Bersten von Kohlendioxid-Feuerlöschern Ein Feuer wird gelöscht, indem man es erstickt. Dem Sauerstoff muss also der Zutritt verwehrt werden. Hierfür ist in geschlossenen Räumen das Kohlendioxid als reaktionsträges und billiges Gas gut geeignet. Die Flaschen werden bei 250 bar abgedrückt und mit 75 bar aufgefüllt (bezogen auf eine Temperatur von 30 o C). Gegen Ende der 1970-iger Jahre häufte sich in der DDR das Bersten dieser Geräte. Als Werkstoff kam ein niedriglegierter Manganstahl zum Einsatz, der auf eine Festigkeit von etwa 1000 MPa vergütet wurde. Die Wandstärke betrug 3 mm (für Details siehe [1]). Es hatten sich viele Einzelanrisse ausgebildet. Die Innenoberfläche erwies sich als lokal angefressen. Von den Löchern nahmen die Risse ihren Ausgang (Bild 1). Bild 1: geborstener Feuerlöscher, Einzelanrisse markiert (a); Löcher auf der Innenwand (b); Einzelanrisse in der Tiefen von ca. 1 mm an den Löchern, streifiges Gefüge als Restbruch (c) Dass der Riss-Start an Korrosionslöchern und somit punktuell erfolgte, wird von den REM-Aufnahmen erwartungsgemäß bestätigt (Bild 2).
Bild 2: Riss A Start neben einem tieferen Loch Riss B Start direkt an Loch Im Weiteren wird der Bereich des Risses A näher betrachtet. Es findet sich eine Kornstruktur bei Andeutung einer Zeiligkeit (Bild 3). 2
Bild 3: körniges Gefüge im Anriss, schwache Zeiligkeit (Vergrößerungsfolge). In Bild a ist unten der Restbruch zu sehen. In Bild 4 findet sich ein weiterer Ausschnitt aus dem Anrissbereich. Die Einzelkörner wurden durch Korrosion verflacht. Bild 4: Korngrenzflächen mit Ätzspuren a) Übersicht b) Ausschnitt aus der Mitte von Bild a c) Ausschnitt aus Bild a rechts oben 3
Betrachtet wird der Bereich des Gewaltbruches. Die schon makroskopisch auffällige Zeiligkeit ergibt sich grundsätzlich dadurch, dass die Einschlüsse stark verwalzt wurden. Die Matrixbereiche zwischen den Einschlüssen wurden abgeschert, was sich bei höherer Vergrößerung durch eine feine Wabenstruktur offenbart, siehe Bild 5. Die Einschlüsse selbst sind bei der Reinigung heraus gelöst worden. Bild 5: Restbruch stark faserig, Scherkämme mit Wabenstruktur (Vergrößerungsfolge) 4
Von Interesse ist nun der Zustand der Innenwand. Es haben sich Krusten abgelagert. Besonders ausgeprägt sind sie in den Korrosionslöchern. Die Lochfüllung wurde mit dem energiedispersiven Röntgenspektrometer analysiert (EDX). Als korrosive Anionen finden sich Schwefel und Chlor (Bild 6). Bild 6: Blick auf die Innenwand a) Loch, gefüllt mit Kruste b) Analyse der Lochfüllung: (u.a) Schwefel, Chlor Nach Entfernung der Krusten wird jeweils ein Riss am Lochgrund sichtbar (Bild 7). Bild 7: nach Reinigung: Riss am Lochgrund (zu Bild 6a) Diskussion Festzustellen ist: Die Innenwand des Feuerlochers wurde lochartig angefressen. Am Grund der Löcher haben sich Risse gebildet. Die Risse wuchsen entlang der Korngrenzen (interkristallin), wobei es sich um die des (primären) Austenits handelt. In den Lochfüllungen haben sich Schwefel- und Chlorverbindungen angereichert. Der Restbruch zeigt eine Wabenstruktur, der Werkstoff war somit ausreichend zäh. 5
Der interkristalline Rissverlauf kennzeichnet unter den gegebenen Umständen eine Versprödung durch Wasserstoff. Dessen Quelle ergibt sich aus einer lochartig verlaufenden Korrosion, welche auch die Startkerben liefert. Die Korrosion lässt sich nur damit erklären, dass dauernd Wasser angelegen hat ( stehende Nässe ), welches außerdem noch merklich verunreinigt war. Damit kam insbesondere das Abdrückwasser unter Verdacht. Es wurde empfohlen, zum Abdrücken nur noch frisches Leitungswasser zu verwenden und die Flaschen anschließend trocken zu blasen. Auch der Feuchtigkeitsgrad des Füllgases wurde begrenzt. Da die Anfälligkeit des Stahles gegenüber Wasserstoffversprödung bei einer Festigkeit von 1000 MPa stark zunimmt, sollte der Stahl nur auf die tatsächlich erforderliche Festigkeit vergütet werden. Literatur [1] Köhler, K.: Zerknall von Druckgasflaschen für Kohlendioxid-Feuerlöscher durch wasserstoffinduzierte Rissbildung. Schweißtechnik (Berlin) 30 (1980) S. 564-567 Martin Möser, 01. April 2011 Als weitere Beispiele für Schäden durch stehende Nässe finden sich in dieser Homepage die Fälle: Bruch einer Ferngasleitung infolge Wasserstoffversprödung und Wasserstoffversprödung an einer Fernwärmeleitung. 6