Vereinsrecht: Verein versus Kapitalgesellschaft
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- Andrea Winkler
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1 Vereinsrecht: Verein versus Kapitalgesellschaft
2 I. Einleitung II. Strukturvergleich GmbH / AG / (GmbH & Co.) KGaA Ø Problem der Rechtsformverfehlung ( 22, 43 BGB) Ø Öffnung diverser Profiligen für Kapitalgesellschaften Ø rechtliche Vorgaben der Sportverbände für ausgliederungswillige Mitglieder in der Rechtsform des eingetragenen Vereins Ø Ausgangsbeispiel: Ø Verein der Fußball-Bundesliga will seine Lizenzspielerabteilung auf eine Kapitalgesellschaft ausgliedern und fragt nach der optimalen Rechtsform für dieses Vorhaben.
3 I. Einleitung II. Strukturvergleich GmbH / AG / (GmbH & Co.) KGaA 8 Erwerb und Ende der Mitgliedschaft 1. Vereine der Lizenzligen bzw. Kapitalgesellschaften mit den in sie ausgegliederten Lizenzspielerabteilungen bzw. weiteren wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben erwerben die Mitgliedschaft im Ligaverband mit Erteilung der Lizenz durch den Ligaverband. 2. Eine Kapitalgesellschaft kann nur eine Lizenz für die Lizenzligen und damit die Mitgliedschaft im Ligaverband erwerben, wenn ein Verein mehrheitlich an ihr beteiligt ist, der über eine eigene Fußballabteilung verfügt und der im Zeitpunkt, in dem sie sich erstmals für eine Lizenz bewirbt, sportlich für die Teilnahme an einer Lizenzliga qualifiziert ist. Der Verein ("Mutterverein") ist an der Gesellschaft mehrheitlich beteiligt ("Tochtergesellschaft"), wenn er über 50% der Stimmenanteile zuzüglich mindestens eines weiteren Stimmenanteils in der Versammlung der Anteilseigner verfügt. Bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien muss der Mutterverein oder eine von ihm zu 100% beherrschte Tochter die Stellung des Komplementärs haben. In diesem Fall genügt ein Stimmenanteil des Muttervereins von weniger als 50%, wenn auf andere Weise sichergestellt ist, dass er eine vergleichbare Stellung hat, wie ein an der Tochtergesellschaft mehrheitlich beteiligter Gesellschafter. Dies setzt insbesondere voraus, dass dem Komplementär die kraft Gesetzes eingeräumte Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis uneingeschränkt zusteht. [ ] Über Ausnahmen vom Erfordernis einer mehrheitlichen Beteiligung des Muttervereins nur in Fällen, in denen ein Wirtschaftsunternehmen seit mehr als 20 Jahren vor dem den Fußballsport des Muttervereins ununterbrochen und erheblich gefördert hat, entscheidet das Präsidium des DFB auf Antrag des Ligaverbandes. [ ]
4 II. Strukturvergleich GmbH / AG / (GmbH & Co.) KGaA Ø GmbH Ø Vertretung durch einen oder mehrere Geschäftsführer Ø Vorteile: Ø Nach dem GmbHG kann die Satzung recht flexibel gestaltet und den tatsächlichen Bedürfnissen angepasst werden. Ø Nachteile: Ø regelmäßig aber nicht notwendigerweise nur eine begrenzte Anzahl von Gesellschaftern (kann je nach dem Umständen auch ein Vorteil sein) Ø GmbH-Anteile können regelmäßig nur mit Zustimmung aller Gesellschafter übertragen werden. Ø unzureichende Fungibilität der Gesellschaftsanteile
5 II. Strukturvergleich GmbH / AG / (GmbH & Co.) KGaA Ø Aktiengesellschaft Ø Vorteile: Ø Aktionäre können ihre Anteile wesentlich leichter über die Börse veräußern. Ø wesentlich attraktivere Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung (z.b. Zur- Verfügung-Stellung zusätzlicher Finanzmittel im Wege der Kapitalerhöhung) Ø Nachteile: Ø Satzung kann von den Vorschriften des Aktiengesetzes nur in Ausnahmefällen abweichen ( 23 Abs. 5 AktG). Ø Vorstand kann die Gesellschaft unter eigener Verantwortung leiten; indes ist er dem Aufsichtsrat verantwortlich und bedarf in einigen im Gesetz ausdrücklich bestimmten Fällen etwa Maßnahmen der Kapitalbeschaffung der Zustimmung der Aktionäre.
6 II. Strukturvergleich GmbH / AG / (GmbH & Co.) KGaA Ø (GmbH & Co.) KGaA Was ist das für eine Rechtsform? Ø AktG regelt die KGaA Ø KGaA = Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, bei der mindestens ein Gesellschafter, der sog. Komplementär, den Gesellschaftsgläubigern unbeschränkt haftet Ø Die übrigen Gesellschafter, die sog. Kommanditaktionäre, sind an dem in Aktien zerlegten Grundkapital beteiligt, ohne persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu haften. Ø Nach 278 Abs. 2 AktG findet auf das Rechtsverhältnis der Komplementäre untereinander und gegenüber den Kommanditaktionären sowie gegenüber Dritten das weitgehend nachgiebige Recht der Kommanditgesellschaft Anwendung.
7 II. Strukturvergleich GmbH / AG / (GmbH & Co.) KGaA Ø Im Übrigen gilt das Recht der Aktiengesellschaft ( 278 Abs. 3 AktG). Ø KGaA = gesellschaftsrechtliche Mischform, die Elemente der Kommanditgesellschaft und Aktiengesellschaft auf sich vereinigt Ø Nachteil der KGaA: Ø persönliche Haftung des Komplementärs Ø Ausweg: Ø GmbH als alleiniger Komplementär Ø zulässige Gestaltung (vgl. BGHZ 134, 392 = NJW 1997, 1923 = WM 1997, 1098 = ZIP 1997, 1027)
8 II. Strukturvergleich GmbH / AG / (GmbH & Co.) KGaA Ø (GmbH & Co.) KGaA Die Organe Ø Komplementär Ø Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan der KGaA Ø mehrere Komplementäre zulässig Ø Rechtliche Stellung richtet sich weitgehend nach dem flexiblen Recht der Kommanditgesellschaften. Ø Komplementär ist zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet. Ø Ernennung des Komplementärs zum Geschäftsführer erfolgt nicht, er ist geborener Geschäftsführer. Seine uneingeschränkte Stellung als Geschäftsführer und Vertreter resultiert aus der Übernahme der persönlichen unbeschränkten Haftung. Ø Bei einer GmbH & Co. KGaA übernimmt nunmehr die GmbH die Funktion des Komplementärs. Die GmbH wird durch ihren Geschäftsführer vertreten.
9 II. Strukturvergleich GmbH / AG / (GmbH & Co.) KGaA Ø Hauptversammlung Ø Gemeinschaft der Aktionäre Ø Rechtliche Stellung bestimmt sich nach Aktienrecht. Ø Willensbildungsorgan Ø Zuständigkeit für außergewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahmen und Grundlagenbeschlüsse Ø Entsprechende Beschlüsse bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Komplementärs.
10 II. Strukturvergleich GmbH / AG / (GmbH & Co.) KGaA Ø Aufsichtsrat Ø Überwachung der Geschäftsführung des Komplementärs Ø Anders als bei der AG verfügt der Aufsichtsrat der KGaA aber über außerordentlich geringe Kompetenzen. Ø keine Personalkompetenz, d.h. der Aufsichtsrat kann den Komplementär weder bestellen noch abberufen Ø Bei einer GmbH als Komplementärin hat der Aufsichtsrat keinen Einfluss auf die Bestellung des GmbH-Geschäftsführers; dessen Bestellung richtet sich ausschließlich nach GmbH-Recht und erfolgt damit durch die Gesellschafter der GmbH.
11 II. Strukturvergleich GmbH / AG / (GmbH & Co.) KGaA Ø Vorteile einer GmbH & Co. KGaA: Ø flexible Satzungsgestaltung Ø Die Satzungen der Komplementär-GmbH und der KGaA können so aufeinander abgestimmt werden, dass den besonderen Interessen der KGaA an einer flexiblen Finanzierung und geringen Einflussnahmemöglichkeiten der Kommanditaktionäre Rechnung getragen wird. Ø Auch ohne Aktienmehrheit ist der Einfluss der Komplementär-GmbH gesichert. Ø Gewöhnliche Geschäfte bedürfen keiner Rückkopplung mit Kommanditaktionären und Aufsichtsrat. Ø Hinsichtlich außergewöhnlicher Geschäfte kann das Zustimmungsrecht der Kommanditaktionäre abbedungen werden.
12 II. Strukturvergleich GmbH / AG / (GmbH & Co.) KGaA Ø Exkurs: unentziehbare Zustimmungsrechte der Kommanditaktionäre in der Hauptversammlung bei sog. Grundlagengeschäften, d.h. Organisations- und Strukturmaßnahmen, die die rechtliche Selbständigkeit der KGaA zu beeinträchtigen vermögen (z.b. Satzungsänderungen) Ø Anders als bei einer Fußball-AG sichert die Konstruktion der GmbH & Co. KGaA in jedem Fall den Einfluss des Muttervereins ( Wenn wir wollen, kaufen wir Euch auf! ); denn regelmäßig können weder der Aufsichtsrat noch die Kommanditaktionäre den Komplementär abberufen! Ø Absicherung der Komplementärsstellung durch satzungsmäßige Ausgestaltung und Ausschluss der Zustimmungerechte der Kommanditaktionäre bei außergewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahmen
13 II. Strukturvergleich GmbH / AG / (GmbH & Co.) KGaA Ø Ø Durch geschickte Satzungsgestaltungen kann sich die Komplementär- GmbH eine nahezu uneingeschränkte und vor allen Dingen kapitalneutrale Geschäftsführungsmacht sichern. sehr flexible Finanzierungsmöglichkeiten Ø Zwischenfazit: Die GmbH & Co. KGaA bietet eine Symbiose zwischen drei zentralen Bedürfnissen der Bundesligavereine: 1. dem Wunsch nach einem möglichst breit angelegten Zugang zum Kapitalmarkt; 2. dem Wunsch nach einer möglichst weit reichenden Haftungsbeschränkung; 3. dem Wunsch nach gleichzeitiger Wahrung des Einflusses auf die Geschäftsführung.
14 II. Strukturvergleich GmbH / AG / (GmbH & Co.) KGaA Ø Nachteile einer GmbH & Co. KGaA: Ø Komplexität und Kompliziertheit der noch weithin unbekannten Rechtsform Ø in gewissem Umfang Rechtsunsicherheit hinsichtlich Zulässigkeit der Satzungsgestaltung im Einzelfall Ø Gefahr einer weitgehenden Entrechtung von Kommanditaktionäre (Abschreckung potentieller institutioneller Investoren) Ø geringer Bekanntheitsgrad Ø Wertabschläge bei der Aktienemission (wie etwa bei stimmrechtslosen Vorzugsaktien) Ø keine Übernahmephantasie
15 II. Strukturvergleich GmbH / AG / (GmbH & Co.) KGaA Ø Alternativen: Ø nicht börsennotierte Aktiengesellschaft mit strategischen Partnern (ohne Sperrminorität) FC Bayern München Ø Börsengang des BVB kostete ca. 7,5 Mio. Ø keine Abhängigkeit von den Schwankungen des Börsenkurses Ø attraktiv nur bei begrenztem Kapitalbedarf Ø Anleihe bei gleichzeitiger (teilweiser) Verpfändung künftiger Zuschauereinnahmen FC Schalke 04 Ø Veräußerung des Tafelsilbers
16 II. Strukturvergleich GmbH / AG / (GmbH & Co.) KGaA Ø Einbeziehung eines strategischen Partners bei gleichzeitiger (teilweiser) Übertragung künftiger Einnahmen aus der Veräußerung von TV-Rechten Hamburger Sportverein Ø Veräußerung des Tafelsilbers Ø zunächst Investition in Steine und Beine, dann sale-and-lease-back Borussia Dortmund Ø??? Ø Ein Zitat zum Abschluss: Reich wird man nicht durch das, was man verdient, sondern durch das, was man nicht ausgibt. (zugeschrieben Henry Ford, )
17 Ø Literaturhinweise: Heermann, Peter W.: Die Ausgliederung von Vereinen auf Kapitalgesellschaften - Rechtliche Probleme bei Umstrukturierungsmaßnahmen im Schnittfeld von Vereins-, Gesellschafts- und Steuerrecht - veranschaulicht am Beispiel der geplanten Einführung von Fußball-Aktiengesellschaften, ZIP 1998, 1249 Heermann, Peter W.: Mehrheitsbeteiligungen an Sportkapitalgesellschaften im Lichte des Europarechts, WRP 2003, 724 Siebold, Michael / Wichert, Joachim: Die KGaA als Rechtsform für die Profiabteilungen der Vereine der Fußball-Bundesligen, SpuRt 1998, 138 Siebold, Michael / Wichert, Joachim: Die Einflußsicherung des Vereins in einer Fußball-KGaA, SpuRt 2000, 177
18 Ø Literaturhinweise (Fortsetzung): Steinbeck, Anja Verena / Menke, Thomas: Die Aktiengesellschaft im Profifußball - Zur Ausgliederung wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe aus nichtwirtschaftlichen Vereinen -, SpuRt 1998, 226 Wagner, Gerhard: Bundesliga Going Public: Traumpaß oder Eigentor?, NZG 1999, 469
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