1. März 2011 Nr. 2011-140 R-151-10 Interpellation Marlies Rieder, Altdorf, zum aktuellen Stand der Ausbildung an der PHZ für Lehrpersonen; Antwort des Regierungsrats 1. Ausgangslage Am 6. November 2010 hat Landrätin Marlies Rieder, Altdorf, eine Interpellation zum aktuellen Stand der Ausbildung an der PHZ für Lehrpersonen eingereicht. Ausgangspunkt der Interpellation ist die unter dem Stichwort Tertiarisierung geänderte Ausbildung der Lehrpersonen und der sich in Zukunft aufgrund der hohen Zahl von Pensionierungen abzeichnende Mangel an Lehrpersonen. 2. Zu den gestellten Fragen 1. Hat sich der Ausbildungsmodus mit den erwähnten sieben Fächern bewährt? Wie sieht der aktuelle Stand der gewählten Fächerkombinationen aus? Werden in allen benötigten Fächern genügend Personen in der Zentralschweiz ausgebildet? Die Bildungs- und Kulturdirektion (BKD) hat bisher keine Evaluation über die Erfahrungen mit der neuen Ausbildungsform im Kanton Uri gemacht. Auch innerhalb der Zentralschweiz wurde keine solche umfassende Evaluation durchgeführt. Die Frage bezüglich der Erfahrungen und bezüglich genügend ausgebildeter Personen lässt sich folglich nicht eindeutig beantworten. Die meisten der in Uri tätigen Lehrpersonen werden an der Pädagogischen Hochschule Zentralschweiz (PHZ) an den Standorten Goldau, Luzern und Zug ausgebildet. Während in der seminaristischen Ausbildung für die Primarstufe früher so genannte Allrounder und Allrounderinnen ausgebildet wurden, haben die Studierenden heute sieben von gesamthaft zehn Fächern zu wählen.
2 Die PHZ erachtet die Reduktion auf sieben Fächer im Studiengang Primarstufe als Gewinn für die Ausbildung und für die Schulpraxis aus folgenden Gründen: - Die Studierenden können die Fächer nach ihren Stärken wählen und damit ihr Vorwissen, ihre Begabungen und Neigungen optimal in die Ausbildung und in die spätere Schulpraxis einbringen. - Die Reduktion bedeutet für die Studierenden und Personen, die sich für den Lehrberuf interessieren, die Möglichkeit einer Abwahl von Fächern, welche absolut nicht den persönlichen Neigungen entsprechen. Wer nicht musikalisch (oder sportlich oder handwerklich usw. begabt) ist, kann im jetzigen System seinen Neigungen entsprechend Lehrperson werden. Das war in der seminaristischen Ausbildung zur Lehrperson nicht möglich. - In der Zentralschweiz haben sich die Bildungsdirektionen, als um die Wende zum 21. Jahrhundert das Weiterbildungsangebot für die Nachqualifikation für das Fach Englisch konzipiert wurde, für das Niveau C1 in den Fremdsprachen bei den Lehrpersonen entschieden. Das führte dazu, dass auch in der Ausbildung die Studierenden an der PHZ das Niveau C1 in den Fremdsprachen erwerben müssen, um ein Primarlehrdiplom zu erwerben. Dies ist eine grosse Hürde. Wollte man heute eine sogenannte Allrounder- Ausbildung anbieten, könnte das nur durch eine erhebliche Reduktion dieses Niveaus bewerkstelligt werden, was wiederum Auswirkungen auf die Qualität hätte. - Die Ausbildungsqualität konnte mit der Reduktion auf sieben Fächer verbessert werden. Die gewählten Fächer können vertiefter studiert werden, als dies mit zehn Fächern möglich wäre. Das vertiefte Studium betrifft nicht nur die pädagogisch-didaktischen Grundlagen, sondern auch die für die PHZ zentrale schulpraktische Ausbildung. Die Studierenden haben die vier obligatorischen Fächer Deutsch, Mathematik, Französisch oder Englisch und Mensch und Umwelt auszuwählen. Damit werden bereits zwei Drittel der Unterrichtszeit der Schülerinnen und Schüler abgedeckt. Die Studierenden wählen nebst den obligatorischen Fächern aus den folgenden Fächern drei weitere für ihr Studium aus: Bewegung und Sport, Bildnerisches Gestalten, Technisches und Textiles Gestalten, Englisch oder Französisch, Ethik und Religionen, Musik. Die Erfahrung zeigt eine ausgewogene Fächerwahl. Eine Ausnahme bildet die Wahl der Sprachfächer: Englisch wird weit häufiger gewählt als Französisch.
3 2. Finden die Urner Volksschulen geeignete Lehrpersonen für ihre Schüler und Schülerinnen in Bezug auf die richtigen Fächerkombinationen? Im Allgemeinen finden die Urner Volksschulen genügend geeignete Lehrpersonen. Es ist allerdings so, dass nicht immer alle Fächer durch Lehrpersonen unterrichtet werden können, die das entsprechende Fach in der Ausbildung auch belegt haben. Gemäss einer Umfrage bei den Schulen im Jahr 2010 unterrichten wenige Lehrpersonen mit einer PHZ-Ausbildung an der Primarstufe Fächer, für die sie nicht adäquat ausgebildet sind: Musik (5); Ethik & Religion (6); Bildnerisches Gestalten BG (1); Sport (1). Auf der Oberstufe betrifft es aufgrund des Fachlehrersystems erwartungsgemäss mehr Fächer. Bei Absolventinnen und Absolventen der PHZ sind folgende Fachbereiche am häufigsten betroffen: BG (5); Geografie (4); Deutsch, Französisch, Mathematik und Geschichte/Staatskunde (je 3). Bei den Diskussionen um die Anzahl der zu unterrichtenden Fächer gilt es zu beachten, dass bei der seminaristischen Ausbildung die einzelnen Lehrpersonen zwar alle Fächer belegt haben, aber dann später in der Praxis je nach Neigung auch nicht alle Fächer unterrichteten, weil sie beispielsweise Fächer mit anderen Lehrpersonen abtauschen. Dies wiederum führte dazu, dass nach einigen Jahren ohne Unterricht in einem bestimmten Fach die Kompetenzen im entsprechenden Fach trotz entsprechender Lehrbefähigung stark abnahmen und ein Unterrichten in diesem Fach faktisch nicht mehr möglich war. Weiter gilt es zu beachten, dass auf der Oberstufe, schon bevor die Ausbildung an die Pädagogischen Hochschulen verlegt wurden, die Lehrpersonen sich in Richtung phil. I oder phil. II spezialisierten und somit auch nicht alle Fächer unterrichten konnten oder Fächer (z. B. Bildnerisches Gestalten, Geschichte, Geografie) unterrichten mussten, für die sie nicht adäquat ausgebildet waren. Die Lehrpersonen bildeten sich in diesen Fächern jeweils gezielt weiter. 3. Wie steht es mit einer Nachqualifikation? Ist es möglich, sich als Lehrperson in weiteren Fächern nachzuqualifizieren, ohne dass grosse Einbussen (Unterrichtsausfall) oder Kosten in Kauf genommen werden müssen? Lehrpersonen der Primarstufe können berufsbegleitend Lehrdiplome für zusätzliche Fächer erwerben. Der Studienumfang pro zusätzliches Fach beträgt in der Regel vier Module. Die PHZ bemüht sich, das Zusatzstudium so zu gestalten, dass im Durchschnitt maximal ein halber Tag unter der Woche dafür reserviert werden muss. Das Studium wird wenn möglich
4 auf Samstage, Mittwochnachmittage und auf Abende gelegt. Lehrpersonen der Sekundarstufe I können ebenfalls berufsbegleitend Lehrdiplome für zusätzliche Fächer erwerben. Der Studienumfang pro zusätzliches Lehrdiplom beträgt entsprechend den EDK-Anerkennungsvorgaben 30 Credits (zirka 750 bis 900 Arbeitsstunden). Vorqualifikationen werden angerechnet. Es erfolgt eine individuelle Studienberatung, die eine Integration in das Studium zu passenden Zeiten zu realisieren versucht. Es werden auch Module über Internet angeboten, die von zuhause aus belegt werden können. Als Kosten für ein Diplomerweiterungsstudium fallen für die Studierenden die Semestergebühren sowie Reise- und übrige Spesen an. Aktuell betragen die Studiengebühren 550 Franken pro Semester. Der Kanton übernimmt über die Kostenabgeltungspauschale der PHZ die übrigen Kosten. Auch nach der Auflösung des Konkordats PHZ wird diese Kostenbeteiligung über die Interkantonale Fachschulvereinbarung (FSV) gesichert bleiben. 4. Wie sieht die Situation in Bezug auf die Anzahl der ausgebildeten Lehrpersonen aus? Können genügend Lehrpersonen ausgebildet werden, um den Bedarf der Urner Volksschule zu decken? Wie der Regierungsrat bereits in seiner Antwort auf die Interpellation von Landrat Urs Dittli, Schattdorf, am 19. Oktober 2010 festgehalten hat, beurteilt er die Gesamtsituation der Besetzung der Lehrerstellen im Kanton Uri zum jetzigen Zeitpunkt als recht gut. Aus heutiger Sicht können genügend Lehrpersonen ausgebildet werden, um den Bedarf im Kanton Uri zukünftig decken zu können. Schwierigkeiten können sich allenfalls in der Oberstufe infolge der grösseren Zahl an Pensionierungen ergeben. In der Vergangenheit haben sich Perioden mit Mangel und Überhang an ausgebildeten Lehrpersonen in regelmässiger Abfolge abgelöst. Ein entscheidender Faktor ist die zukünftige Entwicklung der Konjunktur. In Phasen von Rezession bildet sich jeweils sehr schnell ein Überhang an Lehrpersonen. In Phasen der Hochkonjunktur tritt regelmässig ein Mangel ein. 5. Weiss der Regierungsrat, ob sich die PHZ über eine verkürzte Lehrerausbildung für Quereinsteiger, analog beispielsweise der pädagogischen Hochschule in der Nordwestschweiz, Gedanken macht oder bereits eine solche in Planung ist? Unter "Quereinsteigenden" wird Unterschiedliches verstanden. Unter den Begriff fallen einerseits Berufsleute, andererseits Personen, die bereits ein Hochschulstudium absolviert haben und mit dem Studium zur Lehrperson ein weiteres Studium absolvieren möchten.
5 Für Berufsleute bietet die PHZ heute bereits die Möglichkeit an, auch ohne Matura oder pädagogische Fachmatura ein Studium zu absolvieren. Allerdings müssen diese Personen einen Vorkurs besuchen und die dazu gehörenden Prüfungen bestehen. Auf diesem Weg werden wertvolle Personen für den Lehrpersonenberuf gewonnen. Personen, die bereits ein Hochschulstudium mitbringen, absolvieren heute an der PHZ in der Regel das ganze Studium allerdings werden adäquate Vorleistungen angerechnet. Die PHZ verfolgt aktiv die Entwicklungen hinsichtlich der neuen Angebote für Quereinsteigende, die im Kontext des Lehrpersonenmangels im Entstehen sind. Sie setzt sich in der Konferenz der Rektor/innen der pädagogischen Hochschulen dafür ein, dass diese Entwicklungen an den Hochschulen koordiniert werden und dass solche Angebote keine "Dumpingangebote" sind, sondern ebenbürtige Angebote mit EDK-Anerkennung. Mit dem PHZ-Konkordatsrat ist die PHZ im Gespräch darüber, ob sich in den Zentralschweizer Kantonen ein Lehrpersonenmangel abzeichnet, der es nötig machen würde, mehr Lehrpersonen auszubilden, als dies im Moment der Fall ist. Sie hat ihre Bereitschaft signalisiert, Studienkonzepte für Quereinsteigende zu entwickeln. Die PHZ ist laufend daran, ihre Ausbildungsgänge zu überprüfen. Dazu gehört nicht nur das Schaffen flexibler Studienmöglichkeiten, sondern auch die Überprüfung der Aufnahmebedingungen hinsichtlich der Anerkennung von Vorleistungen. Im Bereich Sekundarstufe I werden zurzeit verbesserte Möglichkeiten entwickelt, das Masterstudium (nach dem Bachelorabschluss) mit vorgezogenen Einsätzen in der Schule zu verbinden. Mitteilung an Mitglieder des Landrats (mit Interpellationstext); Mitglieder des Regierungsrats; Rathauspresse; Standeskanzlei; Direktionssekretariat Bildungs- und Kulturdirektion (für sich und zur Information der Mitglieder des Erziehungsrats) und Bildungs- und Kulturdirektion. Im Auftrag des Regierungsrats Standeskanzlei Uri Der Kanzleidirektor