Soft-Computing in Wissenschaft



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Transkript:

J. Biethahn, J. Kuhl, A. Lackner (Hrsg.) Soft-Computing in Wissenschaft und Wirtschaft Tagungsband zum 6. Göttinger Symposium Soft-Computing am 01. Juli 2003 an der Universität Göttingen???? 1 0 100 150 200 (Arbeitsgemeinschaft Fuzzy Logik und Soft-Computing Norddeutschland)

J. Biethahn, J. Kuhl, A. Lackner (Hrsg.) Soft-Computing in Wissenschaft und Wirtschaft Tagungsband zum 6. Göttinger Symposium Soft-Computing am 01. Juli 2003 an der Universität Göttingen Eine Gemeinschaftsveranstaltung des Arbeitskreises Soft-Computing in der Betriebswirtschaft in der AFN (Arbeitsgemeinschaft Fuzzy Logik und Soft-Computing Norddeutschland)

Vorwort Soft-Computing in Wissenschaft und Wirtschaft heißt das diesjährige Motto der AFN-Jahrestagung. Die Methoden des Soft-Computing haben sich mittlerweile weit über den Forschungsbereich hinaus in Anwendungen etabliert und sind somit eine feste Größe in der Welt der anwendungsorientierten Forschung geworden. Nicht zuletzt durch Tagungen wie dieser mit dem möglichen Austausch zwis chen Forschern und potentiellen Anwendern der Methoden der evolutionären Algorithmen, Neuronalen Netze und der Fuzzy Systeme wurde der Erfolg dieser innovativen Methoden begründet. Alleine schon der Austausch und der direkte, unverbindliche Kontakt zu den Forschungseinrichtungen bieten interessierten Anwendern die Möglichkeit, schon lange vor einer kostenträchtigen Analyse auf hohem Fachniveau Anwendungsfälle und deren Lösungsansätze zu diskutieren. Und Forschern auf dem Gebiet der intelligenten Informationssysteme wird wiederum eine Plattform geboten, an Hand derer Sie die Anwendungsfreundlichkeit der Methoden unter Beweis stellen können und so Feedback als Basis für die weiteren Forschungsbemühungen erhalten. So wird auch in diesem Jahr bei der Tagung viel Platz für angeregte Diskussionen, fachlichen Austausch und geselliges Beisammensein geboten. Der vorliegende Tagungsband gibt einen Eindruck über die möglichen Anwendungsgebiete der Methoden des Soft-Computing. Der Tagungsband, den Sie in Ihren Händen halten, bietet Einblicke in die Mustererkennung mittels Fuzzy-Softwarebibliothek, die Darstellung eines Verfahrens (NetLIN) zur Einschränkung des Spread of Fuzziness, die Möglichkeit des ASP für Data Mining Applikationen. Auch finden induktive Ansätze zur Erstellung von Szenarios in der Szenariotechnik sowie ausgewählte Aspekte des Wissensmanagements ebenso Platz wie die Darstellung eines speziellen Optimierungsverfahrens auf Basis von selbstorganisierenden Karten (SOMs) und ein Verfahren des Data Mining bei graphischen Modellen. Mit dem Tagungsband wird gleichzeitig die interdisziplinäre und forschungsübergreifende Zusammenarbeit innerhalb der AFN unterstrichen. Gleich auf welchem Gebiet sich Forschung und Wirtschaft treffen wird der wesentliche Gedanke, das Arbeiten im Netzwerk, als Potential für überzeugende und gute Lösungen ges e- hen. Wir danken den Autoren für Ihre Beiträge, nur dadurch und durch die gute organisatorische Leistung des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik I der Universität Göttingen konnte dieser Tagungsband in seiner Form entstehen. Göttingen im Ju li 2003 Die Herausgeber III

Inhaltsverzeichnis Jens Dobras, Jens Strackeljan, Detlef Mitzschke: Implementierung einer LabVIEW -basierten FUZZY-Softwarebibliothek zur numerischen Mustererkennung... 1 Werner Brockmann: NetLiN Eine effektive und effiziente Methode zur Einschränkung des Spread of Fuzziness... 13 Tanja Falkowsk:i Application Service Providing for Data Mining Applications... 23 Albert Heinecke: Die Szenario-Technik als entscheidungsunterstützendes Instrument... 41 Dr. Volker Nissen: Unterstützung ausgewählter Aspekte des Wissensmanagements... 53 Matthias Reuter: Ruling Robots by the Activity Patterns of Hierachical SOMs... 77 Frank Rügheimer: Data Mining mit Graphischen Modellen... 91 V

Soft-Computing in der Betriebswirtschaft Der Arbeitskreis (AK) Soft-Computing in der Betriebswirtschaft ist ein Arbeitskreis im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft Fuzzy Logik und Soft-Computing Norddeutschland (AFN). Die AFN dient der Zusammenarbeit von Unternehmen und Hochschuleinrichtungen sowie Einzelpersonen insbesondere bei der praktischen Umsetzung der Fuzzy Logik sowie anderer Verfahren des Soft-Computing. Der AK Soft-Computing in der Betriebswirtschaft hat sich zum Ziel gesetzt, die praktische betriebswirtschaftliche Anwendung des Soft-Computing, vor allem der Fuzzy-Logik (FL), der Evolutionären Algorithmen (EA) sowie künstlicher Neuronaler Netze (NN) zu fördern. Das schließt die weitere Erforschung dieser Verfahren ein. Der Schwerpunkt soll jedoch sein, ihren praktischen Einsatz in Unternehmen zu unterstützen, z.b. im Rahmen von Kooperationsprojekten zwischen Hochschule und Praxis. Dabei dient der AK gleichzeitig als Forum für den Informationsaustausch zwischen Praktikern und Wissenschaftlern. Evolutionäre Algorithmen sind Such- und Optimierungsverfahren, die wesentliche Mechanismen des natürlichen Evolutionsprozesses auf abstrakter Ebene nachahmen. Sie haben sich in unterschiedlichsten komplexen Anwendungen als leistungsfähige Lösungsverfahren erwiesen. Künstliche Neuronale Netze orientieren sich an der Informationsverarbeitung von biologischen Neuronen. Man setzt dabei auf einfache Verarbeitungselemente (korrespondieren zu Nervenzellen), die auf bestimmte Weise vernetzt werden. Ein wichtiges Ziel besteht darin, Systeme zu entwickeln, die aus Beispielen lernen, und das Gelernte verallgemeinern können, um zu guten Leistungen in der praktischen Anwendung zu kommen. Grundsatz der Fuzzy Logik ist die Berücksichtigung unscharfer Sachverhalte bei der Modellierung realer Problemstellungen. So können beispielsweise Unschärfen in verbalen Ausdrücken (z.b. hoher Sicherheitsbestand oder ungefähr 120 Grad) rechnergestützt verarbeitet werden. In allen drei angesprochenen Teilgebieten des Soft-Computing dominieren heute technisch-naturwissenschaftliche Anwendungen. Dennoch liegen auch zahlreiche innovative Beiträge zur Lösung betriebswirtschaftlicher Problemstellungen vor. Zukünftig werden insbesondere auch von Kombinationen mehrerer dieser Techniken in sogenannten Hybridsystemen innovative Beiträge zur Lösung praktischer betriebswirtschaftlicher Probleme erwartet. Damit erschließt sich Innovationspotential, das zu Kostenvorteilen und Effizienzsteigerungen führen kann. Die Aktivitäten des AK beinhalten insbesondere: Unterstützung der Anbindung von Wissenschaft und Praxis im Rahmen von Kooperationsprojekten VI

Mitgliedertreffen zum Austausch über neue Entwicklungen des Soft-Computing Ausrichtung von Workshops/Symposien anwendungsorientierte Soft -Computing - Publikationen Die Anschrift der Ansprechpartner lauten: Dr. rer. pol. Vo lker Nissen Dr. rer. pol. Jochen Kuhl DHC Business Solutions GmbH, Selbständiger Unternehmensberater Saarbrücken Tel.: 0681 9 36 66-22 Tel.: 05505 2922 E-Mail: nissen@dhc-gmbh.de E-Mail: jochen.kuhl@fuchskaute.de VII

Implementierung einer LabVIEW-basierten FUZZY-Softwarebibliothek zur numerischen Mustererkennung Jens Dobras, Jens Strackeljan, Detlef Mitzschke Institut für Technische Mechanik der TU Clausthal Graupenstr. 3 38678 Clausthal-Zellerfleld Phone: + 49 5323 72-2053, Fax: + 49 5323 72-2203 E-Mail: {jens.dobras}{jens.strackeljan}{detlef.mitzschke}@tu-clausthal.de Kurzfassung Bei einer Vielzahl von Anwendungen im Bereich der Meß- und Automatisierungstechnik besteht der Wunsch über die eigentlich Datenerfassung und Visualisierung hinaus auch eine automatische Beurteilung des mit der Messung verbundenen Zustandes durchzuführen. Dieser Vorgang kann sich auf die Erkennung bzw. Qualitätsprüfung eines technischen oder nicht-technischen Objektes, aber auch auf die Situation eines Prozesses oder gar einer kompletten Anlage beziehen. Das Programmsystem LabVIEW ist ein sehr leistungsfähiges Tool zur Meßdatenaufnahme, Verarbeitung und Visualisierung, verfügt aber nur in unzureichendem Maße auch über Werkzeuge zur Klassifikation speziell auf der Basis unscharfer Musterkennung. In diesem Beitrag soll daher eine von den Autoren erstellte Softwarebibliothek vorgestellt werden, die diese Lücke schließt. Als Anwendung wird die Entwicklung eines intelligenten Ultraschallgerätes zur automatischen O- berflächendetektion mit Methoden der unscharfen Mustererkennung unter Anwendung der Entwicklungsumgebung LabVIEW 6.i näher beschrieben. Dieses System kann für die Erkennung und Therapie von Parodontalerkrankungen von großer Bedeutung sein. Immerhin stellen diese Erkrankungen bei Personen über 40 Jahre heute den Hauptgrund für Zahnverluste dar. Keywords : FUZZY-Logic, numerische Mustererkennung, LabVIEW 1

1 Einleitung Eine der zentralen Herausforderungen, die mit dem sinnvollen Einsatz von Rechnern zusammenhängt, ist das Bereitstellen von Software-Werkzeugen, die sich nicht an der zugrunde liegenden Hardware, sondern an den kognitiven Fähigkeiten des Menschen orientieren. Dazu gehört auch die Einsicht, dass das menschliche Gehirn bildhafte Darstellungen und Eindrücke leichter erfassen kann als abstrakte Beschreibungen.[3] Dies formulierte schon Ludwig Wittgenstein (*1889-1951) wie folgt: Es ist eine Hauptquelle unseres Unverständnisses, dass wir den Gebrauch unserer Wörter nicht übersehen und dass es unserer Grammatik an Übersichtlichkeit fehlt. Die übersichtliche Darstellung vermittelt das Verständnis, das eben darin besteht, daß wir die Zusammenhänge sehen. Dieses Wissen haben sich Wissenschaftler und Ingenieure zu nutze gemacht, und verwenden traditionell in der Vorphase der Realisierung von Anwendungen die ihnen vertrauten papierbasierten Visualisierungsschemata wie Ablaufdiagramme, Signalflußdiagramme und Petri-Netze. Abbildung 1: klassische Visualisierungsschemata Diese Visualisierungsschemata sind aber in der Realisierungsphase von Software- Ingenieuren wieder in den Code einer textorientierten Programmiersprache zu übersetzten. Interessanterweise basieren aber alle ursprünglichen Beschreibungsmittel auf bildorientierten Paradigmen, da diese eine vertraute und natürliche Art der Formulierung von Gedankengängen sind. 2

2 Die LabVIEW-Entwicklungsumgebung Ausgehend von der o. g. Einsicht führte 1983 der damalige Mitarbeiter der Universität von Texas, Jeff Kodosky, mit einer kleinen Gruppe von Studenten auf der Basis einer grafischen Datenflussprogrammierung eine völlig neue Art der Mensch-Maschinen-Schnittstelle ein: die Softwareentwicklungsumgebung Lab- VIEW. Die LabVIEW zugrunde liegende Idee kommt aus dem Bereich der Meßtechnik und verwendet das vertraute Denkmodell der grafischen Blockschaltbilder. Mit LabVIEW wird dem Anwender aus dem Bereich der Meß-, Steuerungs- und Regelungs-Technik (MSR-Technik) ein leistungsfähiges Werkzeug in die Hand gegeben, mit dem technische und wissenschaftliche Applikationen gelöst werden können, ohne sich dabei mit Syntax und Semantik einer textorientierten Programmiersprache auseinandersetzen zu müssen. Dabei stellt LabVIEW ein völlig neuartiges Kommunikationsmittel zwischen Anwender und Maschine dar. Es verknüpft die graphische Datenflußprogrammierung mit den Elementen einer modernen graphischen Benutzeroberfläche (GUI), und integriert sie in eine einzige grafische Programmierumgebung. Die Möglichkeit, Prozesse und Algorithmen durch Diagramme darzustellen, erlaubt es dem Ingenieur und Wissenschaftler, seine Ideen in einer sehr natürlichen und intuitiven Art mit Hilfe von Datenflußdiagrammen zu programmieren. Dabei ist LabVIEW eines der leistungsfähigsten Entwicklungstools für rechnergesteuerte MSR-Anwendungen mit den Aufgaben der: Datenerfassung, Datenanalyse und Datenpräsentation. Diese Formulierungen der Ideen hinter LabVIEW klingen zunächst vielleicht etwas abstrakt, doch wird ihre Bedeutung hoffentlich durch die folgenden Darstellungen klarer. Ein Lab-VIEW -Programm wird als Virtuelles Instrument (VI) bezeichnet, da sich sein Aussehen und die Funktionalität an ein reales Instrument anlehnen. In einem LabVIEW -Programm spiegelt sich die Struktur einer Hierarchie von Virtuellen Instrumenten in Form von Software-Modulen wider, deren Einzelbestandteile interaktive Benutzeroberflächen, gesteuert von Signalflußdiagrammen, den sog. Blockschaltbildern, sind. Somit besteht ein VI aus folgenden zwei Hauptbestandteilen: Frontpanel, Blockschaltbild. 3

Das Frontpanel ist die interaktive Benutzerschnittstelle (Mensch-Maschine- Interface) des VIs. Es wird so genannt, weil es an das Aussehen eines Frontpanels eines physikalischen Messgeräts erinnert. Das Frontpanel kann grafische Steuerund Bedienelemente wie z.b. Schieberegler, Schaltflächen und viele andere Eingabeobjekte - durch welche die Benutzereingaben erfolgen - sowie Anzeigen für Ausgaben des Programms, z.b. Graphen, enthalten. Abbildung 2: a) Frontpanel, b) Bolkschaltbild [1] Das Blockdiagramm enthält die Programmierlogik, d.h. das Steuerprogramm des VIs, entworfen in der LabVIEW -eigenen grafischen Programmiersprache G. Das Blockdiagramm ist das tatsächlich ausführbare Programm, vergleichbar mit dem Quelltext einer textorientierten Programmiersprache. Die Bestandteile eines Blockdiagramms sind untergeordnete VIs, die sog. SubVIs dargestellt durch ein graphisches Symbol bzw. den Anschlussblock. Vordefinierte Funktionen, Konstanten und Ablaufstrukturen wie z.b. Verzweigungen, Fallunterscheidungen und Schleifen sind ebenfalls graphisch programmierbar. Das Steuerprogramm entsteht durch die Verbindung von SubVIs und elementaren Operatoren. Frontpanel- Objekte haben korrespondierende Anschlüsse im Blockdiagramm, so dass Daten vom Benutzer an das Programm und umgekehrt übergeben werden können. Neben dieser intuitiven Blockdiagramm-Programmierung vereinfacht die umfangreiche Ausstattung Lab-VIEWs mit Datenerfassungs- und Analyse-VIs die Entwicklung von MSR-Anwendungen ganz erheblich. Das Angebot an einer Vielzahl von Datenanalysemethoden in eigenständigen SubVI-Bibliotheken ermöglicht dem Wissenschaftler, sich auf die Lösung der eigentlichen Aufgabenstellung zu 4

konzentrieren, ohne sich - wie in den meisten textbasierten Programmiersprachen - über Implementierungsdetails den Kopf zerbrechen zu müssen. Es werden die folgenden Hauptanwendungsgebiete durch SubVI -Bibliotheken abgedeckt: analoge und digitale Datenerfassung, digitale Signalverarbeitung, digitale Filterung, statistische Analyse, Kurvenanpassung, lineare Algebra, numerische Analysen im Zeit und Frequenzbereich,. Zusätzlich zu diesen mitgelieferten und sehr umfangreichen SubVI -Bibliotheken entwickelte die Abteilung für Schwingungsmechanik und Maschinendiagnostik des Instituts für Technische Mechanik eine eigene SubVI -Bibliothek zur numerischen Mustererkennung. 2.1 Unscharfes Klassifikationskonzept innerhalb der Fuzzy- SubVI-Bibliothek Formal läßt sich die Softwareseite dieses Mustererkennungssystem in die Funktionsblöcke Signalerfassung, Merkmalserzeugung, Merkmalsextraktion und den Fuzzy-Klassifikator unterteilen. Diese vier Stufen sind alle in LabVIEW realisiert, jedoch soll im folgenden schwerpunktmäßig auf die Umsetzung des Fuzzy- Klassifikators in eine SubVI-Bibliothek eingegangen werden. In einer Vielzahl schwingungstechnischer Untersuchungen konnte beobachtet werden, dass die Struktur der durch die Merkmalsvektoren gebildeten Punktmengen, auch Cluster genannt, häufig konvexe, elliptische, einfachzusammenhängende Gebiete mit beliebiger Orientierung im multidimensionalen Merkmalsraum R N bilden (Abb. 3 a).[9] 5

Abbildung 3: a) Merkmalsebene mit Punktmengen (Cluster) zweier Klassen, b) Zugehörigkeitsfunktionen der beiden Cluster Diese Struktur der Punktmengen ist dabei die Basis zur Bestimmung aller freien Parameter einer sog. Zugehörigkeitsfunktion (Abb. 3b), die eben diese relevanten Eigenschaften der Cluster mathematisch beschreibt. Da bei der in Abschnitt 3 beschriebenen Aufgabenstellung mindestens zwei Oberflächen bzw. Klassen O k (k=1,..., K), Zahnstein O 1 und Zahnwurzelsubstanz O 2, zu unterscheiden sind, werden die skalaren Zugehörigkeitswerte zu einem eindimensionalen Zugehörigkeitsarray µ k zusammengefasst. Die Zuordnung der zu klassifizierenden Zahnoberfläche zu einer der Referenzoberflächen erfolgt dann ausschließlich auf Basis dieses Zugehörigkeitsarrays: Die Bestimmung der funktionalen Ähnlichkeit einer gerade abgetasteten Zahnoberfläche zu der zuvor gelernten Referenzoberflächen erfolgt in der obigen Gle i- chung mittels der Festlegung eines geeigneten Distanzmaßes d k im multidimensionalen Merkmalsraum. Dies ist ein für Klassifikationsaufgaben intuitiv nahe liegender und, wie wir später noch sehen werden, mathematisch sinnvoller Ansatz. Dabei sollte das gewählte Distanzmaß verschiedene rand-ständige Stichproben innerhalb eines solchen Clusterellipsoides mit einem ähnlichen Objektabstand zum Schwerpunkt versehen. Eine richtungsabhängige Gewichtung des euklidischen Abstandes über die Streuung in der jeweiligen Raumachse ermöglicht dieses. Aus diesem Grund basiert der in LabVIEW implementierte unscharfe Klassifikationsalgorithmus im Prinzip auf einem Abstandsklassifikator, welcher auf dem von MAHALANOBIS [6] abgeleiteten Distanzmaß 6

beruht. Die Bestimmung der freien Parameter der Zugehörigkeitsfunktion als beschreibende klassenspezifische Größen beschränkt sich also auf die Berechnung der freien Parameter dieses Abstandsmaßes. Sie werden in der Lernphase mit Hilfe von Merkmalsarrays von Referenzobjekten mit bekannter Klassenzugehörigkeit ermittelt. Der zunächst augenscheinlichste Lageparameter der Klasse O k im mehrdimensionalen Merkmalsraum ist der Schwerpunktvektor Die Struktur der Lernmenge unter Berücksichtigung der möglicherweise vorhandenen statistischen Abhängigkeiten spiegelt sich in der symmetrischen, positiv semidifiniten Stichprobenkovarianzmatrix wieder. Weiterhin ist unmittelbar einsichtig, dass der oben geprägte Begriff der Randständigkeit im allgemeinen Fall am einfachsten in einem an die Lage des Clusters angepassten Koordinatensystem definiert werden kann. Der Anschauung entsprechend, sollten die Basisvektoren dieses Koordinatensystems durch die Hauptachsen des Clusterellipsoides festgelegt werden. Die rechnerische Bestimmung der gesuchten Basisvektoren des angepassten Koordinatensystems erfolgt durch die Lösung des folgenden Eigenwertproblemes: Nach bisherigen Erfahrungen erlaubt diese Struktur eine gute Adaption der gewählten Zugehörigkeitsfunktion an die Lernmengenverteilung der im folgenden Abschnitt beschriebenen Anwendung. 7

3 Subgingivale Zahnsteinerkennung mittels Ultraschallscaler Gingivitis bzw. Parodontitis sind heute bei Erwachsenen über 40 Jahre in Deutschland der Hauptgrund für Extraktionen und stehen nach neueren Untersuchungen auch in Verbindung mit systemische Erkrankungen wie z. B. Herzinfarkt, Zuckerkrankheit und Frühgeburten. Man weiß mittlerweile, dass praktisch jede Parodontitis auf eine Besiedelung durch Bakterien zurückzuführen ist. Sie bilden auf der Zahnwurzel einen Belag, die sog. Plaque. Diese unterhalb des Zahnfleischsaumes (subgingival) befindliche Plaque wandelt sich, wenn sie nicht entfernt wird, in weniger als zwei Tagen in Konkremente (Abb. 4 a) um. Abbildung 4: a) extrahierter Zahn mit Konkrementen, b) geschädigten Zahnoberfläche Diese dienen den Bakterien als Nährboden für die weitere Besiedelung der Zahnfleischtaschen. Stoffwechselgifte lösen dort Entzündungen aus, die bei Nichtbehandlung zum Zahnverlust führen. Die harten, ausmineralisierten Konkremente können nur durch professionelle Reinigung in der Zahnarztpraxis entfernt werden. Dazu verwendet man heute sog. Ultraschallscaler. Diese Scaler entfernen die Konkremente mechanisch durch den Kontakt der schwingenden Arbeitsspitze mit der Zahnoberfläche. Durch die periodische Schwingbelastung des Konkrementes bzw. der Zahnoberfläche mit Frequenzen zwischen 20 und 40 khz kommt es zu Mikrogleitungen im oberflächennahen Bereich, zu Rissbildung, Materialermü - dung und letztendlich zum Bruch des Konkrementes bzw. zur Beschädigung der Zahnoberfläche (Abb.4 b). Der Abtrag der Zahnhartsubstanz führt zur Freilegung der Dentintubuli und damit zur Zahnüberempfindlichkeit. Daneben kann die fehlende optische Kontrolle in den Zahnfleischtaschen gleichzeitig zu einer Untertherapie führen, die Konkremente untherapiert zurücklässt [4]. Zur Lösung der o. g. Probleme entstand an der Abteilung für Parodontologie der Universität Greifswald und am Institut für Technische Mechanik der TU Clausthal die Idee, einen Ultraschallscaler zusätzlich mit einer automatischen Erkennung der 8

Zahnoberfläche auszustatten. Dieses intelligente Ultraschallgerät kann Zahnstein schonend entfernen, da es am Schwingungsmuster der Nadel die jeweils berührte Oberfläche erkennt, und somit auch in den für den Behandler nicht einsichtigen Bereichen der Zahnfleischtaschen Konkrement ohne Schädigung der Zahnoberfläche abtragen kann. 3.1 Grundprinzipien der automatischen Zahnoberflächene r- kennung Das System zur automatischen Zahnoberflächenerkennung besteht hardwareseitig aus dem Ultraschallscaler, der sowohl als Actor als auch als Meßsensor verwendet wird, dem Anregungssystem und dem Datenaufzeichungs- und -analysesystem (Abb. 5). Abbildung 5: System zur automatischen Zahnoberflächenerkennung mittels Ultraschallscaler Das Anregungssystem produziert eine Rechteckimpulsfolge mit einer Amplitude von 200 V und einer Impulsdauer von 10-4 bis 10-5 Sekunden, die das Piezosystem des Scalers circa 10mal in der Sekunde zu Schwingungen anregt. Die Oberflächeantwort auf die Impulsfolgenanregung induziert eine mechanische Deformation der Piezokeramik, was wiederum zu Spannungsänderungen an den Elektroden der Keramikelemente führt. Das Gesamtsignal aus Impulsanregung und Rückwirkung wird mittels des Datenerfassungssystem gemessen [2]. 3.2 Klassifikationsergebnisse Mittels einer geeigneten Merkmalserzeugung, die durch die Transformation des Zeitsignals in den Spektralbereich erfolgt, ist eine prinzipielle Unterscheidbarkeit 9

der Zahnoberflächen möglich. Jeder der in diesem Fall 400 Magnitudenwerte (Abb. 6) kommt als mögliches Merkmal für den Klassifikationsalgorithmus in Betracht. Der hier verwendeten Merkmalsauswahl kommt die entscheidende Aufgabe zu, aus dieser Vielzahl der möglichen Merkmalskombinationen diejenigen zu ermitteln, die eine möglichst fehlerfreie Trennung der Klassen erlaubt. Nach unseren Erfahrungen sind für diesen Vorgang der Mustererkennung vor allem die in den letzten Jahren entwickelten so genannten Wrapper-Ansätze [9], bei dem schon für die Gütebewertung innerhalb der Merkmalsauswahl der später zum Einsatz kommenden Klassifikator Verwendung findet, besonders geeignet. Ein großes Problem bei dieser Klassifikationsaufgabe liegt in der Variabilität des Schwingungssignales [7], das nicht nur von den Zahnoberflächen, sondern auch vom Handling des Handgerätes z.b. den Anpresskräften, dem Winkel und Umg e- bungsparametern wie der Temperatur beeinflusst wird. Schwingungsmerkmale, die auf diese Größe sensitiv reagieren, dürfen im Merkmalsauswahlprozess nicht berücksichtigt werden. Da dies nicht über den gesamten Schwankungsbereich funktioniert, müssen in einem nächsten Schritt noch adaptive Verfahren der Mustererkennung und Merkmalsgewinnung implementiert werden. Das wichtigste Bewertungsmaß bei der Beurteilung der Klassifikationsergebnisse ist die Reklassierungsgüte G R, die dem Quotienten aus den korrekt klassifizierten Stichproben zur Gesamtstichprobenmenge der Referenzoberflächen entspricht. Derzeit können Reklassierungsraten bei der Unterscheidung von Zahnhartsubstanz und Konkrement von ca. 80% erreicht werden (Abb. 6, rechts), die sich etwa in gleicher Größenordnung in die für medizinische Diagnosen wichtigen Klassifikationsraten der Sensitivität und der Spezifität aufteilt. Dies ist gegenüber der Erkennungsrate erfahrener Zahnärzte von ca. 50-60% schon eine erhebliche Steigerung in der Therapie der Parodontalerkrankungen. Abbildung 6: Lernmengen (Spektren) der Klassen Zahnhartsubstanz und Konkrement mit zugehöriger klassifikatorbezogenen optimalen Merkmalskombination, G R 80% 10

Einen Eindruck von der derzeit verwendeten Oberfläche liefert die Abbildung 7. Dargestellt ist das Virtuelle Instrument, das von der Signalerfassung über die Merkmalserzeugung und -auswahl bis hin zum Fuzzy-Klassifikator alle notwendigen Funktionsblöcke zur automatischen Zahnoberflächendetektion beinhaltet. Abbildung 7: Frontpanel des DentaPuls -VIs zur automatischen Zahnoberflächendetektion 4 Zusammenfassung Die bisher geleisteten Arbeiten zur Erstellung des Softwaresystems DentaPuls erbrachten ein Virtuelles Instrument, das die gesamte Funktionalität von der Signalerfassung über die Merkmalserzeugung und -auswahl bis hin zum Fuzzy- Klassifikator umfasst. Es lässt sich dank sei-ner großen Variabilität mit geringen Modifikationen, z. B. bezüglich der gewählten Anregungssignale, auch auf eine Vielzahl weiterer Problemstellungen beispielsweise aus den Gebieten Qualitätskontrolle und Maschinenüberwachung [1] anwenden. Speziell für Aufgaben der Maschinenüberwachung kann mittel dieses Software-Ansatzes die Portabilität eines einmal erstellten Systems auf andere Anlagen deutlich erhöht werden. Der Ausbau dieser adaptiven Komponenten wird in Zukunft im Mittelpunkt der weiteren Entwicklungsarbeit stehen. 11

Literaturhinweis [1] Behr, D., Dobras, J., Strackeljan, J. Aktuelle Entwicklungen zum Einsatz von Softcomputing Methoden in der Maschinenüberwachung. In : Unschärfe in Wirtschaft und Technik, Proc. zum Göttinger Symposium Soft-Computing 2002. [2] Dobras, J., Strackeljan, J. Implementierung eines Mustererkennungsverfahrens mittels Fuzzy- Methoden in Lab-View. Eine Anwendung zur nondestruktiven subgingivalwen Zahnsteinerkennung. In : Virtuelle Instrumente in der Praxis. Hrsg. Jaschinski, H., Seiten 412-416. Hüthig Ver-lag, 2003. [3] Jamal, R., Krauss, Ph., LabVIEW. Prentice Hall, 1998. [4] Ferrereo, F., Strackeljan, J., Oehme, B., Unconventional feature extraction for dental surface pattern recognition. In : Un-schärfe in Wirtschaft und Technik, Proc. zum Göttinger Symposium Soft-Computing 2002 [5] Kocher, Th., Rühling, A., Momsen, H., Plagmann, H. C. Effectiveness of subgingival instrumentation with power-driven instruments in the hands of experienced and inexperienced operators. TA study on manikins. J Clin Peridont 24, 498 504, 1997. [6] Mahalanobis, P. C. On the generalized distance in statistics. Poc. Indian Nat. Inst. Sci. Calcutta, 1936, S. 49-55. [7] Mitzschke, D., Strackeljan J, Ferrero, F., Oehme B.: User dependent adaptibility for Implementation of an intelligent dental device. Proc. 2. EUNITE Conference, Sept. 2002. [8] Strackeljan, J., Kocher, Th., Behr, D. Feasibility of computer assited recognition of different dental hard tissues. Journal of Dental Research, Vol. 79, No 3, 829-834, 2000. [9] Strackeljan, J.: Einsatzmöglichkeiten von Softcomputing- Methoden zur Auslegung, Optimierung und Überwachung von Rotorsystemen. Habilitationsschrift, 2002. 12

NetLiN Eine effektive und effiziente Methode zur Einschränkung des Spread of Fuzziness Werner Brockmann Universität zu Lübeck Institut für Technische Informatik Ratzeburger Allee 160 23538 Lübeck Tel.: 0451 / 500-3691, Fax: -3687 Mail: brockman@iti.uni-luebeck.de Kurzfassung 1 Einleitung Fuzzy Systeme sind zwar universelle Funktionsapproximatoren, wie u.a. [Buc932] und [Wan94] gezeigt haben. Allerdings wächst wegen der Partitionierung des Eingangsraums die Regelanzahl exponentiell mit der Anzahl der Eingangsvariablen an. Dieser als Curse-of-Dimensionality bezeichnet Effekt hat mehrere Konsequenzen. Zum einen wird entsprechend viel Speicher- und Rechenaufwand erforderlich. Zum anderen wird die Handhabbarkeit großer Fuzzy Systeme deutlich erschwert. Dieser Knowledge-Engineering-Bottleneck wird i.allg. an der schieren Anzahl von Regeln festgemacht. Doch ist es sinnvoller, zur Beurteilungder Handhabbarkeit eines Fuzzy Systems die Anzahl interagierender Regeln heranzuziehen[brh99]. Das sind die Regeln, die für eine gegebene Kombination von Eingangssignalen(Eingangssituation) gleichzeitig (mehr oder weniger stark) feuern. Die Gründe dafür sind, dass einerseits die Erstellung einer ersten Regelbasis relativ grob ist und auch relativ schnell erfolgt. Kritischer für den Entwurf eines Fuzzy Systems ist andererseits das Feintuning. Das gilt gerade für Kontrollanwendungen, bei denen möglichst der ganze Eingangsraum mitsinnvoll zusammenspielenden Regeln abgedeckt sein muss. Für große Fuzzy Systeme heißt das, die große Anzahl von Regeln kann durch eine entsprechend verlängerte Entwicklungsphase kompensiert werden. Dahingegen stellt die 13

Anzahl interagierender Regeln eine harte Grenze dar, weil die Komplexität, die ein Mensch zielgerichtet, d.h. ohne blind zu probieren, beherrschen kann, ganz natürlich durch seine kognitiven Fähigkeiten begrenzt ist. Entsprechende Unters u- chungen (z.b. bereits [Mil56]) haben gezeigt, dass die Anzahl der Einträge, die ein Mensch in seinem Arbeitsspeicher gleichzeitig verarbeiten kann, auf 7 bis 8 Einträge begrenzt ist. Folglich stößt ein Fuzzy System bereits bei 3 Eingangsvariabeln (mit z.b. dreieckigen Zugehörigkeitsfunktionen) an Grenzen, weil für die meisten Kombinationen von Eingangssignalen zwei (oder je nach MSF auch mehr) Fuzzy Mengen je Eingangsvariable aktiviert werden und dadurch acht Regeln feuern. Bedenkt man, dass neben den Konklusionen der Regeln auch deren Aktivierungsgrade berücksichtigt werden müssten, ist die Handhabbarkeitsgrenze bereits bei 3 Eingangsvariablen überschritten. Üblicherweise werden große Fuzzy Systeme dekomponiert. Dadurch entsteht eine mehrstufige Struktur von Fuzzy Subsystemen, die intern Fuzzy Mengen austauschen. Die Dimensionalität der Subsysteme ist deutlich kleiner als die eines einzigen, monolithischen Fuzzy Systems, wodurch die Summe aller Regeln i.d.r. deutlich reduziert wird. Weil aber eine einzige ausgegebene Fuzzy Menge in den nachfolgenden Subsystemen auch Kompatibilitäten größer 0 zu benachbarten Fuzzy Mengen der Eingangsvariablen aufweist, werden mehrere Regeln aktiviert. Dieser Spread-of-Fuzziness (z.b. [MYN95]) genannte Effekt bewirkt eine lawinenartige Regelaktivierung von Stufe zu Stufe. Dadurch steigt dieanzahl der aktivierten und damit interagierenden Regeln sehr stark an und beschränkt so nicht nur die Handhabbarkeit stärker als erwartet. Es werden außerdem auch mehr Regeln aktiviert als auf der semantischen Ebene spezifiziert. Das Verhalten des Gesamtsystems entspricht dadurch nicht mehr dem, was der Experte in den Regelbasen spezifiziert hat, und damit nichtmehr seiner Intuition, wie das kleine Beispiel unten zeigt.die Ansätze, um den Spread-of-Fuzziness zu beherrschen, lassen sich unterscheiden in:? spezielle Inferenzmethoden, z.b. [DrH95,MiZ82,MYN95]? Einschränkung der Netzwerkstruktur, z.b. ASMOD-Ansatz [Kav93,KaW95]? Propagierung numerischer Zwischenvariablen, z.b. NetFAN [HuB97,HuB98] Durch spezielle Inferenzmethoden sollen die Überlappungen eingeschränkt werden. Dadurchwird die Verarbeitung, das Verständnis und die Implementierung dekomponierter FuzzySysteme unnötig erschwert. Die Einschränkung der Netzwerkstruktur behindert die Anpassung an eine spezifische Anwendung und schränkt dadurch ebenfalls die Handhabbarkeit ein. Die genannten Nachteile hat der NetFAN-Ansatz zwar nicht. Er impliziert aber ein anderes Wissensmodell, als 14