So haben wir geholfen. Der Einsatz der Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. nach dem Erdbeben 2005 in Pakistan
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- Erika Junge
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1 So haben wir geholfen Der Einsatz der Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. nach dem Erdbeben 2005 in Pakistan
2 Einsatzchronologie 8. Oktober 2005 Am Samstag Morgen um 7.50 Uhr erschütterte ein Erdbeben der Stärke 7,6 den Norden Pakistans. 9. Oktober 2005 Der Bundesvorstand der Johanniter setzt einen Einsatzstab ein und bewilligt Euro für Soforthilfemaßnahmen. Wettlauf gegen die Zeit Mehr als Tote, rund Verletzte, insgesamt 3,5 Millionen Betroffene die Zahlen aus dem Erdbebengebiet in Pakistan, die im Oktober 2005 Deutschland erreichten, stiegen täglich. Und die Zeit für die Hilfe der Betroffenen war knapp, denn der Winter nahte und eine zweite Katastrophe kündigte sich an. Nur sechs Wochen hatten die Hilfsorganisationen Zeit, den Menschen in den entlegenen Dörfern der Kaschmirregion Hilfe zu bringen, nachdem am 8. Oktober 2005 ein Erdbeben der Stärke 7,6 auf der Richterskala den Norden Pakistans erschütterte. Sechs Wochen, in denen Winterzelte, Decken, Heizmaterial, Nahrung, Trinkwasser und medizinisches Material in teilweise schwer erreichbare Regionen gebracht werden mussten. Denn im Winter sinken die Temperaturen nachts weit unter den Gefrierpunkt und die Straßen werden unpassierbar. Tausende von Menschen würden den Winter nicht überleben, wenn sie nicht schnellstmöglich mit dem Allernotwendigsten versorgt würden. Teils mit Helikoptern und geländegängigen Fahrzeugen, aber auch zu Fuß machten sich Hilfsorganisationen, Militär und Privatpersonen auf den Weg in die Katastrophenregion. Auch die Johanniter begannen unmittelbar nach dem Erdbeben mit Hilfsmaßnahmen für die Überlebenden. Ein vierköpfiges Team reiste nach Pakistan, um die Lage vor Ort zu sondieren und Hilfsprojekte zu erkunden. Mit einem Hilfsflug der Aktion Deutschland Hilft brachten die Johanniter drei Emergency Health Kits nach Pakistan. Diese sichern die basismedizinische Versorgung von Menschen für vier Wochen. Sofort nach der Ankunft in Islamabad übergaben die Johan- 11. Oktober 2005 Ein vierköpfiges Assessment- Team reist nach Pakistan zur Ersteinschätzung und Sondierung von Hilfsmöglichkeiten. 12. Oktober 2005 Mit einem Flug von Aktion Deutschland Hilft werden drei Emergency Health Kits zur medizinischen Versorgung von Menschen für einen Monat in die Erdbebenregion gesandt. Das Auswärtige Amt bewilligt Euro für Hilfsgüter wie Zelte und Decken. 2 Foto: JUH Foto: Stefan Trappe / ADH
3 niter die Emergency Health Kits an das Krankenhaus in Mansehra im Nordwesten Pakistans. Viele der Verletzten, vor allem aus den umliegenden Bergregionen, waren nach Mansehra gekommen, um sich dort behandeln zu lassen. Da auch das Gebäude des Krankenhauses teilweise zerstört und einsturzgefährdet war, wurden die Menschen in einem Zeltlager vor dem Krankenhaus notdürftig untergebracht. Neben der medizinischen Versorgung war es vor allem wichtig, den obdachlos gewordenen Menschen wieder ein Dach über dem Kopf zu geben und die Seuchengefahr einzudämmen. Deshalb bestellte das Team in Pakistan 500 winterfeste Zelte, 2000 Decken und Hygiene- Kits, die in den nächsten Wochen an die Bevölkerung in der Erdbebenregion verteilt wurden. Stabile Notunterkünfte für den Winter Aufgrund der hohen Schneemassen in einigen Regionen Pakistans hielten viele Zelte dem Gewicht nicht stand. Die Johanniter reagierten und verteilten gemeinsam mit der Flüchtlingshilfeorganisation International Organization for Migration (IOM) winterfeste Notunterkünfte an 2000 Familien. Diese bestehen aus Wellblech und Plastikplanen. Darüber hinaus wurden Öfen, Decken und Küchensets verteilt. 16. Oktober 2005 Die Weltgesundheitsorganisation beauftragt die Johanniter mit dem Bau eines Feldkrankenhauses in Chatter Plain im Nordwesten Pakistans. 24. Oktober 2005 Ein georgisches Ärzteteam der NATO unterstützt die Johanniter bei der medizinischen Versorgung der Bevölkerung in und um Chatter Plain. Pakistan in Zahlen Staatsname Islamische Republik Pakistan Fläche km 2 Hauptstadt (Einwohner) Islamabad ( ) Einwohner 155,2 Millionen Religion 96,6 % Muslime 3,4 % Christen Sprachen Menschen, die bei dem Erdbeben starben Menschen, die bei dem Erdbeben verletzt wurden Menschen, die durch das Erdbeben obdachlos geworden sind Nationalsprache Urdu Millionen (Schätzung) Foto: Stefan Trappe / ADH 3 Foto: Stefan Trappe / ADH
4 Medizinische Hilfe, die langfristig wirkt 14. November 2005 Mit einem kostenlosen Transport über die NATO- Luftbrücke werden zwei mobile, geländefähige Ambulanzen nach Islamabad geflogen. Damit können in den nächsten Wochen auch die Menschen in den abgelegenen Bergdörfern behandelt werden. 16. November 2005 Das erste medizinische Team reist nach Chatter Plain. Bis März 2006 reisen im monatlichen Wechsel ehrenamtliche Johanniter nach Pakistan, um die medizinische Versorgung der Erdbebenopfer sicherzustellen. Durch das Erdbeben wurden 600 Krankenhäuser und Gesundheitsstationen zerstört. Daher war die medizinische Versorgung kurz nach der Katastrophe in vielen Regionen zusammengebrochen. Errichtung eines Feldkrankenhauses Auf Anfrage der Weltgesundheitsorganisation (WHO) errichteten die Johanniter deshalb Mitte Dezember in Chatter Plain, im Nordwesten des Landes, ein Feldkrankenhaus. Zuvor hatten ehrenamtliche Johanniter die medizinische Versorgung in der Region mit geländefähigen Fahrzeugen sichergestellt. Die medizinische Betreuung im Feldkrankenhaus übernahmen bis März 2006 deutsche Johanniter gemeinsam mit lokalem Personal. Hierzu reisten seit November 2005 im monatlichen Wechsel Ärzte und Rettungsassistenten nach Pakistan. Bis April 2006 behandelten sie insgesamt rund Menschen. Häufige Beschwerden waren Bronchitis, Durchfall, Gelenkschmerzen, Hygieneerkrankungen wie Krätze, Magenbeschwerden und Koliken. Hinzu kamen Verletzungen durch Unfälle, zum Beispiel Verbrennungen. Der Transport, Aufbau und Betrieb des Feldkrankenhauses wurde in Zusammenarbeit mit dem pakistanischen Gesundheitsministerium, dem Technischen Hilfswerk, der deutschen Bundeswehr, der NATO und der pakistanischen Armee realisiert. Die Kosten für das Feldkrankenhaus wurden aus Spenden an die Johanniter und Aktion Deutschland Hilft sowie der Unterstützung des Auswärtigen Amtes und der Deutschen Bank AG finanziert. Wiederaufbau der lokalen Gesundheitsstation Um die medizinische Versorgung der Bevölkerung in und um Chatter Plain auch zukünftig sicherstellen zu können, bauten die Johanniter die lokale Gesundheitsstation in Chatter Plain wieder auf. Teile des Feldkrankenhauses wurden in die neu aufgebaute Gesundheitsstation integriert. Im April 2006 konnte diese dann dem pakistanischen Gesundheitsministerium übergeben werden, das sie weiter betreibt. Erste-Hilfe-Kurse Um die medizinische Erstversorgung in den nordwestlichen Grenzgebieten und in Kaschmir zu verbessern, bilden die Johanniter zehn Frauen und Männer zu Erste-Hilfe-Trainern aus, die zukünftig Erste-Hilfe-Kurse durchführen. So soll lokales medizinisches Personal Auffrischungskurse erhalten. Zudem sind Kurse für Studenten und die lokale Bevölkerung geplant. Das Feldkrankenhaus in Zahlen/Fakten Patienten pro Tag ca. 200 (+ Behandlungen von rund 150 Patienten in umliegenden Dörfern) Laufzeit November 2005 bis Mitte April 2006 Ausstattung Röntgengerät OP-Ausstattung 50 Betten für stationäre Behandlungen zwei geländegängige Fahrzeuge ein Ambulanzfahrzeug 4
5 Unterstützung beim Neuanfang In vielen Dörfern stand nach dem Erdbeben kein Stein mehr auf dem anderen. Neunzig Prozent der Häuser wurden zerstört. Die pakistanische Regierung bat die Johanniter im April 2006 in zwei Distrikten in der Kaschmirregion südöstlich von Musaffarabad, dem Epizentrum des Erdbebens, zu helfen. In diesem Gebiet sind die Johanniter für 23 Dörfer mit rund Menschen zuständig. Einige der Dörfer liegen auf einer Höhe von 3000 Metern. Training zum Wiederaufbau Nach dem Erdbeben bildete die pakistanische Regierung mit der Earthquake Reconstruction and Rehabilitation Authority (ERRA) eine Behörde, die das gesamte Wiederaufbauprogramm in Pakistan überwacht. Zu ihren Aufgaben gehört auch die Entwicklung und Durchsetzung von Standards für das erdbebensichere Bauen. Um die neuen Richtlinien einzuführen, unterstützt die Regierung die Betroffenen, deren Häuser beim Erdbeben zerstört wurden, mit umgerechnet Euro beim Wiederaufbau. Dieses Geld erhalten die Betroffenen abhängig vom Baufortschritt in drei Raten. Die Johanniter stellten zur Unterstützung des Programms drei lokale Ingenieure ein und finanzierten ihre Weiterbildung in erdbebensicherem Bauen. Diese gaben ihr technisches Wissen dann an 24 lokale Mitarbeiter weiter. Sie haben die Aufgabe, die Dorfbewohner zunächst über die Möglichkeit des erdbebensicheren Bauens aufzuklären, sie beim Ausfüllen von Bauanträgen zu beraten und dann beim Bau zu unterstützen. In jedem der 23 Dörfer bauen die Mitarbeiter der Johanniter zudem ein Musterhaus. Dieses wird dann an jeweils eine sozial besonders schwache Familie übergeben. Unterstützt wird das Projekt durch eine Spendenaktion der Berliner Tageszeitung Der Tagesspiegel. Zudem erhielten die Johanniter Beratung von dem Vorsitzenden des Pakistanforums des Asien-Pazifik-Forum Berlin, Dr. Dr. Talat Mahmood. Wiederaufbau von Erste-Hilfe-Stationen Neben dem Wiederaufbau von Wohnhäusern wollen die Johanniter auch die erste medizinische Versorgung in den Dörfern in Kaschmir wieder sicherstellen. Hierzu werden fünf Erste- Hilfe-Stationen wiederaufgebaut, in denen sich die Bewohner Medikamente holen können und ein Rettungsassistent die medizinische Erstversorgung übernimmt. Schwerere Erkrankungen werden an ein Krankenhaus in der nächst größeren Stadt überwiesen. 3. Dezember 2005 Mit einem NATO-Flug werden das Feldkrankenhaus, eine Ambulanz und vier Trinkwasseraufbereitungsanlagen kostenlos nach Islamabad geflogen.16 LKW und zwei Bundeswehr-Hubschrauber bringen die Hilfsgüter nach Chatter Plain. 20. Dezember 2005 Offizielle Eröffnung des Feldkrankenhauses. 1. Januar 2006 Zusammen mit der Flüchtlingshilfeorganisation IOM unterstützen die Johanniter 2000 Familien mit winterfesten Notunterkünften. 20. Januar 2006 Die Johanniter beginnen mit dem Wiederaufbau der Gesundheitsstation in Chatter Plain. 1. April 2006 In 23 Dörfern in Kaschmir unterstützen die Johanniter in den nächsten Monaten die Menschen beim Wiederaufbau ihrer Häuser. Fotos: Florian Kopp 5
6 Die Menschen brauchen uns auch weiterhin 15. April 2006 Die Gesundheitsstation in Chatter Plain ist aufgebaut. Der Betrieb des Feldkrankenhauses endet. Die humanitäre Katastrophe blieb nach dem Erdbeben in Pakistan weitgehend aus. Zu verdanken ist dies vor allem der schnellen und koordinierten Hilfe der einheimischen Kräfte, der internationalen Hilfsorganisationen und der großen Spendenbereitschaft in der Bevölkerung. Dank dieser Spenden sind die Johanniter in der Lage, sich langfristig vor Ort zu engagieren. Und diese Hilfe ist auch weiterhin dringend nötig. Der nächste Winter naht und noch immer leben viele Menschen in Zelten und Notunterkünften. Das Wiederaufbauprogramm hat gerade erst begonnen, weshalb tausende Menschen einen zweiten Winter ohne ein festes Haus verbringen müssen. Die Johanniter haben bereits mit der Ausbildung von Multiplikatoren im erdbebensicheren Bauen begonnen. Die Menschen in den 23 Dörfern, für die die Johanniter zuständig sind, konnten daher schon mit dem Wiederaufbau beginnen. Aber auch die Betroffenen, die den kommenden Winter in Zelten und Notunterkünften verbringen müssen, erhalten umfangreiche Hilfe, wofür die Johanniter Gelder zurückgestellt haben. So werden beispielsweise in einem Medical Camp in Kaschmir die Zelte für stationäre Patienten winterfest gemacht und der Boden befestigt. Ein Dach über den Zelten soll zudem vor dem Einsturz nach starken Schneefällen schützen. 30. April 2006 Die Gesundheitsstation wird an das pakistanische Gesundheitsministerium übergeben. 1. September 2006 Die Johanniter starten ein Erste-Hilfe-Projekt in den nordwestlichen Grenzgebieten und in Kaschmir. In einem Medical Camp in Kaschmir werden bereits vorhandene Zelte winterfest gemacht. 1. Oktober 2006 In Kaschmir beginnen die Johanniter mit dem Wiederaufbau von fünf Erste- Hilfe-Stationen. Foto: Stefan Trappe / ADH 6 Foto: Florian Kopp
7 Statistik Einnahmen der Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. aus Spenden und Zuschüssen (Stand 12. September 2006) Spenden ,53 Euro (82,43 %) Gesamt: ,43 Euro Auswärtiges Amt ,00 Euro (5,96 %) Deutsche Bank AG ,00 Euro (4,6 %) Aktion Deutschland Hilft * ,90 Euro (4,36 %) Hamburg Hilft ,00 Euro (2,28 %) Der Tagesspiegel ,00 Euro (0,37 %) * Anteil der Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. an den durch Aktion Deutschland Hilft eingenommenen Spenden. Verteilung der Projektausgaben und weitere Planung (Stand 12. September 2006) Soforthilfe (abgeschlossen) ,80 Euro (14,08 %) Feldkrankenhaus + Wiederaufbau einer Gesundheitsstation (abgeschlossen) ,54 Euro (38,87 %) Notunterkünfte (abgeschlossen) ,00 Euro (7,27 %) Gesamt: ,43 Euro Training zum Wiederaufbau (laufend) bereits ausgegeben: ,40 Euro (1,50 %) Laufende und geplante Projekte im Bereich Wiederaufbau und Gesundheit ,69 Euro (38,28 %) 7
8 Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. Gegründet wurde die Johanniter-Unfall-Hilfe im Jahre Mit über 200 Regional-, Kreis- und Ortsverbänden ist sie im gesamten Bundesgebiet vertreten. Die Johanniter-Unfall-Hilfe ist ein Werk des evangelischen Johanniterordens und als gemeinnütziger Verein anerkannt. Sie ist eine freiwillige Hilfsgesellschaft im Sinne des Art. 26 des 1. Genfer Abkommens vom Zudem ist sie ein Verband der Freien Wohlfahrtspflege und dem Diakonischen Werk der evangelischen Kirche Deutschland als Fachverband unmittelbar angeschlossen. Ihre satzungsgemäßen Aufgaben sind: Erste Hilfe und Sanitätsdienst Rettungsdienst und Krankentransport Hausnotruf Notfallfolgedienst Ambulanz- und Auslandsrückholdienst Bevölkerungsschutz Jugendarbeit und Arbeit mit Kindern Betreuung, Pflege und Beförderung von Alten, Kranken, Behinderten und sonstigen Pflegebedürftigen Hospizarbeit Betrieb von und Mitwirkung an Sozialstationen Hilfs- und Betreuungsleistungen im karitativen Bereich Humanitäre Hilfe im Ausland Spendenkonto Stichwort: Pakistan BLZ Bank für Sozialwirtschaft Impressum Herausgeber und Gesamtherstellung Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. Lützowstraße 94, Berlin Telefon: , Telefax: Verantwortlich für den Inhalt Bundesvorstand: Volker Bredick, Thomas Doerr, Dr. Hans-Joachim Vits Textredaktion: Sandra Fabig Fotos Titelseite: Birgit Betzelt, Stefan Trappe Gestaltung und Satz: COXORANGE Grafikdesign Druck: gutenberg beuys feindruckerei Foto: Stefan Trappe Stand: September 2006
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