indikatoren für die Wettbewerbsfähigkeit ausgewählter Länder des Euro-Raums 1999 = 1 1) Log. Maßstab Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer Log. Maßstab 18 18 17 16 15 Irland Griechenland 17 16 15 14 13 12 11 1 95 Spanien Portugal Italien Euro-Raum 17 Deutschland 1999 2 21 22 23 24 25 26 27 28 29 21 211 212 14 13 12 11 1 95 Folie 14

Die makroökonomische Krise (3/3) Log. Maßstab Lohnstückkosten 2) Log. Maßstab 15 15 14 13 Irland Spanien 14 13 12 Portugal Italien 12 11 Griechenland Euro-Raum 17 11 1 95 Deutschland 1999 2 21 22 23 24 25 26 27 28 29 21 211 212 1 95 Entwicklung des realen Wechselkurses 3) Veränderung des 1. Halbjahres 212 gegenüber dem 1. Halbjahr 1999 Lohnstückkosten für die Gesamtwirtschaft Lohnstückkosten für das Verarbeitende Gewerbe 3 3 2 2 1 1-1 -1-2 -2-3 Deutschland Frankreich Griechenland Irland Italien Portugal Spanien -3 1) Eigene Berechnung en. 2) Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer in Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen. 3) Auf Basis der Lohnstückkosten; zur Methodik siehe Erläuterungen zur Statistik des Euro-Währungsgebiets in den Monatsberichten der EZB. Quellen: EU, EZB Sachverständigenrat Folie 15

Die EZB in der Zwickmühle Die EZB sieht sich immer mehr in die Rolle gedrängt, die Stabilität des europäischen Finanzsystems zu gewährleisten 2 Wege wurden hierfür ergriffen: Ankauf von Anleihen auf dem Sekundärmarkt Bereitstellung von Refinanzierung für die Banken Folie 16

Ankauf von Anleihen Bisherige Programme der EZB: Covered Bond Purchase Programme (I und II): Ankauf von Pfandbriefen; Volumen 76 Mrd Euro (eingestellt) Securities Markets Programme: Ankauf von Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt; Volumen 29 Mrd Euro (eingestellt) Outright Monetary Transactions: Ankauf von Staatsanleihen auf dem Sekundärmarkt, Konditionierung an ESM; bisher noch keine Ankäufe Ankauf von Anleihen im Euro-Raum ist allerdings weniger ausgeprägt als in anderen Industrieländern: EZB hält lediglich 7% des nominalen BIP in dieser Position, während es bei der BoE, BoJ und Fed 24%, 22% bzw. 16% sind Folie 17

Refinanzierung der Banken Ergriffene Maßnahmen der EZB zur Refinanzierung der Banken: Ausweitung der Refinanzierungsdauer auf bis zu 3 Jahren ( Dicke Bertha im Dezember 211 und Februar 212) Absenkung des Mindestreservesatzes von 2% auf 1% Lockerung der Anforderungen an Sicherheiten in EZB- Refinanzierungsgeschäften Bereitstellung von Notfallfinanzierung (ELA) durch nationale Notenbanken Folie 18

Auswirkungen der Dicken Bertha Liquidität wird von den Banken als Vorsichtskasse bei der EZB gehalten Schaubild 36 Refinanzierungsgeschäfte und Einlagenkonten des Europäischen Systems der Zentralbanken 1) Längerfristige Refinanzierung Hauptrefinanzierung Einlagenfazilität Einlagen auf Girokonten 2) Mrd Euro 15 Mrd Euro 15 1 1 5 5-5 -5-1 1999 2 21 22 23 24 25 26 27 28 29 21 211 212 1) Stand: Oktober 212. 2) Ohne Mindestreserven. -1 Sachverständigenrat Quelle: EZB Allerdings nutzen insbesondere spanische und italienische Banken die zusätzliche Liquidität zum Ankauf heimischer Staatsanleihen Folie 19

Geringe akute Inflationsgefahr Schaubild 38 Geldbasis und Geldmenge M3 im Euro-Raum Log. Maßstab 5 Februar 1999 = 1 Log. Maßstab 5 4 3 Geldbasis 4 3 2 15 Geldmenge M3 2 15 1 1 8 1999 2 21 22 23 24 25 26 27 28 29 21 211 212 8 Sachverständigenrat Quelle: Thomson Financial Datastream Folie 2

Geringe akute Inflationsgefahr Schaubild 39 Inflationserwartungen 1) und tatsächliche Inflation in Deutschland und im Euro-Raum %p.a. Nullkupon-Breakeven-Inflationsraten und inflationsindexierte Swapsätze Harmonisierter Verbraucherpreisindex (HVPI) % 2) 2,8 2,6 5-jährige Termin-Inflationsindexierte- Swapsätzein5Jahren Euro-Raum 5 4 2,4 3 2 2,2 1 2, 5-jährige Termin-Breakeven-Inflationsrate in 5 Jahren 211 212 Deutschland 99 1 2 3 4 5 6 7 8 9 1 11 12-1 1) Gleitende Fünftagesdurchschnitte der Tageswerte, saisonbereinigt; zur Erläuterung siehe Monatsbericht September 212 der EZB. 2) Veränderung gegenüber dem Vorjahr. Quellen: EU, EZB Sachverständigenrat Folie 21

Geringe akute Inflationsgefahr Schaubild 4 Immobilienmarktentwicklung in ausgewählten Ländern Log. Maßstab 2 = 1 2 Hauspreisindizes 1) Bestand an Immobilienkrediten 2) % 8 175 Spanien Niederlande 7 15 125 Vereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich 6 5 Niederlande 1 Deutschland Spanien Deutschland 8 2 22 24 26 28 21 23 24 25 26 27 28 29 21 211 212 1) Verhältnis Hauspreise zu Mieten. 2) In Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt. Quellen: EU, EZB, OECD Sachverständigenrat 4 3 Folie 22

Langfristiger Ordnungsrahmen: Probleme des alten Ordnungsrahmens Ordnungsrahmen des Maastricht-Vertrages in zweierlei Hinsicht unzureichend: Disziplinierung der Finanzpolitik nicht ausreichend Stabilitäts- und Wachstumspakt wurde ausgehöhlt Disziplinierungswirkung der Finanzmärkte war gering Keine Berücksichtigung der Auswirkungen einer tiefen Finanzund Bankenkrise Ordnungsrahmen war blind gegenüber Krise auf Finanzmärkten Institutionelle Voraussetzungen zum Umgang mit Liquiditäts- und Solvenzkrisen von Mitgliedstaaten fehlten Langfristig stabil sind nur Konstellationen, bei denen Haftung und Kontrolle zusammenfallen: Entweder: Fiskal- und Wirtschaftspolitik gemäß den Ordnungsprinzipien des Maastricht-Vertrags weitgehend in nationaler Souveränität Oder: umfassende Gemeinschaftshaftung mit einer Übertragung fiskalpolitischer Souveränität auf die europäische Ebene Folie 23

Langfristiger Ordnungsrahmen: Das Drei-Säulen-Modells Für verschiedene Politikfelder muss zwischen nationaler und europäischer Verantwortung gewählt werden Sachverständigenrat schlägt Drei-Säulen-Modell zur Erweiterung des Konzepts des Vertrags von Maastricht vor ( Maastricht 2. ) Folie 24

Übergang zur Bankenunion Übergang zur Bankenunion im Zeitablauf Schaffung des rechtlichen und institutionellen Rahmens Aufsicht und Haftung auf nationaler Ebene Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 3 Aufsicht und Haftung auf europäischer Ebene 1. Januar 214 1. Januar 219 Zeit Phase 2 Phase 3 Qualifizierungsphase vollumfängliche Bankenunion Phase 1 Rahmenbedingungen Folie 25

Brücken zum langfristigen Ordnungsrahmen Dauerhafte Rettungsfunktion der EZB mit erheblichen ökonomischen und politischen Risiken verbunden Schuldentilgungspakt bietet eine fiskalische Brücke von der kurzfristigen Stabilisierung zu einem nachhaltigen und stabilen Regelwerk System von wechselseitigen Verpflichtungen zur Solidarität und Solidität zeitlich begrenzte gemeinschaftliche Haftung im Schuldentilgungsfonds für Differenz zwischen der Schuldenstandsquote und der 6 %-Grenze Setzt strikte Sicherungsmechanismen voraus (Implementierung von Schuldenbremsen, Konsolidierungsvereinbarungen, Benennung von Steuern zur Tilgung, Hinterlegung von Sicherheiten) Maximales Volumen von 2,6 Billionen Euro nach Roll-in-Phase von maximal sechs Jahren erreicht Anschließende Tilgungsphase, nach 25 Jahren sind die ausgelagerten Schulden vollständig zurückgezahlt Nach Ende der Tilgungsphase: Vorraussetzungen für Maastricht 2. gegeben Folie 26

Schuldentilgungspakt Zeitliche Dimension des Schuldentilgungspaktes Schaubild 42 Schuldenstand im Schuldentilgungsfonds nach Ländern 1) Deutschland Italien Frankreich Spanien Niederlande Österreich Belgien Malta Mrd Euro 3 Mrd Euro 3 25 25 2 2 15 15 1 1 5 5 213 14 215 16 17 18 19 22 21 22 23 24 225 26 27 28 29 23 31 32 33 34 235 36 37 238 1) Eigene Berechnungen. Unterstellter Start des Schuldentilgungspakts: 1.1.213. Quelle für Grundzahlen: EU-Kommission, AMECO-Datenbank, 26.7.212. Sachverständigenrat Folie 27

Schuldentilgungspakt Tabelle Konsolidierungsanforderungen und Schuldentilgungspakt (ERP) 1)2) Erforderlicher Primärsaldo Erforderliche um derzeitige Verbesserung des Primärsaldo 212 um die Fiskalregeln zu Schuldenstandsquote Primärsaldos zur erfüllen 3) Erfüllung der ohne ERP Fiskalregeln konstant zu tatsächlich strukturell mit ERP ohne ERP halten mit ERP ohne ERP % des BIP % des BIP Prozentpunkte Deutschland... 1,7 2,1 1,9 1,5,4,3,2 Frankreich... 1,9,5 2,3 2,8,9 4,2 4,7 Italien... 3,4 4,8 4,2 7,1 4,8,8 3,7 Spanien... 3,3 1,4 3,1 5, 3,1 6,3 8,2 Niederlande... 2,3,3 1,7 1,3,3 4, 3,7 Belgien...,4 1,1 2,8 4, 2, 2,4 3,5 Österreich...,3, 2,1 2,3,7 2,4 2,6 Malta...,8,8 2,7 3,2 1,8 1,9 2,5 1) European Redemption Pact. 2) Eigene Berechnungen, Quelle für Grundzahlen: EU, Mai 212. 3) Maximal erforderlicher Primärsaldo, um ein Finanzierungsdefizit von höchstens,5 % des BIP zu erreichen und zugleich die nicht ausgelagerten Schulden unter 6 % des BIP zu stabilisieren. Ohne ERP: Maximal erforderlicher Primärsaldo, um den gleichen Schuldenstandsverlauf zu erreichen (entspricht einer Rückführung der Schuldenstandsquote auf 6 % in den nächsten 2 bis 25 Jahren. RW2212_CH Folie 28

Genau wie damals beim Goldstandard gibt es unzählige Kritiker des Euro, die diesen wegen seiner größten Tugend hassen: Die Fähigkeit, verschwenderische Politiker und Interessengruppen zu disziplinieren. Jesús Huerta de Soto (212, S. 41) Gutes Geld, Geld von verläßlich vorhersehbarem Wert, von außen vorgegeben für alle, diese fundamentale Ordnungsbedingung für ein System dezentralen Entscheidens nicht nur im privaten, sondern auch im staatlichen und im intermediären Bereich ist das wichtigste Band für einen Staatenbund. Und es wäre zugleich ein Band, von dem man sagen könnte: Es hält zwar nicht beliebige Belastungen aus, aber es wird halten, solange der grundlegende ordnungspolitische Konsens hält, der einen Staatenbund tragen muß. Olaf Sievert (1992) Folie 29