Karl Günther Hufnagel. ohne Datum. henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin GmbH
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- Nelly Winter
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1 Karl Günther Hufnagel ohne Datum 1
2 2006 Als unverkäufliches Manuskript vervielfältigt. Alle Rechte am Text, auch einzelner Abschnitte, vorbehalten, insbesondere die der Aufführung durch Berufs- und Laienbühnen, des öffentlichen Vortrags, der Buchpublikation und Übersetzung, der Übertragung, Verfilmung oder Aufzeichnung durch Rundfunk, Fernsehen oder andere audiovisuelle Medien. Das Vervielfältigen, Ausschreiben der Rollen sowie die Weitergabe der Bücher ist untersagt. Eine Verletzung dieser Verpflichtungen verstößt gegen das Urheberrecht und zieht zivil- und strafrechtliche Folgen nach sich. Die Werknutzungsrechte können vertraglich erworben werden von: henschel SCHAUSPIEL Marienburger Straße Berlin Wird das Stück nicht zur Aufführung oder Sendung angenommen, so ist dieses Ansichtsexemplar unverzüglich an den Verlag zurückzusenden. F1 2
3 Ein Mann um die dreißig spricht 3
4 Ein Mann um die dreißig auf und ab gehen. gehen. einfach gehen. kreise ausschreiten, linien, linien die sich kreuzen, umkehren, figuren bilden, figuren mit gleitenden rändern. oder sich eingraben, tiefer, bis zu den schultern sich eingraben, dann sich hinlegen, ganz flach sich hinlegen. ist aber nicht nötig, das selbst zu machen. warten, nur warten zuwarten. ein labyrinth abschreiten. es selbst ausstecken. den grundriß ausstecken mit nadeln auf einem reißbrett. die nadeln haben blaue und grüne köpfe, ein paar haben auch rote und gelbe. es ausfahren mit der spitze eines fingers, der spitze eines fingers nur. nichts weiter. muster aus zufall. muster auflegen, über einer hellen platte mit dunklen steinen oder auch gehen. muster ausgehen durch die straßen von einer stadt. asphalt. oder eindrücken ins gras, schritte immer mehr schritte, das muster von schritten, auch im sand und das auf dem stein, das man nicht sieht, vielleicht doch sieht, nicht sehen will. ein alter haben. gezählt werden nach jahren, nach jahren gezählt werden, eins, zwei, drei, 5
5 siebzehn, dreißig, fünfunddreißig, sechsunddreißig, siebenunddreißig, vierzig. einen beruf haben. einen namen bekommen zu dem, den man hat. und das atmen. einatmen das, daß es wächst in einem. drei vier. formen, ganz einfache formen, auf irgendeiner tafel, schön zum anschaun. vierzig jahre alt sein, oder einundvierzig, oder zweiundvierzig. es nicht mehr wissen wollen, es doch wissen. es nicht mehr zu wissen brauchen. ein konto haben. siebenundfünfzigstrichachtunddreißignulldrei. auszüge auf durchscheinendem papier. dreißig mark pro tag für bett und verpflegung, ärztliche bemühungen werden gesondert berechnet. was denn, was denn, wie, nein, mein guter, machen sie sich frei. freimachen. wird schon. ein bißchen sich schonen halt. diät. schaffen es. ein bißchen was? schaffen es, klar. liegen. nur liegen, liegen. gesichter darüber, dann weg. gesichter, wieder gesichter, neue gesichter. die gleichen, immer die gleichen. wieso immer die gleichen. nur liegen. den kopf ruhig halten, ruhig halten, ganz ruhig halten, zur decke starren, sich aufsetzen, oja. daß einer wissen will, was los ist, einfach wissen, was mit ihm los ist, sich darbietet, daß sie es probieren an einem, oder daß sie irgend etwas probieren an einem, das ihnen spaß macht. es gibt möglichkeiten des spiels. sie spielen etwas, und man weiß nicht was, aber man spielt mit, streckt den arm, oder auch den fuß, und man verläßt sich darauf, daß sie etwas machen für einen, selbst, wenn man nicht da ist für sie, daß sie testen, irgend etwas testen, wozu sie lust haben. überall haben sie jetzt leute, die etwas ausprobieren, 6
6 ausprobieren müssen für sie, und manchmal stellen sie auch puppen auf, die ganz richtig angezogen sind und richtige gesichter haben wie die im schaufenster. da werfen sie dann bomben drauf, damit sie sehen wie die gesichter verbrennen und die kleider. komische sachen machen die. und man weiß nicht zu wem man kommt, wenn man sehen will was los ist mit einem. zieht sich aus, daß man sich schämt, wehrlos wird, hilflos, und sie machen können mit einem, was sie wollen. bloß daß sie sagen können, daß sie es für einen tun. nicht für das, was sie selber wissen wollen. wenn wir nun ein ganzes der materie seiner form nach als ein produkt der teilung und ihrer kräfte und vermögen sich von selbst zu verbinden betrachten so stellen wir uns eine mechanische erzeugungsart desselben vor aber es kommt auf solche art kein begriff von einem ganzen als zweck heraus dessen innere möglichkeit durchaus die idee von einem ganzen voraussetzt von der selbst die beschaffenheit und wirkungsart der teile abhängt wie wir uns einen organisierten körper vorstellen müssen aber doch. man muß sich kontrollieren lassen. jeder muß sich kontrollieren lassen. schon die kinder sollte man hintragen, daß man in sie hineinschaut. man darf stolz sein auf sich. man ist kompliziert. empfindlicher organismus et cetera. zum lachen, einfach zum totlachen. bloß beim denken daran schon. die zarte struktur hochentwickelter lebewesen. und dann gehen sie auf einen los mit ihren apparaten, von denen sie was halten. angeblich. und man steht dazwischen und meint, man werde erdrückt davon. weil alles so glatt ist und alles so bewegt wird, als wäre es sehr schwer. und alles auf einen zukommt. trinken, schlucken. weitertrinken. nicht schlucken. schlucken, nicht schlucken. austrinken. atmen. nicht atmen. atmen. nicht atmen. atmen. nicht atmen. serie. schuß, schuß, schuß, schuß. 7
7 na verdammt, wissen was. und er, was sagt er. jaja, sagt er, na gut, und er meint, daß einer ihm zuhört. und wenn einer ihm zuhört, ob er ihn dann begreift? man weiß ja so schon, was los ist. und er gibt sich so eine mühe. richtig mühe gibt er sich. warum auch nicht, schließlich bezahlt man ihn dafür, daß er so tut. aber ruhig bleiben. immer ruhig bleiben. es ist gut, immer ruhig zu bleiben. natürlich kann man in der lunge auch einen tumor haben. warum diese leute immer mit einem reden, als müßten sie einem das buchstabieren beibringen, aber bitte sehr, er ist gescheit, ein enorm kluger bursche ist das. nicht mehr rauchen. als wenn es darauf ankäme. ein jahr mehr oder weniger, oder zwei oder drei, wer wird denn schon so kleinlich sein und immer rechnen, wenn man mal daliegt, gott, wie man da rechnet. na gut, bestrahlung. dieses ewige gefummel, wenn man das ding so schon gesehen hat. so genau braucht man es auch wieder nicht zu wissen. nein, schön schaut das nicht aus. man läßt sich auch nachbehandeln. nachuntersuchung gewiß. endlich hat man damit angefangen. natürlich muß man ihm glauben schenken, natürlich. natürlich, ganz recht. er weiß mehr. kommt nur darauf an, was das ist, was er mehr weiß. serie, schuß, aus. ich will dich zur wüste und zur schmach setzen vor den heiden so um dich her sind vor den augen aller die vorübergehen zur schmach setzen vor den augen. wissen, daß es wächst in einem und die anderen es wissen. nur so wissen, der da hört auf, bald. bald hört er auf. hört einfach auf. 8
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