Hawkeye Photography siemens.com/energy Autobahnen für elektrischen Strom Das Energie-Puzzle Stromübertragung Sonderdruck aus Pictures of the Future Herbst 2012 Answers for energy.
Mit Hochspannung auf die Ferieninsel: Eine HGÜ verbindet Mallorca mit dem Festland und versorgt die Baleareninsel mit sauberem Strom. In dieser HGÜ-Station (großes Bild) wird der Gleichstrom nach der Übertragung wieder zu Wechselstrom. Das Energie-Puzzle Stromübertragung Autobahnen für elektrischen S Um eine nachhaltige Energieversorgung umzusetzen, ist der Ausbau der Fernnetze notwendig. Doch für den Transport großer Leistungen über weite Entfernungen sind die elektrischen Verluste auf konventionellen Wechselstromtrassen zu hoch und oft fehlt auch die Akzeptanz in der Bevölkerung für Neubauten. Wie könnten die Alternativen aussehen? Erneuerbare Energien sollten vor allem dort genutzt werden, wo sie reichlich anfallen: Wind auf dem offenen Meer und Sonne in sonnenreichen Gegenden. So sollen bis 2020 in Norddeutschland Windräder bis zu 30 Gigawatt Spitzenleistung installiert sein. Doch gleichzeitig liegen die großen Verbraucherschwerpunkte nicht im Norden, sondern vornehmlich im Süden des Landes wie aber bekommt man den Strom von Nord nach Süd? Schon heute reichen die Leitungen nicht. Der saubere Strom aus dem Norden muss häufig auf Stromnetze der östlichen und westlichen Nachbarn Deutschlands umgeleitet werden, um letztlich in Süddeutschland anzukommen. Ein massiver Ausbau des Stromnetzes scheint unausweichlich. Hierzu hat die Bundesregierung mit den vier deutschen Übertragungsnetzbetreibern im Mai 2012 einen Netzentwicklungsplan vorgestellt. Insgesamt sollen in den nächsten zehn Jahren 3.800 Kilometer neue Leitungstrassen entstehen. Ein Mammutvorhaben also, das nach erfolgreicher Umsetzung auch als Blaupause für eine nachhaltige Energieversorgung in anderen Ländern dienen kann, vor allem dann, wenn wie in Deutschland ein wichtiger Anteil der erneuerbaren Energien fernab der Verbraucherzentren geerntet werden soll. Aber ist ein derart schneller Ausbau des Stromnetzes überhaupt zu realisieren? Ab einer Trassenlänge von einigen hundert Kilometern sind bei der bisher dominanten Drehstromtechnik die Verluste zu groß, erklärt Prof. Dirk Westermann, Leiter des Fachgebiets Elektrische Energieversorgung an der Universität Ilmenau und Mitglied im Beirat der Plattform Zukunftsfähige Energienetze des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Hier wäre der Ausbau mit der Technik der Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) am effizientesten. Damit ist es möglich, Strom auch über mehr als tausend Kilometer mit geringen Verlusten zu transportieren. Mit Gleichstrom können im Vergleich zu Drehstromleitungen die Übertragungsverluste um 30 bis 50 Prozent reduziert werden, bringt es Jörg Dorn, Entwicklungsleiter für HGÜ-Systeme bei Siemens Energy, auf den Punkt. Dass das funktioniert, zeigt seit 2010 eine Siemens-HGÜ in China. Sie versorgt die Megastädte in der Provinz Guangdong mit sauberem Strom aus 1.400 Kilometer entfernten Wasserkraftwerken (Pictures of the Future, Herbst 2009, S. 24). Weitere Referenzen in Pictures of the Future Herbst 2012
Neuseeland, New York City oder Spanien zeigen ebenfalls die Vorteile dieser Technik. So verbindet eine HGÜ das spanische Festland mit der Baleareninsel Mallorca und versorgt diese mit Strom aus erneuerbaren Energien. Dadurch sollen Lastspitzen während der Urlaubssaison abgefangen und der Insel der Bau neuer Kraftwerksblöcke erspart werden. Siemens hat als einer der führenden Hersteller bei HGÜ einen Weltmarktanteil von etwa 40 Prozent. Mehr Leistung übertragen. Eine HGÜ-Strecke verbindet wie eine Pipeline zwei Punkte miteinander. Zunächst wandelt eine Umrichterstation am Eingang den Wechselstrom in einen Gleichstrom sehr hoher Spannung, beispielsweise 400.000 oder 800.000 Volt. Am anderen Ende steht ein weiterer Umrichter, der aus dem Gleichstrom wieder Wechselstrom erzeugt, der zu den Verbrauchern geleitet wird. Zwar sind die Kosten für die Umrichter hoch, erklärt Westermann, doch die geringeren Leitungskosten kompensieren ab 600 km diesen finanziellen Mehraufwand wieder. Ein weiterer Vorteil von HGÜ: Bei gleicher Trassenbreite kann eine HGÜ-Verbindung zweibis dreimal mehr Leistung übertragen als eine Wechselstromtrasse. Bereits vorhandene Strecken ließen sich sofort in leistungsfähige Stromautobahnen umbauen. Die Idee ist umso reizvoller, da in Deutschland praktisch alle Leiterseile an zweiarmigen Masten hängen. Diese führen links und rechts je eine dreiphasige unabhängige Drehstromverbindung, das System ist dadurch redundant. Statt des Baus komplett neuer Leitungen wird daher über eine gemeinsame Trasse mit Gleichstrom und mit Wechselstrom nachgedacht, erläutert Dorn. Vorhandene Masten müssten dafür umgebaut und HGÜ-Umrichterstationen am Anfang und am Ende der Trasse installiert werden. Wenn nur bestehende Masten umgerüstet werden, würde die Akzeptanz der Bürger steigen, vermutet Dorn. Gleichzeitig wäre diese Umrüstung wesentlich schneller zu realisieren als ein kompletter Trassenneubau. Die technischen Herausforderungen sind allerdings anspruchsvoll, sie müssen untersucht und getestet werden, sagt der HGÜ-Chefentwickler. Noch vor 2019 möchte der Netzbetreiber Amprion mit einer solchen Technologie eine rund 430 Kilometer lange Strecke vom Rheinland nach Baden-Württemberg ausrüsten wobei nur 10 Prozent der Trassen neu gebaut netze nicht direkt mit dem innereuropäischen Stromnetz zusammenarbeiten. HGÜ-Konverterstationen zur Netzkupplung könnten hier Abhilfe schaffen, denn mit einer HGÜ lassen sich Wechselstromnetze auch weiträumig beliebig miteinander koppeln. Gleichzeitig wirken die Konverterstationen wie eine Firewall, indem sie die kaskadenartige Ausbreitung von Störungen im Netz blockieren und damit auch die Ausbreitung von Blackouts. Und noch ein weiterer Trumpf der HGÜ sticht bei einem Blackout. Wir haben die HGÜ-Technik so weiterentwickelt, dass ein zusammengebrochenes Netz damit wieder angefahren werden kann, sagt Dorn. Künftig wird es sogar möglich sein, eine HGÜ-Verbindung mit einer Abzweigung zu versehen. Damit könnten dann Ballungsgebiete wie das Ruhrgebiet, das am Rand der avisierten Nord-Süd-Trassen liegt, ebenfalls von der HGÜ- Technik profitieren. Diese sogenannte Multiterminal-HGÜ ist auch für das künftige Stromnetz eines Europäischen Super Grids eine wesentliche Voraussetzung. Öffentlichkeit einbeziehen. Technisch stünde also dem Ausbau der Stromnetze nichts mehr im Wege. Doch die technische Machbarkeit ist trom werden müssten. Zwar ist der Mischbetrieb von Wechselstrom und Gleichstrom noch nicht ausreichend in der Praxis erprobt, aber die Forschungen auf diesem Gebiet verlaufen vielversprechend. Siemens arbeitet eng mit verschiedenen Hochschulen zusammen, um beispielsweise herauszufinden, ob und wie sich die Gleich- und Wechselstromsysteme der Verbindungen gegenseitig beeinflussen können. Darüber hinaus könnten HGÜ-Trassen helfen, die Energiesysteme in Europa besser miteinander zu vernetzen. So stößt die sich abzeichnende Erweiterung des europäischen Stromverbunds in Richtung Osten und Süden bis hin nach Russland, dem Mittleren Osten und Afrika schnell an die Grenzen der Machbarkeit eines weiträumigen synchronen Netzbetriebes. Aus technischen Gründen können die dortigen Wechselstromnicht alles: Um den Ausbau der Energiesysteme umsetzen zu können, ist die breite Unterstützung der Öffentlichkeit für den Bau neuer Trassen wesentlich (Pictures of the Future, Herbst 2009, S.14). Eine sachliche Information, eine möglichst frühzeitige Beteiligung der Bevölkerung an den Ausbauplanungen, aber auch eine Vereinfachung der Genehmigungsverfahren und eine hohe Transparenz der Entscheidungen werden hier für den Erfolg unabdingbar sein. Dabei sind nicht überall Hochspannungsmasten sinnvoll und einsetzbar so etwa in Ballungszentren oder in unmittelbarer Flughafennähe. Hier könnten gasisolierte Leitungen (GIL) genutzt werden. Bei ihnen ersetzt ein Gemisch aus Stickstoff und Schwefelhexafluorid (SF 6 ) die bei Erdkabeln sonst verwendete Pictures of the Future Herbst 2012
Alternative unter der Erde: Gasisolierte Leitungen übertragen Höchstspannungen auch ohne Strommasten. Isolation auf Papier- oder Kunststoffbasis. Als Stromleiter fungiert ein etwa 18 Zentimeter dicker Rohrleiter, den ein 50 Zentimeter dickes Schutzrohr umgibt. Will man mit höheren Spannungen arbeiten, geht auch das ohne Weiteres man muss nur den Durchmesser der Rohre entsprechend erhöhen. Bei direkter Erdverlegung können heute rund 3.200 Ampere, bei Verlegung in der Luft sogar bis zu 5.000 Ampere übertragen werden, bei 550.000 Volt Spannung. Ein weiterer Vorteil: Auch in unmittelbarer Nähe von GIL-Trassen sind kaum elektrische oder magnetische Felder messbar. Daher stören die gasisolierten Leitungen weder Telekommunikations- noch Flugüberwachungseinrichtungen. Selbst die strengsten europäischen Richtlinien hält die GIL-Technik problemlos ein. Daher können sich Menschen oberhalb von GIL-Tunneln beliebig lange aufhalten. Unterirdische Leitungen sind also mittlerweile eine gut ausgereifte Alternative zum Strommast allerdings auch rund viermal so teuer wie ihre Freiluftpendants. Daher kommen GILs hauptsächlich nur dort in Frage, wo Höchstspannungen bei begrenzten Platzverhältnissen übertragen werden müssen oder wo besondere Umweltanforderungen existieren. Um die hohen Kosten für die Netzanbieter erträglich zu machen, diskutieren Experten auch eine Kombination von Strom- und Datenverbindungen. Die Idee: Künftig könnten beide Infrastrukturnetze zusammen in einem begehbaren Tunnel neben Autobahnen, Schifffahrtskanälen oder Eisenbahnlinien verschwinden. Bernd Schöne Pictures of the Future Herbst 2012
Dieser Artikel ist erschienen in: Pictures of the Future Herbst 2012 Seiten 24 26 Copyright 2012 Dieser Sonderdruck wurde herausgegeben von: Siemens AG Energy Sector Power Transmission Division Transmission Solutions Freyeslebenstraße 1 91058 Erlangen, Germany Alle Rechte vorbehalten. In diesem Dokument genannten Handelsmarken und Warenzeichen sind Eigentum der Siemens AG bzw. ihrer Beteiligungsgesellschaften oder der jeweiligen Inhaber. Änderungen vorbehalten. Die Informationen in diesem Dokument enthalten allgemeine Beschreibungen der technischen Möglichkeiten, welche im Einzelfall nicht immer vor liegen. Die gewünschten Leistungsmerkmale sind daher im Einzelfall bei Vertragsschluss festzulegen. Wünschen Sie mehr Informationen, wenden Sie sich bitte an unser Customer Support Center. Tel.: +49 180 524 70 00 Fax: +49 180 524 24 71 (Gebühren in Abhängigkeit vom Provider) E-Mail: support.energy@siemens.com Power Transmission Division Bestell-Nr. E50001-G620-A155 Printed in Germany Dispo 30003 c4bs-nr. 7803 TH 250-130101 WÜ SD 02131.0