Primary English Project - PEP Was wir schon immer fragen wollten...



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Transkript:

Primary English Project - PEP Was wir schon immer fragen wollten... Die Bildungsdirektorenkonferenz Zentralschweiz (BKZ) hat am 20. Juni 2001 den Entscheid gefällt, dass an den Primarschulen der Zentralschweiz ab dem Schuljahr 2005/06 Englisch ab der 3. Klasse unterrichtet werden soll. Ausgenommen von dieser Regelung ist aus nahe liegenden Gründen der zweisprachige Kanton Wallis. Die Bedeutung von Englisch in einer zunehmend von Globalisierung geprägten Arbeitswelt ist unbestritten. Englisch hat heute nicht nur im Berufsleben, sondern auch im Freizeitbereich einen bedeutenden Stellenwert. Weil Kinder im Alltag in Musik, Sport und Medien immer wieder mit englischen Ausdrücken konfrontiert werden, ist ihre Motivation, diese Sprache zu lernen, allgemein sehr hoch. Der Fremdsprachenunterricht an der Volksschule zielt auf eine funktionale Mehrsprachigkeit. Schülerinnen und Schüler sollen demnach einen möglichst natürlichen Umgang mit Sprachen erlernen, der ihnen hilft, im Alltag (Freizeit, Schule, später Ausbildung) die gelernte Sprache zu gebrauchen. Ein wichtiges Lernziel ist zudem die Aneignung von Strategien zum Erlernen der Sprache. Was aber bedeutet die Einführung des Englischunterrichtes auf der Primarschulstufe für Schülerinnen / Schüler, Lehrpersonen und Schulorganisation? Wird die Erstsprache vernachlässigt? Sind lernschwache Kinder überfordert? Diese Broschüre greift Fragen auf und beantwortet sie nach dem neuesten Stand der Sprachforschung. Je früher, desto besser? Ist es entwicklungspsychologisch sinnvoll, Kinder möglichst früh mit einer Fremdsprache zu konfrontieren? Aus der Praxis weiss man, dass die Aufnahme einer Fremdsprache umso besser gelingt, je früher diese erfolgt. Kinder haben in frühen Lebensjahren aufgrund ihrer neuronalen Plastizität bessere Voraussetzungen, eine Fremdsprache zu lernen. Sie tun dies imitativ und spielerisch. Kinder im jungen Alter sind in der Aufnahme von Lauten und im Erwerb einer guten Aussprache bevorteilt. Verschiedene Forschungsergebnisse zeigen, dass frühes Fremdsprachenlernen bessere Fremdsprachenkompetenzen bringt. Unter anderem auch deshalb, weil sich der Fremdsprachenerwerb über eine längere Zeit erstreckt. 1

Beeinträchtigt das frühe Lernen von Fremdsprachen die Entwicklung der Erstsprache? So lange Kinder in ihrer gesamten Entwicklung gefördert werden, stört das Lernen von Fremdsprachen die Entwicklung der Erstsprache nicht. Im Gegenteil, das Lernen einer fremden Sprache kann sich sogar positiv auf den Erstspracherwerb auswirken. Voraussetzung dafür ist allerdings eine altersgerechte Sprachendidaktik: Jüngere Kinder lernen anders als Jugendliche oder Erwachsene. UND: Frühes Lernen bringt auch eine positive, offene Haltung anderen Sprachen und Kulturen gegenüber. Chaos und Stress für die Lehrpersonen? Wie wirkt sich die Neuerung auf die Ausbildung von Lehrpersonen aus? Haben die Klassenlehrer/innen ausgedient? Schon heute ist es in vielen Fällen nicht mehr möglich, dass die Klassenlehrperson sämtliche Fächer unterrichtet. Diverse Fächer (wie zum Beispiel Textiles Gestalten, Religion, Sport, Musik) werden z.t. heute schon von Fachlehrpersonen erteilt. Zudem unterrichtet ein beträchtlicher Teil der Lehrpersonen in Teilpensen. Es liegt also nicht am Fach Englisch, dass das Klassenlehrer/innenprinzip durchbrochen wird. Durch die neue Lehrpersonenausbildung an der Pädagogischen Hochschule wird es die heutigen Zehnkämpfer in naher Zukunft sowieso nicht mehr geben. Die zukünftigen Primarlehrpersonen werden für den Unterricht von sieben Fächern ausgebildet, so dass ohnehin der Unterricht auf mindestens zwei Lehrpersonen aufgeteilt wird. Wer muss sich für das Fach Englisch nachqualifizieren? Die Nachqualifikation ist freiwillig. Es steht also jeder Lehrperson frei, daran teilzunehmen oder darauf zu verzichten. Was nicht heisst, dass ein Verzicht zugleich einen Verlust von Anstellungsprozenten mit sich bringt. Dieser kann durch einen Abtausch von Stunden oder Fächern vermieden werden. Provoziert das Ganze nicht einen Rattenschwanz von organisatorischen Massnahmen? Der organisatorische Aufwand wird durch diese Änderung sicherlich nicht kleiner. Die Gestaltung der Stundenpläne verlangt eine intensive Zusammenarbeit und Absprachen zwischen den einzelnen Lehrpersonen. Das gilt aber nicht nur für das Fach Englisch und in vielen Schulhäusern wird heute schon intensiv und gut zusammengearbeitet. Zum Vorteil für Schüler/innen und Lehrpersonen. UND: Zusammenkunft ist ein Anfang. Zusammenhalt ist ein Fortschritt. Zusammenarbeit ist der Erfolg. (Henry Ford) 2

Der nächste Schritt? Wie wirkt sich Englisch an der Primarschule auf die Sekundarstufe I aus? Die Einführung von Englisch an der Primarschule führt für die Sekundarstufe I zu veränderten Voraussetzungen. Mittelfristig werden Schüler/innen übertreten, die bereits während vier Jahren in der englischen Sprache unterrichtet worden sind. Das hat für die Sekundarstufe I erhebliche Konsequenzen unter anderem deshalb, weil Englisch unmöglich während sieben Schuljahren in Form von Lektionen unterrichtet werden kann. Für den Fremdsprachenunterricht auf der Sekundarstufe I müssen deshalb Alternativformen ausgearbeitet werden: immersiver Unterricht zum Beispiel, Austausch, Lernen mit neuen Technologien. Spielt die Leistung im Fach Englisch für den Übertritt in die Sekundarstufe I eine Rolle? Für den Übertritt an die Sekundarstufe I soll eine Gesamtbeurteilung der Leistung der Schülerinnen und Schüler vorgenommen werden, die es erlaubt, alle Jugendlichen möglichst der richtigen Niveaugruppe oder im zweigliedrigen System der Real- oder Sekundarschule zuzuleiten. Die Beurteilung im Fach Englisch spielt wie in allen anderen Fächern dabei eine Rolle. Für die Zuteilung wird also der Lernerfolg im Fach Englisch in der Primarschule mitberücksichtigt. Stehen für die Beurteilung Hilfsmittel zur Verfügung? In der Ausbildung der Lehrpersonen wird ein wichtiger Teil auch der Frage der sinnvollen und guten Beurteilung beim Fremdsprachenlernen gewidmet. Beurteilen heisst ja nicht einfach Wörterprüfungen und Grammatiktests. Eine gute Beurteilung korrespondiert mit dem, was im Unterricht geschieht und hat immer auch positive Rückwirkungen auf das Lernen. Das Projekt Instrumente zur Evaluation von Fremdsprachenkompetenzen (IEF) wird ab Sommer 2005 Testinstrumente, die auf das Europäische Sprachenportfolio abgestimmt sind, für die Beurteilung von Sprachkompetenzen zur Verfügung stellen. Und die Stundentafel? Natürlich wirkt sich die Einführung von Englisch an der Primarschule auf die Gestaltung der Stundentafel aus. Die Bildungsplanung Zentralschweiz erarbeitet derzeit im Auftrag der BKZ ein Modell für eine regionale Stundentafel. Wie diese ab 2005 konkret aussehen wird, wird an der BKZ-Sitzung vom September 2004 entschieden. Vorgesehen ist eine verträgliche Reduktion bei verschiedenen Fächern. UND: Die Schule passt sich dem gesellschaftlichen und kulturellen Wandel an, reagiert auf Veränderungen und sorgt dafür, dass unsere Kinder optimal aufs Leben vorbereitet sind. 3

Hohe Ansprüche? Warum benötigen Lehrpersonen einen Sprachlevel von C1 (nach dem europäischen Referenzrahmen? Erkenntnisse aus der Forschung und Erfahrungen aus der Praxis bestätigen allesamt die zentrale Bedeutung, die der sprachlichen Kompetenz der Lehrkräfte für den Fremdsprachenunterricht zukommt. Die Aussprache wird im frühen Lernalter gefestigt, mangelnde sprachliche Kompetenzen der Lehrpersonen führen zu Swinglish. Besonders für die mündlichen Kompetenzen sind die Anforderungen hoch weil es darum geht, in komplexen Situationen spontan und natürlich handeln zu können. Lehrpersonen müssen befähigt werden, frei und unabhängig von Lehrmitteltexten in der Zielsprache zu unterrichten. Die Reichhaltigkeit des Inputs ist für das Lernen von hoher Bedeutung. Der Unterricht soll nicht nur aus vorbereiteten Dialogen und Übungen bestehen: Die Lehrperson muss auch in der Lage sein, auf alltägliche Unterrichtssituationen spontan regieren zu können. Um diese Fähigkeit zu erlangen, reicht das First Certificate bei weitem nicht. Was kann von Schülerinnen und Schülern am Ende der 6.Klasse erwartet werden? Auch wenn in Zukunft Primarschülerinnen und schüler während vier Jahren im Fach Englisch in allen vier Fertigkeiten Hören, Lesen, Sprechen und Schreiben unterrichtet werden, müssen wir uns vor übersteigerten Erwartungen an sie hüten. Es kann nicht die Aufgabe der Grundausbildung sein, perfekte Sprachkenntnisse zu vermitteln, respektive kleine native speakers heranzubilden. Laut Lehrplan sollen beim Hören und Lesen Level A2-/ A2 nach europäischem Sprachenportfolio, beim Sprechen und Schreiben Niveau A1/A1+ erreicht werden. UND: Das Certificate in Advanced English ist kein Garant für guten, lockeren und kompetenten Englischunterricht. Aber eine gute Voraussetzung. Wie kommt der Erfolg? Was brauchen Lehrpersonen, um erfolgreich Englisch unterrichten zu können? Wichtig ist eine hohe Sprachkompetenz besonders in der Aussprache und im flüssigen mündlichen Ausdruck, um frei und adäquat auf das Unterrichtsgeschehen reagieren zu können. Lehrpersonen müssen Motivation, Engagement und Professionalität mitbringen, sie sollten die SchülerInnen ermutigen und unterstützen, über Spracherwerb und entwicklung Bescheid wissen und sich in Fremdsprachen-didaktik auskennen. Wichtig sind zudem die stufenspezifische Ausbildung und eine hohe Kompetenz in der Interaktion zwischen Lehrperson und Schüler/innen. Wovon hängt der Erfolg bei Schüler/innen ab? Entscheidende Faktoren nebst der Motivation sind das Lernalter, der sozio-kulturelle Hintergrund, der Stand der Entwicklung der Erstsprache, aber auch die allgemeinen kognitiven Fähigkeiten sowie Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen, eine positive Einstellung zum Lernen der Sprache. 4

Wichtig für einen erfolgreichen Fremdsprachenunterricht sind zudem die Unterstützung durch die Eltern, die Dauer, Intensität und Kontinuität des Unterrichtes sowie reale Kontakte zur Fremdsprache (etwa durch Medien, Werbung). Und was kann die Schule zum Erfolg beitragen? Sie muss im Lehrplan für den Fremdsprachenunterricht realistische Ziele definieren, gute Lernmaterialien zur Verfügung stellen und für eine gute Ausbildung der Lehrpersonen sorgen. UND: Erfolgreicher Fremdsprachenunterricht kommt zustande durch gute Voraussetzungen bei den Schüler/innen, den Lehrpersonen sowie dem schulischen Rahmen. Überforderung der Schülerinnen und Schüler? Werden Schülerinnen und Schüler mit einem zusätzlichen Fach nicht allzu stark gefordert? Die Gesamtstundenzahl wird für die Schülerinnen und Schüler nicht verändert. Eine Verschiebung der Lektionentafel findet zulasten anderer Fächer statt. Aus wissenschaftlichen Untersuchungen und aus der Neuropsychologie weiss man heute, dass es für Kinder keine Überforderung ist, zwei Fremdsprachen zu lernen. Allerdings kommt es darauf an, dass dieser Fremdsprachenunterricht dem Alter der Kinder angepasst ist und dass die Ziele des Unterrichts den vorhandenen Rahmenbedingungen (z.b. Lernzeit, die zur Verfügung steht) entsprechen. Werden beim frühen Fremdsprachenunterricht schwächere Schülerinnen und Schüler überfordert? Wenn eine den Kindern und dem Alter angepasste Didaktik angewendet wird, stellt der Fremdsprachenunterricht keine spezielle Belastung für leistungsschwächere Kinder dar. Zwar ist es logisch, dass die kognitiven Fähigkeiten auch die Leistungen im Fremdsprachenunterricht beeinflussen. Der frühere Fremdsprachenunterricht bringt jedoch gerade für leistungsschwache Schüler/innen einen Vorteil, weil er weniger kognitiv orientiert ist, weniger auf Grammatik und das isolierte Lernen von Wörtern aufbaut. Zudem ist beim Fremdsprachenunterricht die aktive Teilnahme genauso wichtig wie die allgemeine kognitive Fähigkeit. Es ist wichtig, alle Fähigkeiten wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Sprachbewusstsein und erstsprachliche Fähigkeit in Kombination gezielt zu fördern Wie verkraften fremdsprachige Kinder die Einführung einer zusätzlichen Sprache? Fremdsprachigkeit kann beim Erlernen von Englisch sogar von Vorteil sein. Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass fremdsprachige Kinder insbesondere im Hör- und Leseverständnis und schriftlichen Ausdruck bessere Ergebnisse erzielen. Zudem profitieren sie von mehr Lernerfahrungen und haben eine grössere Toleranz Unbekanntem gegenüber, da ihre Welt schon mehrsprachig organisiert ist. Allgemein ist zu sagen, dass mässige Schulerfolge meist nicht auf die Mehrsprachigkeit sondern auf das sozio-kulturelle Umfeld zurückzuführen sind. 5

Französisch und Englisch in der Primarschule. Und ein Riesenchaos im Kopf? Die Forschungslage zum gleichzeitigen Lernen von zwei Fremdsprachen wird erschwert dadurch, dass in den meisten europäischen Ländern der Schuleintritt früher geschieht und die Kinder im Alter unserer Fünftklässler bereits in der Sekundarstufe sind. Dort ist das Nebeneinander von zwei Fremdsprachen selbstverständlich. Untersuchungen belegen, dass das Lernen von zwei Fremdsprachen eine zunehmende Sprachbewusstheit, den Transfer von Lernstrategien, einen schnelleren Erwerb des Wortschatzes und grösseres Sprachverständnis mit sich bringt. Lernende stützen sich beim Erwerb einer dritten Sprache stark auf die erste Fremdsprache ab wobei die positive Beeinflussung gegenseitig ist. Worauf ist beim Nebeneinander von Englisch und Französisch zu achten? Die Sprachmischung ist ein integraler Bestandteil des Zweitsprachenerwerbs. Wichtig ist, dass in der ersten Fremdsprache schon eine Grundlage vorhanden ist, bevor die zweite Fremdsprache einsetzt. Nach Erkenntnissen der Neuropsychologie sind dies im schulischen Kontext mindestens zwei Lernjahre. So können die Englischlernerfahrungen beim Einsetzen von Französisch als gute Basis genutzt werden. Wird sich der Französischunterricht ebenfalls verändern? Das sprachpolitische Ziel, am Ende des 9. Schuljahres gleiche Kompetenzen in Englisch und einer zweiten Landessprache zu erreichen, bedingt einen Französischunterricht schon auf der Primarschule, sonst reicht die Lernzeit nicht aus!. Aber auch dieser muss teilweise qualitativ verbessert werden vor allem in Bezug auf die Sprachkompetenz der Lehrpersonen und eine Didaktikausbildung, die der neuen Situation Rechnung trägt. Bleiben durch Englisch und Französisch die Deutsch-Kompetenzen auf der Strecke? Untersuchungen zeigen, dass sich Fremdsprachenlernen in keiner Weise negativ auf die Kompetenzen in der Erstsprache auswirkt. Im Gegenteil: Es beeinflusst die metalinguistischen Fähigkeiten in der Muttersprache positiv. Ein wichtiger unterstützender Faktor ist dabei die frühe und konsequente Anwendung der Standardsprache. UND: Auch im Fach Englisch werden die Lehrpersonen auf die individuellen Leistungsunterschiede differenziert reagieren müssen! Mit Freude und durch Fehler lernen! Wodurch zeichnet sich eine gute Fremdsprachendidaktik aus? Fremdsprachenunterricht ist abwechslungsreich und dynamisch und schult von Beginn weg alle vier Fertigkeiten (mit Schwergewicht auf Hören und Lesen im Anfangsunterricht). Er ist nicht auf Formen fokussiert, sondern ist handlungsorientiert und vermittelt gleichzeitig auch neue, interessante Inhalte und er schafft Bezug zu einem internationalisierten Lebensstil, vermittelt Begegnungen mit der Fremdsprache im Alltag. Wichtig 6

sind reiche thematische Inhalte, vielfältige Interaktionsformen und ein altersgerechtes Lernen, das sich an den neuesten Erkenntnissen der Sprachlernforschung orientiert. Der Unterricht muss emotional ansprechen, erlebnisorientiert sein, er sollte die Schüler/innen beim Entwickeln von Lernstrategien unterstützen und ihnen die Freude am Sprachenlernen ermöglichen. UND: Schüler/innen sollen und dürfen Fehler machen! Sie sollen nicht durch den Anspruch an Fehlerlosigkeit im Gebrauch der Fremdsprache gehemmt werden. Denn: Fehler sind notwendige Indikatoren für den Stand des individuellen Lernprozesses. Luzern, 21.11. 2003, Bildungsplanung Zentralschweiz, Projektgruppe Englisch Primarschule: Anna Häfliger (OW), Joe Hediger (SZ), Peach Richmond (LU), Andrea Zeiger (ZG), Monika Mettler (BPZ), Projektleitung Bearbeitet von Renate Metzger-Breitenfellner, Beckenried Literaturangaben Christiane Blondin et al.: Fremdsprachen für die Kinder Europas. Ergebnisse und Empfehlungen der Forschung. Cornelsen, 1998 Jean Brewster: The Primary English Teacher s Guide. Penguin, 2002 Otto Stern: Wissenschaftliches Gutachten über den teilweise gleichzeitigen Erwerb mehrerer Sprachen in der Primarschule. Departement Forschung und Entwicklung Pädagogische Hochschule Zürich PHZH, 2002 Francesca Roncoroni-Waser / Christine Le Pape Racine/ Iwar Werlen: Gutachten Frühfremdsprachenunterricht in der Volksschule. Erstellt im Auftrag der Erziehungsdirektion des Kantons Bern, 2002 Dieses Dokument kann unter www.bildungsplanung-zentral herunter geladen werden. 7