HEINRICH SCHLAGHANDS HÖLLENFAHRT

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Julia Lang
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1 Rainer Kirsch HEINRICH SCHLAGHANDS HÖLLENFAHRT Komödie 1

2 2005 Als unverkäufliches Manuskript vervielfältigt. Alle Rechte am Text, auch einzelner Abschnitte, vorbehalten, insbesondere die der Aufführung durch Berufs- und Laienbühnen, des öffentlichen Vortrags, der Buchpublikation und Übersetzung, der Übertragung, Verfilmung oder Aufzeichnung durch Rundfunk, Fernsehen oder andere audiovisuelle Medien. Das Vervielfältigen, Ausschreiben der Rollen sowie die Weitergabe der Bücher ist untersagt. Eine Verletzung dieser Verpflichtungen verstößt gegen das Urheberrecht und zieht zivil- und strafrechtliche Folgen nach sich. Die Werknutzungsrechte können vertraglich erworben werden von: henschel SCHAUSPIEL Marienburger Straße Berlin Wird das Stück nicht zur Aufführung oder Sendung angenommen, so ist dieses Ansichtsexemplar unverzüglich an den Verlag zurückzusenden. F1 2

Übertragung, Verfilmung oder Aufzeichnung durch Rundfunk, Fernsehen oder andere audiovisuelle Medien. Das Vervielfältigen, Ausschreiben der Rollen sowie die Weitergabe der Bücher ist untersagt.

3 PERSONEN PROLOGOS ZWEI BETRUNKENE HEINRICH SCHLAGHAND, Bauleiter MARIA, seine Frau HOCHZEITSGESELLSCHAFT HURRE, Parteisekretär DUNTY, Gewerkschaftsvorsitzender HEIDE, Kranführerin BUNZ, Dumperfahrer EVA, Schlaghands Sekretärin SCHMONZACKA, Bildhauer MÜLLER, Unterteufel FAKTOTUM GRIT, Ökonomin TRULLA, Kreissekretär NAPOLEON HEILIGE I III DON JUAN Zwei Herren, Dichter, Regisseur, zwei Gehilfen, drei Chinesen, zwei Doktoren der Ästhetik, Höllenbedienerinnen 3

SCHMONZACKA, Bildhauer MÜLLER, Unterteufel FAKTOTUM GRIT, Ökonomin TRULLA, Kreissekretär NAPOLEON HEILIGE I III

4 Prologos. Zwei Herren. Dichter. Regisseur. PROLOGOS Damen und Herren, Sie haben es auf sich genommen Und sind in dieses Theater gekommen Mit Kragen und Kopf, damit man Sie amüsiert; Zu dem Zweck haben wir kühnste Artisten engagiert. Zwei Herren mit Megaphonen. Sie bellen Prologos in die Ohren. Man sagt mir, Sie wünschen Ihren Alltag zu vergessen Und zu erblicken Sterne, Elefanten und Feuerfressen; Läßt Sterne auf- und untergehen. Bläst einen Elefanten auf. Der Elefant spuckt Feuer, Prologos frißt es. Die Herren bellen ihm in die Ohren. Weiter teilt man mir mit, Sie wollen Geschichten, die unglaublich und wahr sein sollen; Da wir aber nicht gewöhnt sind zu lügen Derart, daß sich die Balken biegen Ein Balken biegt sich laut. Die Herren richten ihn. Haben wir einen Dichter angestellt Der, wie Sie bemerken, ein Stück herstellt; Der Dichter mit Schreibmaschine und Tisch wird hereingefahren. Er tippt eine lange Papierrolle. Die Herren behandeln sie mit Schere und Handfeuerlöscher. Regisseur bekommt die Reste und mischt sie. Dasselbe wurde, auf üblichem Wege verkürzt Und mit hochwirksamen Zusätzen gewürzt Einem Herrn Regisseur in die Hände gegeben Welcher ohne Schonung von Untergebenen Regisseur dirigiert Bühnenarbeiter, Schauspieler, Bühnenbildner usf. mit einer Peitsche. Für Sie arrangiert hat in bewährtester Art Die Komödie von Ingenieur Heinrich Schlaghands Höllenfahrt. Der Dichter tippt. Die beiden Herren bellen ihm in die Ohren. Der Dichter hört auf, bekommt ein Trinkgeld und wird hinausgefahren. Prologos verneigt sich. Regisseur knallt mit der Peitsche. Alle ab. 5

Zwei Herren mit Megaphonen. Sie bellen Prologos in die Ohren. Man sagt mir, Sie wünschen Ihren Alltag zu vergessen Und zu erblicken Sterne, Elefanten und Feuerfressen; Läßt Sterne auf- und untergehen.

5 Vorspiel Vor einer Vorstadtkneipe Zwei Betrunkene. Schlaghand. Maria. Hochzeitsgesellschaft. Nacht. Die Fensterläden der Kneipe sind geschlossen. Im Hintergrund Hochhäuser. Nachtgetier, Nachtgeräusche. Zwei Betrunkene von verschiedenen Seiten. Erster klinkt an der Tür, die sich öffnet. Musik- und Lärmstoß. Er fällt zurück, die Tür wird geschlossen. Zweiter klinkt, die Tür öffnet sich. Musik- und Lärmstoß. Fällt zurück, Tür wird geschlossen. Beide ab nach verschiedenen Seiten. Kommen zurück. Klinken. Die Tür ist verschlossen. Weichen zurück, ziehen den Hut voreinander. Ab nach verschiedenen Seiten. Kommen zurück, ziehen den Hut voreinander. BETRUNKENER BETRUNKENER Das ist die letzte Kneipe, dann kommt Wald. Die letzte Kneipe, dann kommt Stadt, und bald! Hu! Hu! Verwechseln ihre Hüte und trommeln an die Tür, die sich öffnet. Ungeheurer Musik- und Lärmstoß. Fallen zurück. Tür schließt sich. Bemerken die Verwechslung der Hüte. Wer bist du? Bist du ich? Nein, du bist ich! zeigt in die Richtung, aus der der zweite kam Stadt? Stadt. zeigt in die Richtung, aus der der erste kam Wald? Wald. Wollen klopfen. Verwechseln die Hüte zurück. Bemerken das. Jetzt siehst du wieder mich. Was das für eine Nacht ist! setzt sich unter einen Fensterladen Ich hab Durst. Ich will ein Pils, und eine heiße Wurst. 6

Zweiter klinkt, die Tür öffnet sich. Musik- und Lärmstoß. Fällt zurück, Tür wird geschlossen. Beide ab nach verschiedenen Seiten. Kommen zurück. Klinken. Die Tür ist verschlossen.

6 Fensterläden öffnen sich. Mit einem Musik- und Lärmstoß fliegen gefüllte Bierkrüge, Würste, Hähnchen zum Fenster heraus und segeln den Betrunkenen in die Hände. Am Fenster Schlaghand und Maria. Fensterläden schließen sich. Es ist Johannisnacht. Früher öffneten sich da Gräber, und Erscheinungen gingen um mit dem eigenen Kopf unter dem Arm. Es gab Glühwürmchen. Quellen sprangen aus der Erde, und vom Himmel regnete Johannisbrot, eine Nahrung, die die die Menschen neu machte, daß sie die Zukunft sahen. Hu! Die Glühwürmchen machten die Luft trocken, so daß Durst entstand. Heute sind keine Glühwürmchen mehr, aber noch Durst, das ist eine Hoffnung. Gespenster. Glühwürmchen. Woher hast du ein Bier?! Du hast ein Bier, du! Und was ist das hier?! Du hast auch Hähnchen! Du hast eine Wurst! Entreißen einander Wurst und Hähnchen. Ich habe Angst. Ich lösche meinen Durst. Trinken. Essen. Hast du gezaubert? Ha! Das warst doch du! Nun fehlte uns ein Bett zur Abendruh. Legen sich. Von hinten schwenkt ein Kranarm über die Kneipe und läßt ein großes Himmelbett zwischen beide nieder. 7

Quellen sprangen aus der Erde, und vom Himmel regnete Johannisbrot, eine Nahrung, die die die Menschen neu machte, daß sie die Zukunft sahen. Hu!

7 bemerkt das Bett Ihh! bemerkt das Bett Ahh! Was ist das? Uhh! Ein Bett am Weg! Du bist ein Zauberer! Die Fensterläden öffnen sich. Lärm- und Musikstoß. Erster Betrunkener flieht. Ich gehe lieber weg. flieht Hochzeitsgesellschaft. HOCHZEITSGESELLSCHAFT Schlaghand, zu deiner Hochzeit wünschen dir Das Allerbeste, mit Maria, wir! Darum hat auch ein Kran, und über Nacht Ein breites Bett für euch hierhingebracht! Das Bett hat Beine vier und einen Himmel Und für besondere Zwecke eine Bimmel! Weich sind die Kissen und die Federn tief Wir sammelten dafür im Kollektiv! Nimm das Geschenk, es ist uns nicht zu schade Von deiner sozialistischen Brigade! Setzen Maria und Schlaghand auf das Bett. Sie küssen sich. Hochzeitsgesellschaft bringt nacheinander Haushaltungsgegenstände und baut sie neben dem Bett auf: Tisch, Tischtuch, Teller, Gläser, Tassen, Besteck, Nachtmahl, Bier, Schnaps, Nachtschränkchen, Nachttischlampe, Bild, Spiegel, Rasierpinsel, Nachthemd, Kofferradio. Stellen passende Musik ein. Ab in die Kneipe. Tür und Fensterläden schließen sich. SCHLAGHAND unterbricht den Kuß, sieht den Hausrat Nein! Was ist das? schlägt an die Läden Nennt ihr das feiern? Heißt Hochzeit, daß ich liege und liebe zu zwein? Bricht nicht der Tisch von Wurst, Salat und Eiern? Ist euch mein Bier schon schal? Der Schnaps nicht rein? reißt einen Fensterladen ab Schmäht ihr, das uns versammelt, das Gesetz? Soll ich privat genießen, den ihr traut? Warn deine Reden, Kollektiv, Geschwätz? Musik muß sein! und weinen muß die Braut! reißt mit dem zweiten Laden ein Stück Mauer aus der Kneipe 8

Darum hat auch ein Kran, und über Nacht Ein breites Bett für euch hierhingebracht! Das Bett hat Beine vier und einen Himmel Und für besondere Zwecke eine Bimmel!

8 Wie? schmeckts euch nicht? Schärft eure Phantasie Daß ihr im Mäßigen höchstes Gut erblickt! Was ist das? Bockwurst mit was Sellerie? Rehrücken ists, mit zartem Speck gespickt! Das Broiler? Nein! Fasan! mit Preiselbeern Und äußersten Salaten schön garniert! Das Schwarzbrot? Weiß wie Schnee! Könnt ihr euch wehrn Der Unschuld, die nach euren Zähnen giert? Trinkt! ist das Bier? Champagner ists, der schäumt Los! hört die Pfropfen, die zum Himmel knalln! Aus ist der, der das Graue hell nicht träumt Und der nicht Licht sieht, wo drei Strahlen falln! Tanzt! seid voll Schnaps! singt! springt bis an den Mond! Wer sich der Erde beugt, der wird belohnt! Tanz. HOCHZEITSGESELLSCHAFT essen Bockwurst, trinken Bier Ja, Schlaghand! Wie man es macht, zeigst du uns! Sekt trinken wir, ah, und aus Früchten Gebranntes! Fein unsre Kiefer zerkrachen Truthähne mit Trüffeln Kaviar labt unsre Zungen, nicht Senf, wir schmeckens! Hoch Heinrich Schlaghand, der die Hohe Nacht Mit seiner Braut, hoch! der Gemeinschaft dargebracht! Schlaghand trinkt eine Flasche Wodka und fällt um. legen Schlaghand aufs Bett, mit Bett, Maria und Hausrat ab Hoch Heinrich Schlaghand, der die Hohe Nacht Mit seiner Braut, hoch! der Gemeinschaft dargebracht! Die zwei Betrunkenen von verschiedenen Seiten. Hier war ein Bett. Wieso ist hier ein Loch? Bemerken einander. Du warst das! Du!! flieht Ich gehe lieber doch. ab Vorhang 9

Champagner ists, der schäumt Los! hört die Pfropfen, die zum Himmel knalln! Aus ist der, der das Graue hell nicht träumt Und der nicht Licht sieht, wo drei Strahlen falln! Tanzt! seid voll Schnaps!

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