Erfahrungsbericht Trondheim, August Mai 2018

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1 Erfahrungsbericht Trondheim, August Mai 2018 Seit einige Jahren hatte ich den Wunsch einen Teil meines Studiums in Norwegen zu absolvieren. Das hat einige Grunde, die sich allesamt in den zwei Semestern, die ich dort verbringen durfte, bestätigt haben. Zum einen zählt Norwegen zu den Ländern mit der besten medizinischen Versorgung und Lehre und zum anderen ist es ein Land, in dem die Natur eine große Rolle im Leben aller Menschen spielt. Die Landschaft Norwegens ist wirklich beeindruckend und es verging in meiner Zeit dort, kein Tag, an dem ich nicht über die Schönheit des Landes staunen konnte. Wenn man gerne Outdoor-Sport macht und an der frischen Luft ist, kann man sich keinen besseren Wohnort wünschen. Es gibt Berge, Seen und Fjorde und eine unendliche Anzahl an möglichen Wanderrouten, dafür aber wenige Einwohner, was bedeutet, dass Norwegen nur sehr dünn besiedelt ist und man relativ schnell menschenleere Gebiete erreichen kann, wenn man das möchte. Die Natur ist noch unberührt und rau und man sollte, wenn man sich vornimmt in den Norden zu ziehen, nicht das Klima unterschätzen. Ich kann mit Stolz sagen, dass ich den gesamten Winter gut überstanden habe, aber dieser schon sehr lang, kalt und finster war. Dennoch ist der Winter im Norden wunderschön und man hat auf jeden Fall genug Zeit um Langlaufen zu lernen. Trondheim Trondheim ist mit Einwohnern nach Oslo und Bergen die drittgrößte Stadt Norwegens. Trondheim ist eine wunderschöne Stadt mit vielen verschiedenen Vierteln und es beherbergt mit der NTNU Norges teknisknaturvitenskapelige universitet nicht nur die größte Universität Norwegens, sondern auch DIE technische Hochschule Skandinaviens Studenten aus aller Welt leben daher in Trondheim und dementsprechend gibt es gibt viele Partys, Konzerte, Sportveranstaltungen und Feste. Eine typische Studentenstadt eben. Mir wurde in Trondheim nie langweilig, denn man kann zum Beispiel in dem mit der Bim erreichbaren Nationalpark Bymarka langlaufen /wandern, wunderschöne Laufstrecken den Fjord entlang ausnutzen, in eine der 5 verschiedenen Boulder/Kletterhallen gehen, Mountainbiken oder eine Zimtschnecke in einem der vielen gemütlichen Cafés essen. Organisation und Studium Besonders wichtig ist es, auch nach Zusicherung eines Platzes von der Meduni Graz, die Bewerbungsfrist an der NTNU nicht zu verpassen. Die internationalen Studenten an der NTNU sind zahlreich und die Deadlines sehr strikt - auch, weil die Norweger sehr korrekte Leute sind. Hat man jedoch einen Platz bekommen, kann man mit guter Information und Organisation rechnen. Bei spezifischen Fragen empfehle ich, sich direkt

2 an die Abteilung für Internationale Studenten der medizinischen Fakultät zu richten (Jannicke Eriksen ist die zuständige Ansprechperson). Man studiert an der medizinischen Fakultät der NTNU. Alle Vorlesungen und Seminare werden direkt am Klinikum St-Olav-Hospital abgehalten. Das Medizinstudium ist sehr praxis-orientiert, und an Stelle von Details wird das Wesentliche eines jeweiligen Faches vermittelt. Dadurch werden die Studierenden zu umsichtigen AllgemeinmedizinerInnen ausgebildet, bevor sie sich nach dem Studium spezialisieren. Zwischen Vortragenden und Studierenden herrscht ein angenehmes, kollegiales Klima und die Lehrenden sind sehr bemüht den Studierenden möglichst viel beizubringen. Pro Jahrgang gibt es 120 Studierende, wobei je 60 Studenten in einem Semester sind. Jeweils 8 Studierende sind dann in einer PBL-Gruppe. Die PBLs (problem based learning) sind sehr lehrreich und finden jede Woche einmal statt, in meinem Semester war das jeden Donnerstagnachmittag. Mittwochs und donnerstags ist immer Clinical Teaching, wobei jede PBL Gruppe einem anderen Plan folgt. Den Plan, wann welche PBL Gruppe auf welcher Station ist, und welcher Student innerhalb der PBL Gruppe wo eingeteilt ist, kann man dem "Semesterhåndbok" entnehmen. Sowohl für das Clinical Teaching als auch für PBL gelten 85% Anwesenheitspflicht. Im Clinical Teaching führt man entweder auf der Station Patientengespräche, wobei ÄrztInnen oder norwegische Studierende beim Übersetzen ins Englische helfen, oder man ist in der Ambulanz. Das Medizinstudium ist in Semestern aufgebaut, deswegen kann man als Austauschstudent nicht zwischen einzelnen Modulen oder Fächern wählen. Die meisten Austauschstudenten machen das Semester IID (for international students), das als Ganzes auf Englisch abläuft. Es umfasst Pädiatrie, Gynäkologie und Geburtshilfe, Jugendund Kinderpsychiatrie, Nephrologie, Urologie und Endokrinologie. In Graz kann es für die Module 19 (Pädiatrie), 20 (Gynäkologie und Geburtshilfe) und 28 (Urologie) anerkannt werden. Alle anderen Semester sind auf Norwegisch, daher werden gute Norwegisch- Kenntnisse vorausgesetzt. Die aktuellen Vorlesungsunterlagen findet man online. Ich fand die Vorlesungen alle sehr lehrreich und kann euch empfehlen, dass ihr diese besucht. (Nur nicht zu spät kommen- die akademische Viertelstunde gibt es in Norwegen nicht und die Norwegischen StudentInnen sind sehr genervt, wenn man 10 min zu spät in den Hörsaal spaziert). Wenn man die Vorlesungsunterlagen gut beherrscht sollte das ausreichen, um die Prüfung gut absolvieren zu können. Die Prüfung besteht aus einem schriftlichen MCQ Teil und einer OSCE, die ein paar Tage später stattfindet. Sie ist gut zu bestehen, wenn man sich ordentlich vorbereitet. Aber ich hatte sie mir leichter vorgestellt als sie im Endeffekt war, vor allem die OSCE war sehr stressig. Man sollte den Aufwand also nicht unterschätzen. In meinem zweiten Semester in Norwegen habe ich dann Famulaturen und einen Teil meines Praktischen Jahres absolviert. Jannicke (die Erasmus-Koordinatorin) hat mir dabei geholfen die Praktika auf verschiedenen chirurgischen Stationen zu organisieren. Jannicke ist allgemein immer zur Stelle, wenn man Hilfe braucht und sie antwortet auf

3 jede Mail super schnell. Die Praktika waren super und ich habe viel gelernt. Die Atmosphäre im St. Olav Hospital ist allgemein sehr gut und das gesamte Personal, also Pflege und Ärzte arbeitet gut miteinander und jeder ist mit einem sofort per Du. Ich empfand es als sehr angenehm, dass Titel in Norwegen so gut wie keine Rolle spielten und jede Meinung zählt, bzw. das gesamte Team so gut wie möglich versucht sich einzubringen. Ich war meist die einzige Studentin auf der Stationen und als mein Norwegisch ein bisschen besser wurde, durfte ich Aufnahmen machen und in der Ambulanz mitarbeiten und bei den Operationen durfte ich, wenn ich darum gebeten habe sowieso immer assistieren. Außerdem gab es jede Woche Fortbildungen, an denen ich teilnehmen konnte. Falls ihr also mit dem Gedanken spielt auch ein Praktikum in Norwegen zu machen, kann ich es euch nur empfehlen. Anreise Von Wien oder Graz gibt es relativ günstige Flüge, wobei man rechtzeitig nach Angeboten Ausschau halten sollte. Ich selber bin meist mit KLM geflogen, da diese Airline von Graz über Amsterdam fliegt und oft gute Angebote hatte. Sowohl SAS als auch Norwegian Airlines bieten Jugendpreise für Passagiere unter 26 Jahren. (Bei Norwegian muss man den Rabattcode under26 eingeben, bei SAS auf "youth flights" klicken, um zu den entsprechenden Flugpreisen zu gelangen.) Eine weitere gute Möglichkeit ist es, mit dem Auto nach Norwegen zu Fahren. Auch wenn die Strecke lang ist, führt sie durch atemberaubende Landschaften. Während man in Trondheim selbst kein Auto braucht, ist es für Wanderungen, Hüttentouren oder Reisen durch das Land sehr praktisch. Wohnen Grundsätzlich kann man damit rechnen, von der Universität beziehungsweise von der Organisation SiT ( ein Zimmer in einem Studentenheim zur Verfügung gestellt zu bekommen. Wenn man beim Anmeldevorgang angibt, dass man eine Unterkunft benötigt, erhält man eine mit allen Informationen bezüglich der Anmeldung etwa ein Monat vor Ankunft. Wohnen in Norwegen ist sehr teuer, und die Zimmer in einem der Studentenheime der SiT sind wohl die günstigere, bzw. einfachere Option. In meinem ersten Semester in Trondheim wurde ich in Moholt Studentby untergebracht, wie die meisten anderen Austauschstudenten auch. Moholt ist im Allgemeinen dafür bekannt, eine kleine Stadt für die Austauschstudenten zu sein. Dadurch ist in Moholt immer etwas los. Moholt besteht aus vielen Backsteinhäuschen mit eigenem Supermarkt, Activityhaus, Waschküchen, Volleyballfeld und Fitnessstudio. Jede Wohnung besteht aus 4 Zimmern sowie einem gemeinsamen Koch- /Wohnbereich und einem Bad. Die Zimmer sind mit dem Notwendigsten (Bett, Tisch, Kasten) ausgestattet, alles andere (Bettdecke, Bettwäsche, Schreibtischlampe ) muss man mitbringen oder dort besorgen. Falls niemand aus dem Vorjahr in der Wohnung geblieben ist, muss man leider auch die gesamten Küchenutensilien neu kaufen. Unbedingt würde ich empfehlen, ein LAN Kabel oder einen Router von daheim mitzunehmen. Das Zimmer kostet pro Monat ca. 420 Euro inkl. Heizung, Internet und

4 Strom. Seit einem Jahr gibt es auch "Towers", in denen sich pro Stockwerk je fünfzehn Einzelzimmer mit eigenem Bad die Küche und einen Gemeinschaftsraum teilen. Hier sind die Zimmer sehr schön und neu und daher sind sie etwas teurer. Das Studentenheim Steinan ist etwas ruhiger als Moholt, man ist schneller in der Natur und man teilt sich zu 4 ein kleines gemütliches Häuschen. Es liegt etwas abgeschiedener und ist ebenfalls teurer. Generell liegen alle Studentenheime etwas außerhalb. Von Moholt braucht man zu Fuß etwa 25 Minuten ans Krankenhaus und 40 Minuten ins Stadtzentrum. Daher sollte man sich entweder ein Rad besorgen oder ein Semesterticket für den Bus kaufen. Ich persönlich fand es in Moholt nicht sehr schön. Ich hatte ein bisschen Pech mit meinen Mitbewohnern und ich fand es auf die Dauer etwas unpraktisch recht weit entfernt vom Zentrum / Krankenhaus zu wohnen, weshalb ich mir dann im Dezember ein Wg-Zimmer gesucht habe. Es gibt die Website finn.no die unserem willhaben ähnelt und auf welcher ich auch recht schnell fündig wurde. Wenn man privat ein Zimmer in der Stadt mieten möchte, muss man mit einer Miete von ungefähr 500 rechnen. Sprache Man kann sich in Norwegen gut mit Englisch verständigen, da ein Großteil der Norweger die Sprache gut spricht. Auch die Vorlesungen und Seminare im Semester IID werden ausschließlich auf Englisch abgehalten. Aber viele der PatientInnen, mit denen man es zu tun hat, sind älter, oder wollen die Gespräche lieber auf Norwegisch führen. Daher ist es hilfreich, wenn man etwas Norwegisch beherrscht. Ich habe mich an der NTNU für einen Norwegisch- Kurs beworben und auch einen Platz bekommen. Der Kurs hieß "Norwegian for foreigners, short course" und lief von September bis November. Er war sehr lehrreich, mir wurden die Grundlagen der norwegischen Sprache gut vermittelt. Aber trotzdem sind recht viele Leute in der Gruppe wodurch man zwar die Grammatik usw. gut lernt, aber nicht so viel zum Sprechen kommt, was mir auch zum Schluss noch viele Schwierigkeiten bereitet hat. Freizeit Die Norweger sind ein sehr natur- und sportbegeistertes Volk. Im Winter sind die Langlauf-Loipen ähnlich überfüllt wie unsere Schipisten und man wird schnell angesteckt von dieser Begeisterung für die Natur und den Sport. Nur wenige Kilometer von Trondheim entfernt liegt das Naturerholungsgebiet Bymarka, dass im Sommer zum Wandern und im Winter zum Langlaufen einlädt. Über NTNU Bumerang kann man gratis Langlaufski und Schuhe, Zelte, Angeln und vieles mehr ausborgen. Beim Sportinstitut NTNUi kann man für etwa 120 im Jahr eine Mitgliedkarte kaufen, mit der man in diverse Fitnesstudios gehen kann (es befindet sich eines an jedem Campus) und verschiedene Kurse besuchen kann (von Yoga über Zirkeltraining und Handball bis zu Quidditch). Außerdem besitzt NTNUi etwa 20 Selbstversorgerhütten (Koie), die man zu einem sehr geringen Betrag mieten kann. Die Hütten haben weder Strom noch fließendes Wasser, sind dafür aber mit Gitarre und teilweise sogar einer Sauna

5 ausgestattet. Die Cabintrips machen sehr viel Spaß und bieten unvergessliche Erlebnisse. Es zahlt sich auf jeden Fall aus, Norwegen zu erkunden. Roadtrips sind eine gute Möglichkeit, weil die Strecken meist sehr schön sind, aber man sollte die Distanzen nicht unterschätzen. Unbedingt sollte man finde ich, wenn man die Möglichkeit hat, die Lofoten besuchen. Das ist eine Inselgruppe im Norden von Norwegen und einer der schönsten Flecken Erde, die ich je sehen durfte. Steile Felswände reichen direkt in den Fjord und ein Menschenleben reicht nicht aus um alle Gipfel dieser Inseln erklimmen zu können. Weitere Orte, die sehr sehenswert sind, sind finde ich Oslo, Bergen, der Geiranger Fjord, Ålesund uvm. Außerdem lohnt es sich nach Schweden zu reisen, zum Beispiel zum Schifahren nach Are oder zum Sightseeing nach Stockholm. Norwegen ist bestimmt ein Ort um zur Ruhe zu kommen und wann immer man Zeit für sich selber braucht, kann man ein Zelt nehmen und es irgendwo im norwegischen Wald aufstellen, am Lagerfeuer sitzen und das Leben genießen. Zusätzliche Tipps 1) Die Norweger zahlen selbst kleine Beträge mit Kreditkarte, deswegen ist es ratsam, sich eine Kreditkarte zu holen bevor man hinreist 2) Lernaufwand nicht unterschätzen- die Altfragen-Lernerei reicht in Norwegen nicht aus 3) Achtung beim Bike-Kauf! Besonders zu Semester- Beginn versuchen ein paar ungute Menschen gestohlene Bikes recht teuer zu verkaufen 4) In Trondheim gibt es viele kleine (gratis) Konzerte. Besonders Lørdag på Søndag im Antikvariatet kann ich empfehlen 5) Donnerstags veranstaltet der Verein Fritidshus immer gratis Yoga-Kurse (inkl. Kuchen) und ab und zu Kochkurse 6) Hurtigruten (Fähre, die die norwegische Küste entlangfährt) sollte man immer ohne Kabine buchen- dann ist es sehr billig und trotzdem darf man Saune, Whirlpool usw. mitbenutzen 7) Dienstags abends gibt es das People`s Kitchen bei dem man gemeinsam kocht und zu Abend isst. Außerdem gibt es über die gesamte Stadt verteilt die free fridges (einfach in den verschiedenen Gruppen auf Facebook nachlesen) Das wären soweit alle hilfreichen Informationen, die mir einfallen. Ich kann nur jeden empfehlen unbedingt einen Teil des Studiums im Ausland zu machen. Der ganze Aufwand zahlt sich wirklich aus! Ich bin sehr dankbar für alle Erfahrungen, die ich in der Zeit machen konnte und für alle Menschen, die ich kennenlernen durfte. Es ist wirklich schön, dass uns die verschiedenen Unis diese Möglichkeit bieten.

6 Bei Fragen könnt ihr euch gerne an mich wenden. Lykke til og ha det bra!

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