Die Eckpunkte des Werkstättenrechts und seine Weiterentwicklung



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Transkript:

Stand: 26. 9. 2012 Meine Damen und Herren, als das Thema meines Vortrages in dieser AG festgelegt wurde, gab es Grund zu der Annahme, dass zumindest ein Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe und des Werkstättenrechts in dieser Legislaturperiode auf dem Tisch liegen würde. Dem ist nicht so. Die Länder befassen sich schon seit 2006 mit dem Thema. Sie haben sich zuletzt im Nov. 2010 ( 24./25.) auf der 87. Arbeits- und Sozialministerkonferenz (ASMK) auf einen grundlegenden Beschluss zu diesem Thema geeinigt. Bei der jüngsten Arbeits- und Sozialministerkonferenz, der 88. ASMK im Nov. 2011, ging es noch um 2 Themen, die WfbM betreffen: die WfbM-MitwirkungsVO in 2 Punkten und weitaus grundsätzlicher die Lohnsubventionierung an ArbG auf dem allg. Arbeitsmarkt, wenn sie sog. voll erwerbsgeminderte, wesentlich behinderte Menschen in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis beschäftigen, aus Mitteln der Sozialhilfe der Eingliederungshilfe. Die Bund-Länder-AG bekam von der ASMK den Auftrag zu prüfen, ob eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für eine dauerhafte Lohnsubventionierung aus Mitteln der Sozialhilfe geschaffen werden solle. (Obergrenze: nicht über die Kosten einer Werkstattbeschäftigung hinaus.) 1

Und bei der jüngsten Entwicklung im Sommer diesen Jahres ging es im Zusammenhang mit den Verhandlungen über die innerstaatliche Umsetzung des Europäischen Fiskalvertrags im Juni (24.) um die Finanzierung der Eingliederungshilfe die Entlastung der Länder von den Kosten der Eingliederungshilfe durch den Bund. Der Bund hat laut Pressemeldungen den Ländern zugesagt, sich jährlich mit 4 Mrd. an den Gesamtkosten der Eingliederungshilfe, in 2010 fast 12,5 Mrd., zu beteiligen. Konkreter gibt es das bisher nicht. Die Fragen, die sich sofort stellen, sind: Soll lediglich eine Mitfanzierung der Kosten der Eingliederungshilfe durch den Bund vorgesehen werden? in Höhe eines %-Satzes? Wäre dazu nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Umgestaltung der Leistungsform, von Sachleistungen in Geldleistungen, erforderlich? Und in Zusammenhang damit eine Bestimmung von Höhe und Dauer der Leistungen? Oder soll die Eingliederungshilfe aus der Sozialhilfe, aus dem Sozialhilfe-Recht des SGB XII herausgelöst, vom System der Sozialhilfe losgelöst werden? Sollen die bisherigen sozialhilferechtlichen Grundsätze, Leistungen und Verfahren einschl. der Zuständigkeit in einem neuen Gesetz, einem Bundesleistungsgesetz (BLG), neu anders - geregelt werden - mit leistungseinschränkenden Änderungen - gerade im WfbM- Bereich, wo günstigere Ausnahmen erreicht worden sind? Und weiter: Soll das BLG in ein neues, weiteres Buch des SGB, ein SGB XIII, oder in das SGB IX oder in ein eigenständiges, eigenständig bleibendes Bundesgesetz formuliert werden? Und was ist mit der bisherigen Forderung der Länder: volle Übernahme der Kosten durch den Bund. 2

Fragen, auf die es bisher keine Antworten gibt auch nicht in dem Grundlagenpapier der Bund-Länder-AG v. 23. Aug. 2012, das, unvollständig und ohne dass bisher die Verantwortlichen für Finanzen, der Sozialversicherung und insbesondere der Verbände daran beteiligt worden wären, mit einem Vorblatt des BMAS v. 21. Sept. 2012 verschickt worden ist. Sicher ist nur, dass es ein solches Gesetz, ein BLG, nicht mehr in dieser Legislaturperiode bis zum Herbst 2013 geben wird. Es soll erst in der nächsten Legislaturperiode, die von Ende 2013-2017 läuft, erarbeitet und verabschiedet werden und dann in Kraft treten. In den Beschlüssen der 86. und 87. ASMK war noch von der Dringlichkeit des Vorhabens die Rede. Ein Reformgesetz solle so hieß es - noch in dieser, der laufenden Legislaturperiode verabschiedet werden. Auch in dem erwähnten Grundlagenpapier ist davon die Rede, dass eine unverzügliche Umsetzung notwendig sei. Und so gibt es die Spekulation, dass als Vorläufer eines BLG noch in dieser Legislaturperiode ein Änderungsgesetz vorgelegt und verabschiedet werden würde. Das wird sicherlich bei dem Werkstättengespräch am 22. Oktober 2012 in Hannover besprochen werden. Wenn es um die Neuregelung in einem Bundesleistungsgesetz geht, dürften die Ergebnisse der Gemeindefinanzkommission aus 2010/2011 nicht unbeachtet bleiben. Diese Kommission wurde 2010 (24. 2.) von der BReg. durch Kabinettbeschluss eingesetzt und hat ihre Arbeiten 2011 (15. 5.) abgeschlossen. Ihr gehörten an der BMF, der auch den Vorsitz inne hatte, der BMWi und der BMI nicht auch die Fachminister - sowie die Finanz-, Innen- und Wirtschaftsminister der Länder sowie die drei kommunalen Spitzenverbände. 3

Ihr Auftrag war, die Entwicklung der Kommunalfinanzen zu überprüfen, geprägt auf der Einnahmeseite durch die Gewerbesteuer und auf der Ausgabenseite durch soziale Leistungen. Sie befasste sich mit der Prüfung der Möglichkeiten, den Kommunen zu stetigeren Einnahmen und zu besser gestaltbaren Ausgaben zu verhelfen. Hintergrund war die Entwicklung des sog. Finanzierungssaldos, der von + 8,4 Mrd. in 2008 abrupt auf - 7,2 Mrd. in 2009 und - 7,7 Mrd. in 2010 abgesunken war. Es wurden 3 AG en eingesetzt, darunter die AG Standards. In ihr wurden von den kommunalen Spitzenverbänden, den Ländern und den Fachressorts des Bundes 200 Vorschläge zur Änderung der Standards eingebracht, die durch Bundesrecht gesetzt sind und die Kommunen belasten. Der Schwerpunkt dieser Vorschläge betraf den Politikbereich Arbeit und Soziales. Dazu gehört der Bereich Eingliederungshilfe für behinderte Menschen und darunter eine Reihe von Regelungen, die Werkstätten und die von ihnen geförderten und beschäftigten behinderten Menschen betreffen. Einigkeit in der Kommission und in der AG bestand darin, dass die kommunalen Finanzprobleme nicht allein durch Änderung von Standards zu lösen sind. Die Entwicklung der sog. Nettoausgaben der Eingliederungshilfe (von 8,3 Mrd. in 2000 auf 12,5 Mrd. in 2010) erfordere Entlastungen durch den Bund auch im Bereich der Eingliederungshilfe eine Lastenverschiebung zwischen Bund und Ländern durch Einführung einer neuen Bundesbeteiligung bis hin zur vollen Übernahme der Kosten der Eingliederungshilfe durch den Bund. Die Länder und kommunalen Spitzenverbände haben zugleich darauf hingewiesen, dass wegen des verfassungsrechtlichen Verbots einer finanziellen Beteiligung des Bundes an den Sachleistungen der Eingliederungshilfe zunächst ein Geldleistungsgesetz entwickelt werden müsse. (zum ganzen: http://www.bundesfinanzministerium.de/content/de/monatsberichte/standardartikel_migrati 4

on/2011/08/analysen-und-berichte/b02- gemeindefinanzkommission/gemeindefinanzkommission.html).. Das also ist der Hintergrund der Vereinbarung zwischen Bund und Ländern im Sommer dieses Jahres, ein Bundesleistungsgesetz zu schaffen, und der Zusage des BMF, sich an den Kosten mit 4 Mrd. zu beteiligen. Gleichzeitig zu der Entwicklung auf Bundesebene sind in 2012 Entwicklungen auf Länderseite im Gange: 2 Beispiele: In NRW der Koalitionsvertrag v. 15. Mai 2012 und der Aktionsplan der Landesregierung ( Eine Gesellschaft für alle - NRW inklusiv ) v. 3. Juli 2012 und aus Bayern ein Entschließungsantrag an den Bundesrat zur Schaffung eines Bundesleistungsgesetzes, der einstimmig angenommen worden ist. Aus dem Aktionsplan von NRW (IV.8.7 und 8 S.122-127) ist hervorzuheben: 1. Die Erkenntnis: Werkstätten sind auch in Zukunft nötig, ausgedrückt mit der verklausulierten Formulierung: Sie werden durch die Anforderungen der BRK nicht überflüssig. Wie sollten denn auch 277900 Menschen, die in 721 Werkstätten betreut, in ihrer Arbeitsleistungsfähigkeit und der Weiterentwicklung ihrer Persönlichkeit gefördert und beschäftigt werden, anderswo Teilhabe am Arbeitsleben erhalten in Unternehmen und Betrieben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, auf dem wir eine überdurchschnittlich hohe und langandauernde Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen haben, auf dem die gesetzliche Beschäftigungspflicht in Höhe von 5% 5

von privaten Arbeitgebern weithin seit Jahren nicht eingehalten wird, auf dem es 37000 Arbeitgeber gibt, die nicht einen einzigen schwerbehinderten Menschen beschäftigen? Natürlich ist es wünschenswert und zu fordern, dass Menschen mit Behinderung so weit wie möglich inklusiv auf dem allg. Arbeitsmarkt beschäftigt werden. Aber dazu fehlen wichtige Voraussetzungen, vor allem die Pflicht der Arbeitgeber, eine entsprechende Zahl von Arbeitsplätzen über die (ohnedies unzureichende) 5%- Beschäftigungspflicht hinaus für voll erwerbsgeminderte Menschen mit Behinderung bereitzustellen oder wenigstens, von relativ wenigen Einzelfällen abgesehen, die Bereitschaft der Arbeitgeber dazu. Also: Werkstätten sind auch in Zukunft notwendig. Sie sind unverzichtbar. Und es ist nur konsequent, wenn der Aktionsplan NRW ankündigt, die bedarfsgerechte Bereitstellung und Ausstattung von Werkstattarbeitsplätzen auch künftig investiv fördern zu wollen, um Teilhabe am Arbeitsleben für voll erwerbsgeminderte Menschen mit Behinderung zu ermöglichen und zu gewährleisten. 2. Ein weiterer wichtiger Punkt aus dem Aktionsplan der LandesReg. von NRW: Die Werkstätten sollen Einrichtungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bleiben - für Menschen mit Behinderungen, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt werden können, wie es seit 1974 im Gesetz, zunächst im Schwerbehindertengesetz (SchwbG) hieß, seit 2001 im SGB IX ( 136) heißt, nun aber laut Grundlagenpapier v. 23. Aug. 2012 geändert werden soll. 6

Diese Aussage aus NRW ist, um so bemerkenswerter, weil, wie wir wissen, in NRW seit langem praktiziert wird, dass auch schwerstmehrfachbehinderte Menschen in WfbM aufgenommen und gefördert werden, aber eben doch mit dem Ziel, ein Mindestmaß an Arbeitsleistungsfähigkeit zu ermöglichen. Also auch NRW will nicht etwa die Untergrenze für die Aufnahme in eine WfbM fallen lassen, will nicht etwa den Charakter der WfbM als Einrichtung zur Teilhabe am Arbeitsleben ändern. (Dass sich die Zusammensetzung der Personengruppen in der WfbM in der Praxis seit Jahren verändert, z. B. was Menschen mit einer psychischen Behinderung anlangt, ist eine andere Sache, die im Blick ist und bleiben muss.) 3. (Punkt aus dem NRW- Aktionsplan) Der gesetzliche Auftrag an die Werkstätten, den Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu fördern (s. 136 Abs. 1 S. 3 SGB IX und 5 Abs. 4 WVO), soll stärker als bisher wahrgenommen werden. (In NRW wird dieser Auftrag durch eine Rahmenzielvereinbarung, die die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe 2007 mit den Wohlfahrtsverbänden geschlossen haben, seit 2008 vorangebracht.) Ziel ist, mehr Teilhabemöglichkeiten für voll erwerbsgeminderte Menschen mit Behinderung auf dem allg. Arbeitsmarkt zu schaffen. 4. Weitere Handlungsansätze betreffen: die Weiterentwicklung des Berufsbildungsbereichs von Werkstätten (BBB), die Schaffung von mehr Teilzeitbeschäftigung, die Schaffung von mehr betriebsintegrierten Außenplätzen - ausgelagerten Plätzen - sowohl für 7

die Berufsbildung als auch die Arbeit in Unternehmen (Betrieben) und ganz im Blickpunkt - die Schaffung von Alternativen zur WfbM. Dabei geht es um vielfältige Punkte: die Ausführung von Leistungen des EV, des BBB und des AB auch außerhalb einer WfbM o durch andere Leistungsanbieter als WfbM, o auch durch unterschiedliche Leistungsanbieter, o auch in Teilmodulen immer mit dem behaupteten Ziel, das Wunsch- und Wahlrecht und die Selbstbestimmung des behinderten Menschen so weit wie möglich zu stärken. o Auch die Nutzung des Persönlichen Budgets für die Inanspruchnahme von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben außerhalb der WfbM, also Leistungen durch andere Leistungsanbieter oder Leistungen an Arbeitgeber auf dem allg. Arbeitsmarkt, soll diesem Ziel dienen. Dabei wird davon ausgegangen, dass der Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) v. 30. Nov. 2011 die Verwendung von Leistungen der Sozialhilfe zur Beschäftigung in WfbM zur Eingliederung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eröffnet habe. 5. Die Werkstätten ihrerseits stehen vor der Aufgabe sich weiterzuentwickeln, um Vorgaben der WVO ( 4 und 5 Abs. 2) noch besser zu erfüllen, z. B. ihr Leistungsangebot im BBB und im AB noch stärker an den Erfordernissen/Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu orientieren. Soweit das Aktionsprogramm NRW. Nun zu dem Entschließungsantrag aus Bayern: 8

Mit ihm hat sich der Bundesrat am 6. Juli 2012 befasst und ihn mit Zustimmung aller Länder parteiübergreifend an die Ausschüsse überwiesen. Federführend ist der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik. Des weiteren beteiligt sind u. a. der Ausschuss für Innere Angelegenheiten und der Finanzausschuss. Inhaltlich geht es um die Schaffung eines Bundesleistungsgesetzes. Aufschlussreich, was die bayr. Ministerin Haderthauer bei der Einbringung des Antrags im Plenum ausgeführt hat: Kein Wort dazu, dass der bayr. Antrag von der Übernahme der gesamten Kosten durch den Bund ausgeht, der Bund hingegen, wenige Tage vorher bei den Verhandlungen über den Europäischen Fiskalpakt nur eine Kostenbeteiligung zugesagt hat. Und in der Begründung des Antrags ist u.a. nachzulesen: Die Leistungen der Eingliederungshilfe seien auf ihren Kernbereich zu konzentrieren, ein Wort aus dem politischen Sprachgebrauch, der für einschränken steht. Im Beschluss der 87. ASMK 2010 hieß es demgegenüber noch, es gehe um Weiterentwicklung. Ziel sei es nicht einzuschränken. Auch Bayern lässt keinen Zweifel daran, dass Werkstätten nötig sind: Sie leisten wertvolle Arbeit. Vergegenwärtigen wir uns nun, auf welche inhaltlichen Positionen sich die Länder geeinigt haben, die WfbM und die durch sie betreuten, geförderten, beschäftigten behinderten Menschen betreffen: Die Neuausrichtung von einer einrichtungsorientierten zu einer personenzentrierten Leistung, die die individuellen Bedarfe stärker berücksichtigt. 9

Die gesetzliche Klarstellung der Zielgruppe. Zielgruppe sollen sein wesentlich behinderte Menschen, die auf nicht absehbare Zeit voll erwerbsgemindert (i. S. d. 43 Abs. 2 SGB VI) bzw. nicht erwerbsfähig (i. S. d. 8 SGB II) sind und bei denen die Kriterien des 136 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB IX erfüllt sind. Bei dieser zuletzt genannten Aussage geht es um den Personenkreis derjenigen, die nach geltendem Recht keinen Anspruch auf Aufnahme in eine WfbM nach 136, 137 SGB IX haben, die wie es früher einmal hieß - nicht werkstattfähig sind, - um präzise zu sein: bei denen nicht erwartet werden kann, dass sie spätestens nach Teilnahme an berufsbildenden Maßnahmen wenigstens ein Mindestmaß an Arbeitsleistungsfähigkeit erreichen können. Die Vorstellungen einiger Verbände weichen davon ab: Auch diese behinderten Menschen sollen in die Werkstatt aufgenommen werden obwohl sie nach der Prognose vor der Aufnahme in eine WfbM nicht beruflich gebildet werden können, obwohl sie auch nach 2-jähriger Förderung keine auch keine minimale Arbeitsleistung erbringen können, obwohl sie kurz gesagt - nicht am Arbeitsleben teilhaben können nicht einmal im Umfang eines Mindestmaßes. Die Gegenpositionen des seit 1974 geltenden Rechts, die Eckwerte des geltenden Werkstättenrechts sind: o Eine WfbM soll eine auf berufliche Bildung und Beschäftigung spezialisierte Einrichtung zur beruflichen Teilhabe, Rehabilitation, Eingliederung in das Arbeitsleben sein. o Die Werkstatt-Träger sollen für die Menschen, für die eine so definierte WfbM nicht geeignet ist, eine 10

rechtlich eigenständige Einrichtung mit andersartigen Maßnahmen und besonderem Personal organisatorisch angliedern ( 136 Abs. 3 SGB IX) - unter Finanzierung insgesamt aus der Sozialhilfe (Eingliederungshilfe), als Einrichtung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Anm.: Das Grundlagenpapier will die Angliederung nur ermöglichen ( 136 Abs. 3 neu - SGB IX:...sein können.). o Berufsbildende Maßnahmen durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) oder einen sonstigen Träger der beruflichen Rehabilitation werden, da individuell nicht möglich, nicht durchgeführt. o Eine Beschäftigung i. S. einer produktiven Arbeit ist individuell nicht möglich. Ein (Arbeitsverhältnis mit den gegenseitigen Rechten und Pflichten eines Arbeitnehmers oder ein) arbeitnehmerähnliches Verhältnis, wie es zwischen Werkstatt-Träger und Werkstattbeschäftigten i. d. R. entsteht, kann nicht begründet werden. o Ein Arbeitsentgelt mit Grund- und Steigerungsbetrag aus dem wirtschaftlichen Arbeitsergebnis derer, die dieses Ergebnis mit ihrer Arbeitsleistung erwirtschaften, kann nicht gezahlt werden. o Sie können nicht wie Werkstattbeschäftigte in die Sozialversicherung einbezogen werden. Die weiteren Punkte der Länder: Die Flexibilisierung der Möglichkeiten zur Teilhabe am Arbeitsleben einschl. Beschäftigung auf dem allg. Arbeitsmarkt durch: o Die Schaffung von Beschäftigungsalternativen zur Werkstatt und 11

o Modularisierung. Anstelle der Leistungen zum EV, BBB und AB, die im SGB IX und der WerkstättenVO (WVO) vorgesehen sind, sollen Leistungsmodule definiert werden. Die behinderten Mensch sollen sie auch in Form eines Persönlichen Budgets in Anspruch nehmen können. Die Leistungen sollen auch durch andere Leistungserbringer als anerkannte WfbM erbracht werden können. Auch an die anderen Leistungserbringer sollen fachliche Anforderungen gestellt werden. Es sollen die Anforderungen sein, die für Werkstätten gelten, aber nur im Grundsatz. Sie sollen durch Bundes- oder Landesrahmenvorschriften geregelt werden, also nicht durch eine bundesweit geltende VO. Das Grundlagenpapier v. 23. Aug. 2012 konkretisiert das in der Formulierung zu 136 Abs. 4 - neu SGB IX sagen wir mal ziemlich eigenwillig. Ich komme darauf zurück. Anders als anerkannte WfbM sollen andere Leistungserbringer auch nur einzelne Module anbieten können. Die sozialversicherungsrechtlichen Regelungen, die für behinderte Menschen gelten, die an Maßnahmen und Leistungen in oder durch WfbM teilhaben, sollen künftig auch für andere Leistungsanbieter gelten. Das Grundlagenpapier sieht dafür keine Formulierungen in SGB V und VI vor. Das soll auch für den arbeitsrechtlichen Status gelten, auch für die Zahlung eines 12

Arbeitsentgelts mit Grund- und Steigerungsbetrag. Die Frage ist, woraus? Aus dem Arbeitsergebnis des anderen Leistungsanbieters. Das Grundlagenpapier verweist in dieser Frage auf eine auch im BMAS wohl noch nicht verfügbare Begründung zu 41 neu - SGB IX (Fußn. 8 S. 9). Der nächste Punkt der Länder: Die Weiterentwicklung der Regelungen zum Fachausschuss, was Funktion, Aufgaben und Zusammensetzung anlangt, und die Verpflichtung zur Vorlage aller für die Beratung relevanten Unterlagen an den Fachausschuss. Um so überraschender das Grundlagenpapier v. 23. Aug. 2012: Der Fachausschuss wird gestrichen. Der Leistungsträger soll, ohne dass der Leistungsanbieter einbezogen wird, entscheiden. Nächster Punkt: Die Klarstellung, dass der Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben spätestens mit dem Bezug einer Regelaltersrente endet und danach Anspruch auf Leistungen für die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, z. B. auf Tagesstrukturierung, besteht, also eine andere Leistungsart der Eingliederungshilfe mit anderem Inhalt. Auch hier weicht das Grundlagenpapier in seiner konkretisierenden Formulierung ab. Nicht der Bezug der Altersrente, sondern das Erreichen des für dieregelaltersrente erforderlichen Lebensalters sind entscheidend ( 41 Abs. 2 neu- SGB IX. Nächster Punkt: Die verstärkte Nutzung der Möglichkeiten für dauerhaft voll erwerbsgeminderte Menschen, auf dem allg. Arbeitsmarkt auf der Basis eines Arbeitsvertrages (ggfs. mit 13

Lohnkostenzuschuss und Übernahme der Betreuungsaufwendungen) tätig zu werden. Die behinderten Menschen sollen, wenn sie diese angeblichen Möglichkeiten nutzen, dieselben Rechte und Pflichten wie jeder andere Arbeitnehmer haben, was Bezahlung und Sozialversicherung anlangt (bis auf Arbeitslosenversicherung). Gleichsam als ceterum censeo betonen die Länder zu Recht: Den Vorrang der Eingliederung und des Wechsels auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Eine noch zu klärende Frage, sagt der Beschluss von 2010, sei schließlich: o Ein berufliches Orientierungsverfahren für alle Schüler und Schülerinnen mit Behinderungen und einem sonderpädagogischen Förderbedarf an Förder- und Regelschulen. Inzwischen ist gesetzlich eine Regelung über Berufsorientierungsmaßnahmen zur vertieften Berufsorientierung und Berufswahlvorbereitung durch Art. 2 des Ges. zur Verbesserung der Eingliederungschancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ( v. 27. Dez. 2011 BGBl. I S. 2870) im Unterabschnitt Übergang von der Schule in die Berufsausbildung in 48 SGB III getroffen worden und in Kraft getreten. Sie gilt für alle Schülerinnen und Schüler allgemeinbildender Schulen - auch Förderschulen sind allgemeinbildende Schulen -, seit 1. April 2012 ausdrücklich auch für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf und schwerbehinderte Schüler. (Ihre besonderen Bedürfnisse sollen bei der Ausgestaltung der Berufsorientierungsmaßnahmen berücksichtigt werden.) 14

Die BA hat die Aufgabe, Berufsorientierung durchzuführen ( 33 SGB III). Sie führt selbst hauptverantwortlich Berufsorientierungsmaßnahmen durch. Sie kann darüber hinaus nach 48 SGB III vertiefte Berufsorientierung und Berufswahlvorbereitung fördern, wenn sich Dritte mit mindestens 50% an der Förderung beteiligen. Die BA kann sich des weiteren auch an Maßnahmen, die von einem Dritten hauptverantwortlich eingerichtet werden, beteiligen, - finanziell - mit bis zu 50 %. Inhaltlich geht es um Potenzialanalyse. Dazu sollen Praktika in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarkts durchgeführt werden. Bei der vertieften Berufsorientierung geht es um Maßnahmen bis zu 4 Wochen. Sie sollen in der unterrichtsfreien Zeit durchgeführt werden. Bis Ende 2013 ist nach 130 SGB III eine erweiterte vertiefte Berufsorientierung möglich - über 4 Wochen hinaus und außerhalb der unterrichtsfreien Zeit. Ziel ist Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf oder, falls Berufsausbildung nicht in Betracht kommt, eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Alternativen der Eingliederung in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu den bisher gängigen Eingliederungswegen, namentlich zum Übergang von der Schule in eine WfbM, sollen aufgezeigt werden. Die Zugänge in die Werkstätten sollen damit reduziert werden. Soweit die amtliche Begründung durch die BReg. (BT-Drs. 17/6277 zu 48 SGB III S. 94 f.). Neben der im Gesetz vorgesehenen Durchführung und Förderung von Berufsorientierungsmaßnahmen ist eine Fördermöglichkeit aus Mitteln der Ausgleichsabgabe des Ausgleichsfonds im Programm Initiative Inklusion vorgesehen. Bis 2013 werden danach insgesamt 40 Mio zur Verfügung 15

gestellt, jährlich 10000 schwerbehinderte Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf beruflich intensiv zu orientieren. Das Nähere findet sich in Richtlinien v. 9. Sept. 2011. Ein Beispiel der praktischen Umsetzung ist kürzlich aus Niedersachsen von der Teilhabe ggmbh veröffentlicht worden (http://www.lag-wfbm-niedersachsen.de/aktuelles/art78-12initiativeinklusionwfbmoldenburg.pdf). Zurück zum Beschluss der ASMK von 2010. Wie haben die maßgeblichen Verbände diesen Beschluss aufgenommen? Die Verbände, darunter Diakonie, Caritas, Lebenshilfe, AWO, DPWV und die BAG WfbM, haben dazu zuletzt unter dem 26. Okt. 2011, kurz vor der 88. ASMK im Nov. 2011 Stellung genommen die BAG WfbM ausführlich nochmals am 16. Nov. 2011. Große Behindertenverbände wie VdK und Sozialverband Deutschland haben nicht mitunterzeichnet, unterstützen die Stellungnahme aber in einer Reihe von Punkten. Die Verbände stimmen Ziff. VI des ASMK-Beschlusses v. Nov. 2010 grundsätzlich zu, also der personenzentrierten Ausgestaltung der Leistungen, der stärkeren Ausrichtung der Erbringung der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben am individuellen Bedarf, der Schaffung von mehr Wahlmöglichkeiten zur Teilhabe am Arbeitsleben, o auch durch andere Leistungsanbieter, o auch durch unterschiedliche Leistungsanbieter, o auch durch Nutzung der Leistungsform des Persönlichen Budgets. 16

Sie halten aber des weiteren für erforderlich: Die Schaffung eines Rechtsanspruchs auf Lohnkostenzuschuss für dauerhaft erwerbsgeminderte Menschen zur Beschäftigung auf dem allg. Arbeitsmarkt ein Thema, das in engem Zusammenhang mit dem Prüfungsauftrag der ASMK 2011 an die Bund-Länder- Arbeitsgruppe steht, den ich eingangs genannt habe. Allen Leistungsanbietern müssen fachliche Anforderungen durch eine bundeseinheitliche VO auferlegt werden. Zu der Diskussion um Module: Es soll bei den Modulen EV, BBB und AB bleiben. Diese Module sollen in der regionalen Angebotsstruktur als Komplexleistung ausreichend verfügbar sein. Die Leistungsgewährung in Form des Persönlichen Budgets muss möglich sein. Die Finanzierung oder Mitfinanzierung durch die Eingliederungshilfe bei Förderung des Übergangs und der Beschäftigung auf dem allg. Arbeitsmarkt. Zum Personenkreis in der WfbM: Die Streichung des Mindestmaßes ( 136 Abs. 2 S. 1 SGB IX). Ein Rechtsanspruch auf Leistungen der beruflichen Bildung und der Teilhabe am Arbeitsleben unabhängig von Art und Schwere ihrer Behinderung, also auch für behinderte Menschen, die voraussichtlich keine Arbeitsleistung erbringen können, nicht einmal ein Mindestmaß. Rechtsanspruch auf Beratung durch Selbsthilfeorganisationen und Interessenverbände für behinderte Menschen, durch Verbände der Freien Wohlfahrtspflege und durch sonstige oder freie Anbieter neben dem bestehenden Beratungsanspruch gegenüber den Sozialhilfeträgern. o Weitere Punkte betreffen den o Fachausschuss, o die Sozialversicherung und 17

o die Mitwirkung Das Grundlagenpapier v. 23. 8. 2012, das den Anspruch erhebt, die vorgesehenen Änderungen durch Formulierungen zu konkretisieren, berücksichtigt diese Forderungen der Verbände nicht: Ein paar Beispiele: O An die anderen Leistungsanbieter sollen andere Qualitäts-Anforderungen gestellt werden. Gesetzlich sollen in 3 Punkten Anforderungen gestellt werden: an - die Leistungsfähigkeit und -qualität, - die Berufsqualifikation und die Zusatzqualifikation der Fachkräfte und - die räumliche und sächliche Ausstattung inhaltlich völlig offen formuliert in 39 Abs. 4 Satz 1 - neu - SGB IX. O Die Anforderungen im einzelnen sollen auch nicht bundeseinheitlich durch eine VO des Bundes geregelt, sondern die Länder sollen ermächtigt werden, Land für Land in welcher Form auch immer die fachlichen Anforderungen an andere Leistungsanbieter näher zu bestimmen ( 39 Abs. 4 Satz 2 neu SGB IX). O Das Angebot anderer Leistungsträger zur Eingangsklärung, beruflichen Bildung und Beschäftigung soll sich auf einzelne Leistungen oder sogar Teile einer solchen Leistung beschränken können ( 39 Abs. 2 Satz 3 neu SGB IX); das Angebot von WfbM muss demgegenüber alle Leistungen umfassen ( 39 Abs. 2 Satz 2 neu SGB IX). O Es soll auch die Möglichkeit von Leistungen unterschiedlicher Anbieter in Kombination geben. 18

O Änderungen der Regelungen über das Persönliche Budget sind nicht vorgesehen. O Für die Förderung des Übergangs und der Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist als Leistung des Reha-Trägers eine Kann-Leistung in Form einer Prämie vorgesehen ( 39 Abs. 5 neu -), sonst nichts: keine Lohnkostenzuschüsse für eine Übergangszeit oder auf Dauer aus Mitteln der Sozialhilfe für die Arbeitgeber, kein Minderleistungsausgleich usf.. Und ein letzter Punkt, der hier nochmals im Zusammenhang erwähnt werden soll: O Der Fachausschuss fällt weg. Künftig sollen die Leistungsträger ohne Einbeziehung des Leistungsanbieters über den Zugang behinderter Menschen und die Steuerung der Leistungen befinden (Grundlagenpapier Fußn. 9 zu 2 WVO). Das Grundlagenpapier enthält auch keine Formulierung für die Gewährung von Renten wegen voller Erwerbsminderung nach einer Beschäftigungszeit von 20 Jahren, wenn behinderte Menschen außerhalb von WfbM an Angeboten anderer Leistungserbringer teilnehmen. Im Teil 2 I. Themenkomplex Arbeitsleben sind Änderungen des SGB IX und der WVO, nicht aber des SGB VI und anderer Bücher des SGB vorgesehen. In weiteren Punkten, z. B. dem Arbeitsentgelt des behinderten Menschen, der bei einem anderen Leistungsanbieter beschäftigt wird, wird auf die Begründung der zu ändernden gesetzlichen Vorschriften vertröstet; diese Begründungen sind dem Grundlagenpapier nicht beigefügt. Soweit der Blick auf das Grundlagenpapier. Nicht nur die Länder und die Verbände haben sich positioniert, sondern auch die kommunalen Spitzenverbände und die überörtlichen Träger der Sozialhilfe in den Ländern: Unter 19

dem 15. Juni dieses Jahres haben sie in NRW ein gemeinsames Positionspapier mit einer einheitlichen kommunalen Position mit den Adressaten Land und Bund vorgelegt, zugleich als Grundlage für den Dialog mit den Verbänden der Menschen mit Behinderung und der Freien Wohlfahrtspflege und darüber hinaus der Öffentlichkeit. In diesem Papier wird - die steigende Zahl der Menschen mit Behinderung, - der Anstieg der Fallzahlen und - des Ausgabevolumens der Aufwendungen für Eingliederungshilfe beleuchtet und die Notwendigkeit zur Reform der Eingliederungshilfe, zu einer kostendämpfenden Weiterentwicklung betont, auch was die Zahl der behinderten Menschen in WfbM und die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in WfbM anlangt. Auch hier die Forderung: Schaffung von Alternativen zur Werkstatt für behinderte Menschen und die Förderung der Teilhabe an Arbeit und Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Auch hier, was den Personenkreis in WfbM, die Zielgruppe anlangt: in Übereinstimmung mit den Ländern abweichend von mehreren Verbänden: Die WfbM müssen ausschließlich dem Personenkreis vorbehalten bleiben, für den sie gesetzlich vorgesehen sind, also dessen Eingliederung in das Arbeitsleben nicht anders erreicht werden kann. Die Anzahl der Menschen mit Behinderung, die von den WfbM auf den allgem. Arbeitsmarkt wechseln, muss weiter steigen. Ziel ist es, inklusive Beschäftigung zu fördern und den Anstieg von Werkstattplätzen zu reduzieren und perspektivisch zu verhindern (so unter II.6.) Zum Schluss: Bei dieser Sachlage kann man nur bei oberflächlicher Betrachtung der Meinung sein, dass von den Beteiligten 20

weitgehend einvernehmliche Ergebnisse erzielt worden sind, dass ein breiter Konsens gegeben ist. Die Arbeiten in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe müssen infolgedessen fortgeführt werden. Dabei sind die Verbände zu beteiligen. Die Ergebnisse des Dialogs sollen in die weiteren Arbeiten der Bund-Länder-AG einfließen. Die neue Entwicklung verlangt überdies die Erarbeitung eines Bundesleistungsgesetzes durch Bund und Länder. Es bleibt abzuwarten, wann das BMAS die Vorbereitungsarbeiten dazu aufnimmt. Erst wenn der Entwurf eines Gesetzes mit konkreten Formulierungen vorgelegt wird, kann über die Einzelheiten gesprochen werden. Viel Stoff also, meine Damen und Herren, für die Diskussion dieser Themen, die jetzt im Anschluss vorgesehen ist. Ich danke Ihnen für ihre Aufmerksamkeit. 21