Überblick Zwei wichtige Dinge stehen im Mittelpunkt dieses Kapitels. Erstens gibt es Rendite nicht ohne Risiko! Zweitens die Säulen der Geldanlage, im Bankerdeutsch»die Anlageklassen«. Ein Sparbuch hat fast jeder, Fest- oder Tagesgeld haben manche, Aktien wenige und Rohstoffe hat fast keiner. Und doch empfehlen alle Experten: Der Mix macht s.
Magisches Dreieck der Geldanlage Sicherheit, Rendite und Liquidität Das magische Dreieck beschreibt die drei Grundziele jeder Geldanlage, die leider so viel sei vorweggenommen nie gleichzeitig zu realisieren sind: Sicherheit, Rendite und Liquidität. Maximal lassen sich zwei Ziele miteinander kombinieren, darunter leidet dann aber zwangsläufig immer das dritte Ziel. Beispiel Sie versuchen, für Ihr Kapital höchstmögliche Sicherheit zu bekommen? Dann werden zweistellige Renditen nicht zu erreichen sein. Sie möchten maximale Liquidität (Verfügbarkeit) Ihres Kapitals, auch dann wird eine hohe Rendite ein Wunschtraum bleiben. Möchten Sie allerdings eine maximale Rendite, dann wird es um die Sicherheit Ihrer Geldanlage nicht gut bestellt sein. Machen Sie sich vor jeder Geldanlage selbst klar, welche Ziele des magischen Dreiecks der Geldanlage für Sie persönlich im Vordergrund stehen und auf welches der drei Ziele Sie am ehesten verzichten können. Das magische Dreieck ist dabei übrigens nicht nur absolut, sondern auch verhältnismäßig zu sehen. Das heißt, bei gleicher Verfügbarkeit (meist Laufzeit) sollte zwischen der Sicherheit und der Rendite zweier vergleichbarer Finanzprodukte kaum ein Unterschied bestehen. Beispiel Sie vergleichen zwei Aktienanleihen zweier Bankinstitute mit dem gleichen Basiswert (und den gleichen Emissionsbedingungen). Sind die beiden Produkte in Sachen Laufzeit und Zins identisch, die Kurse unterscheiden sich aber dennoch leicht, so liegt das daran, dass das Emittentenrisiko (also das Risiko, das die herausgebende Bank selbst vor Laufzeitende pleitegeht) von den Marktteilnehmern unterschiedlich eingeschätzt wird. Sicherheit Emittenten-, Kurs- und Währungsrisiken Liquidität Bei der Sicherheit können verschiedene Kriterien eine Rolle spielen, die am Ende aber alle einzeln für sich genommen bis hin zum Totalverlust Ihres eingesetzten Kapitals führen können. Es geht um das sogenannte Emittentenrisiko (wenn das Kreditinstitut Pleite geht, wichtig zum Beispiel bei Zertifikaten), in der Regel aber um Kurs- und Währungsrisiken. Liquidität misst sich in der Schnelligkeit, mit der die Geldanlage wieder verfügbar gemacht werden kann. Eine hohe Liquidität (oder umgangssprachlich Verfügbarkeit) haben zum Beispiel Aktien, die börsentäglich 20 Finanzprodukte
verkauft werden können. Eine niedrige Liquidität hat Festgeld, WISO Tipp das zum Teil über drei bis zwölf Monate fest gebunden ist. Versucht Ihnen ein Anlageberater oder auch ein Freund Die Rendite einer Anlage ist die Rentabilität, die sich zum Beispiel aus Zinszahlungen, realisierten Kurssteigerungen (alles hohe Renditen bei hoher Liquidität und ohne Risiko an- andere sind»buchgewinne«, die Sie nicht selbsttäuschend mit Rendite verwechseln sollten) und Dividenden zusammensetzen zudrehen, so gehen Sie auf kann. Ziehen Sie von diesen Kapitaleinnahmen zur Berechnung Distanz. Das kann nur ein unseriöses Angebot sein! Den der Rendite die Nebenkosten wie Ausgabeaufschläge, Transaktionskosten und die Abgeltungsteuer ab. Letzteres nennt man Stein der Weisen gab es zum dann Rendite (in Prozent) oder Ertrag (in Euro) nach Steuern. letzten Mal bei Harry Potter. Volatilität ist ein weiterer Fachbegriff aus der Finanzwissenschaft. Sie definiert die Risikogröße. Mit steigender Volatilität nimmt das Risiko zu, dass die tatsächliche Rendite nicht mehr Rendite und Volatilität dem erwarteten Ertrag entspricht. Riskante Geldanlagen haben deshalb eine höhere Volatilität (man könnte auch sagen Schwankungsbreite) als sichere Finanzprodukte. Im magischen Dreieck der Geldanlage ist Ethik oder die Verantwortung des Anlegers nicht enthalten, sie spielt aber zunehmend eine immer wichtigere Rolle. Sie möchten sicher nicht, dass Sie mit Ihrem Geld Kriege, Kinderarbeit, Atomenergie oder Ähnliches finanzieren. Das ist ein immer wichtiger werdender Aspekt der Motivation für eine bestimmte Geldanlage unter ethischen Aspekten. Überlegen Sie sich vor einer Investition in ein Finanzprodukt, was Sie persönlich unterstützen oder ablehnen. Es findet sich für jeden das richtige Finanzprodukt, übrigens in aller Regel auch ohne Verzicht auf Rendite. Ethik Was passiert, wenn Sie auf Rendite verzichten? Wenn Sie bereit sind, auf Rendite zu verzichten, wenn also die Risikolosigkeit und die tägliche Verfügbarkeit Ihres Geldes an oberster Stelle stehen, dann werden Sie unweigerlich bei Tagesgeld landen. Googeln Sie einfach, welche Kreditinstitute (die der deutschen Einlagensicherung unterliegen, dies zum Thema Sicherheit) die höchsten Zinssätze für diese Form der Geldanlage bieten. Manche Anleger glauben immer noch, in Sachen Sicherheit sei das Sparbuch die erste Wahl. Dazu kann man sagen, dass die Sicherheit bei Tagesgeld genauso hoch, die Liquidität aber weitaus höher (weil Sparbücher eine gesetzliche Kündigungsfrist haben) und der Zinssatz leicht Tagesgeld Überblick 21
Festgeld Rendite und Inflation höher als beim klassischen Sparbuch ist. Das ist und dieser Widerspruch ist nicht aufzulösen eigentlich eine Unmöglichkeit in Sachen magisches Dreieck. Wollen Sie maximale Sicherheit und sind dazu auch noch bereit, neben der Rendite auf Liquidität zu verzichten, dann können Sie bei Ihrer Bank auch an Festgeld denken, da ist die Rendite dann einen Tick höher als beim Tagesgeld. Verzichten Sie allerdings völlig auf Risiko, dann kann die Rendite so niedrig sein, dass sie durch die Inflation aufgefressen wird. Beispiel Wenn das Sparbuch 0,7 Prozent Zinsen bringt, die Inflationsrate aber bei über 1 Prozent liegt, dann haben Sie trotz Zinsen in einem Jahr weniger Kaufkraft als vor Ihrer Anlageentscheidung für das Sparbuch, auch wenn Ihr Kapital nominal angewachsen ist. Realzins Denken Sie beim Realzins (Zinssatz minus Inflationsrate) auch an die Abgeltungsteuer. Die schmälert die Realverzinsung nämlich zusätzlich. Was passiert, wenn Sie auf Liquidität verzichten? Wenn Sie etwa bei Festgeld (meist ein bis drei Monate) oder bei einem Sparbrief (bis zu zehn Jahre) auf den Zugriff auf Ihr Kapital verzichten, also gänzlich auf Liquidität verzichten, dann wird es extrem schwierig (das heißt teuer), wenn Sie doch an Ihr Geld kommen wollen. Entweder Sie verzichten durch eine vorzeitige Kündigung eines solchen Vertrages meist komplett auf den versprochenen Zins oder Sie müssen in manchen Fällen hohe Gebühren in Kauf nehmen. Wenn Sie gar nicht an Ihr Geld kommen, dann bleibt oft nur der Weg, einen Kredit aufzunehmen. Hier zahlen Sie selbstverständlich immer mehr Kreditzinsen als Sie Guthabenzinsen erwarten können. Es gibt noch ein weiteres Problem, das sich aus mangelnder Liquidität ergibt, an das aber nur wenige Anleger denken. Wenn Sie Ihr Erspartes für lange Zeit binden, so profitieren Sie nicht von einem ansteigenden Zinsniveau. Im Gegenteil: Ihre Anleihen werden sogar an Kurswert verlieren, wenn das Zinsniveau langfristig ansteigt. (Der Nominalzins bleibt natürlich gleich, von sogenannten»floatern«mal abgesehen dazu im Kapitel»Anleihen«mehr). 22 Finanzprodukte
Was passiert, wenn Sie auf Sicherheit verzichten? Wenn Sie bereit sind, in Sachen Emittenten-, Währungs- und Kursrisiko auf Sicherheit zu verzichten, dann sollte Ihre Rendite steigen. Je mehr Sie allerdings auf Sicherheit verzichten, desto größer wird Ihr Risiko bis hin zum Totalverlust Ihrer Geldanlage. Achtung: Bei manchen Optionen oder auch bei manchen Hebelprodukten können Sie sogar erheblich mehr Geld verlieren als Sie überhaupt eingesetzt haben! Säulen der Geldanlage der Mix macht s Der Mix macht s streuen Sie Ihr Geld, das mindert das Risiko. In der Vergangenheit war es häufig so (zugegebenermaßen galt das in der Finanzkrise 2011 nicht), dass Aktien und Anleihen sich gegenläufig verhielten. Steigen Aktien, dann fallen in aller Regel die Kurse von festverzinslichen Wertpapieren. Stichwort Diversifikation streuen Sie das Risiko und Diversifikation minimieren Sie es dadurch. Man unterscheidet die vertikale von der horizontalen Diversifikation. Was will uns der Finanzwissenschaftler damit sagen? Ver- WISO Tipp Planen Sie die Asset Allocation Ihres Depots langfristig teilen Sie Ihr Geld erstens über verschiedene Vermögensklassen wie Aktien, Anleihen, Rohstoffe, Sichteinlagen, Währungen vor Ihrer nächsten Anlageentscheidung. Das spart über- und Immobilien, streuen Sie es aber auch zweitens innerhalb einer Risikoklasse, zum Beispiel durch den Kauf lang- und kurzlaufender Anleihen, Gewerbe- und Privatimmobilien, Euro und flüssige Kosten einer nachträglichen Umschichtung! Dollar oder in- und ausländischer Aktien. Das bezeichnen die Profis als Asset Allocation. Der Erfinder dieser Theorie, Harry Markowitz, hat dafür sogar einen Nobelpreis gewonnen. Er hat errechnet, dass mit einem Mix aus verschiedenen Anlageklassen der Anleger im Durchschnitt immer besser fährt als wenn er sein Geld in einer Anlageklasse klumpt oder andersherum, weil Rendite und Risiko immer in einem Verhältnis stehen. Bei gleichem Risiko ist die Rendite bei einem Anlagemix auf lange Zeit gesehen immer am höchsten. Lassen Sie sich nicht einreden, Aktien etwa seien grundsätzlich riskanter als Anleihen. Spätestens die Finanzkrise hat gezeigt, dass etwa griechische Staatsanleihen erheblich riskanter sind als Aktien von McDonald s. Grundsätzlich gilt hier gar nichts. Es lassen sich nämlich heutzutage in fast jeder Anlageklasse Produkte mit Renditeerwartungen von 2 Prozent Vertikale und horizontale Diversifikation Überblick 23