Verein zur Unterstützung der WHO/UNICEF-Initiative Babyfreundlich (BFHI) e.v. Stellungnahmen zu relevanten Fragestellungen

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1 Verein zur Unterstützung der WHO/UNICEF-Initiative Babyfreundlich (BFHI) e.v. Stellungnahmen zu relevanten Fragestellungen

2 Nahrungssupplemente Chancen und Risiken Version: 11/2018 Referent: Dr. med. Carsten Böing, IBCLC

3 WHO und BABYFREUNDLICH BABYFREUNDLICH Bewertungsgrad Die ausschließliche Ernährung mit Muttermilch ist für Säuglinge bis zum 6 Lebensmonat adäquat. ++

4 Argument der Skeptiker Argument der Skeptiker Die Muttermilch reicht nicht aus.

5 Substitution in der Schwangerschaft Hintergrund Folsäure einmal pro Tag 0,4 mg Folsäure beginnend mindestens einen Monat vor der Empfängnis und setzt sich durch das erste Trimester fort. Jodid Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt die Jodergänzung in Schwangerschaft und Stillzeit in Regionen, in denen < 90 Prozent der Haushalte Jodsalz verwenden und die mittlere Jod-Konzentration bei Kindern < 100 μg/l beträgt. WHO: 250 μg täglich während der Schwangerschaft und Laktation Jodsubstitution ist nicht notwendig bei Frauen, die Levothyroxin für die Behandlung von Hypothyreose einnehmen. Nahrungssupplemente (größer gleich 3 Vitamine/Mineralstoffe) Potentielle Vorteile: Einfluss auf Geburtsgewicht Einfluss auf Anteil SGA Einfluss auf postpartales Outcome Mutter und Kind Da es an qualitativ hochwertigen Beweisen für die Wirksamkeit von MMN bei gut ernährten Frauen fehlt, empfehlen die nationalen Gesundheitsbehörden im Vereinigten Königreich sie nicht für alle Frauen. Andernorts werden sie in Ermangelung einer sorgfältigen Bewertung durch eine Ernährungsberaterin sie empfohlen.

6 Energiebedarf einer stillender Mutter ist erhöht Zeit postpartum Mehrbedarf Gesamtenergiebedarf 0 bis 6 Monate 330 kcal pro Tag mehr 2130 bis 2730 kcal/tag abhängig von mütterlichem Alter, Gewicht, Größe und Aktivitätsgrad Dies basiert auf den Energiekosten des exklusiven Stillens von 500 kcal/tag (ab einer durchschnittlichen Milchproduktion von 780 ml pro Tag mit einem durchschnittlichen Energiegehalt von 67 kcal/100 ml) Bei gut ernährten Frauen werden die Energiekosten der Laktation durch die Mobilisierung von Gewebespeichern (etwa 170 kcal pro Tag) durch den allmählichen Verlust des Gewichts subventioniert. 7 bis 12 Monate 400 kcal pro Tag mehr 2200 bis 2800 kcal/tag abhängig von mütterlichem Alter, Gewicht, Größe und Aktivitätsgrad Die Energiekosten der Laktation basieren auf einer durchschnittlichen Milchproduktion von 600 ml pro Tag und dem gleichen Energiegehalt. Die Berechnung für diesen Zeitrahmen beinhaltet keine Subvention aus der Mobilisierung von Gewebespeichern, weil sie davon ausgeht, dass das Gewicht der Mutter stabil ist.

7 Energieaufnahme und Stillen Einflussfaktoren ohne Auswirkungen mit Auswirkungen Quantität der Milchmenge Reduktion der Milchmenge in Abhängigkeit von Dauer und Ausmaß der Energiereduktion milde oder moderate Schwankungen der mütterlichen Ernährung, der Energiebilanz und der Sport im aeroben Bereich haben keinen Einfluss auf die Milchproduktion kurzfristig /bis 1500 kcal/die kurzfristige Gewichtsabnahme bis 2kg (ca 10 Tage) mittelfriste Gewichtsabnahme bis 5 kg (10 Woche) weniger als 1500 kcal/die Milchmenge um 15 % niedriger Gewichtsentwicklung der Stillenden Veränderungen in der Körperzusammensetzung während der Laktation sind Reaktionen auf eine Abfolge komplexer neuroendokriner und biochemischer Reize, die durch Umweltfaktoren erheblich verändert werden können. Auswirken auf die Gewichtsentwicklung haben: Stillen Gewicht vor der Schwangerschaft Alter der Stillenden Parität Rauchen, Bewegung Rückkehr zu einer externen Arbeit

8 Eiweiß und Fett in der Stillzeit Hintergrund Muttermilch beeinflussbar BABYFREUNDLICHE Empfehlung zur Substitution Eiweißaufnahme erhöhen Fettaufnahme erhöhen Omega-3-Lang- Kettenungesättigten Fettsäuren (n-3 LCPUFA) Die empfohlene Nahrungszulage (RDA) für Proteine für die ersten sechs Monate der Laktation beträgt 71 Gramm pro Tag, das sind 25 Gramm mehr als die Voraussetzung für nicht-stillende Frauen. Diese RDA basiert auf dem Milchvolumen (780 ml pro Tag), dem durchschnittlichen Eiweißgehalt der Milch (1 g/100 ml) und einer Auslastung des Nahrungsproteins für die Milchsynthese von 47 Prozent. Der erhöhte Nährstoffbedarf kann durch die allgemeine Erhöhung der Nahrungsaufnahme gedeckt werden. Der erhöhte Nährstoffbedarf kann durch die allgemeine Erhöhung der Nahrungsaufnahme gedeckt werden. Der Fischkonsum ist für das Kleinkind von Vorteil, da Fische große Mengen an Omega-3-Lang- Ketten-mehrfach ungesättigten Fettsäuren (n-3 LCPUFA) enthalten, einschließlich Docosahexaensäure (DHA) und Eicosapentaensäure (EPA), die für die Entwicklung des Gehirns wichtig sind. Die verfügbaren Daten reichen jedoch nicht aus, um einen Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Omega-3 der Fettsäuren während der Laktation und der anschließenden kognitiven Funktion bei ihren Nachkommen zu zeigen. Der Verzehr bestimmter Fische und Muscheln durch stillende Frauen kann ein erhöhtes Risiko für das sich entwickelnde Nervensystem des stillenden Säuglings darstellen, da sowohl anorganisches als auch organisches Quecksilber vom mütterlichen Serum auf die menschliche Milch übertragen werden. Nein - - +/- - - Ja +/-

9 Ist eine zusätzliche Ergänzung notwendig? Hintergrund Eisen Die laktationsinduzierte Amenorrhoe reduziert die Eisenverluste. Daher ist die postpartale Verwendung eines pränatalen Multivitamins (das etwa 30 mg Eisen liefert) für eine stillende Frau nicht notwendig, es sei denn, sie ist als Eisenmangel bekannt. Ein Multivitamin, das kein zusätzliches Eisen enthält, kann weniger Magen-Darm- Nebenwirkungen haben und besser vertragen werden. Muttermilch beeinflussbar Nein BABYFREUNDLICHE Empfehlung zur Substitution -- nur bei nachgewiesenem Fe- Mangel der Mutter Jod Die Jod-Konzentration in der Milch korreliert mit der mütterlichen Plasmakonzentration, die durch die Ernährung beeinflusst wurde. WHO: 250 μg täglich während der Schwangerschaft und Laktation RDA ist während der Laktation moderat höher als für nicht laktierende Nichtschwangere, um ihre Sekretion in die Brustmilch auszugleichen. Die Anwendung von topischem Jod während der Schwangerschaft und Stillzeit oder die Exposition gegenüber anderen Quellen von übermäßigem Jod kann neonatale Hypothyreose verursachen. Ja ++

10 Ist eine zusätzliche Ergänzung notwendig? Hintergrund Muttermilch beeinflussbar BABYFREUNDLICHE Empfehlung zur Substitution Kalzium Die Ernährungsempfehlungen sind die gleichen wie bei Frauen, die nicht stillen, obwohl etwa 200 mg pro Tag Kalzium über die Muttermilch zusätzlich ausgeschieden werden. RDA während der Laktation beträgt 1000 mg. Der Kalziumgehalt der Muttermilch wird nicht durch die Kalziumaufnahme beeinflusst, da eine erhöhte Knochenmobilisierung und eine verminderte Harnausscheidung das Kalzium liefert, das für die Milchproduktion benötigt wird. Die intestinale Kalziumaufnahme wird nicht gesteigert. Nein - - Magnesium/ Phosphor Die Ernährungsempfehlungen für Phosphor und Magnesium sind die gleichen wie für nichtstillende Frauen. RDA während der Laktation beträgt für Magnesium 320 mg und Phospor 700 mg. Eine erhöhte Knochenresorption und verminderte Harnausscheidung liefern das Phosphor und Magnesium, das für die Milchproduktion benötigt wird. Die intestinale Aufnahme wird nicht gesteigert. Nein - - Kupfer/Zink Kupfer und Zink in der menschlichen Milch sind ebenfalls unabhängig vom Nährstoffstatus der Mutter. RDA während der Laktation beträgt für Kupfer 1300 μg und Zink 12 mg. Nein - -

11 Ist eine Ergänzung von wasserlöslichen Vitaminen notwendig? Hintergrund Vitamin B Die Konzentration von wasserlöslichen Vitaminen in der Milch hängt auch von der mütterlichen Ernährung ab. Ein oberer Schwellenwert wird in er Muttermilch nicht überschritten. RDA ist während der Laktation moderat höher als für nicht laktierende nichtschwangere Frauen Muttermilch beeinflussbar Ja BABYFREUNDLICHE Empfehlung zur Substitution vegan/vegetarisch Vitamin C Die Konzentration von wasserlöslichen Vitaminen in der Milch hängt auch von der mütterlichen Ernährung ab. Ein oberer Schwellenwert wird in er Muttermilch nicht überschritten. RDA ist während der Laktation moderat höher als für nicht laktierende nichtschwangere Frauen Ja -- Folsäure Folsäure wird vorzugsweise auf Kosten der Mütterreserven in Milch ausgeschieden. Die Milchkonzentrationen werden jedoch bei starkem Folatmangel reduziert und nach der Folatergänzung erhöht. Ja --

12 Ist eine Ergänzung von wasserlöslichen Vitaminen notwendig? Hintergrund Muttermilch beeinflussbar BABYFREUNDLICHE Empfehlung zur Substitution der Mutter Vitamin A Die Vitamin A-Konzentration in Milch korreliert mit der mütterlichen Plasmakonzentration, die durch die Ernährung beeinflusst wurde. Klinisch wichtiger Vitamin-A-Mangel ist bei Säuglingen in rohstoffreichen Ländern selten, ohne dass eine zugrunde liegende malabsorptive Erkrankung vorliegt. Eine hochdosierte Vitamin-A-Supplementierung wird bei Säuglingen und Kindern im Alter von 6 bis 59 Monaten empfohlen, wenn Vitamin-A-Mangel ein endemisches Problem ist. Ja - - Vitamin K Die Vitamin K-Konzentration in Milch korreliert mit der mütterlichen Plasmakonzentration, die durch die Ernährung beeinflusst wurde. Säuglinge mit Vitamin-K-mangels drohen Blutungen, die durch routinemäßige Verabreichung von Vitamin K bei der Geburt verhindert werden können. Zur Blutungsprophylaxe wird eine orale Vitamin K-Gabe mit je 2 mg am 1. Lebenstag und bei den Vorsorgeuntersuchungen U2 und U3 beim Neugeborenen durchgeführt. Ja - -

13 Ist eine Ergänzung von wasserlöslichen Vitaminen notwendig? Hintergrund Muttermilch beeinflussbar BABYFREUNDLICHE Empfehlung zur Substitution der Mutter Vitamin D Der Vitamin-D-Gehalt der Muttermilch ist meist niedrig Er ist bei Müttern mit dunkler Haut oder anderen Ursachen für den Vitamin-D-Mangel sogar noch niedriger. Alle Säuglinge benötigen eine Vitamin-D-Supplementierung, um Rachitis vorzubeugen. Vitamin D wird ab der zweiten Lebenswoche in Kombination mit der Kariesprophylaxe in Form einer täglichen Gabe einer Tablette mit 500 Einheiten Vitamin D gegeben. Eine alternative, aber selten angewandte Strategie ist es, der stillenden Mutter moderat hohe Dosen Vitamin D zu verabreichen, was den Vitamin-D-Gehalt der Brustmilch erhöht. +/- - -

14 Vitamin und Mineralstoff Konzentration in der Muttermilch beeinflussbar Stillende RDA Altapharma /Rossmann das gesunde Plus /DM Elevit Femibion Velnatal plus Orthomol Natal Materna DHA Folio Phase 2 Ist eine Ergänzung von wasserlöslichen Vitaminen notwendig? Vitamin A ja 1300μg RAE enthalten - enthalten Vitamin B1 (Thiamin) ja 1,4 mg 1,2 1,2 1,4 1,2 1,2 3 1,2 - Vitamin B2 (Riboflavin) ja 1,6 mg 1,5 1,5 1,6 1,6 1,5 3,5 1,5 - DR. MED. BÖING, IBCLC Vitamin B6 ja 2 mg 1,9 1,9 2 1,9 1,9 5 1,9 - Folsäure ja 500 μg Vitamin B12 ja 2,8μg 3,5 3,5 2,8 3,5 3,5 9 3,5 9 Jodid ja 290 μg (150) DHA ja mg 225mg Vitamin K ja 90 μg Vitamin D +/- 5 μg Eisen nein 9 mg Kupfer nein 1300 μg 200 μg Mangan nein 2,6 mg 0,5 mg Zink nein 12 mg , Calcium, Magnesium Phosphor nein Ca, Mg - -

15 Schlussfolgerung I: Welche generellen Empfehlungen sind in der Stillzeit zu geben? BABYFREUNDLICH Empfehlungsgrad Bei einer ausgewogenen Ernährung kann der erhöhte Nährstoffbedarf durch die allgemeine Erhöhung der Nahrungsaufnahme gedeckt werden ++ Jodid- Monosubstitution ist in Deutschland zur Prophlaxe empfehlenswert. ++

16 Schlussfolgerung II: In folgenden Situationen kann über den Einsatz von MMN empfohlen werden. Indikation BABYFREUNDLICHER Empfehlungsgrad Begründung Stillende mit veganer/vegetarischer Ernährung ++ insbesondere Kalzium, Vitamin D und B12-Präparate Stillende mit Anämie in der Schwangerschaft +/- pro: hämatopoet. Vorteil in Kombination mit Vit A, B und Folsäure, contra: Interaktion in der Resorption möglich

17 Schlussfolgerung II: In folgenden Situationen kann über den Einsatz von MMN empfohlen werden. Indikation BABYFREUNDLICHER Empfehlungsgrad Stillende mit BMI < 20 + Begründung Stillende mit Nikotinabusus + Stillende mit fehlender Compliance von Einfachpräparaten +/- (Adu-Afarwuah 2011, Aguayo 2005) Stillende mit chronisch mangelhafter Ernährung Stillende nach bariatrischer Chirurgie ++ + Menschen in Entwicklungsländern, Familien mit geringem Einkommen (Lartey 2008, Benoist 2008, Haidar 2010) Die Milchzusammensetzung erwies sich als ausreichend in den Bereichen Energie, Makronährstoffe und Vitamin A. Die Pat. sollten ihre Vitamin-und Mineralstoffpräparate fortsetzen und auf Nährstoffmangel wie Vitamin-B12- Mangel überwacht werden.