Fuzzy Customer Segmentation



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Fuzzy Customer Segmentation Dominic Brügger 19. Mai 2005 Zusammenfassung Die herkömmliche Kundensegmentierung beschränkt sich auf eine scharfe Klassifikation der Kunden. Dies genügt nicht, wenn neben den abgeschlossenen Geschäften auch das Entwicklungspotential der Kunden in Betracht gezogen werden soll. Bei der unscharfen Kundensegmentierung kann ein Kunde mehr als einer Klasse angehören. Unscharfe Kundensegmente reflektieren die Realität besser und die Zugehörigkeitsgrade erlauben die Behandlung der Kunden anhand ihres reelen Wertes. Im Zusammenhang mit Online-Customer-Relationship-Management kann die unscharfe Kundensegmentierung eine Möglichkeit darstellen, um auf der Grundlage von Daten, die durch ein Online-Angebot gewonnen werden, gezieltere Marketingentscheide zu treffen. Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 2 2 Grundlagen der Kundensegmentierung 3 2.1 Segmentierungskriterien......................... 3 2.2 Vorgehensweise.............................. 4 3 Unscharfe Klassifikation 5 3.1 Problemstellung.............................. 5 3.2 Kontextmodell.............................. 5 3.3 Kontextredundante Tupel........................ 6 3.4 Unscharfe Klassen............................ 7 4 Unscharfe Kundensegmentierung und E-CRM 9 4.1 Datenerhebung im Internet....................... 9 4.2 Ein Beispiel................................ 10 5 Fazit 12 1

1 Einleitung Im Bereich des Kundenbeziehungsmanagements stellt die Kundensegmentierung eine wichtige Aufgabe dar. Bei der Kundensegmentierung geht es darum, Kunden mit ähnlichen Bedürfnissen in Segmenten zusammenzufassen. Die Segmentierung kann dabei nach verschiedenen Kriterien erfolgen. Ziel der Kundensegmentierung ist eine Umsatzsteigerung durch eine gezieltere und dadurch bessere Kundenansprache. Grundlage der Kundensegmentierung sind Kundendaten, welche in der Regel in einer Datenbank abgespeichert werden. Operative Informationssysteme produzieren umfangreiche Datenbestände. Es besteht daher für Unternehmen zunehmend ein Zwang, die Analyse der in den Datenbanken vorhandenen Rohdaten zu automatisieren. Der aktuelle Trend liegt darin, durch Data-Mining-Techniken wie wie Clusteroder Regressions-Analyse, versteckte Muster und Strukturen in den Datenbeständen aufzudecken. Die herkömmlichen Techniken sind in der Regel auf eine scharfe Klassifikation der Kunden in verschiedene Segmente beschränkt. Soll neben den abgeschlossenen Geschäften auch das Entwicklungspotentials der Kunden in Betracht gezogen werden, genügt es nicht mehr, einzelne Kunden eindeutig einem Segment zuzuordnen. Im vorliegenden Bericht wird ein Ansatz vorgestellt, der durch die Anwendung von Fuzzy Logic eine unscharfe Kundensegmentierung erlaubt. Durch die unscharfe Klassifikation kann ein Kunde gleichzeitig verschiedenen Kundensegmenten angehören. Zugehörikeitsfunktionen bestimmen, zu welchem Grad ein Kunde zu einem Segment gehört. Auf der Basis der Zugehörigkeitesgrade kann ein Unternehmen angemessene Marketingentscheide treffen. Eine erfolgreiche Kundensegmentierung setzt detailliertes Wissen über potenzielle und tatsächliche Kunden voraus. Der Betrieb eines Online-Angebotes erzeugt umfangreiche Informationen über das Verhalten und die Interessen der Online-Kunden. Unscharfe Kundensegmentierung kann eine Möglichkeit darstellen, um auf Grundlage dieser Daten gezielte Marketingstrategien zu entwickeln. Der vorliegende Bericht behandelt in Abschnitt 2 zunächst einige Grundlagen der Kundensegmentierung. Abschnitt 3 führt anschliessend anhand eines Beispiels aus der Kundensegmentierung das Kontextmodell und die unscharfe Klassifikation ein. Abschnitt 4 befasst sich schliesslich damit, wie die unscharfe Kundensegmentierung im Online Customer Relationship Management verwendet werden kann, um Daten zu analysieren, die durch ein Online-Angebot gewonnen werden. 2

2 Grundlagen der Kundensegmentierung Unter Kundensegmentierung wird die Aufteilung sämtlicher potenzieller und aktueller Kunden in Untergruppen (Kundensegmente) sowie die Bearbeitung eines oder mehrerer dieser Kundensegmente verstanden [Bru01]. Die Aufteilung der Kunden in Kundensegmente kann nach verschiedenen Segmentierungskriterien erfolgen. 2.1 Segmentierungskriterien Bei der Auswahl an Segmentierungskriterien sind zunächst bestimmte Anforderungen zu berücksichtigen: Messbarkeit: Die Segmentierungskriterien müssen mit vorhandenen Marktforschungsmethoden messbar und statistisch erfassbar sein. Kaufverhaltensrelevanz: Als Kriterien sollten geeignete Indikatoren für das zukünftige Kaufverhalten der Kunden gewählt werden. Wirtschaftlichkeit: Die Erhebung der Kriterien sollte so erfolgen, dass der sich aus der Segmentierung resultierende Nutzen grösser als die dafür anfallenden Kosten sind. Zeitliche Stabilität: Die aus den Kriterien erhobenen Informationen müssen sich über den Planungszeitraum hinweg weitgehend stabil verhalten. Segmentierungskriterien lassen sich in Abhängigkeit von ihrer Steuerbarkeit durch das Unternehmen unterscheiden. Demnach können endogenen Kriterien und exogenen Kriterien differenziert werden [Bru01]. Endogene Kriterien sind durch das Unternehmen steuerbar. Zu dieser Gruppe gehören folgende Segmentierungskriterien: Ökonomische endogene Kriterien (z.b. Kundendeckungsbeitrag) Verhaltensbezogene endogene Kriterien (z.b. Kundenbindung) Psychologische endogene Kriterien (z.b. Kundenzufriedenheit, Beziehungsqualität) Zum Beispiel lassen sich durch das endogene Kriterium Kundendeckungsbeitrag profitable von unprofitalen Kunden oder durch das Kriterium Kundenzufriedenheit zufriedene von unzufriedenen Kunden abgrenzen. Im Gegensatz zu den endogenen Kriterien sind exogene Kriterien durch das Unternehmen selbst nicht steuerbar oder nur begrenzt steuerbar. Sie stellen dennoch Aspekte dar, die für den Unternehmenserfolg relevant sind. Zu dieser Gruppe gehören folgende Segmentierungskriterien: Demografische exogene Kriterien (z.b. Alter, Geschlecht) Sozioökonomische exogene Kriterien (z.b. Einkommen, soziale Schicht) Verhaltensbezogene exogene Kriterien (z.b. Informationsverhalten) Psychologische exogene Kriterien (z.b. Qualitätsanforderungen) 3

2.2 Vorgehensweise Bei der Kundensegmentierung wird im Allgemeinen in drei Schritten vorgegengen [Bru01]: 1. Segmentbildung: Auf der Basis der gewählten Strukturierungskriterien werden Kundensegmente gebildet. 2. Segmentbeschreibung: Um Ansatzpunkte für die Kundenbearbeitung abzuleiten, wird anhand der Beschreibungskriterien eine Beschreibung der Kundensegmente erarbeitet. 3. Segmentbearbeitung: Für die ausgewählten Segmente wird eine Strategie erarbeitet und umgesetzt. Als Beispiel werden die Kunden im ersten Schritt durch das Strukturierungskriterium Kundenzufriedenheit segmentiert. Als Segmente ergeben sich vereinfacht zufriedene Kunden und unzufriedene Kunden. Im zweiten Schritt werden diese beiden Segmente anhand des Beschreibungskriteriums Alter beschrieben. Als Ergebnis zeigt sich, dass die zufriedenen Kunden generell älter sind als unzufriedene Kunden. Als Implikation aus diesem Ergebnis werden im dritten Schritt Massnahmen zur Erhöhung der Kundenzufriedenheit bei jüngeren Kunden ergriffen. 4

3 Unscharfe Klassifikation 3.1 Problemstellung In den Unternehmen entstehen heute umfangreiche Datenmengen, welche hauptsächlich in relationalen Datenbanken abgespeichert werden. Durch die Überlast an Informationen wird es jedoch zunehmend schwierig, diese Datenmengen zu analysieren, um Kundensegmente zu bilden und daraus resultierende Strategien zu entwickeln. In diesem Zusammenhang gewinnt Data-Mining mehr und mehr an Bedeutung. Data-Mining ermöglicht mit Hilfe verschiedener Techniken das automatische Auswerten solcher Datenbestände. Ziel dabei ist das Aufspüren von Muster beziehungsweise statistischen Auffälligkeiten. So lassen sich zum Beispiel Änderungen im Verhalten von Kunden oder Kundensegmenten aufspüren und Geschäftsstrategien können darauf ausgerichtet werden. Statistische Data-Mining-Techniken wie Cluster- oder Regressions-Analyse erlauben jedoch nur eine scharfe Klassifikation der Kunden, das heisst, jeder Kunde wird genau einer Klasse zugeordnet. Soll neben den abgeschlossenen Geschäften auch das Entwicklungspotentials der Kunden berücksichtigt werden, genügt es nicht mehr, einzelne Kunden eindeutig einem Segment zuzuordnen. In den folgenden Abschnitten wird mit der unscharfen Klassifikation [WMM05, MWA05, Sch99] ein Ansatz vorgestellt, der es erlaubt, Kunden in unscharfe Segmente aufzuteilen. 3.2 Kontextmodell Das Kontextmodell ist eine Erweiterung des relationalen Datenmodells. Auf Grundlage des Kontextmodells lassen sich die in einer Relation scharf abgespeicherten Daten nach unscharfen Kriterien eingeteilen. Dabei wird jedem Attribut A j, definiert auf einem Wertebereich D(A j ), einen Kontext K(A j ) zugeordnet. Ein Kontext K(A j ) ist eine Partition von D(A j ) in Äquivalenzklassen. Ein relationales Datenbankschema mit Kontexten R(A, K) besteht daher aus einer Menge A = (A 1,..., A n ) von Attributen mit assoziierten Kontexten K = (K 1 (A 1 ),..., K n (A n )). Die Auswertung einer Abfrage in der Relationenalgebra mit Kontexten basiert auf den Kontextäquivalenzklassen. Es werden diejenigen Daten extrahiert, die mit den in der Abfrage spezifizierten Werten äquivalent sind. Das sind alle Werte, die zu der Äquivalenzklasse gehören, die den Zielwert der Abfrage enthält. Als Beispiel betrachten wir eine Kundensegmentierung nach den Kriterien Umsatz und Zahlungszeit. Das entsprechende Datenbankschema R(A, K) besteht aus folgenden Mengen: A = {Kunde, U msatz, Zahlungszeit} K = {K(Kunde), K(U msatz), K(Zahlungszeit)} Der Umsatz wird in Dollar pro Monat gerechnet und sein Wertebereich ist definiert durch D(U msatz) = [0, 1000]. Die Zahlungszeit wird in Tagen gemessen und ihr Wertebereich ist definiert durch D(Zahlungszeit) = [ 9, 10]. Die Zahlungszeit 3 zum Beispiel bedeutet, dass der Kunde Rechungen drei Tage vor dem Zahlungstermin bezahlt. Die Kontexte definieren wir durch folgende Partitionen: 5

K(Kunde) = {{Kundenname}} K(U msatz) = {[0, 499], [500, 1000]} K(Zahlungszeit) = {[ 9, 0], [1, 10]} Da Kunde kein qualifizierendes Attribut ist, ist es in seiner eigenen Äquivalenzklasse definiert. Im Gegensatz dazu werden die Wertebereiche von Umsatz und Zahlungszeit je in zwei Äquivalenzklassen partitioniert. Bei einer Klassifikation im Kontextmodell werden Klassen durch die Kontexte als Teilgebiete des Merkmaulsraumes erklärt. In Abbildung 1 spannen die die Kontexte der Attribute Umsatz und Zahlungszeit einen zweidimensionalen Klassifikationsraum auf und erzeugen die Klassen C 1, C 2, C 3 und C 4. Die inhaltliche Bedeutung der Klassen wird durch die Zuordnung von Klassennamen sichtbar gemacht. Dies erleichtert eine sinnvolle Interpretation der Klassen. D(Umsatz) 1000 C1 Kunde binden C2 Kundentreue fördern 500 499 C3 Umsatz erhöhen C4 Nicht investieren 0-9 0 1 10 D(Zahlungszeit) Abbildung 1: Klassifikationsraum 3.3 Kontextredundante Tupel Im Kontextmodell tritt eine neue Form von Redundanz auf: Zwei Tupel t und t sind kontextredundant, wenn alle Tupelkomponenten t i und t i zur gleichen Äquivalenzklasse gehören. Tabelle 1 zeigt eine Relation mit kontextredundanten Tupel. Zum Beispiel sind die Tupel t 1 und t 2 kontextredundant, da sowohl -8 und -1 als auch 900 und 540 zur selben Äquivalenzklasse gehören. Kontexredundanzfreie Relationen erhält man im Kontextmodell durch Vereinigung der kontextredundanten Tupel (Mischoperation). Ein Objekt gehört zu einer Klasse, wenn sein Merkmalsvektor ins entsprechende Teilgebiet zeigt. Als Klassifikationsfunktion wird die Mischoperation gewählt. Tabelle 2 zeigt das Resultat der Mischoperation auf die Relation in Tabelle 1. Durch diese Operation erhält man eine scharfe Klassifikation der Kunden. 6

Kunde Zahlungszeit Umsatz Smith -8 900 t 1 Brown -1 540 t 2 Ford 2 490 t 3 Miller 10 50 t 4 Tabelle 1: Relation mit kontextredundanten Tupel Kunde Zahlungszeit Umsatz {Smith,Brown} {-8,-1} {900,540} C 1 {Ford,Miller} {2,10} {490,50} C 4 Tabelle 2: Scharfe Klassifikation 3.4 Unscharfe Klassen In diesem Abschnitt erweitern wird das Kontextmodell mit Elementen aus der Theorie der unscharfen Mengen zu einer unscharfen Klassifikation. Um unscharfe Klassen aus den bisher betrachteten scharfen Kontexten herleiten zu können, werden den Äquivalenzklassen verbale Begriffe zugeordnet. Eine formale Beschreibung der Zuordnung von verbalen Begriffen zu Äquivalenzklassen wird durch das Konzept der linguistischen Variablen möglich. Linguistische Variablen haben als Werte keine Zahlen, sondern sprachliche Konstrukte bzw. verbale Begriffe. Als Beispiel führen wir linguistische Variablen für die Attribute Umsatz und Zahlungszeit ein. Die linguistische Variable Umsatz definieren wir durch die Termmenge T (U msatz) = {tief, hoch}, wobei die beiden verbalen Begriffe die Äquivalenzklassen [0, 499] bzw. [500, 1000] beschreiben. Analog definieren wir die linguistische Variable Zahlungszeit durch die Termmenge T (Zahlungszeit) = {akzeptabel, inakzeptabel}, wobei die beiden verbalen Begriffe die Äquivalenzklassen [ 9, 0] bzw. [1, 10] beschreiben. Das Konzept der linguistischen Variblen erlaubt es, Äquivalenzklassen intuitiver zu beschreiben. Die Interpretation einer linguistischen Variablen ist mit einer gewissen Unschärfe behaftet. So kann zum Beispiel keine scharf begrenzte Zahlungszeit angeben werden, die als akzeptabel gilt. Zur Modellierung dieser Unschärfe betrachtet man jeden verbalen Term einer linguistischen Variablen als eine unscharfe Menge, die durch Zugehörigkeitsfunktionen auf den Wertebereichen der Attribute definiert sind. In Abbildung 2 werden den verbalen Begriffe akzeptabel und inakzeptabel die Zugehörigkeitsfunktionen µ akzeptabel und µ inakzeptabel zugeordnet. Die Zahlungszeit 0 ist gleichzeitig akzeptabel und inakzeptabel. In beiden Fällen nimmt die Zugehörigkeitsfunktion an dieser Stelle den Wert 0.5 an. Eine Zahlunszeit von 0 Tagen ist also nicht ausschliesslich akzeptabel oder inakzeptabel wie bei scharfen Klassen. Die Zugehörigkeit eines Objektes zu einer Klasse ergibt sich aus der Aggregation über alle Terme der linguistischen Variablen, welche die Klasse definieren. Die Klasse C 1 zum Beispiel wird durch die Begriffe hoch und akzeptabel beschrieben. Der Zugehörigkeitsgrad eines Objektes zu C 1 ergibt sich deshalb aus einer Aggregation über µ hoch und µ akzeptabel. 7

D(Umsatz) µ hoch 1000 Smith C1 C2 500 499 Brown Ford C3 C4 µ tief 0 Miller -9 0 1 10 D(Zahlungszeit) µ akzeptabel µ inakzeptabel Abbildung 2: Unscharfe Klassifikation mit Zugehörigkeitsfunktionen In der Theorie der unscharfen Mengen existieren verschiedene Aggregationsoperatoren. Beim Minimumoperatorist ist zum Beispiel das Merkmal mit dem geringsten Zugehörigkeitswert massgebend für die Zugehörigkeit der Klasse ist. Eine feinere Gewichtung der Attribute erlaubt zum Beispiel der γ-operator. Die Relation in Tabelle 3 zeigt eine unscharfe Klassifikation mit Zugehörigkeitsgraden. Kunde Zahlungszeit Umsatz {(Smith,1.0),(Brown,0.27),(Ford,0.23)} akzeptabel hoch C 1 {(Brown,0.25),(Ford,0.25)} inakzeptabel hoch C 2 {(Brown,0.25),(Ford,0.25)} akzeptabel tief C 3 {(Miller,1.0),(Brown,0.23),(Ford,0.27)} inakzeptabel tief C 4 Tabelle 3: Unscharfe Klassifikation mit Zugehörigkeitsgraden Der Hauptunterschied zur scharfen Klassifikation besteht darin, dass bei der unscharfen Klassifikation ein Kunde mehr als einer Klasse angehören kann. Durch die Einführung von Zugehörigkeitsfunktionen verschwindet die scharfe Grenze zwischen den Klassen. Unscharfe Kundensegmente reflektieren die Realität besser und die Zugehörigkeitsgrade erlauben die Behandlung der Kunden anhand ihres reelen Wertes. 8

4 Unscharfe Kundensegmentierung und E-CRM 4.1 Datenerhebung im Internet Online- oder Electronic-Customer-Relationship-Management (kurz E-CRM) umfasst die Analyse, Planung und Steuerung der Kundenbeziehungen mit Hilfe elektronischer Medien, insbesondere des Internet. Ziel ist eine umfassende Ausrichtung des Unternehmens auf ausgewählte Kunden [EF01, SS02]. Ein erfolgreiches Kundenbeziehungsmanagement setzt detaillierte Informationen über individuelle Eigenschaften, Bedürfnisse und Interessen potenzieller und tatsächlicher Kunden voraus. Je genauer ein Unternehmen spezifische Kundensegmente identifizieren und individuelles Kundenverhalten vorhersagen kann, desto gezielter können Massnahmen des CRM eingesetzt werden. Die Erhebung von Informationen über Online-Kunden wird dadurch erleichtert, dass die Bewegungen auf den Seiten eines Online-Angebotes automatisch aufgezeichnet werden. Web-Server protokollieren die Seitenaufrufe eines jeden Besuchers in Logfiles. Diese Logfiles geben bei geeigneter Auswertung detailliert Auskunft darüber, welche Seiten in welcher Reihenfolge wie lange betrachtet werden, welche Inhalte besonders häufig abgefragt werden oder aufgrund welcher Suchbegriffe Nutzer auf die Seite verwiesen wurden. Die anfallenden Datenmengen sind im Rohzustand jedoch wenig aussagekräftig und bedürfen einer geeigneten Aufbereitung, bevor sie in die Datenbank überführt werden. Die Erkenntnisse über Online-Besucher lassen sich zusätzlich verbessern, wenn neben den Logfiles weitere Informationsquellen in die Analyse eingebunden werden, zum Beispiel Benutzerdaten, Transaktionsdaten oder Kundenstammdaten. Voraussetzung für die Integration dieser Daten ist eine Identifizierung des Benutzers, zum Beispiel durch Benutzernamen und Passwort. Benutzerdaten zu persönlichen Eigenschaften und Präferenzen werden typischerweise bei Anmelde- und Registrierungsvorgängen über Online-Formulare erhoben. Transaktionsdaten zu Kauf- oder Bestellvorgängen über die Webeite können ebenfalls automatisch in die Datenbank überführt werden. Daneben können Kundenstammdaten oder soziodemographische Daten herangezogen werden. Die zusätlichen Datenquellen werden in der Datenbank mit den Daten aus den Logfiles zusammenführt. Auf der Grundlage der Daten, die durch die Webseite gewonnen werden, können spezifische Kundensegmente identifiziert werden. Die folgende Liste enthält Beispiele von Kennzahlen, die als Kriterien für die Segmentierung denkbar wären: Verwendeter Browser / Betriebssystem Herkunft (IP) Referrer / Suchmachine Einstiegs- und Ausstiegsseiten Häufigkeit der Besuche Verweildauer Pfadanalyse Benutzerdaten Kaufverhalten Transaktionsdaten 9

Die Informationen über den verwendeten Browser und das Betriebssystem sind nur beschränkt für eine Kundensegmentierung nutzbar. Sie können allenfalls Aufschluss über das technische Know-How der Besucher geben. Hingegen kann die IP-Adresse Auskunft über die Herkunft geben. Unter der Voraussetzung, dass man über externe Statistiken der zu betrachtenden Regionen verfügt, können daraus zum Beispiel sozioökonomische Informationen wie Einkommen oder soziale Schicht des Besuchers abgeleitet werden. Ein Referer ist die Internetadresse einer Webseite, die den Besucher zur aktuellen Seite gebracht hat. Ist die Ursprungsseite eine Suchmaschine, kann der Referrer ebenfalls den eingegebenen Suchbegriff enthalten. Zusammen mit den Ein- und Ausstiegsseiten kann diese Information Aufschluss darüber geben, ob ein Besucher die Seite nur zufällig besucht oder ob er zielgerichtet nach einem bestimmten Produkt oder einer bestimmten Dienstleistung sucht. Diese Kennzahlen werden häufig verwendet, um Webseiten zu optimieren. Es ist jedoch fragwürdig, ob sie für eine Kundensegmentierung geeignet sind. Aus der Häufigkeit der Besuche eines Benutzers und der durchschnittlichen Dauer der Besuche können Informationen über Verhalten und Interesse der Besucher abgeleitet werden. Die Pfadanalyse zeigt, wie sich ein Besucher durch den Internetauftritt bewegt und welche Inhalte er beachtet. Daraus können konkrete Hinweise über die Interessen des Besuchers gewonnen werden. Diese Informationen können durchaus als Grundlage für eine Segmentierung in Betracht gezogen werden. Benutzerdaten werden in der Regel direkt vom Online-Kunden zum Zeitpunkt der Benutzerregistrierung eingegeben. Zu den typischen Benutzerdaten gehören Personalien wie zum Beispiel Name, Adresse und Wohnort. Zusätzlich zu den üblichen Personalien kann der Benutzer zu einer direkten Eingabe von Interessen und Präferenzen anhand von Check-Box-Formularen aufgefordert werden. Erfahrungsgemäss ist die Bereitschaft dazu jedoch relativ gering. Im Allgemeinen können Benutzerdaten sicherlich wichtige Informationen für eine Kundensegmentierung liefern. Transaktionsdaten zu Kauf- oder Bestellvorgängen, die über die Webseite getätigt werden, können automatisch gewonnen und in die Datenbank überführt werden. Transaktionsdaten gehören sicherlich zu den wertvollsten Informationen aus Online- Angeboten, die für eine Kundensegmentierung verwendet werden können. Allerdings erfordert die Bereitschaft zu einem Kaufvorgang über die Webseite bereits ein hohes Mass an Vertrauen von Seiten des Online-Kunden. 4.2 Ein Beispiel Die unscharfe Kundensegmentierung stellt eine Möglichkeit dar, um auf der Basis von Daten, die durch ein Online-Angebot gewonnen werden, gezieltere Entscheide zu treffen. Die Zugehörigkeitsgrade erlauben es, die Online-Kunden anhand ihres reellen Wertes zu behandeln. In diesem Abschnitt soll nun an einem vereinfachten Beispiel einer Marketingkampagne gezeigt werden, wie unscharfe Kundensegmentierung im E-CRM verwendet werden könnte. Eine Marketingkampagne ist in der Regel mit hohen Kosten verbunden. Aus diesem Grund ist es wichtig, eine Zielgruppe mit Potential zu wählen. Eine Strategie könnte sein, Online-Kunden zu wählen, die zwar häufig die Webseite besuchen, aber nur einen niedrigen Umsatz produzieren. Die Häufigkeit der Besuche eines Benutzer wird vom Web-Server automatisch protokolliert. Unter der Voraussetzung, dass der Benutzer sich identifiziert, kann diese 10

D(Umsatz) µ hoch 1000 C1 C2 500 499 C3 C4 µ tief 0 10 6 5 1 D(Besuche) Zielgruppe µ häufig µ selten Abbildung 3: Wahl der Kunden für eine Marketingkampagne Information in der Datenbank mit den Kundendaten zusammengeführt werden. Aus den Transaktionsdaten erhalten wir den Umsatz des Kunden. Die beiden Attribute Häufigkeit der Besuche und Umsatz können dann für eine unscharfe Segmentierung der Kunden verwendet werden, indem geeignete Zugehörigkeitsfunktionen auf den Wertebereichen der Attribute definiert werden. Die Zugehörigkeitsgrade erlauben, eine Teilmenge der Kunden aus den Klassen C 1 und C 3 als Zielgruppe auszuwählen. Dies erlaubt es zum Beispiel, Kunden auszuschliessen, die keinen Umsatz produzieren und die Webseite nur passiv benutzen. Abbildung 3 zeigt ein Beispiel. Im Gesensatz zu einer scharfen Klassifikation erlaubt die unscharfe Klassifikation anhand der Zugehörigkeitsgrade die genaue Evaluation der attraktiven Kunden. 11

5 Fazit Die herkömmliche Kundensegmentierung beschränkt sich in der Regel auf eine scharfe Klassifikation der Kunden. Soll neben den abgeschlossenen Geschäften auch das Entwicklungspotentials der Kunden in Betracht gezogen werden, genügt es nicht, einzelne Kunden eindeutig einem Segment zuzuordnen. Mit der unscharfen Klassifikation wurde ein Ansatz vorgestellt, mit dem Kunden in unscharfe Segmente aufgeteilt werden können. Der Hauptunterschied zur scharfen Klassifikation besteht darin, dass bei der unscharfen Klassifikation ein Kunde mehr als einer Klasse angehören kann. Durch die Einführung von Zugehörigkeitsfunktionen verschwindet die scharfe Grenze zwischen den Klassen. Unscharfe Kundensegmente reflektieren die Realität besser und die Zugehörigkeitsgrade erlauben die Behandlung der Kunden anhand ihres reelen Wertes. Dadurch wird eine genauere Evaluation der attraktiven Kunden möglich. Unscharfe Kundensegmentierung kann auch im Zusammenhang mit Online-Customer-Relationship-Management verwendet werden, um eine gezieltere Behandlung der Online-Kunden anhand der Zugehörigkeitsgrade zu erreichen. Die Segmentierung findet dabei auf der Grundlage von Daten statt, die durch ein Online-Angebot gewonnen werden. 12

Literatur [Bru01] [EF01] [MWA05] [Sch99] [SS02] Bruhn, Manfred: Relationship Marketing: Das Management von Kundenbeziehungen. Verlag Franz Vahlen München, 2001 Eggert, Andreas ; Fassott, Georg: ecrm - Electronic Customer Relationship Management: Management der Kundenbeziehungen im Internet- Zeitalter. Schäffer-Poeschel Verlag, 2001 Meier, Andreas ; Werro, Nicolas ; Albrecht, Martin: Using a Fuzzy Classification Query Language for Custtomer Relationship Managemen. 2005 Schindler, Günter: Unscharfe Klassifikation durch kontextbasierte Datenbankanfragen. In: Informatik/Informatique (1999), Nr. 3, S. 18 22 Schmidt, Inga ; Schögel, Marcus: ecrm - mit Informationstechnologien Kundenpotenziale Nutzen. Symposion Publishing, 2002 [WMM05] Werro, Nicolas ; Meier, Andreas ; Mezger, Christian: Concept and Implementation of a Fuzzy Classification Language. 2005 13