Wegfall des bischöflichen Letztentscheidungsrechts



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Transkript:

M i t t e i l u n g e n d e r M i t a r b e i t e r s e i t e i n d e r A r b e i t s r e c h t l i c h e n K o m m i s s i o n d e s D e u t s c h e n C a r i t a s v e r b a n d e s ( a k. m a s ) Ausgabe Nr. 46 November 2014 Wegfall des bischöflichen Letztentscheidungsrechts Persönliche Anmerkungen eines Betroffenen Seite 2 Regelungen des Mindestlohns Überblick und Möglichkeiten Seite 4 Ein neuer Beruf findet den Weg in die AVR Notfallsanitäter lösen Rettungsassistenten ab Seite 6 Vervielfältigung und weite Verbreitung mit Quellenangabe erlaubt und erwünscht Herausgegeben von der Arbeitsgruppe Öffentlichkeitsarbeit der Mitarbeiterseite in der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes: Cartoons: Arnold Fuchs V.i.S.d.P: : Rolf Cleophas, c/o ak.mas Geschäftsstelle, Reinhardtstr. 47, 10117 Berlin, Tel.: 0157/75342006 Mail: rolf.cleophas@gmail.com

Wegfall des bischöflichen Letztentscheidungsrechts Persönliche Anmerkungen eines Betroffenen Ob die tarifpolitischen Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes zweckmäßig, wirtschaftlich vertretbar oder arbeitsrechtlich zutreffend sind, prüft seit Oktober 2013 nicht länger der Bischof. Seitdem ist der Einfluss des Bischofs auf das Arbeitsrecht der Caritas während des Inkraftsetzungsverfahrens eingeschränkt. Nach fünf Jahren Auseinandersetzung begrüße ich als Mitglied der Mitarbeiterseite der Arbeitsrechtlichen Kommission diese Entwicklung. Zwar muss der Bischof nach wie vor jeden Beschluss einer Arbeitsrechtlichen Kommission in Kraft setzen (er ist und bleibt kirchlicher Gesetzgeber), allerdings ist sein Prüfrecht auf eine beschränkte Rechtskontrolle reduziert. Das Arbeitsrecht wird nicht länger von den Bischöfen einseitig geprägt. Lediglich wenn ein Kommissionsbeschluss offensichtlich gegen grundlegende kirchenrechtliche Normen oder gegen Vorgaben der katholischen Moral- und Sittenlehre verstößt, soll/darf der Bischof von seinem Einspruchsrecht Gebrauch machen. Ich nenne ein Beispiel aus der Regionalkommission NRW der Arbeitsrechtlichen Kommission: Im Jahr 2009 wurde die ehemalige Anlage 18 der Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) durch einen Schlichtungsspruch abgeschafft. Diese Anlage regelte eine gesetzeswidrige Schlechterstellung von geringfügig Beschäftigten, sogenannten Minijobbern. Die Abschaffung durch einen Schlichtungsspruch erregte damals den Widerstand vieler Caritas-Arbeitgeber, die weiterhin diese Minijobber mit niedrigeren Löhnen beschäftigen wollten. Deshalb versuchten Caritas-Arbeitgeber in etlichen Diözesen die Bischöfe von der Notwendigkeit einer Fortsetzung der Sonderregelung für geringfügig Beschäftigte zu überzeugen. In zehn von 27 Diözesen mit Erfolg. Alle NRW-Diözesen, so auch das Erzbistum Köln, setzten im November 2009 einseitig eine Sonderregelung in den AVR in Kraft, die weiterhin eine gesetzeswidrige Schlechterstellung der geringfügig Beschäftigten erlaubte. Fortan galt im Erzbistum Köln für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caritas nicht das, was die Arbeitsrechtliche Kommission ursprünglich beschlossen hatte, sondern das, was der Bischof an der Kommission vorbei als Arbeitsrecht der Caritas für gut befunden und in Kraft gesetzt hatte. Dieser Zustand hatte nicht nur mich damals maßlos empört. 1 Die Mitarbeiterseite der Regionalkommission NRW war sprachlos und hat monatelang die weitere Verhandlung in der Kommission verweigert. Wenn das Arbeitsrecht sowieso von den Bischöfen einseitig gemacht wird, dann bedarf es ja unserer Beiträge nicht mehr, war von der Mitarbeiterseite der Arbeitsrechtlichen Kommission zu vernehmen. 2 Dieser einseitige Eingriff der Bischöfe in das Geschäft der Arbeitsrechtlichen Kommission hat Reaktionen erzeugt:

AK Magazin Nummer 46 Die Einen haben geklagt. Daraufhin hat beispielsweise das Landesarbeitsgericht Düsseldorf nicht nur die finanzielle Schlechterstellung der Klägerin geheilt, sondern auch grundsätzlich Stellung bezogen und geurteilt, dass das einseitig vom Kölner Erzbischof gesetzte Dekret zur Minderbezahlung geringfügig beschäftigter Kollegen nichtig sei. Das Letztentscheidungsrecht des Bischofs sei vielleicht kirchenrechtlich stimmig, arbeitsrechtlich aber nicht. Auch das Bundesarbeitsgericht hat das Notverordnungsrecht der Bischöfe ausdrücklich in Frage gestellt, weil bei seiner Anwendung die Gleichwertigkeit des Dritten Weges mit dem Tarifvertragssystem nicht mehr gilt. Andere wiederum haben dicke Bretter in den Arbeitsrechtlichen Kommissionen der Caritas und der katholischen Kirche gebohrt. Sie haben Verbündete gesucht und Arbeitgeber überzeugt. Das Ergebnis war: Die deutschen Bischöfe verabschiedeten auf ihrer Vollversammlung im November 2012 eine neue Rahmen-KODA-Ordnung3 in der das Letztentscheidungsrecht des Bischofs ersatzlos weggefallen ist. Diese Regelung ist anschließend von der Delegiertenversammlung des Deutschen Caritasverbandes am 17. Oktober 2013 inhaltsgleich in die Ordnung der Arbeitsrechtlichen Kommission übernommen worden.4 Jetzt kann der Bischof zwar entscheiden, einen Beschluss der Arbeitsrechtlichen Kommission künftig nicht in Kraft zu setzen. Er kann aber nie wieder eigenes Arbeitsrecht an der Kommission vorbei gestalten! Ein dickes Brett, nach mehr als fünf Jahren Auseinandersetzung endlich gebohrt. Ich freue mich über die Stärkung der Arbeitsrechtlichen Kommission und über den Wegfall des bischöflichen Letztentscheidungsrechts. Olaf Wittemann Bergisch Gladbach 1 Ar kel aus dem Kölner Stadt-Anzeiger vom 28.12.2009 Die Bischöfe in NRW als Lohndrücker: h p://www.ksta.de/wirtscha /kirche-in-nrw-die-bischoefe-als-lohndruecker,15187248,12791094.html 2 Details auf der Homepage des Deutschen Caritasverbandes (dort insbesondere Punkt 3): http://www.caritas.de/neue-caritas/heftarchiv/jahrgang2011/artikel2011/geprueft-und-fuer-vergleichbar-gut-befun 3 Rahmenordnung für die Kommission zur Ordnung des Diözesanen Arbeitsvertragsrechts (RAHMEN-KODAORDNUNG) zuletzt geändert durch Beschluss der Vollversammlung des Verbandes der Diözesen Deutschlands vom 19.11.2012. http://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/vdd/rahmen-koda-ordnung_vv_19-11-2012.pdf 4 15 Abs. 6 AK-Ordnung lautete damals im Zusammenhang mit dem Ablauf des Vermi lungsverfahrens: (6) Unbeschadet der Regelung in den Absätzen 1 bis 5 kann der Ortsordinarius im Einzelfall das Vorliegen eines unabweisbaren Regelungsbedürfnisses unüberprü ar feststellen und die notwendige Entscheidung treffen. Diese Bes mmung des 15 Abs. 6 AK-Ordnung ist jetzt ersatzlos en allen. Details und den vollständigen Text der AK-Ordnung auf der Homepage des Deutschen Caritasverbandes: h p://www.caritas.de/glossare/arbeitsrechtliche-kommission 3

Die vier verschiedenen Regelungen des Mindestlohns Überblick und Möglichkeiten Ab 1. Januar 2015 wird es vier verschiedene Arten zur Regelung des Mindestlohns in Deutschland geben: eine Norm zum allgemein gesetzlichen Mindestlohn, die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen, Mindestlohnregelungen nach dem Entsendegesetz und eine spezielle Mindestlohnregelung in der Pflege nach dem Entsendegesetz. Der allgemein gesetzliche Mindestlohn Ab 1. Januar 2015 gilt bundesweit ein allgemeiner, gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde, grundsätzlich für alle Arbeitsverhältnisse. Wer in einem Arbeitsverhältnis steht, muss ab Anfang nächsten Jahres mindestens 8,50 Euro pro Stunde verdienen. Ausgenommen sind Langzeitarbeitslose in der Einarbeitungsphase sowie Praktikanten in Schnupperpraktika von bis zu drei Monaten Dauer. Der gesetzliche Mindestlohn gilt nicht für Ausbildungsverhältnisse. Bei der Caritas profitieren vom allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn Mitarbeiter in Fahrdiensten in der Region Ost. Dort liegt die Stundenvergütung derzeit aus Wettbewerbsgründen noch unter 8,50 Euro. Ebenfalls profitieren Caritas-Praktikanten, die länger als drei Monate ihr Praktikum absolvieren und deren Praktikum für die Ausbildung nicht vorgeschrieben ist. Diese Regelungen für den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn hat die Bundesregierung erstmalig festgelegt. Künftig werden sie von einer Kommission weiterentwickelt, die aus Arbeitgeber- und Gewerkschaftsvertretern besteht. Auch Kirchen und ihre Wohlfahrtsverbände werden zu den Regelungen angehört. Wie die Argumente von Kirchen und ihrer Wohlfahrtsverbände künftig in dieser Kommission wirken, bleibt spannend. Die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen Bisher konnten Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften für alle Beschäftigten einer Branche beantragen, komplette Tarifwerke oder Teile davon vom Bundesarbeitsministerium für allgemeinverbindlich erklären zu lassen. Das war ausschließlich möglich, wenn sich diese Tarifwerke auf mindestens 50 Prozent der Beschäftigten der Branche erstreckten. Dieses Instrument der Wettbewerbsregulierung konnte in den vergangenen Jahren zunehmend weniger genutzt werden. Die Tarifbindung ging immer weiter zurück, sodass die Schwelle von 50 Prozent kaum mehr erreicht wurde. Inzwischen können Tarifwerke auf Antrag der Tarifpartner dann für allgemeinverbindlich erklärt werden, wenn eine gesellschaftliche Notwendigkeit besteht. Diese definiert das Bundesarbeitsministerium. Bevor das Bundesarbeitsministerium einen solchen Tarif für allgemeinverbindlich erklären kann, muss es ebenfalls die paritätisch besetzten Kommissionen der Kirchen und ihrer Wohlfahrtsverbände (also die Arbeitsrechtlichen Kommissionen) anhören. Im katholischen Bereich wird voraussichtlich die Zentrale Kommission zur Ordnung des Arbeitsvertragsrechts im kirchlichen Dienst (Zentral-KODA) die Koordination dafür übernehmen. 4

Die Mindestlohnregelungen nach dem Entsendegesetz Zur Abwehr von Billigkonkurrenz, ursprünglich aus dem Ausland befürchtet, (daher die ersten Mindestlohnregelungen in Deutschland), können die Tarifpartner Mindestarbeitsbedingungen für bestimmte Branchen vereinbaren und anschließend vom Bundesarbeitsministerium festlegen lassen. Vorab muss das Ministerium eine gesellschaftliche Notwendigkeit feststellen. Dazu sind alle Branchen antragsberechtigt. Auch hier sind inzwischen die Arbeitsrechtlichen Kommissionen der Kirchen und ihrer Wohlfahrtsverbände vor einer Festlegung anzuhören. Spezielle Mindestlohnregelung in der Pflege nach dem Entsendegesetz Die kirchlichen Wohlfahrtsverbände sind große Anbieter in der Pflege. Da sie überwiegend keine Tarifverträge abschließen sondern ihre Tarife auf dem Dritten Weg in Arbeitsrechtlichen Kommissionen beschließen, hat der Gesetzgeber für den Bereich der Pflege eine Sonderregelung geschaffen: Eine Kommission mit Vertretern der Tarifpartner und mit Vertretern aus den Arbeitsrechtlichen Kommissionen der Caritas und der Diakonie verständigen sich auf Mindestarbeitsbedingungen. Das Bundesarbeitsministerium erklärt diese, wie alle sonstigen Regelungen nach dem Entsendegesetz, für verbindlich. Im Sommer hat diese Kommission bereits ihre zweite Empfehlung auf den Weg gebracht. Die Stundenvergütungen sollen in drei Schritten, vor allem auch für die Region Ost, deutlich erhöht werden. Zusätzlich neben der tatsächlichen Pflege muss künftig auch pflegenahe Arbeit mit dem Mindestlohn für die Pflege vergütet werden. Für alle anderen Tätigkeiten gilt selbstverständlich mindestens der allgemeine gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro. Die neuen Werte sollen ab 1. Januar 2015 gelten, der erweiterte persönliche Geltungsbereich ab 1. Oktober 2015. Die Vertreter der Mitarbeiterseite der Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas (ak.mas), die diakonischen Dienstnehmervertreter und die Vertreter von ver.di sowie die Dienstgebervertreter von Caritas und Diakonie glaubten, diesen Mindestlohn noch deutlich höher ansetzen zu müssen. Die Vertreter des Arbeitgeberverbandes Private Pflege und des Kommunalen Arbeitgeberverbandes verhinderten dies. Gleichwohl bedeutet die Neuregelung für die Träger und Einrichtungen der Altenhilfe der Caritas, dass der aggressive Wettbewerb durch Billiganbieter weiter eingedämmt wird. Für die Caritas wird es wieder leichter, auch im Wettbewerb anständige und angemessene Vergütungen zu bezahlen. 5

Kontrollen durch den Zoll AK Magazin Nummer 46 Verstöße gegen all diese Mindestlohnregelungen werden meist nicht vor Arbeitsgerichte getragen. Der Zoll, der originär für die Kontrolle der Einhaltung der Mindestlöhne zuständig ist, deckt die Verstöße häufig auf sei es bei Routinekontrollen oder bei Kontrollen nach Anzeigen von Mitwettbewerbern. Bei Verstößen gegen die Mindestlohnbestimmungen drohen empfindliche Strafen sowie Gehaltsnachzahlungen und Nachzahlungen von Steuern und Sozialabgaben. Thomas Schwendele Schwäbisch-Gmünd Ein neuer Beruf findet den Weg in die AVR Notfallsanitäter lösen Rettungsassistenten ab Seit dem 01. Januar 2014 ist das Gesetz über den Beruf der Notfallsanitäterin und des Notfallsanitäters (Notfallsanitätergesetz NotSanG) in Kraft. Es löst damit das seit dem 10. Juli 1989 geltende Rettungsassistentengesetz (gültig bis 31. Dezember 2014) ab. Mit dieser Gesetzeseinführung muss der Beruf des Notfallsanitäters neu in die Richtlinien für die Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) aufgenommen werden. Das neue Gesetz wird den gestiegenen Anforderungen in der präklinischen Notfallversorgung gerecht und es soll zur Professionalisierung des Rettungsdienstes beitragen. Für eine konkrete Umsetzung in den einzelnen Bundesländern müssen jetzt die Landesrettungsdienstgesetze angepasst werden. Diese regeln beispielsweise die Besetzung der Rettungsmittel. Mittelfristig ist davon auszugehen, dass die Rettungsmittel ausschließlich mit Notfallsanitätern (als Transportführer) besetzt werden dürfen. Für die Arbeitsrechtliche Kommission bedeutet dies, dass der neue Beruf in die AVR aufgenommen werden muss. Hierzu wurde in der Bundeskommission der Ausschuss Notfallsanitäter gebildet. Hintergründe des neuen Gesetzes 6 Nach einem recht schnellen Gesetzgebungsverfahren trat zum 01. Januar 2014 das neue Notfallsanitätergesetz in Kraft. Damit wurde der Weg für einen völlig neuen Ausbildungsberuf in der präklinischen Notfallversorgung bereitet. Dieser ist mit dem jetzigen Beruf des Rettungsassistenten kaum zu vergleichen. Beispielsweise wurde die Ausbildungszeit auf drei Jahre angehoben. Auch wurden die Kompetenzen der Notfallsanitäter im Vergleich zu den Rettungsassistenten deutlich ausgeweitet. Derzeit als Rettungsassistenten Tätige haben künftig die Möglichkeit innerhalb einer Übergangsfrist von sieben Jahren die Berufsbezeichnung Notfallsanitäter zu erlangen. Hierzu

müssen sie die staatliche Ergänzungsprüfung oder die reguläre staatliche Prüfung bestehen. Die dreijährige Ausbildung zum Notfallsanitäter, die mit dem Staatsexamen endet, wird seit diesem Jahr in dafür zugelassenen Rettungsdienstschulen angeboten. Im Jahr 2017 werden die ersten ausgebildeten Notfallsanitäter zur Verfügung stehen. Parallel dazu finden die ersten staatlichen Ergänzungsprüfungen statt (noch nicht in allen Bundesländern). Dies bedeutet, dass möglicherweise schon vor 2017 in einzelnen Rettungsdienstbereichen auf das neue System umgestellt werden kann, sofern ausreichend Notfallsanitäter zur Verfügung stehen. Die Arbeit im Ausschuss Notfallsanitäter der Arbeitsrechtlichen Kommission In einer ersten Sitzung des Ausschusses Anfang September in Frankfurt wurde darüber beraten, welche Vergütungsregelungen in welchem zeitlichen Rahmen geschaffen werden müssen, damit die künftigen Notfallsanitäter entsprechend vergütet werden können. Einig war man sich darüber, dass eine Vergütungsregelung für die Auszubildenden geschaffen werden muss, so dass mit Beschluss der Bundeskommission vom 23. Oktober 2014 die Anlage 7 BII um folgenden Paragraph 12 ergänzt wurde: 12 Ausbildung Notfallsanitäter 1 Die Regelungen dieses Abschnitts finden ebenfalls Anwendung auf Schülerinnen und Schüler, die nach Maßgabe des Gesetzes über den Beruf der Notfallsanitäterin und des Notfallsanitäters (Notfallsanitätergesetz - NotSanG) vom 22. Mai 2013 in der jeweils gültigen Fassung eine Ausbildung zur Notfallsanitäterin bzw. zum Notfallsanitäter in der Zeit vom 01.01.2014 bis einschließlich 31.12.2016 beginnen. Inhalt und Umfang der Ausbildung nach den entsprechenden Ausbildungs- und Prüfungsordnungen der beiden Ausbildungsberufe sind vergleichbar, so dass man sich dazu entschlossen hat, die Anlage 7 BII zu ergänzen. Diese Regelung ist befristet, um im Ausschuss weiter verfolgen zu müssen, ob berufsspezifische Besonderheiten eine eigene Anlage für die Auszubildenden zum Notfallsanitäter erforderlich machen. Bis diese Frage abschließend geklärt werden kann, können jedoch die Auszubildenden vergleichbar zu den Schülern an Kranken- und Kinderkrankenpflegeschulen, Hebammenschulen sowie an Altenpflegeschulen vergütet werden. Die nächste Sitzung des Ausschusses findet Anfang 2015 statt, um über das weitere (zeitliche) Vorgehen zu beraten. Zunächst müssen jedoch noch weitere Fragen beantwortet werden, bevor ein neuer Tarif für einen neuen Beruf geschaffen werden kann. Hier ein Auszug: Was ändert sich im Rettungsdienst? Wann treten die neuen Rettungsdienstgesetze der Bundesländer in Kraft, welche Änderungen ergeben sich daraus? 7

Beobachtung der Verhandlungen der anderen am Rettungsdienst beteiligten Feuerwehren, Hilfsorganisationen und Privaten Anbietern. Vergleichbarkeit mit anderen Berufen im Gesundheitswesen? Änderung der für den Rettungsdienst gültigen Anlage 2 b zu den AVR oder Überleitung in die TVöD - Systematik? Übergangsregelungen, Besitzstände Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes stellte sich heraus, dass viele Fragen noch nicht geklärt waren. Die einzelnen Bundesländer arbeiten unterschiedlich schnell (oder langsam) an der Umsetzung des Gesetzes. Dies hat Auswirkungen auf den Start des neuen Systems. Somit werden sich im Rettungsdienst Tätige noch ein wenig gedulden müssen, bis eine entsprechende Vergütung eingeführt werden kann. Mit der Bildung des Ausschusses Notfallsanitäter ist die Arbeitsrechtliche Kommission der Caritas aber bestens darauf vorbereitet und wird den Start nicht verpassen. Das AK Magazin wird hierzu weiter berichten. Oliver Hölters Dinklage 8