Von Christian Hoffmann (Text mit freundlicher Genehmigung aus http://www.hiv.net)



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Transkript:

44th ICAAC, Washington ein Kongressbericht Von Christian Hoffmann (Text mit freundlicher Genehmigung aus http://www.hiv.net) Über 10.000 Teilnehmer, über 2.000 Abstracts die Interscience Conference on Antimicrobial Agents and Chemotherapy (ICAAC) ist und bleibt eine Konferenz der Superlative. Neben unzähligen Daten zu Antibiotika und spezifischen Erregern gab es auf der diesjährigen 44th ICAAC in Washington auch neue Daten zu HIV und AIDS. Sie werden im folgenden, dreiteiligen Bericht zusammen gefasst. Teil 1: Tenofovir+FTC besser als AZT+3TC? Viel Beachtung fanden die von B. Gazzard erstmals präsentierten Daten der 934-Studie (Gazzard 2004). In dieser großen Multizenterstudie wurden an insgesamt 509 therapienaiven Patienten die Kombinationen aus Tenofovir+FTC und AZT+3TC (Combivir ) offen gegeneinander getestet (alle Patienten erhielten außerdem Efavirenz). In der 24-Wochen- Auswertung zeigte sich ein höherer Anteil von Patienten mit Tenofovir+FTC-Arm mit weniger als 50 Kopien/ml (73 % versus 65 % in der ITT-Analyse, p=0.038). Dies galt auch für Patienten mit hoher Viruslast zur Baseline. Die Unterschiede in der ITT-Analyse waren allerdings hauptsächlich auf die schlechtere Verträglichkeit von Combivir zurückzuführen. Im Combivir gab es 21 % Therapieabbrüche, vor allem aufgrund von Anämien und gastrointestinalen Nebenwirkungen, verglichen mit 10 % im Tenofovir+FTC-Arm. Virologisches Versagen und Resistenz-Mutationen waren in beiden Armen etwa gleich häufig bzw. selten. Reine NRTI-Regime gibt es doch noch Einsatzmöglichkeiten? Regime, in denen ausschließlich Nukleosid- oder Nukleotidanaloga (NRTIs) eingesetzt werden, gerieten in den letzten Monaten zunehmend in die Kritik (Gulick 2004). Auf der ICAAC gab es einige Studien, die zeigen, dass der Ansatz des Class sparings (es werden NNRTIs und PIs als künftige Optionen aufgespart) vielleicht doch noch nicht ganz passé ist: Zumindest als Erhaltungstherapie scheint Triple-Nukes ganz gut zu funktionieren. In einer spanischen Studie erhielten insgesamt 134 Patienten, die unter einem initialen HAART- Regime ihre Viruslast für mindestens 24 Wochen unter die Nachweisgrenze gesenkt hatten, randomisiert entweder Trizivir oder Combivir plus Nevirapine (Bonjoch 2004). Nach 48 Wochen war die Zahl der Patienten mit einer weiterhin unter der Nachweisgrenze liegenden Viruslast in beiden Armen gleich hoch (71 % versus 73 % in der ITT-Analyse). Quadruple- Nukes scheint bei therapienaiven Patienten eine deutlich bessere Option als Triple-Nukes zu sein, wie eine von G. Moyle vorgestellte, offen-randomisierte Studie zeigte. Insgesamt 114 Patienten erhielten entweder eine Kombination aus Trizivir +Tenofovir oder aus Combivir +Efavirenz. Nach 48 Wochen war in beiden Armen das Ansprechen in beiden Armen gleich gut (70 % versus 68 % unter 50 Kopien/ml in der ITT-Analyse). Es fanden sich keine Unterschiede, auch wenn nur Patienten mit hoher Viruslast analysiert wurden. Interessant waren hierzu auch die Daten der COL40263-Studie, in der antiretroviral naive Patienten einmal täglich die Tagesdosis von Trizivir +Tenofovir erhielten. Von insgesamt 123 Patienten erreichten 71 % in der ITT-Analyse nach 24 Wochen eine Viruslast unter 50 Kopien/ml (DeJesus 2004). Die Ergebnisse waren damit deutlich besser als die Resultate, die im letzten Jahr mit ABC+3TC+Tenofovir beobachtet worden waren. Offenbar scheint der Effekt von AZT, das eigentlich nicht einmal täglich gegeben werden kann, protektiv für ein virologisches Versagen zu sein. Die genotypischen Resistenzanalysen der Patienten, die ein virologisches Versagen entwickelten, liessen jedenfalls nichts Beunruhigendes erkennen,

insbesondere keine vermehrten K65R-Mutationen. Allerdings waren vor allem Patienten mit hoher Viruslast zur Baseline vom Therapieversagen betroffen - für diese Gruppe ist eine solche Therapie sicherlich nicht erste Wahl. DDI plus Tenofovir wahrscheinlich keine gute Kombination Die Kombination aus DDI und Tenofovir scheint zumindest theoretisch nicht unattraktiv beide Substanzen sind für sich gesehen recht potent und können einmal pro Tag eingenommen werden. Allerdings mehren sich nun die Daten, dass die Kombination nicht nur toxischer (die DDI-Dosis muss wegen des hohen Risikos an Pankreatitiden bekanntlich auf 250 mg reduziert werden, wenn es mit Tenofovir kombiniert wird), sondern auch weniger effektiv ist. Die Arbeitsgruppe um G. Moyle berichtete über eine randomisierte Studie, in der DDI+Tenofovir gegen 3TC+Tenofovir getestet wurde. Alle Patienten erhielten zusätzlich Efavirenz. Die Studie wurde im Anschluss an eine ungeplante Interimsanalyse abgebrochen, nachdem bereits nach vier Wochen Unterschiede offensichtlich wurden: Im DDI+Tenofovir- Arm hatten nur 29 von 33 (88 %) Patienten einen Abfall von der Viruslast um mindestens eine Logstufe erreicht, im 3TC+Tenofovir-Arm waren es dagegen 32 von 33 Patienten (97 %). Alle Patienten mit virologischem Therapieversagen hatten zur Baseline weniger als 200 CD4-Zellen und eine hohe Viruslast von über 100.000 Kopien/ml. Die Gründe für diese schlechten Ergebnisse sind bislang unklar. Diese Studie ist nach einer spanischen Untersuchung (Podzamczer 2004) damit allerdings schon die zweite mit dieser Kombination, die vorzeitig abgebrochen werden musste. Überdies scheint die Kombination aus DDI und Tenofovir noch einen ungünstigen Effekt auf die CD4-Zellen zu haben: In einer retrospektiven Studie aus Spanien zeigte sich, dass sie sogar zu einem signifikanten Abfall der CD4-Zellen führt (Barrios 2004). Dieser Abfall war vor allem bei Patienten zu beobachten, die initial noch eine 400 mg-dosis DDI eingenommen hatten. Eine leichte, allmähliche Aufwärtstendenz zeigte sich bei den CD4-Zellen, wenn die DDI-Dosis reduziert wurde (Negredo 2004). Wenngleich diese Daten sicherlich noch überprüft werden müssen, scheint es allmählich deutlich mehr Gründe gegen die Kombination aus DDI+Tenofovir zu geben als dafür. Literatur 1. Barrios A, Negredo E, Rendon A, et al. Paradoxical CD4+ T-cell decline in patients with complete virus suppression under tenofovir plus didanosine combinations. Abstract H-1132, 44th 2. Bonjoch A, Miralles C, Miranda J, et al. Efficacy of three NRTIs (Trizivir) or two NRTIs (Combivir) plus nevirapine as simplified strategies in HIV-1 infected patients with viral suppression : SimplifyHAART study. Abstract H-562, 44th ICAAC 2004, Washington. 3. DeJesus E, Elion R, Cohen C, et al. Week 24 analysis of one-daily (QD) Trizivir (TZV) and Tenofovir DF (TDF) in antiretroviral naive subjects (COL40263). Abstract H-564, 44th 4. Gazzard B, DeJesus E, Campo R, et al. The combination of tenofovir DF (TDF), emtricitabine (FTC) and efavirenz (EFV) has significantly greater response vs fixed dose zidovudine/lamivudine (CBV) and EFV in antiretroviral naive patients: a 24 week preliminary analyis. Abstract H1137c, 44th 5. Gulick RM, Ribaudo HJ, Shikuma CM, et al. Triple-nucleoside regimens versus efavirenz-containing regimens for the initial treatment of HIV-1 infection. N Engl J Med 2004, 350:1850-1861.

6. Moyle G, Maitland D, Hand J, et al. Early virological failure in persons with viral loads > 100,000 cps/ml and CD4 counts < 200/mm3 receiving ddi/tenofovir/efavirenz as initial therapy: Results from a randomised comparative trial. Abstract H-566, 44th 7. Moyle G, Nelson M, Higgs C, et al. A randomised open label comparative study of combivir + efavirenz (2 class triple therapy) versus trizivir + tenofovir (single class quadruple therapy) in initial therapy for HIV-1 infection. Abstract H-1131, 44th 8. Negredo E, Puig J, Masmita E, et al. CD4 cell count changes after reduction of didanosine dosage in patients receiving standard doses of didanosine and tenofovirbased regimens. Abstract H-561, 44th 9. Podzamczer D, Ferrer E, Gatell JM, et al. Early virologic failure with a combination of tenofovir, didanosine and efavirenz. Antiviral Therapy 2004. http://www.informedhorizons.com/resistance2004/posters/posters/podzamczer_po STER_Resist%20ININ%202004.pdf Bericht vom ICAAC, Teil 2: Neues zu CCR5-Antagonisten eine Substanzklasse steht vor der Tür Die meisten Studien zu einer antiretroviralen Substanz wurden auf dieser ICAAC zu 873,140 publiziert, dem neuen CCR5-Antagonisten von GSK. Die Bindung an die CCR5-Rezeptoren dieser Substanz scheint von Dauer zu sein. In einer Studie überstieg sie 100 Stunden (Demarest 2004a). Erstmalig wurden nun auch klinische Daten für 873,140 vorgestellt sie scheinen sich nicht wesentlich von den beiden Konkurrenzsubstanzen SCH-D (Schering- Plough) und UK427,857 (Pfizer) zu unterscheiden (Lalezari 2004). Insgesamt 40 Patienten waren doppelbind auf verschiedene Dosen von 873,140 randomisiert worden. In der höchsten Dosis von 600 mg zeigte sich nach 10 Tagen ein Abfall der Viruslast von 1.66 Logstufen, die Substanz wurde gut vertragen. Bei aller Euphorie um diese neue Wirkstoffgruppe tun sich allerdings auch einige Fragen auf: Welche Patienten werden für CCR5-Antagonisten überhaupt in Frage kommen? Zunächst einmal nur die Patienten mit R5-tropen Viren, also jenen Viren, die den CCR5-Korezeptor benutzen. In einer britischen Kohortenstudie an 616 Patienten fand sich dabei ein deutlicher Zusammenhang zwischen R5-Tropismus und immunologisch-virologischen Parametern (Moyle 2004). Je höher die CD4-Zellen und die Viruslast, umso wahrscheinlicher ist der R5- Tropismus. Während sich in dieser Studie kein Unterschied zwischen therapienaiven und therapierten Patienten fand, war das in einer anderen, von GSK initiierten Studie anders (Demarest 2004). Hier fanden sich bei den vorbehandelten Patienten deutlich mehr Viren mit einem CXCR4-Tropismus. Obwohl beide Studien übereinstimmend demonstrierten, dass der Anteil von X4-tropen Viren relativ klein ist und etwa bei 20 % insgesamt liegt, scheint sich doch abzuzeichnen, dass gerade Patienten mit fortgeschrittener HIV-Infektion und langer Vorbehandlung weniger von den CCR5-Antagonisten profitieren werden. Umgekehrt bedeutet das natürlich auch, dass CCR5-Antagonisten früher eingesetzt werden müssen. Ein wichtiges Problem ist derzeit außerdem noch die Testung auf den viralen Tropismus. ViroLogic ist derzeit das einzige Labor, dass diese sehr komplizierte Untersuchung, für die lebende Zellen benötigt werden, durchführen kann. Niemand weiß, wie genau diese Untersuchung wirklich ist und was das Vorhandensein einer viralen Mischpopulation aus R5- und X4-tropen Stämmen eigentlich bedeutet. In einem Late-Breaker-Vortrag wurde anhand sehr aufwendiger phylogenetischer Untersuchungen gezeigt, dass wenn X4-trope Viren unter einer Behandlung mit CCR5-Antagonisten auftreten, diese wahrscheinlich aus einem präexistenten Pool selektioniert werden und nicht durch einen Rezeptor-Switch neu entstehen (Lewis 2004).

RESIST-Studie Hoffnung für Salvage-Patienten Erstmalig wurden auf dieser ICAAC die mit Spannung erwarteten Daten der Resist-1-Studie vorgestellt (Hicks 2004). In dieser Studie wurden Patienten aus Nordamerika und Australien eingeschlossen, die sowohl mit Nukleosidanaloga als auch mit NNRTIs und PIs vorbehandelt worden waren, darunter mit mindestens 2 PI-haltigen Regimen. Die Patienten hatten eine Viruslast von mindestens 1.000 Kopien/ml und mindestens eine primäre PI-Mutation (allerdings nicht mehr als zwei Mutationen an den Codons 30, 82, 84 und 90). Insgesamt 620 Patienten wurden auf eine Therapie mit einem optimierten, geboostertem PI-Regime (in insgesamt 61 % Lopinavir/r) oder auf Tipranavir/r (500 mg/200 mg) randomisiert, in beiden Armen war die zusätzliche Gabe von T-20 möglich. Als Therapie-Response galt ein Abfall von mindestens einer Logstufe. Nach 24 Wochen hatten dies im Tipranavir-Arm mit 41.5 % versus 22.3 % deutlich mehr Patienten erreicht. Immerhin 25.1 % im Tripanavir-Arm versus 10 % erreichten eine Viruslast unter 50 Kopien/ml. Die Verträglichkeit war in beiden Armen gut. Diese Daten zeigen, dass Tipranavir auch bei intensiv vorbehandelten Patienten eine gute Wirksamkeit behält. Klar wurde allerdings auch einmal mehr, dass jedes Salvage- Medikament nach Mögichkeit noch eine weitere wirksame Substanz zur Seite gestellt bekommen sollte. Gespannt sein darf man nun auf die Resultate von RESIST-2, dem europäischen Pendant von RESIST-1, die in Glasgow in wenigen Tagen publiziert werden. Literatur 1. Demarest J, Bonny T, Vavro C, et al. HIV-1 co-receptor tropism in treatment naive and experienced subjects. Abstract H-1136, 44th 2. Hicks C. RESIST-1: a phase 3, randomized, controlled, open-label, multicenter trial comparing tipranavir/ritonavir to an optimized comparator protease inhibitor/r regimen in antiretroviral experienced patients: 24 week data. Abstract H-1137a, 44th 3. Lalezari J, Thompson M, Kumar P, et al. 873140, a novel CCR5 antagonist : antiviral activity and safety during short-term monotherapy in HIV-infected adults. Abstract H- 1137b, 44th 4. Lewis ME, van der Ryst E, Youle M, et al. Phylogenetic analysis and co-receptor tropism of HIV-1 envelope sequences from two patients with emergence of CXCR4 using virus following treatment with the CCR5 antagonist UK427,857. Abstract H584-b, 44th 5. Moyle G, Wildfire A, Mandallia S, et al. Prevalence and predictive factors for CCR5 and CXCR4 co-receptor usage in a large cohort of HIV positive individuals. Abstract H-1135, 44th Bericht vom ICAAC, Teil 3: Neues zu TMC-114, T-20 und Lopinavir Abseits von den CCR5-Antagonisten und der RESIST-Studie gab es auf der ICAAC relativ wenige Studien zu neuen antiretroviralen Substanzen. TMC-114, ein neuer potenter PI, scheint die Spiegel des Lipidsenkers Atorvastatin deutlich zu erhöhen, so dass hier wohl immer mit der niedrigsten Dosis von 10 mg/tag begonnen werden sollte (Hoetelmans 2004). Der Fusionsinhibitor T-20 scheint, einmal täglich in der doppelten Dosis von 180 mg gegeben, eine gleiche Bioäquivalenz (gemessen an der AUC) zu haben wie die Standarddosis von 2 x 90 mg. Auch die Verträglichkeit war dieselbe. Allerdings gab es doch einen Trend zuungunsten des 180 mg-armes hinsichtlich der Viruslast-Absenkung, der eindeutig mit

niedrigeren Talspiegeln assoziiert war Patienten müssen sich T-20 wohl bis auf weiteres zweimal täglich injizieren (Thompson 2004). Präsentiert wurden ausserdem die 48-Wochen-Daten der BIKS-Studie (Raffi 2004). In dieser waren Patienten initial mit einer Kombination aus Efavirenz und Lopinavir/r behandelt worden. Das Ansprechen der Patienten nach 48 Wochen war gut, mit 73 % unter 400 Kopien/ml in der ITT-Analyse. Allerdings gab es wohl einige Probleme mit der Compliance in dieser Studie. Die Option des Nukes-Sparings sollte nach diesen Daten jedoch unbedingt weiter verfolgt werden. Eine andere interessante Studie untersuchte die Haltbarkeit von Lopinavir/r, das bekanntlich normalerweise gekühlt werden muss (Caparelli 2004). Die Kapseln wurden unterschiedlichen Temperaturen (35 und 45 Grad) und hoher Luftfeuchtigkeit ausgesetzt. Klare Aussage: Dreißig Tage Hitze scheinen das Maximum zu sein, in denen die Kapseln ihre Wirksamkeit noch behalten. Bei 45 Grad verklumpen die Kapseln allerdings schon nach einem Tag, bei 35 Grad erst nach Wochen. Nach 60 Tagen lag die Wirksamkeit unter 85 %. Die Schlussfolgerung der Autoren: Patienten sollte, sofern keine Kühlmöglichkeit besteht, maximal für 30 Tage Therapie erhalten. Blister-Packungen könnten hier zumindest das Verklumpen verhindern. Klar ist allerdings auch, dass nach Galeniken geforscht werden muss, die sich auch bei Hitze über einen längeren Zeitraum halten. Toxizität von D4T In der 903-Studie, in der D4T versus Tenofovir getestet worden war (bei einer Begleittherapie von Efavirenz und 3TC), erhielten nach 96 Wochen alle Patienten im D4T-Arm die Möglichkeit, auf Tenofovir zu wechseln. Der Wechsel hatte positive Auswirkungen auf die Blutlipide, wie eine Zwischenauswertung nach 12 Wochen zeigte (Suleiman 2004). Die Triglyceride sanken im Mittel um 60 mg/dl, Cholesterin um 40 mg/dl. Zwar gab es relativ große individuelle Schwankungen, doch zeigt diese Auswertung, dass das Lipidprofil offensichtlich tatsächlich durch D4T ungünstig beeinflusst wird. Dies gilt auch für die mitochondriale DNA, wie eine Nachauswertung des französischen Albi-Trials zeigte (Amellal 2004). In dieser Studie war vor Jahren die Kombination aus D4T+DDI gegen AZT+3TC getestet worden, nun wurden tiefgefrorene Blutproben untersucht. Die mitochondriale DNA war im D4T+DDI-Arm nach 48 Wochen signifikant niedriger als im AZT+3TC-Arm. Allerdings scheint es länger zu dauern, bis die mitochondriale Toxizität von D4T messbar ist: nach 24 Wochen waren noch keine Unterschiede messbar. Abacavir-Hypersensitivitätssyndrom (HRS) hohe Rate bei akut Infizierten Eine Studie aus Seattle berichtete über eine besonders hohe Raten in Patienten, die im Rahmen einer akuten HIV-Infektion behandelt worden waren. Insgesamt 9 von 50 Patienten entwickelten ein HRS unter Abacavir, darunter 2 Patienten mit dem HLA-Typ B5701. Die Autoren folgern, dass man Abacavir in akut infizierten Patienten eher vermeiden oder mit Vorsicht einsetzen sollte. Eine andere Arbeitsgruppe, die im Rahmen der prospektiven A5138-Studie insgesamt 5 Patienten mit einer HRS genauer untersucht hatte, berichtete über einen erheblichen Abfall der CD4- und CD8-Zellen vor dem Auftreten eines HRS (Rodriguez 2004). Spekuliert wurde dabei über eine Zytokindysregulation im Rahmen des HRS, die genaue Ursache für dieses Phänomen bleibt jedoch unklar. Literatur 1. Amellal B, Chene G, Pedrono G, et al. Mitochondrial (mt)dna content in peripheral blood mononuclear cells (PBMC) at week 48 as a surrogate marker of lipodystrophy in naive HIV-1 infected patients starteing nucleoside analogues (NA). Abstract H-164, 44th

2. Caparelli E, Pau A, Holland D, et al. Stability of lopinavir/ritonavir at elevated temperatures: relevance to HIV therapy in subsaharan africa. Abstract H-868, 44th 3. Demarest J, Sparks S, Watson C, et al. Prolonged and unique binding of a novel CCR antagonist, 873140. Abstract H-211, 44th 4. Hoetelmans RM, Lasure A, Koester A, et al. The effect of TMC114, a potent nextgeneration HIV protease inhibitor, with low-dose ritonavir on atorvastatin pharmaokinetics. Abstract H-865, 44th 5. Raffi F, Allavena C, Delfraissy JF, et al. 48-week final results of lopinavir/r (LPV/r)- Efavirenz (EFV) combination (BIKS Study). Abstract H-569, 44th ICAAC 2004, Washington. 6. Rodriguez B, Valdez H, Loupa C, et al. ABC Hypersensitivity reactions are heralded by transient delines in circulating CD4+ cell counts. Abstract H-171, 44th ICAAC 2004, Washington. 7. Stekler J, Maenza J, Stevens C, et al. Abacavir hypersensitivity reaction in primary HIV infection. Abstract H 168, 44th 8. Suleiman JM, Lu B, Enejosa J, Cheng A. Improvement in lipid parameters associated with substitution of stavudine (d4t) to tenofovir DF (TDF) in HIV-infected patients participating in GS 903. Abstract H-158, 44th 9. Thompson M, True A, Chiu Y. Pharmacokinetics, pharmacodynamic and safety assessment of QD veresus BID dosing with enfuvirtide (ENF) in HIV-infected subjects. Abstract H-866, 44th