Predigt am letzten Sonntag nach Epiphanias von Pastor Dr. Christoph Bruns zum Predigttext Matthäus 17,1-8

Transkript

1 Predigt am letzten Sonntag nach Epiphanias von Pastor Dr. Christoph Bruns zum Predigttext Matthäus 17,1-8 Liebe Gemeinde, es gibt Erlebnisse, die vergisst man nicht so schnell, an die erinnert man sich ganz besonders gerne. Von einer solchen Erfahrung will ich berichten. Letztes Jahr auf dem Konfirmandenferienseminar, wir waren aufgebrochen zur Hüttenübernachtung, alles hat wunderbar geklappt der Aufstieg, abends das Lagerfeuer, dann eine kurze Nacht auf dem Matratzenlager und am nächsten Morgen sind wir dann ganz früh aufgestanden, schon um fünf Uhr, weil wir auf den Berggipfel steigen wollten zum Sonnenaufgang. Die letzten Jahre habe ich auch schon diese Tour gemacht, da war es immer bewölkt, so richtig konnten wir die Sonne gar nicht sehen, aber in diesem Jahr, da gab es einen klaren Himmel das Dunkel der Nacht ging zurück, während wir zum Gipfel wanderten wurde es immer heller. Noch war die Sonne hinter den Bergen nicht zu sehen aber als wir dann ganz oben standen, da ging sie langsam auf, erst nur wenige Strahlen, dann immer mehr, schließlich ein feuerroter Ball über den Gipfeln, der alles in ein wunderbares Licht tauchte. Ein toller Anblick und ein phantastischer Rundblick. Über 2000 Meter waren wir hoch, in alle Richtungen konnten wir schauen. Und wir sahen, wie ein neuer Tag begann und keine Wolke am Himmel. Solche einen Augenblick möchte man am liebsten festhalten. Und ich erinnere mich an einen Konfirmanden, der bei dem Blick hinunter in das Tal nur noch ausrief: so etwas Schönes habe ich noch nie gesehen. Und anders als in den letzten Jahren, alle haben den Aufstieg geschafft keiner hat weitergeschlafen, sondern alle haben sich in der Frühe aufgemacht, auf den Berggipfel zu steigen, diesen Sonnenaufgang zu erleben. Diese Bilder, diese Erinnerung kam mir wieder in den Sinn als ich über den Predigttext für diesen Sonntag nachdachte. Es ist auch eine Geschichte von einer Wanderung auf einen Berg, es ist auch eine ganz besondere Erfahrung, die die Jünger mit Jesus auf diesem Berg machen. Ich lese aus dem 17. Kapitel des Matthäusevangeliums. 1 Und nach sechs Tagen nahm Jesus mit sich Petrus und Jakobus und Johannes, dessen Bruder, und führte sie allein auf einen hohen Berg. 2 Und er wurde verklärt vor ihnen, und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden weiß wie das Licht. 3 Und siehe, da erschienen ihnen Mose und Elia; die redeten mit ihm. 4 Petrus aber fing an und sprach zu Jesus: Herr, hier ist gut sein! Willst du, so will ich hier drei Hütten bauen, dir eine, Mose eine und Elia eine. 5 Als er noch so redete, siehe, da überschattete sie eine lichte Wolke. Und siehe, eine Stimme aus der Wolke sprach: Dies ist mein lieber

2 Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören! 6 Als das die Jünger hörten, fielen sie auf ihr Angesicht und erschraken sehr. 7 Jesus aber trat zu ihnen, rührte sie an und sprach: Steht auf und fürchtet euch nicht! 8 Als sie aber ihre Augen aufhoben, sahen sie niemand als Jesus allein. 9 Und als sie vom Berge hinabgingen, gebot ihnen Jesus und sprach: Ihr sollt von dieser Erscheinung niemandem sagen, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist. Soweit dieser Abschnitt. Auch Jesus unternimmt mit den drei Jüngern eine Tour auf einen Berg und auch sie erleben dort etwas Wunderbares eigentlich etwas Unglaubliches. Jesus wird verklärt vor ihren Augen sein Angesicht leuchtet wie die Sonne, alles erscheint in hellstem Licht. Manchmal benutzen wir ja dieses Wort verklärt, dann wenn jemand mit einem verklärten Blick schaut wenn jemand etwas ganz tolles gesehen hat und dem in seinen Gedanken noch nachträumt, dann reden wir von einem verklärten Blick. Ein solcher Blick sieht mehr als das, was nur vor Augen ist, sondern er sieht auch das, was dahinter liegt, eine Hoffnung, eine Vision, ein Traum. In ein solches verklärendes Licht wird Jesus gehüllt, als er mit Petrus, Jakobus und Johannes auf den Berg geht. Im griechischen Urtext steht da das Wort Metamorphose also eine neue Gestalt bekommen. Da wird etwas auf wunderbare Weise verwandelt in eine neue Gestalt. Es ist nicht mehr der Jesus, so wie sie ihn bisher kannten, sondern es ist alles nur noch Licht und hell, ein Strahlen wie die Sonne, etwas, das man gesehen haben muss, weil man es mit Worten kaum beschreiben kann. So eine Verwandlung haben die Jünger dort geschaut sie sahen Jesus in einem ganz neuen, in einem göttlichen Licht. Uns ist die Metamorphose vertraut zum Beispiel bei der Entwicklung des Schmetterlings aus der Raupe wenn aus einer normalen Raupe die ja meist nicht so schön anzusehen sind - ein wunderschöner Schmetterling entsteht. Wenn aus einem kleinen Kriechtier ein Tier mit Flügeln entsteht, das sich wunderbar leicht in die Lüfte erhebt. Jesus wird vor den Augen der Jünger verklärt, für einen Moment erscheint er in dem Licht, in dem er einmal sein wird als der Auferstandene. Also, die Jünger erleben hier etwas ganz außergewöhnliches, auf dem Berg der Verklärung, wie man ihn seitdem nennt sie schauen Jesus Christus in einer ganz neuen, in einer verwandelten Gestalt. Und sie sind so beeindruckt und fasziniert von diesem Anblick, dass sie ihn gerne festhalten würden, dass sie dort bleiben wollen: Lass uns Hütten bauen, so schlägt es Petrus Jesus vor. Hier möchten wir bleiben. Doch es kommt ganz anders. Sie hören die Stimme Gottes aus dem Himmel: dies ist mein lieber Sohn, den sollt ihr hören. Sie erschrecken und als sie dann wieder auf dem Rückweg sind, da

3 schärft Jesus ihnen noch ein, dass sie von dieser Erscheinung keinem etwas sagen sollten bis er nicht von den Toten auferstanden ist. Was für eine Geschichte für die Jünger. Sie erleben etwas so umwerfendes, das man es mit Worten eigentlich gar nicht beschreiben kann etwas, was sie so gerne festhalten wollten und dann dürfen sie den anderen noch nicht einmal davon erzählen. Wir kennen das doch von uns selbst, wenn wir etwas Tolles erlebt haben, dann erzählen wir es doch gleich weiter, dann wollen wir die anderen doch daran Anteil haben lassen. So war das auch letztes Jahr als wir von unserer Bergwanderung zurückkamen. All den anderen, die nicht mit auf diese Hüttentour gekommen waren, haben wir erzählt, was wir gesehen haben, wie toll der Sonnenaufgang war, und die Bergwanderung anschließend. Was wir geschafft hatten, da waren alle ein wenig stolz. In unserer Geschichte durften es die Jünger noch nicht. Sie mussten das, was sie geschaut hatten, für sich behalten. In der Tradition unserer lutherischen Kirche hat diese Geschichte von der Verklärung keinen besonderen Stellenwert. Ganz anders ist es in den orthodoxen Kirchen, also in Griechenland oder in Russland. Dort ist es eines der zentralen Feste im Kirchenjahr. Ich gebe zu, auch ich habe einige Zeit gebraucht, bis ich das besondere dieser Geschichte entdeckt habe. Aber am Ende der Epiphanias-Zeit hat dieser Bericht vom Berg der Verklärung einige wichtige Glaubensaussagen für uns bereit. Wie lange ist Weihnachten jetzt her? Erst gut fünf Wochen. In dieser Geschichte leuchtet noch einmal das Licht von Weihnachten, das ja auch in der Epiphanias- Zeit seinen Ort hat. Ja, man kann sagen, das Licht, das zum Weihnachtsfest in die Dunkelheit dieser Welt kommt, das wird gerade hier in der Erzählung von der Verklärung unüberbietbar hell. Das Licht, das in der Nacht der Geburt seinen Anfang nimmt, leuchtet hier so hell wie die Sonne und dazu hören wir die Stimme aus dem Himmel, die das Geschehen deutet: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören! Gott selbst erklärt Jesus Christus zu seinem Sohn vor den Jüngern, genauso wie es in dem Bericht von der Taufe Jesu überliefert ist. Und doch ist hier noch mehr als nur das heller gewordene weihnachtliche Licht. Aus dieser Geschichte von der Verklärung leuchtet ein heller Schein von Ostern her ja, eigentlich ist diese Geschichte eine Geschichte von der Auferstehung. In dem Text wird es selbst schon angedeutet. Die Jünger dürfen nichts weitersagen bis der Menschensohn, so wie Jesus sich selbst bezeichnet hat, von den Toten auferweckt worden ist. Erst nach Ostern kann dieses Wunderbare, das die drei Jünger gesehen haben, wirklich weitererzählt werden. Und so steht die Geschichte nicht nur vom zeitlichen Ablauf, sondern auch theologisch zwischen Weihnachten und Ostern. Zwischen dem Kommen von

4 Jesus Christus als dem Licht der Welt in unsere Zeit und dem Aufscheinen seiner Herrlichkeit im Lichte des Ostermorgens, im Lichte des neu geschenkten Lebens. Der Evangelist Matthäus erzählt es so, dass schon während des Lebensweges von Jesus das Osterwunder aufscheint, auf seinem Weg nach Jerusalem leuchtet ein ganz anderes Licht, das über alle irdische Begrenzungen hinausgeht. Und doch ist es nur ein vorweggenommenes Aufscheinen, denn diesen Moment der Verheißung können sie nicht festhalten, auch wenn es sich Petrus und die anderen Jünger so sehr wünschen mögen. Hier ist es gut sein. Ihr Weg führt mit Jesus wieder von dem Berg der Verklärung hinab, wieder in das ganz normale Leben zurück, und wenn man die Jesusgeschichte kennt, führt dieser Weg in eine Leidensgeschichte, sie führt ans Kreuz, in den Tod. Doch schon hier wird deutlich, dieser Leidensweg wird nicht das letzte Ende sein, sondern Gott selbst wird dem Gekreuzigten durch seine Auferstehung neues Leben schenken. Für die drei Evangelisten, Matthäus, Markus und Lukas, sollte dieser Gedanke schon während seines normalen Lebens aufleuchten für einen kleinen Moment und so erzählen sie die Geschichte vom Berg der Verklärung vielleicht als Trost, vielleicht als Vergewisserung, vielleicht auch als das Festhalten an dem Glauben an Jesus Christus auch wenn das Leben im Glauben oft schwer ist, und auch wenn die Christen damals Schweres aushalten mussten. Die Geschichte von der Verklärung ist eine vorweggenommene Ostergeschichte die uns heute aufscheint bevor wir dann in den nächsten Wochen durch die Passionszeit gehen. Eine vorweggenommene Ostergeschichte, die uns etwas von dem Licht weitergibt, wenn wir vielleicht gerade eine traurige Zeit erleben, wenn wir nicht weiterwissen in den Sorgen des Lebens oder auch wenn uns der Mut für den neuen Tag fehlt. Und so ist es auch richtig, dass die Jünger ihre Erfahrungen vom Berg der Verklärung nicht gleich weitererzählen sollten, denn der Weg Jesu, seine Sendung war noch nicht zu Ende. Er geht den Weg des Leidens und erst dieser Weg führt ihn zum Licht der Auferstehung. Über das Leiden dieser Welt wird nicht einfach mit dem schönen Schein dieser Geschichte hinweg geleuchtet, sondern es ist nur ein Vorgeschmack auf das ewige Licht, ein Vorgeschmack, der Kraft geben soll auf unseren Wegen heute, der uns einen Ausblick geben soll auf eine Begegnung mit Gott, die so schön sein wird, dass wir dort auch bleiben wollen und von der uns verheißen ist, dass wird dort bleiben können für Zeit und Ewigkeit. Und so möge uns heute das Tröstende und Ermutigende dieser Botschaft ins Herz gegeben werden für uns ganz persönlich, denn auch wir haben Anteil an diesem Jesu Christus. Er ist Gottes Sohn, auf ihn wollen wir vertrauen. Amen.

5 Und der Friede Gottes, welcher ist höher als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen