Inhalt. Vergiftungen mit Haushaltschemikalien. Alles was sauber macht Akuttoxikologisch relevante Inhaltsstoffe von Haushaltschemikalien
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- Viktoria Gerstle
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1 Vergiftungen mit Haushaltschemikalien Inhalt Akuttoxikologisch relevante Inhaltsstoffe von Haushaltschemikalien Fallbeispiele und Produktbeispiele Behandlungsempfehlungen bei einer Vergiftung Alles was sauber macht
2 Alles was sauber macht 2014 Alles was schön macht Einteilung der Haushaltsprodukte Einteilung nach Verwendungszweck: Chemische Produkte alles was sauber macht Kosmetische Produkte alles was schön macht Pestizide alles was tot macht werden an anderer Stelle besprochen 2
3 Bestandteile von Haushaltsprodukten Relevante Inhaltsstoffe aus akuttoxikologischer Sicht Tenside Säuren Laugen Organische Lösemittel, z.b. Ethanol Bestandteile von Haushaltsprodukten weiterhin: Farb-, Duft- oder Konservierungsstoffe Lichtschutzfilter, Füllstoffe sog. Inhaltsstoffe mit biologischer Wirkung Enzyme, Keratolytika, Vitamine, Hautaufheller......spielen akut aus klinisch-toxikologischer Sicht eine untergeordnete Rolle Tenside engl.:surface-active agents: surfactans geringe systemische Toxizität LD 50 3
4 Tensidklassen Einteilung der Tenside nach Ladung des Gesamtmoleküls anionische nichtionische Waschmittel, Geschirrspülmittel, Haarshampoo kationische u. a. in Weichspülmitteln amphotere v. a. in Hautpflegeprodukten Wasch- und Reinigungsmittel Rezeptur: Allzweckreiniger Die Formulierungen werden als Standardprodukte und als Konzentrate angeboten, neben neutralen bis alkalischen Rezepturen gibt es auch saure Reiniger Quelle: Fallbeispiel 1 Waschmittel-Ingestion 5 j. Junge füttert 3j. Schwester mit Feinwaschmittelpulver heftiger Husten des Mädchens, die Mutter wird hinzugerufen über 10 min ununterbrochenen Hustens mit begleitendem Erbrechen und beginnender Atemnot wird der Notarzt hinzugezogen Kinderklinik: Gabe von 100 ml Tee sowie dimethiconhaltigem Entschäumer Nach 4 h beschwerdefreie Entlassung 4
5 Fallbeispiel 2: Handspülmittel-Ingestion Eine 94jährige Seniorin (dement) wurde nach Aufnahme einer halben Tasse Geschirrspülmittel schwer atmend und aus dem Mund schäumend vorgefunden. Erbrochenes gelang in die Atemwege, sie wurde vom Notarzt mit einem Atemschlauch (Tubus) versorgt. Häufiges Absaugen der Atemwege bei massiver schaumiger Sekretbildung. Die künstliche Beatmung konnte binnen 12 Stunden beendet werden. Stationärer Aufenthalt 10 Tage Symptome Tensidingestion Schleimhautreizung Augenreizung: leichte Bindehautentzündung meist ohne Hornhautschädigung Mund- Rachenraum: würgen, brennen, speicheln Magen- Darm- Reizung: Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Durchfall Atemwegs-Reizung: kurz anhaltender Hustenreflex Komplikation: Schaumaspiration Lungenentzündung Symptome: anhaltender Husten, Atemnot, Atemnebengeräusche, Luftnot Behandlung Tensid - Ingestion Bei oraler Aufnahme und bewusstseinsklarem, symptomarmen Betroffenen Gabe von Flüssigkeit (1 Glas Leitungswasser) Gabe von simeticonhaltigem Entschäumer Arztvorstellung bei Symptomen Bei starken Symptomen und suizidaler Einnahme größerer Menge: Klinikeinweisung 5
6 Entschäumer Simeticon= aktiviertes Dimetikon enthält zusätzlich Siliziumdioxid nicht toxisch, nicht resorbierbar Wirkung ist rein physikalisch, über die Reduzierung der Oberflächenspannung Verwendung als Karmiativum bei Tensidingestion Si O Si O Si n Säurehaltige Reiniger organische Säuren Essigsäure, Citronensäure, Maleinsäure Entkalker für Kaffemaschinen, Badreiniger, WC- Reiniger anorganische Säuren Salzsäure, Phosphorsäure, Salpetersäure z.b. in: Spezialreinigern, gewerblich genutzte Reinigungsmittel, ausländische Produkte (z.b. türkischer Reiniger Porcöz ) G e f ä h r d u n g : Haut Augen und Schleimhautreizend bis ätzend! Laugenhaltige Reiniger Chlorbleichlauge Natriumhypochlorit (NaClO) Sanitärreiniger, Bleichmittel (z. B. Domestos) Natron- oder Kalilauge (NaOH, KOH) in Rohrreiniger, Backofenreiniger, Abbeizmittel G e f ä h r d u n g : Haut Augen und Schleimhautreizend bis ätzend (Konzentrations- und ph- abhängig (>ph12 ) Laugen verursachen i.d.r. tiefergehende Gewebeschädigungen als Säuren (Kolloquationsnekrose) 6
7 Fallbeispiel: Rohrreiniger-Ingestion 2 j. Junge wird von Großmutter mit Flasche eines Rohrreinigers in der Hand aufgefunden er antwortet und verweigert die Mundöffnung bei Öffnen durch die Hand zeigt sich eine massiv geschwollene Zunge und ein geröteter Rachen mit viel zähem Speichel Notarzt spült den Mund nach Gabe von Beruhigungsmitteln Kinderklinik: Speiseröhrenspiegelung: Kehlkopf und Speiseröhre unauffällig Abschwellen der Zunge nach 4 Tagen, keine (erkennbaren) Restschäden. Fallbeispiel: Abbeizer-Ingestion 71j. Mann trinkt bei Renovierungsarbeiten im Hause seines Sohnes 2 kräftige Schluck eines Abbeizers (Ammoniumhydroxid-Lösung) aus einer Chianti-Flasche es kommt sofort zu heftigem Schmerzen, Husten und Erbrechen Endoskopie: Schleimhautverätzungen im Mund/ Rachen, Speiseröhre und Magen; Pneumonie nach 48 h Kreislaufschock, Bauchfellentzündung (Peritonitis) Tod nach 60 h im Kreislaufschock. Zusammenfassung ätzende Haushaltprodukte Gefahr des Durchbruchs von Speiseröhre oder Magen und bedrohlicher Kreislaufwirkungen Gefahr der dauerhaften Einengung der Speiseröhre Gefahr schwerer Augenschäden 7
8 Verätzungsbehandlung Flüssigkeitsgabe, Spülung von Haut und Auge ggf. Kortison zum Abschwellen Schmerzmittel Spiegelung vom Magen- bzw. Speiseröhre (diagnostisch) ggf. chirurgische Therapie bei Einengungen oder Perforation Dichlormethanhaltiger Abbeizer (+ 5 % Ameisensäure) > 8
9 Porcöz Rost- und Kalkreiniger 25 % Salpetersäure Legaleinstufung als ätzend z. T. korrekt gekennzeichnet z. T. mit X (illegale Import?) verkauft vorwiegend an Bürgerinnen und Bürgern mit türkischem Migrationshintergrund verwendet zur Reinigung & Entkalkung im Haushalt Als Reinigungsgeheimtipp in Internetforen beschworen Gefährliche Bilanz 25 Expositionsfälle mit Porcöz-Produkten (über 130 Fälle aus allen GIZn in D) QI / 2010 Zusammenfassung 25 Expositionsfälle, davon 44 % mit stationärem Behandlungsbedarf 2/3 Erwachsene, 1/3 Kinder Kinder sind vor allem durch Ingestionsunfällen betroffen Erwachsene meist inhalativ exponiert, z. T. nach Fehlanwendung Fazit: Ende 2010 wurde Handel und Verkauf verboten. 9
10 Lösemittel Ethanol häufigste Ursache akuter Vergiftungen weltweit Vorkommen: in Haushaltschemikalien: Kosmetika (Parfum, Aftershave, Haarwasser) Haushaltsreinigern (Glasreiniger, Fleckentferner) und natürlich in alkoholischen Getränken Ethanol: akute Toxizität Schwere Intoxikationen ab 2- bzw. 5 Promille zu erwarten. Rausch Narkose Übelkeit Erbrechen Aspirationsgefahr Atemdepression Erstickungsgefahr Vasodilatation (Gefäßerweiterung) Erfrierungsgefahr Hypoglykämie (niedriger Blutzucker) 10
11 Ethanol: Therapie Kinder reagieren schon auf geringe Mengen Ethanol mit Müdigkeit, Torkeligkeit oder Übermut wg. schleimhautreizender Wirkung meist nur geringe Aufnahme Zuverlässig häuslich überwachen und Gabe von zuckerhaltigen Getränken ab 0.6 Promille ärztliche Überwachung Behandlung allgemein: Symptomatisch Dialyse möglich aber selten nötig. Ethanol: Chronische Toxizität Sucht Leberzirrhose (Risiko ab [20-] g /Tag über 5 Jahre) Polyneuropathie / Encephalopathie ( ) Magenschleimhautentzündungen, Speiseröhrenblutungen Bauchspeicheldrüsenentzündungen Alkohol-Embryofetopathie (1 von 1000 Neugeborenen) Zusammengefasst: Die orale Aufnahme von Wasch- und Reinigungsmitteln sowie Kosmetikprodukten gehört zu den häufigsten Unfällen mit Haushaltschemikalien in Deutschland und weltweit. Kinder zwischen 2-4 Jahren sind meist betroffen, hochaltrige, bzw. demente Menschen haben ein erhöhtes Risiko bei Exposition. Rein Tensid-haltige Mittel sind i.d.r. akuttoxikologisch harmlos - aber können schweren Verlauf zeigen. Schwere Unfälle durch Reinigungsmittel werden durch stark saure oder alkalische Produkte und durch Umfüllen verursacht. Giftinformationszentren spielen eine wichtige Rolle bei der Erkennung von bestimmten Produkt-Risiken für den Verbraucher. 11
12 Vielen Dank für die Aufmerksamkeit 12
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