MEDIZINISCH CHEMISCHE ÜBUNGEN. Modul 03



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MEDIZINISCH CHEMISCHE ÜBUNGEN Modul 03 Skriptum für die Diplomstudien für Human- bzw. Zahnmedizin; Studienjahr 2009/10 Im Eigenverlag des Institutes für Physiologische Chemie

Wichtig Für das Praktikum benötigen Sie folgendes: Preglsatz Labormantel Festes Schuhwerk Schutzbrillen werden zu Verfügung gestellt Inhalt des Preglsatzes: 10 Stk. Eprouvetten 1 Eprouvettenbürste 1 Küchenrolle 10 Stk. Pasteurpipetten Erhältlich am Institut für Physiologische Chemie 2

Merkblatt für Seminare und Übungen aus Medizinischer Chemie SEMINARE UND ÜBUNGEN IMPLIZIEREN ANWESENHEITSPFLICHT, AKTIVE MITARBEIT UND HABEN IMMANENTEN PRÜFUNGSCHARAKTER. DAHER SIND FOLGENDE PUNKTE ZU BEACHTEN: * Die Anwesenheit wird durch die Studierenden mit Unterschrift in der Anwesenheitsliste bestätigt, eine fehlende Unterschrift ist gleichbedeutend mit Absenz. * Zu jedem Seminar und zu jeder Übung sind Taschenrechner, Geodreieck, Schreib- und Zeichenmaterial mitzubringen. Bei den Übungen sind der Preglsatz und ein Arbeitsmantel mitzubringen! * Der Labortisch ist nach Übungsende so zu verlassen, wie er am Übungsbeginn vorgefunden wurde. Geräte sind abzuschalten, Experimentierteile in die dafür vorgesehenen Behälter einzuräumen. Nichteinhaltung kann einen Punkteabzug zur Folge haben. 3

Praktikumsbeispiel: Protonenübertragungsreaktionen A. Magensäuretitration (Titration einer starken Säure) B. Puffer (Titration einer schwachen Säure) Einleitung: Die medizinische Chemie beschäftigt sich häufig mit dem Verhalten von schwachen Säuren und schwachen Basen, welche nicht vollständig dissoziieren, wenn sie in Wasser gelöst werden. Schwache Säuren und Basen kommen in biologischen Systemen häufig vor und spielen eine wichtige Rolle im Stoffwechsel und bei dessen Regulation: i) Fast alle Eigenschaften der Eiweiße sind ph-abhängig, da sie aus Aminosäuren aufgebaut sind. Diese Aminosäuren sind sogenannte Zwitterionen, welche bei ph-änderung ihre Ladung ändern. Somit werden wichtige Eigenschaften von Eiweißmolekülen wie die Löslichkeit, die Möglichkeit zur Wechselwirkung mit anderen Stoffen, die Molekülform durch die ph- Verschiebung beeinflußt. Weiters steuern funktionelle Eiweißkörper (Enzyme) sämtliche Stoffwechselfunktionen. ii) Die Fähigkeit des Hämoglobins zur Sauerstoff-Bindung ist phabhängig (Bohr-Effekt). Im sauren Bereich wird der molekulare Sauerstoff weniger stark an das Hämoglobin gebunden und damit für die Stoffwechselleistungen in der Zelle zur Verfügung gestellt. Der stärker saure Bereich ergibt sich aus den Abbauprodukten dieser Stoffwechselleistungen (biologische Oxidation) wie Bicarbonat, Milchsäure usw. In der Lunge dagegen wird durch die Abgabe des Kohlendioxids die Acidität des Blutes gesenkt, sodass die Bindung des eingeatmeten Sauerstoffes zum Hämoglobin besonders begünstigt wird. 4

Bei dieser vielfältigen Beeinflussbarkeit der Funktionen des Körpers braucht diese eine Art Bezugssystem für den ph-wert. Dieser Bezugswert ist durch die sehr konstante H + - Konzentration im Blut gegeben. Um das Verhalten wässriger Lösungen schwacher Säuren oder Basen besser zu verstehen, sind einige Begriffe zu definieren: Reines Wasser dissoziiert in sehr geringem Ausmaß (Autoprotolyse) zu: 2 H 2 O H 3 O + + OH - Daraus ergibt sich: Die Konzentration an H + -Ionen ist gleich der Konzentration der OH - -Ionen. c(h + ) = c(oh - ) Messungen zeigen, dass sowohl c(h + ) als auch c(oh - ) bei 25 C in reinem H 2 O den sehr kleinen Wert von 10-7 mol/l haben. Daraus ergibt sich das sogenannte Ionenprodukt des Wassers: K W = c(h + ) c(oh - ) = 10-14 Der zur H + -Konzentration 10-7 mol/l gehörige ph-wert 7 markiert den Neutralpunkt der ph- Skala. Lösungen, welche einen höheren ph-wert besitzen, sind basisch, da die OH - - Konzentration größer ist als die H + -Konzentrationen. Umgekehrt sind Lösungen mit einem ph-wert unterhalb von 7 sauer. Die Bedeutung des ph-wertes für die Medizin zeigt folgende Übersicht über den ph-wert einiger Körperflüssigkeiten und der Erythrocyten: 5

Tabelle Körper- ph-wert Körper- ph-wert Flüssigkeit flüssigkeit Speichel 5,0 6,8 Vaginalsekret 3,2 4,2 Magensaft 1,0 2,0 Samenflüssigkeit 7,1 7,5 Darmsaft 6,2 7,5 Blutplasma 7,39 ± 0,05 Galle 5,8 8,5 Erythrocyten 7,36 ± 0,05 Pankreassaft 7,5 8,3 Liquor cerebrospinalis 7,35 ± 0,05 Harn 5,0 8,0 Chemischer Hintergrund (Titration) Die volumetrische Analyse (= Massanalyse bzw. Titrimetrie) dient zur quantitativen Massenbestimmung einer Substanz. Dabei kommt es auf die genaue Messung des Volumens der Lösung an. Man misst die Lösungsmenge eines geeigneten Reaktionspartners (= Titrant), die bis zur vollständigen Gleichgewichtseinstellung einer eindeutig und rasch ablaufenden Reaktion verbraucht wird. Der Vorgang heißt Titration, die Operation Titrieren. Das Ende einer Titration ist am sogenannten Äquivalenzpunkt erreicht. Äquivalenzpunkt ( stöchiometrischer Punkt oder theoretischer Endpunkt) heißt derjenige Punkt bei einer Titration, an dem sich äquivalente Mengen von Titrant und Probe miteinander umgesetzt haben. Der Äquivalenzpunkt muss entweder direkt sichtbar sein oder eindeutig angezeigt (indiziert) werden können. Sehr oft wird anstelle des Äquivalenzpunktes einer Titration ein sogenannter Endpunkt bestimmt. Dabei soll der Endpunkt möglichst mit dem Äquivalenzpunkt zusammenfallen. Endpunkt einer Titration heißt derjenige Punkt, bei dem sich eine bestimmte ausgewählte Eigenschaft der Lösung (z.b. Farbe mittels Indikator, ph-wert usw.) deutlich ändert. Die 6

Genauigkeit volumetrischer Messungen hängt von der Genauigkeit ab, mit welcher Volumina von Lösungen gemessen werden können. Volumetrische Geräte können auf Einguss oder Ausguss geeicht sein: Auf Einguss geeicht: Maßkolben. Das Gefäß enthält, wenn es bis zur Marke gefüllt ist, genau das angegebene Volumen. Auf Ausguss geeicht: Bürette (Abb.1), Pipette (Abb.2). Wird das bis zur Marke gefüllte Gefäß entleert, so fließt genau das angegebene Volumen heraus (der Flüssigkeitsfilm an der Glasoberfläche und der Tropfen in der Pipettenspitze sind bei der Eichung einkalkuliert). Man achte stets beim Auffüllen der Bürette auf Luftblasenfreiheit, insbesondere im Bereich des Hahnes! Abb. 1 Abb. 2 Sowohl bei auf Einguss als auch auf Ausguss geeichten Geräten erfolgt die Ablesung der Flüssigkeitsmenge, wenn der untere Rand des Flüssigkeitsmeniskus die Strichmarke berührt, so weit es konventionelle Konstruk- tionen sind. Siehe Abb. 3. Abb. 3 7

A. Magensäuretitration (HCl NaOH Neutralisationsreaktion) Medizinischer Hintergrund Die Magensäure (gastric acid) ist ein Bestandteil (neben proteolytischen Enzymen, insbesondere Pepsinogen, alkalischem Schleim und dem Intrinsic Factor ) des Magensaftes. Sie stellt in so ferne eine Besonderheit in biologischen Systemen dar, als sie aus einer starken Säure, nämlich der HCl (Salzsäure), besteht. Die Dissoziation der Salzsäure zu H + -Ionen und Chlorid-Ionen in Wasser verläuft vollständig. Dadurch wird im Magen unter physiologischen Verhältnissen ein ph-wert von 1 bis 1,5 erzielt, der ein Wirkungsoptimum für die Zerlegung der Nahrung in einfachere Bausteine durch das (aus dem Pepsinogen im saurem Milieu gebildete) Pepsin garantiert. Die Menge der von der Magenschleimhaut sezernierten H + -Ionen ist von einer Vielzahl von regulierenden Faktoren (hauptsächlich vom Zustand des vegetativen Nervensystems: Vagotonus, Symphatikonus und von den Gewebshormen Gastrin und Histamin) abhängig. Abweichungen der H + -Ionenkonzentration von der Norm finden sich unter pathologischen Verhältnissen: - Senkung der H + -Ionenkonzentration bei chronisch atrophierender Gastritis (Achlorhydrie) und nach therapeutischer Vagotomie - Erhöhung der H + -Ionenkonzentration (Hyperchlorhydrie) bei Gastrinomen (= Zollinger-Ellison-Syndrom: Tumoren außerhalb des Magens, die unkontrolliert exzessive Mengen von Gastrin produzieren). Laboruntersuchungen des Magensaftes werden zur Therapiekontrolle bei Gastrinomen, zur Kontrolle des Erfolges einer Vagotomie sowie für wissenschaftliche Fragestellungen durchgeführt. Für die Bestimmung der Säurekonzentration des Magensaftes werden mehrere Portionen Magensekret mit definiertem Volumen und in einem bestimmten Zeitrahmen (1h) gesammelt. Die Sammlung aller dieser Magensekretportionen wird als Basalsekretion definiert. Die Säurekonzentration der Basalsekretion wird durch Titration mit 0.1 mol/l NaOH bestimmt und aus dem Produkt von Volumen und H + -Ionen-Konzentration ergibt sich die Säuremenge. Für unser Beispiel wird anstatt der Magensäure Salzsäure unbekannter Konzentration bereitgestellt.

Durchführung: Die Titration von HCl mit NaOH ist eine klassische Neutralisationsmethode: HCl + NaOH NaCl + H 2 O Die starke Säure HCl, die auch die Säure des Magensaftes ist, wird durch die starke Base NaOH (Natronlauge) neutralisiert. Der Äquivalenzpunkt liegt daher praktisch beim Neutralpunkt, die Änderung des ph beim Äquivalenzpunkt ist sehr groß, die Wahl des Indikators daher nicht kritisch. Probe mit aqua dest im Maßkolben auf 100mL auffüllen davon 10 ml in den Titrierkolben pipettieren 2 Tropfen Bromthymolblau dazugeben mit einer 0.1M NaOH bis zur Grünfärbung titrieren M (HCl) = 36,5 g/mol Probengehalt ca. 30 bis 550mg HCl (1 bis 15 mmol) Die Berechnung erfolgt mit der unten angeführten Formel. Hinweise: Bürette muss luftblasenfrei und auf Null eingestellt sein. Bromthymolblau: in saurer Lösung GELB in neutraler Lösung GRÜN in alkalischer Lösung BLAU Eine zweite Titration ist empfehlenswert! Berechnung: c S = c B V B / V S m S = c S V G M(HCl) c S... Konzentration der Säure in mmol/ml c B... Konzentration der Base in mmol/ml V S Volumen der Säure in ml V B Volumen der Base in ml V G Gesamtvolumen der Säure (100mL) m S Masse der Säure in mg M(HCl) Molare Masse (HCl) 9

B. Puffersystem (Titration von Essigsäure) Medizinischer Hintergrund Pufferlösungen haben in der Chemie und Biochemie, und auch im physiologischen Milieu des Körpers, eine große Bedeutung, da viele biochemisch wichtige Reaktionen nur bei definierten und möglichst konstanten ph-werten ablaufen. Die häufigst verwendeten Puffersysteme sind der sekundäre Phosphatpuffer (H 2 PO - 4 /HPO 2-4 ; ph 7.12), der Ammoniakpuffer (NH + 4 /NH 3 ; ph 9.25) und der Acetatpuffer (H 3 CCOOH/H 3 CCOO - ; ph 4.75). In diesem Zusammenhang ist ein kurzer Hinweis auf die Regulation des ph des Blutes interessant, welcher im schwach alkalischen Bereich (ph = 7.35 7.45) liegen muss. Diese Konstanthaltung des Blut-pH wird durch 3 Puffersysteme gewährleistet: 1.) Kohlensäure/Hydrogencarbonat (Bicarbonat-Puffersystem: 6 % der Pufferkapazität des Blutes) 2.) Dihydrogenphosphat/Hydrogenphosphat (sekundärer Phosphatpuffer: 1 % der Pufferkapazität des Blutes) 3.) Proteine/Proteinanionen ( 93 % der Pufferkapazität des Blutes) Eine Abweichung des Blut-pH in den sauren Bereich (= niedriger ph-wert) wird als Acidose bezeichnet, in den basischen Bereich (= höherer ph-wert) als Alkalose. 10

Durchführung: Als Beispiel dient uns die Titration von Essigsäure gegen Natronlauge: CH 3 COOH + NaOH CH 3 COONa + H 2 O Die schwache Säure Essigsäure wird durch die starke Base NaOH neutralisiert. Der Äquivalenzpunkt liegt daher im alkalischen Bereich, die Änderung des ph beim Äquivalenzpunkt ist nicht sehr groß. Der Indikator muß daher einen Umschlagspunkt im alkalischen Bereich haben, entsprechend dem ph einer wäßrigen Lösung von Natriumacetat. Zusätzlich wird der Verlauf der Titration von Essigsäure mit NaOH mit einem ph-meter verfolgt. Kalibrierung des ph-meters ph-elektrode anschließen ph- Meter einschalten (Taste rechts oben) in der ersten Zeile des Displays muss ph erscheinen. Ansonsten die Taste >M< drücken. auf Taste >CAL< drücken; >Ct 1< wird angezeigt Elektrode in die Pufferlösung (ph = 7) eintauchen Taste >RUN/ENTER< drücken ca. 30 s warten; >Ct 2< wird angezeigt, wenn der Messwert stabil ist Taste <M<drücken, die Nernst-Steilheit wird angezeigt noch einmal Taste >M< drücken damit ist die Kalibrierung abgeschlossen 11

Titrationskurve: Probe mit aqua dest im Maßkolben auf 100 ml auffüllen davon 25 ml in den Titrierkolben pipettieren den Rührkern hinein geben und auf den Magnetrührer stellen die kalibrierte ph-elektrode in die untere Halterung geben mit aqua dest so weit auffüllen, bis die Elektrode ca. 1,5cm in die Flüssigkeit eintaucht die Geschwindigkeit des Rührers wird auf 9-Uhr gestellt in 1 ml-schritten wird mit einer 0.5 M NaOH von 0-10 ml titriert nach jeder Zugabe ca. 20 s warten und den Wert in die Tabelle eintragen Die Auswertung erfolgt auf einem mm-papier. Dazu sind die ph-werte auf der y-achse und der Verbrauch an NaOH auf der x-achse einzuzeichnen. Hinweise: Bürette muss luftblasenfrei und auf Null eingestellt sein. auf den Farbumschlag (rosa) achten; ist eine Orientierung für die genaue Äquivalenzpunktbestimmung (ungefähren Verbrauch) ph-elektrode abwaschen und in die Aufbewahrungslösung zurückgeben Verbrauch [ml] 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 ph-wert 12

Äquivalenzpunkt (Umschlagspunkt): wieder 25 ml in den Titrierkolben pipettieren mit 2-3 Tropfen Phenolphthalein versetzen den Rührkern hinein geben und auf den Magnetrührer stellen die Geschwindigkeit des Rührers bleibt auf 9-Uhr eingestellt mit der 0.5 M NaOH bis zum ersten Rosa-Stich titrieren M (CH 3 COOH)= 60 g/mol Probengehalt: ca. 300 900mg CH3COOH (5 15mmol) Hinweise: ein weißes Blatt unter den Titrierkolben legen dadurch kann man den Farbumschlag besser erkennen bis ca. 1 ml vor dem ungefähren Verbrauch, dann vorsichtig weiter titrieren Berechnung: c S = c B V B / V S m S = c S V G M(CH 3 COOH) c S... Konzentration der Säure in mmol/ml c B... Konzentration der Base in mmol/ml V S Volumen der Säure in ml V B Volumen der Base in ml V G Gesamtvolumen der Säure (100mL) m S Masse der Säure in mg M(CH 3 COOH) Molare Masse (CH 3 COOH) Literaturhinweise: Beyermann, Chemie für Mediziner, Thieme Verlag Lehninger, Prinzipien der Biochemie, degruyter Verlag 13