Bundesärztekammer Arbeitsgemeinschaft der deutschen Ärztekammern. Priorisierung in der medizinischen Versorgung was bedeutet das?
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- Ruth Winkler
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1 Priorisierung in der medizinischen Versorgung was bedeutet das?
2 Gliederung 1. Demographischen Herausforderungen 2. Umgang mit Mittelknappheit 3. Vorschläge der Ärzteschaft zu Priorisierung
3 Entwicklung der Altersstruktur der Bevölkerung in Deutschland A n t e i l i n P r o z e n t 6 4, 9 M i o , , 4 4 3, , 8 M i o. 8 2, 3 M i o. 8 2, 0 M i o. 8 1, 3 M i o. 7 9, 7 M i o. 7 7, 3 M i o. 7 4, 0 M i o. 2 0, 4 5 7, 9 2 1, 7 2 3, 6 5 5, 3 2 1, , 2 5 5, 4 1 8, F o l i e , Q u e l l e : S t a t i s t i s c h e s B u n d e s a m t, b i s : 1 1. k o o r d i n i e r t e B e v ö l k e r u n g s v o r a u s b e r e c h n u n g ( V a r i a n t e 1 - W 2 ) 3 0, 2 5 2, 9 1 6, 9 3 5, 8 4 7, 6 1 6, 6 3 7, 1 4 7, 0 1 6, 0 3 8, 9 4 5, 7 1 5, J a h r e u n d ä l t e r 2 0 b i s u n t e r 6 0 J a h r e u n t e r 2 0 J a h r e J a h r
4 A l t e r Durchschnittsalter der Ärzte 5 5 V e r t r a g s ä r z t e K r a n k e n h a u s ä r z t e , 1 4 7, 6 4 8, 1 4 8, 5 4 8, 7 4 9, 0 4 9, 5 4 9, 8 5 0, 1 5 0, 4 5 0, 7 5 0, 9 5 1, 1 5 1, 4 5 1, , 2 3 8, 7 3 8, 8 3 9, 2 3 9, 4 3 9, 7 3 9, 9 4 0, 2 4 0, 4 4 0, 6 4 0, 7 4 0, 9 4 0, 9 4 1, 0 4 1, J a h r F o l i e , B a s i s : U n t e r J ä h r i g e Ä r z t e Q u e l l e : B u n d e s ä r z t e k a m m e r, B u n d e s a r z t r e g i s t e r d e r K B V
5 Beitragseinnahmen und Leistungsausgaben in der Krankenversicherung der Rentner M r d. E u r o , L e i s t u n g s a u s g a b e n 3 9, F o l i e , , 7 3 4, 9 G M G 2 1, 5 B e i t r a g s e i n n a h m e n 1 5, 2 G S G J a h r Q u e l l e : B M G ( A r b e i t s - u n d S o z i a l s t a t i s t i k, B u n d e s a r b e i t s b l a t t, K J 1, K V 4 5 )
6 Prozentuale Zunahme Erkrankter pro Einwohner von Zunahme in % Lungenent. Makuladeg. Demenz OSHF Herzinfarkt Schlaganfall Glaukom Darmkrebs Quelle:Beske et. al (2009) Morbiditätsprognose Ausgewählte Krankheite.für Deutschland, Brandenburg und Schleswig-Holstein.
7 Gliederung 1. Demographischen Herausforderungen 2. Umgang mit Mittelknappheit 3. Vorschläge der Ärzteschaft zu Priorisierung
8 Umgang mit Mittelknappheit Erhöhung der Mittel Rationalisierung Priorisierung Rationierung
9 Entwicklung des Anteils der GKV-Leistungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt 7 Anteil in Proze nt 6,3 6,1 6,0 6,0 6,45 6 5,4 5,6 5,6 5, Jahr Quelle: BMG, Statistisches Bundesamt Bis 1990 nur alte Bundesländer
10 10 Durchschnittliches jährliches Ausgabenwachstum pro Kopf (in %) 9 8,7 8, ,7 6,6 6 5,8 Prozen ,3 5,3 4,9 4,5 4,5 4,4 4,1 4,0 3,8 3,7 3,7 3,6 3,5 3,5 3,4 3,2 3,2 2,9 2,7 2,6 2,5 2,5 2,4 2,4 2,3 2 1,7 1 0 Korea Türkei ( ) Irland Griechenland Slovakische Republik Polen Luxemburg ( ) Großbritannien Neuseeland Island Mexiko OECD Finnland Kanada Ungarn Schweden Land Belgien Niederlande Australien Vereinigte Staaten Tschechische Republik Dänemark Portugal ( ) Spanien Österreich Japan ( ) Quelle: OECD Health Quelle: Data OECD 2009 Health Data 2009 Frankreich Italien Norwegen Schweiz Deutschland
11 Quelle: OECD Health Data 2009
12 Erhöhung der Mittel Für ca. 92 % der Bevölkerung stehen 6,4 % des BIP zur Finanzierung des GKV-Bereichs zur Verfügung. Problem Gesundheitswesen konkurriert mit anderen sozialstaatlichen Aufgaben. Erhöhung der GKV-Beiträge politisch schwer umsetzbar
13 Rationalisierung Ziel: Ausschöpfen von Effizienz- und Produktivitätsreserven in der Gesundheitsversorgung Analyse von diagnostischen, therapeutischen Maßnahmen als auch organisatorischen, verwaltungstechnischen Abläufen Versorgungsniveau bei gleichen Mitteleinsatz erhöhen bzw. gleiche Versorgungsniveau mit weniger Mitteleinesatz realisieren Problem: Wirtschaftlichkeitsreserven zu identifizieren, zu quantifizieren und zu verlagern
14 Priorisierung: Definition Definition (allgemein): Einordnung nach Vorrangigkeit von zu erledigenden Aufgaben nach ihrer Dringlichkeit und Wichtigkeit. Definition (im Gesundheitswesen): Priorisierung im Gesundheitswesen heißt Festlegung einer Vorrangigkeit (und damit auch Nachrangigkeit) von z. B. Kranken- und Krankheitsgruppen Patientengruppen Methoden/Verfahren Versorgungszielen Versorgungsbereiche wie Prävention, Akutmedizin, Reha
15 Kriterien zur Festlegung von Vorrangigkeit/Dringlichkeit (Lebens-)Bedrohlichkeit Leidensdruck einer Krankheit Gefährdung der Mitbevölkerung Dauer der Erkrankung Erfolgsaussichten Evidenzbasierung Wunschmedizin Patientenkomfort Wellness
16 Priorisierung: Ziel und Bedeutung Ziel: Die begrenzten Mittel, Kapazitäten und Zeit sinnvoll einsetzen. Bedeutung bei der Zuteilung begrenzter Mittel im Gesundheitswesen: Erhöhung der Verteilungsgerechtigkeit.
17 Formen der Priorisierung Vertikal: Rangreihenherstellung innerhalb eines definierten Versorgungsbereichs (z. B. Herzerkrankungen, Impfungen) Horizontal: Vergleichende Gewichtung von Krankheitsgruppen, Versorgungszielen oder Versorgungsbereichen wie Prävention, Akut-Versorgung und Rehabilitation
18 Vorteile der Priorisierungsdebatte Transparenz durch öffentlichen Diskurs Gleichförmigkeit von Verteilungsentscheidungen durch Aufstellung von Regeln und Entscheidungskriterien Dadurch Entscheidungen leichter nachvollziehbar und leichter akzeptiert Schutz der Patienten-Arzt-Vertrauensbeziehung
19 Priorisierung bedeutet nicht mehr Mittel für das Gesundheitssystem Sicherung von Arzteinkommen Neudefinition des GKV-Leistungskatalogs Ausschluss von medizinischen Leistungen Befürwortung von Rationierung
20 Rationierung Definition: Vorenthalten medizinisch notwendiger Leistungen
21 Formen der Rationierung harte Rationierung: weiche Rationierung: Ressourcen nicht vermehrbar (z. B. Anzahl von Spenderorganen); Zukauf nicht möglich Ressourcenausweitung durch Zukauf möglich heimliche Rationierung: ohne Transparenz Leistungen vorenthalten; barmherzige Lüge offene Rationierung: transparent und nachvollziehbar
22 Gliederung 1. Demographischen Herausforderungen 2. Umgang mit Mittelknappheit 3. Vorschläge der Ärzteschaft zu Priorisierung
23 Empfehlungen der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer von 2007 Vorlage von normativen Kriterien zur Priorisierung im Gesundheitswesen Vorschlag von Maßnahmen zur Etablierung eines dauerhaften Prozess in Gesundheitswesen Grundsätze: ethisch-rechtlich vor wirtschaftlichen Maßstäben Zugang zur Basisversorgung für die Gesamtbevölkerung Unterscheidung zwischen formalen und inhaltlichen Kriterien bei Prioritätensetzung Nachlesbar unter:
24 Formale Kriterien Transparenz Begründung Konsistenz Legitimität Offenlegung und Ausgleich von Interessenkonflikten Wirksamer Rechtsschutz Regulierung Partizipationsmöglichkeiten (ZEKO, 2007)
25 Inhaltliche Kriterien Medizinische Bedürftigkeit 1. Stufe: Lebensschutz und Schutz vor schwerem Leid und Schmerzen. 2. Stufe: Schutz vor dem Ausfall oder der Beeinträchtigung wesentlicher Organe und Körperfunktionen. 3. Stufe: Schutz vor weniger schwerwiegenden oder nur vorübergehenden Beeinträchtigungen des Wohlbefindens. 4. Stufe: Verbesserung und Stärkung von Körperfunktionen Auf der ersten wie zweiten Stufen ist eine Differenzierung nach Art und Umfang des Versicherungsschutzes oder der Zahlungsfähigkeit ausgeschlossen. (ZEKO, 2007)
26 Bundesärztekammer Leitfaden zur Priorisierung bei klinischen Maßnahmen in Schweden Priorisierungsgruppen I A I B II III IV V Versorgungsbereich (Quelle: SOU 1995:5; S. 103) Versorgung von lebensbedrohlichen Erkrankungen und Erkrankungen, die unbehandelt zu permanenter Behinderung oder vorzeitigem Tod führen. Versorgung von schwer chronischen Erkrankungen. Palliative Versorgung. Versorgung von Menschen mit eingeschränkter Autonomie Individualisierte Prävention in Kontakten mit medizinischen Diensten. Rehabilitation Versorgung von weniger schweren akuten und chronischen Erkrankungen Grenzfälle Versorgung aus anderen Gründen als Erkrankungen oder Verletzungen
27 Weitere Grundlagen für Priorisierungsentscheidungen 1. Würde des Menschen (Gleichheit) 2. Bedrohlichkeit 3. Notwendigkeit (von Not wenden ) 4. Wirksamkeit (EbM) 5. Kosten-Nutzen-Relation 6. Eigenverantwortung
28 Vorbereitung von Priorisierungsentscheidungen Vorschlag der Ärzteschaft: unabhängiger, interdisziplinärer Gesundheitsrat
29 Mögliche Ziele eines Gesundheitsrates 1. Unterversorgung vermeiden 2. Regionale Unterschiede vermeiden 3. Wartelisten vermeiden 4. Ungleichheiten beim Zugang zu Gesundheitsleistungen vermeiden
30 Aufgaben eines Gesundheitsrates 1. Vorbereitung von Priorisierungsentscheidungen im vorpolitischen Raum zu aktuellen bzw. drohenden defizitären Versorgungsbereichen (ganzheitliche Betrachtung) 2. Folgenabschätzung von Priorisierungsentscheidungen 3. Beratung des Gesetzgebers 4. Benennung von Themen für Versorgungsforschung Zielgruppe des Gesundheitsrat ist daher Makroebene (Gesetzgeber) Mesoebene (Selbstverwaltung)
31 Zusammensetzung des Gesundheitsrates Epidemiologie Gesundheitsökonomie Sozialwissenschaft Medizin Pflegeberufe Rechtswissenschaften Ethik unter Hinzuziehung von Patientenvertretern
32 Hilft die Priorisierungsdebatte der Mikroebene? Nichts Neues Schaffung von Bewusstsein bei Ärztinnen und Ärzten bei Politikern/beim Gesetzgeber bei der Bevölkerung Gesellschaftlichen Diskurs einleiten Schaffung von Transparenz und Öffentlichkeit Identifikation des Zielkonfliktes in der Patientenversorgung (z. B. Haftungs- versus Sozialrecht) Schutz der Patienten-Arzt-Vertrauensbeziehung Abwehr von heimlicher Rationierung
33 Fazit Priorisierungsdebatte erzwingt den öffentlichen Diskurs zum Umgang mit Mittelknappheit im Gesundheitswesen erleichtert Entscheidungen auf Mikroebene
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