Sie rührten keine Hand

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1 S. 1 DIE ZEIT WOCHENZEITUNG FÜR POLITIK WIRTSCHAFT WISSEN UND KULTUR Nr Januar Jahrgang Die Bundesliga-Rückrunde beginnt: C 7451 C Preis Deutschland 3,20 DKR 38,00 FIN 5,80 E 4,30 F 4,30 NL 3,90 A 3,60 CHF 6,00 I 4,30 GR 5,00 B 3,90 P 4,30 L 3,90 HUF 1145,00 Die CSU und ihr Kampf um Bayern Hü oder hott, Huber oder Seehofer? Das Duell verrät die Furcht der Führung vor der Basis Erst mal durchatmen: Was Beckstein von Stoiber unterscheidet M. KLINGST, M. KRUPA, P. SCHWARZ, POLITIK S. 2 Mitten im Sturm: Unterwegs im Auto mit Gabriele Pauli auf dem Weg zum Ministerpräsidenten PATRIK SCHWARZ LEBEN S. 59 Wo sind die neuen Denker? Kluge Köpfe braucht das Land die deutschen Geisteswissenschaften haben sie FEUILLETON S Titelbild: Johann Wolfgang von Goethe; Theodor Adorno, Karl Marx und Hannah Arendt in Szene gesetzt von W. Smetek für DIE ZEIT Heitere Stunden in Auschwitz Der Journalist und Schriftsteller ERNST KLEE über deutsche Bühnenkünstler, die im Vernichtungslager auftraten ZEITLÄUFTE S. 90 Sie rührten keine Hand Heuchlerischer kann Politik nicht sein: Wie Rot-Grün im Fall Kurnaz die eigenen Ideale verriet VON MARTIN KLINGST Halbstarker Staat Die Politik will der Wirtschaft wieder Grenzen setzen aber bitte nicht auf Kosten des freien Welthandels VON UWE JEAN HEUSER Die Vorwürfe gegen die ehemalige rotgrüne Bundesregierung wiegen schwer. Schon seit Langem wird gemutmaßt, dass mehrere Minister, Staatssekretäre und führende Beamte in den Jahren 2002 bis 2005 untätig geblieben waren und damit die Rückkehr des im Folterlager von Guantánamo inhaftierten Murat Kurnaz unnötig hinauszögerten. Jetzt aber besteht der neue, weit schlimmere Verdacht, dass sie dessen Freilassung mit bürokratischem Eifer sogar aktiv hintertrieben haben. Sollten diese Anschuldigungen nicht zutreffen, müssen sie sofort entkräftet werden, es steht viel auf dem Spiel. Denn bewahrheitet sich, dass rot-grüne Politiker das Leiden des in Deutschland geborenen und aufgewachsenen türkischen Staatsbürgers um fast vier Jahre wissentlich und willentlich verlängert haben, wäre das Ansehen der einstigen Minister Otto Schily und Joschka Fischer unwiederbringlich ruiniert. Andere Beteiligte, die immer noch wichtige Ämter bekleiden, müssten Konsequenzen ziehen: der heutige Außenminister und damalige Kanzleramtschef Frank-Walter Steinmeier, der heutige Staatssekretär im Innenministerium und Ex-BND-Chef August Hanning sowie der gegenwärtige BND-Präsident und ehemalige Sicherheitskoordinator im Kanzleramt Ernst Uhrlau. Gravierender noch, der Skandal würde ein gewaltiges politisches Beben auslösen und die Große Koalition in eine Existenzkrise stürzen just in dem Moment, da die Berliner Regierung die Geschicke der EU lenkt und den G8-Gipfel ausrichtet, es also auf den Außenminister und stabile Verhältnisse ganz besonders ankommt.»guantánamo-gate«würde zudem eine tiefe moralische Krise hervorrufen und für lange Zeit zum Inbegriff einer zynischen und menschenverachtenden Politik werden. Obwohl sich die meisten Verantwortlichen noch in Schweigen hüllen, wird ihre mögliche Verteidigungsstrategie in groben Umrissen bereits sichtbar, und sie ist auch nicht in jedem Punkt völlig falsch. So mag aus heutiger Sicht Murat Kurnaz vor fünf Jahren ein irregeleiteter junger Mann gewesen sein, der sich in Bremen einer dubiosen muslimischen Missionsbewegung angeschlossen hatte und kurz nach den Anschlägen vom 11. September in der Hoffnung auf re li giöse Erleuchtung nach Pakistan reiste. Zufällig geriet der bärtige Muslim dort in die Arme der Polizei und wurde den Amerikanern überstellt, die ihn zunächst nach Afghanistan und dann nach Guantánamo verschleppten. Versetzt man sich jedoch zurück in die Jahre 2001 und 2002, stellen sich die Umstände im Lichte der aufgerauten, hoch nervösen Zeit ein wenig komplizierter dar. Kurnaz war plötzlich untergetaucht, ohne sich von seiner Familie zu verabschieden. Ein Zeuge behauptete, gehört zu haben, der sogenannte Bremer Taliban wolle in Foto: Getty Images Afghanistan»kämpfen«. Und der Missionsverein Jamaat Tabligh, dem sich Kurnaz angeschlossen hatte, war nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes mit radikalen arabischen Gruppen»verbandelt«. Jedenfalls gab sein Verhalten Anlass zu Argwohn, und die Sicherheitsbehörden wollten ihre Einschätzung nicht allein auf das Urteil von drei deutschen Geheimdienstlern stützen, die nach Gesprächen mit Kurnaz in Guantánamo die Überzeugung gewonnen hatten, der Gefangene sei harmlos und könne unbedenklich nach Deutschland zurückkehren. Schließlich galten auch die Attentäter des 11. September, bevor sie zu Mördern wurden, als unbescholtene Leute. Die deutschen Behörden forschten deshalb nach, ob nicht doch irgendwelche Gründe gegen Kurnaz Heimkehr sprächen. Almanya Türkleri, entegrasyonunuz için kendiniz mücadele verin! Deutschtürken, kämpft selbst für eure Integration! Ein Aufruf, auf Türkisch und Deutsch VON BIRAND BINGÜL LEBEN S. 57/58 Ihre Skepsis kann man sogar nachvollziehen, schließlich stand Deutschland nach dem 11. September bei den Amerikanern in der Kritik, weil sich hier Terroristen ungestört auf ihre Anschläge vorbereitet hatten und weil sich der Gesetzgeber schwer damit tat, selbst sogenannte Hassprediger aus dem Land zu weisen. Warum also sollte man jemanden zurückholen, den man nicht durchschaute und der sich vielleicht als gefährlich entpuppte. Null Risiko hieß die Devise. Und wenn dem Mann mit dem türkischen Pass erlaubt werden sollte, Guantánamo zu verlassen, dann doch bitte schön in Richtung Türkei. Auch zweifelten die Deutschen zunächst an der Ernsthaftigkeit des amerikanischen Angebots, Kurnaz freizulassen. An welche Bedingungen war es geknüpft? Entsprang es nur einer gemeinsamen Laune deutscher und amerikanischer Geheimdienstler, die den Bremer gern als Spitzel in die islamistische Szene daheim einschleusen wollten? Oder stand auch der wahre Herrscher über Guantá na mo, das amerikanische Verteidigungsministerium, hinter der Offerte? Anfang 2003 jedenfalls, heißt es in Berlin, habe das Pentagon den Deutschen kurz und knapp mitteilen lassen,»dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt«einer Verlegung Kurnaz»nicht zugestimmt«werden könne. Bis hierhin mag man den Bedenken der Sicherheitspolitiker Schily, Steinmeier, Hanning, Uhrlau & Co noch folgen. Dann aber schwindet jedes Verständnis. Mit der Zeit musste jedem klar werden, dass Murat Kurnaz unschuldig war; im Januar 2005 bestätigte dies sogar ein US-Gericht. Und selbst in Amerika runzelte man inzwischen die Stirn über die deutsche Halsstarrigkeit. Aber der Bremer mit türkischem Pass musste weiter im Käfig von Guantánamo ausharren. Die Deutschen zeigten keine Rührung, nicht einmal als durchsickerte, welchen Torturen Kurnaz auf Kuba ausgesetzt war. Händeringend suchten sie weiter nach belastenden Beweisen, die es nicht gab, und richteten ihre Energien stur auf ein einziges Ziel: die Rückkehr mit allen Mitteln zu verhindern. Der härteste Vorwurf gegen Innenministerium und Kanzleramt lautet: Sie hätten sogar geplant, notfalls die Aufenthaltserlaubnis aus Kurnaz türkischem Pass zu entfernen. Heuchlerischer kann Politik nicht sein. Denn derweil verkündete der Grüne Joschka Fischer eine»menschenrechtsorientierte Außenpolitik«und versprach den Eltern von Murat Kurnaz, sich mit aller Kraft für ihren Sohn einzusetzen. Der Sozialdemokrat Otto Schily kritisierte als einer der Ersten in der rot-grünen Ministerriege öffentlich und harsch die Zustände in Guantánamo. Und auch Frank-Walter Steinmeier, August Hanning und Ernst Uhrlau duldeten in ihren Äußerungen keinen Zweifel, dass sie auf der Seite des Rechtsstaats und der Menschenrechte ständen. Waren dies die Lippenbekenntnisse berufsmäßiger Zyniker? Oder hatten hier an und für sich untadelige Leute im weltpolitischen Tohuwabohu jedes politische und moralische Maß verloren? Waren sie am Ende zu Gefangenen eines übertriebenen Sicherheitsdenkens geworden? Ihre Methoden der Einreiseabwehr brachten sie jedenfalls an den Rand des Rechtsstaats. Nicht mit hehren Bekenntnissen und feierlichen Versprechen dokumentiert der Staat die Bedeutung der Menschenrechte, sondern mit dem unnachgiebigen Einsatz für das einzelne Opfer. Die Verantwortlichen müssen es nun vor ihrem Gewissen und vor der Öffentlichkeit rechtfertigen, dass sie einen Unschuldigen nicht aus dem Foltergefängnis geholt haben. Siehe auch SEITE 4 Audio a Diese Woche tagt die Weltwirtschaft in Davos. Wie immer wird es ein Festival der Schönredner und Selbstdarsteller. Aber Davos ist zugleich der beste verfügbare Trendmesser der Globalisierung. Als Motto hat das World Economic Forum»Sich verändernde Machtbalancen«gewählt. Gemeint sind damit in erster Linie die neuen Hauptrollen, die China und Indien auf dem Planeten spielen. Doch auch die Balance zwischen Staat und Markt verändert sich: Der Ruf nach dem starken Staat wird lauter, nach einem Staat, der den Unternehmen Grenzen setzt. Bei uns zeigt sich diese Wende bisher vor allem rhetorisch. Wer wollte heute noch einen»genossen der Bosse«als deutschen Bundeskanzler? Das Debattenpendel schwingt zurück, und die Politiker betonen ihren Gestaltungswillen. So wollen sie den hiesigen Stromkonzernen zu Leibe rücken, die den Wettbewerb hintertreiben. Da konnte die EU-Kommission nun sogar vorschlagen, als letztes Mittel die Monopolisten zu entflechten und erntete erfreulich viel Beifall. Ob sie nun bindende Regeln für die milliardenschweren Hedgefonds aufstellen, ob sie Spritverbrauchsgrenzen für Automarken anstreben oder Topmanagern die Selbstbedienung erschweren wollen die Industriestaaten wagen sich weiter vor, als es die Laisser-faire-Stimmung zu Beginn des Jahrzehnts erlaubt hätte. Gut, dass die Politik sich wieder etwas traut, sofern es dem Wettbewerb dient und übermäßige Konzernmacht eindämmt. Gut, wenn sie dafür sorgt, dass die großen Umweltverschmutzer für die Verpestung der Luft bezahlen, und wenn sie nicht vor ihren Lobbys kuscht. Die Marktwirtschaft braucht einen mutigen Staat, wie nicht nur Ordoliberale wissen. Doch der neue Gestaltungswille befördert auch schlechte Ideen. Ideen, die marktwirtschaftlich gekleidet sind. Ideen, die den Menschen suggerieren, der Staat könne ihren Wohlstand schützen. Ideen wie jene von der Transatlantischen Freihandelszone. Dieses Konzept ist mehr als zehn Jahre alt, was den Spiegel nicht daran hindert, es als neue Waffe im weltweiten Wirtschaftskampf zu propagieren. Politisch ungleich bedeutender ist eine andere Fürsprecherin: Die Bundeskanzlerin investiert viel poli tische Energie in die Idee. Der Grund gedanke ZEIT Online GmbH: ZEIT-Stellenmarkt: Zeitverlag Gerd Bucerius GmbH & Co. KG, Hamburg Telefon 040 / ; DieZeit@zeit.de, Leserbriefe@zeit.de Abonnentenservice: Tel *, Fax *, abo@zeit.de *) 0,14 /Min. aus dem deutschen Festnetz ist, Europa und Nordamerika sollten die letzten Grenzen zwischen ihren Volkswirtschaften einreißen, Handels- und In ves titions hemm nis se einebnen, damit sie gemeinsam besser im Wettbewerb mit China und Co. um Wohlstand und Werte bestehen können. Zunächst kam dieser Vorschlag aggressiv daher: Zusammen könnten die westlichen Industriemächte gegenüber den Asiaten strengere Sozial- und Umweltstandards durchsetzen die sie übrigens selbst in ihrer Industrialisierungsphase niemals akzeptiert hätten. Mittlerweile hat Angela Merkel die Idee zurechtgezupft. Washington und Brüssel sollen gemeinsame technische und finanzielle Regeln für ihre Wirtschaft vereinbaren, damit ein einheitlicher Markt entsteht und das Kapital ungehemmt hin- und herfließen kann. Das klingt großartig. Doch alle marktliberalen Beteuerungen ändern nichts daran, dass die Idee im Kern defensiv ist und von den Asiaten auch so aufgefasst wird. Dies ließe sich ertragen, winkten andererseits große Gewinne. Doch wenn irgendein Bereich der Weltwirtschaft keine hohen Effizienzreserven mehr bereithält, dann der Handel zwischen Europa und den Ver einigten Staaten die allermeisten Grenzen sind längst eingerissen. Die Globalisierung hat nicht nur eine halbe Milliarde Inder und Chinesen aus tiefster Armut befreit. Kaum eine Studie leugnet, dass der rasend wachsende Welthandel auch den Westen reicher macht. Die Frage ist nur, wen im Westen. Damit die Wohlstandsgewinne auch in der unteren Hälfte der Gesellschaft ankommen, müssen die Staaten zu Hause kreativ werden und sich nicht in eine Auseinandersetzung West gegen Ost verstricken. Man kann Davos zwar allerhand Heucheleien nachsagen, aber es ist ein Treffen für die Globalisierung. Deshalb passt es auch, dass die Industrieländer dort noch einmal die Welthandelsrunde beleben wollen. Dazu müssten die EU und die USA tatsächlich ein gemeinsames Signal setzen. Beide müssten nämlich ihre Agrarmärkte öffnen, damit die armen Länder neue Chancen bekommen und weiter auf freien Welthandel setzen. Audio a S.1

2 S. 2 2 POLITIK 25. Januar 2007 DIE ZEIT Nr. 5 " WORTE DER WOCHE»Darum ist es sehr betrüblich, wenn auf diese Art und Weise eine politische Karriere zu Ende geht, wie das nun bei Edmund Stoiber geschehen ist. Das beschwert mich sehr.«horst Seehofer, stellvertretender CSU-Vorsitzender, über den angekündigten Rückzug Stoibers aus der Politik»Ich bleib mein Leben lang Stoiberianer.«Markus Söder, Generalsekretär der CSU, zum Vorwurf, er habe sich in den letzten Wochen nicht genügend für seinen Ministerpräsidenten eingesetzt»ich denke ernsthaft darüber nach, ob ich für einen der vier Stellvertreterposten kandidiere.«gabriele Pauli, Landrätin von Fürth und Stoiber-Kritikerin der ersten Stunde, über ihre zukünftige Rolle in der Partei»Ich bin dabei, um zu gewinnen.«hillary Clinton, demokratische Senatorin, die die erste Präsidentin der USA werden will»ich hoffe, er lebt noch weitere 80 Jahre, ich hoffe, er lebt noch 100 Jahre.«Hugo Chávez, Präsident Venezuelas, über sein Vorbild, den todkranken kubanischen Staatschef Fidel Castro»Wir wissen: Mit den heutigen Regeln kann die EU weder erweitert werden, noch ist sie zu notwendigen Entscheidungen befähigt.«angela Merkel, Bundeskanzlerin, vor dem EU-Parlament über die Bedeutung einer noch zu beschließenden EU-Verfassung»Es war vielleicht der wichtigste Konflikt meines Lebens.«Erhard Eppler, 80-jähriger SPD-Politiker, über seine Opposition gegen Kanzler und Parteifreund Helmut Schmidt»Ich glaube, wir brauchen mal ein Coaching in der Koalition, wie man Erfolge nicht gleich wieder zerredet.«franz Müntefering, Vizekanzler, zur Unionsforderung, die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung ein weiteres Mal zu senken»wenn erst die Menschen einander begegnen, dann ergibt sich irgendwann der Rest. Wir, die armenische Welt, müssen in uns gehen und untereinander in Dialog treten und die Türken genauso, und dann miteinander.«hrant Dink, ermordeter armenischstämmiger Journalist, in einem seiner letzten Interviews»Wir werden kein Schmarotzertum dulden.«wladimir Putin, russischer Präsident, an Weißrussland, das Öl aus der russischen Pipeline abgezweigt hatte»die haben genau gewusst, was sie taten, und bisher keine Reue gezeigt. Ich wäre gekränkt, wenn sie freikämen.«waltrude Schleyer, Witwe des von der RAF ermordeten Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer, über die Möglichkeit einer Haftentlassung der Ex-RAF-Terroristen Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt»Abbé Pierre stand für den Geist der Rebellion gegen Elend, Armut und Ungerechtigkeit und für die Stärke der Solidarität.«Jacques Chirac, französischer Präsident, über den verstorbenen Armenpriester Abbé Pierre»Asoziales Verhalten wird hier von einer Identifikationsfigur als cool und Erfolg versprechend dargestellt.«wolf-dieter Ring, Vorsitzender der Kommission für Jugendmedienschutz, über das Verhalten von Dieter Bohlen in der RTL-Castingshow»Deutschland sucht den SuperstarEine ganz eigene Arbeit, ganz anders als die anderen Porträts im Bundeskanzleramt.«Gerhard Schröder, Altkanzler, über das goldfarbene, sehr heroische Kanzlerporträt von Jörg Immendorff " ZEITSPIEGEL Volkserziehung Die schottische Landesregierung hat 2,5 Millionen Pfund dafür ausgegeben, dem Volk das Händewaschen beizubringen. 14»Handwaschkoordinatoren«wurden eingestellt, jeder mit einem Jahresgehalt von umgerechnet Euro. Ein Faltblatt expliziert nun»die zehn Schritte des Händewaschens«. So einfach, wie man sich das vorstellt, ist das nämlich nicht. Zuerst muss man die Hände nässen, dann genug Seife auftragen. Die Schritte vier bis acht bestehen aus komplizierten Verrenkungen und ineinandergreifenden Drehbewegungen, einem manuellen Kamasutra. Zum Schluss Schritt neun muss man das Wasser von den Händen spülen und Schritt zehn gründlich mit einem Handtuch abtrocknen. Jetzt wissen wir s. LUY Erfolgreicher Start Das im Dezember 2004 gestartete Magazin ZEIT Wissen meldet im vierten Quartal 2006 durchschnittlich verkaufte Exemplare. ZEIT Wissen erscheint alle zwei Monate. Im Jahr 2006 wurde es von der Lead Academy als bestes Wissensmagazin ausgezeichnet. DZ Ehrung Der französische Kulturminister Renaud Donnedieu de Vabres hat Katja Nicodemus, Redakteurin im Feuilleton, am 12. Januar 2007 im Grand Hotel in Paris zum Chevalier dans l Ordre des Arts et des Lettres ernannt. In seiner Ansprache würdigte de Vabres die»journalistische Arbeit von Katja Nicodemus, ihr Talent, ihr Engagement im Dienste besonders der französischen Kultur«. DZ Hü oder hott Erwin Huber oder Horst Seehofer wer führt künftig die CSU? Der Zweikampf offenbart die Furcht der Führung vor der Basis VON MATTHIAS KRUPA UND PATRIK SCHWARZ München ErwinHuber holt Luft.»Demokratietheore tisch«, sagt der Favorit für den CSU- Parteivorsitz, demokratietheoretisch gehe so ein Zweikampf schon in Ordnung. Aber da sei eben auch»das Praktische«. Und damit kennt Stoibers Wirtschaftsminister sich aus, nicht umsonst war er Ende der achtziger Jahre bereits CSU-Generalsekretär und später Minister für so handfeste Fragen wie Finanzen und Europa und Verwaltungsreformen. Praktisch gesehen, ist ein Zweikampf keine gute Idee. Besonders unpraktisch aber ist er, wenn der Gegner Horst Seehofer heißt Seehofer, der Volkstribun, Seehofer, der Unberechenbare. Eine Woche nach dem Überraschungsrücktritt von Edmund Stoiber hat die Partei den Posten des bayerischen Ministerpräsidenten so gut wie neu besetzt. Doch wer neben Günther Beckstein die Rolle des CSU-Vorsitzenden übernimmt, ist noch offen so offen, dass manchen in der Partei bereits bange wird.»wir haben einen langen Weg bis September vor uns«, sagt warnend einer aus der Führung über die Zeit bis zum Parteitag,»eine Risikostrecke.«Auf dem Spiel steht das Modell CSU, das Prinzip Ober sticht Unter Und in der Tat birgt der Führungsstreit eine größere Gefahr als die unvermeidliche Konsequenz, einen Sieger und einen Verlierer zu produzieren. Die Konkurrenz zwischen Seehofer und Huber ist nur an der Oberfläche ein Streit zwischen zwei Egos, wie sie so wahrscheinlich nur in der Alleinherrschaftspartei CSU gedeihen können. Es ist nicht einmal vorrangig eine Richtungsentscheidung zwischen dem eher wirtschaftsliberalen Huber, der spätestens seit Mitte der neunziger Jahre Stoibers Reform-Terminator gab, und dem Sozialpolitiker Seehofer. Auf dem Spiel steht vielmehr das Modell CSU selbst. Funktioniert die Kaderpartei CSU weiter nach den Prinzipien, die ihr stets heilig waren: Je höher ein Gremium, desto größer seine Weisheit. Je kategorischer ein Beschluss, desto stärker seine Autorität. Je einiger die Chefs, desto einiger die Partei. Gilt noch das Grundgesetz von CSU, Freistaat Bayern und seinem Volkssport Schafkopfen Ober sticht Unter? Wäre die CSU noch, was sie so lange war, dann führte an Hubers Kür zum neuen Parteichef eigentlich kein Weg vorbei. Der neue Ministerpräsident Beckstein hat mit ihm die Teilung der Macht verabredet und alle von Rang, Namen und Sitz in den Gremien scheinen der Kombination den Segen zu erteilen. Dagegen steht Seehofer allein. Nicht einmal die Landesgruppe, die den Bundesminister eigentlich unterstützen müsste, hält zu ihm. Und doch hat Horst Seehofer einen mächtigen Verbündeten, die Ungewissheit. Was, wenn das Volk ihn lieber wünschte? Was zählten dann die Treueschwüre für Huber? Kokettiert hat Horst Seehofer mit der Möglichkeit seit langem. Bestritten hat er seine Ambitionen nie. Ob er sich vorstellen könne, eines Tages CSU-Vorsitzender zu werden?»warten Sie s ab«, antwortete Horst Seehofer und lachte.»sie werden an unser Gespräch noch denken.«das war im vergangenen September. Und doch, nun, da er seine Am bi tionen offen ausgesprochen hat, haftet seiner Kandidatur etwas Unwirkliches an. Horst Seehofer ist seit 35 Jahren CSU-Mitglied, aber seine Karriere, die ihn hoch hinauf führte, hat er in Bonn und in Berlin gemacht nicht in München. Dahinter verbirgt sich mehr als nur ein geografischer Unterschied, das wird in diesen turbulenten Tagen besonders deutlich. München, das ist Landespolitik. Hier herrscht die CSU seit fünf Jahrzehnten, und ist sich dabei selbst genug. In Berlin dagegen agiert die Partei als gernegroßer, aber de facto kleiner Partner. Sie muss Rücksichten nehmen und Kompromisse schließen. In Berlin Politik zu machen ist schwieriger als in München. Horst Seehofer ist Bundespolitiker, ein Mann für die schwierigen Fälle also. Für die Gesundheitspolitik zum Beispiel, in deren Fallstricken er sich auskennt wie kein Zweiter in der CSU, was ihn für die Parteifreunde gleichermaßen unheimlich wie unverzichtbar macht. Arrogant sei der Horst, sagen sie dann. Mehr als einmal hat er sie seine Überlegenheit spüren lassen. Loyalität, entgegnet Seehofer kühl, dürfe nicht wichtiger sein als Kompetenz. Mit diesem Selbstverständnis hat er in der Vergangenheit auch manche Extratour begründet am spektakulärsten seinen Rücktritt als stellvertretender Fraktionsvorsitzender im Herbst Und ausgerechnet so einer will nun Parteivorsitzender werden? Erst langsam kommt der CSU und ihren obersten Funktionären zu Bewusstsein, dass die quälende Ablösung Edmund Stoibers nicht nur eine enorme Erleichterung bedeutet, sondern der Partei auch ein Trauma beschert hat. Wochenlang hatte die Staatspartei aus ihren Gremien die Wirklichkeit verbannt. Je steiler Stoiber Richtung Absturz kippte, umso lauter riefen seine Funktionäre:»Hoch soll er leben!«der Treueschwur des CSU-Präsidiums für Edmund Stoiber schließlich hatte nordkoreanische Qualität. Hartnäckig hatte die Volkspartei Nummer eins das Volk überhört. Rührt daher die seltsame Unruhe, die den Favoriten Erwin Huber umweht? Er selbst gibt sich pflichtgemäß optimistisch, auch wenn er im Gespräch vielleicht ein wenig oft betont, wie viel Zuspruch er erhalte aus allen Teilen der Partei. Aber um Huber herum sind die Si - gna le der Vorsicht nicht zu übersehen: Der Parteivorstand wurde angewiesen, das Thema auf seiner Sitzung am vergangenen Montag auszusparen; Edmund Stoiber soll in weiteren Gesprächen Huber und Seehofer für eine gemeinsame Lösung gewinnen. Und Joachim Herrmann, Vorsitzender der Landtagsfraktion, sagt:»ich äußere mich nicht zur Frage: Hü oder hott? «Hü oder hott, Huber oder Horst noch hofft die CSU den Zweikampf zu vermeiden. Dafür ignoriert die Parteiführung, jedenfalls offiziell, auch die Berichte über eine heimliche Geliebte Seehofers in Berlin. Aus allen Bemühungen spricht die Sorge, zum zweiten Mal könnten die Gremien falsch liegen, zum zweiten Mal könnte ein Einzelner Volkes Wille erspüren, aufgreifen und politisch nutzen, wie es im Fall Stoiber die Fürther Landrätin Pauli getan hatte. Pauli»hat einer Stimmung eine Stimme gegeben«, analysiert Landtagspräsident Alois Glück, einer der nachdenklichsten Köpfe der Partei.»Und Stimmungen können Sie mit Argumenten nicht auflösen.«horst Seehofer, das wissen sie in München, ist ein Mann der Stimmungen wie der Argumente. Was in München derzeit niemand weiß: Hört er auf Argumente, oder setzt er auf Stimmungen?»Das war kein Geheimbund, das war eher Gruppendynamik«Denn auch das gehört zum Ruf des Horst Seehofer: Niemand in der CSU spielt so virtuos und erfolgreich auf der Klaviatur der Parteibasis und des Wahlvolkes wie der Mann aus Ingolstadt. Und so versucht er auch diesmal, seiner Kandidatur den Anstrich einer gemeinnützigen Veranstaltung zu geben. Erst als er am vergangenen Donnerstag aus den Nachrichten erfahren habe, dass sich Erwin Huber und Günter Beckstein in Wildbad Kreuth auf die Nachfolge Edmund Stoibers geeinigt hätten, habe er sich entschlossen, auch selbst anzutreten.»das war für mich das Stoppsignal. So kann es nicht weitergehen, wir können diesen Umgangsstil nicht weiterführen.«huber hält dagegen:»da war kein Geheimbund am Werk, es war mehr ein gruppendynamischer Prozess.«Wer will, mag in dieser Beschreibung ein Eingeständnis sehen: Selbst wenn sie wollte, könnte die CSU der Nach-Stoiber-Zeit ihre Geschicke nicht mehr per Order von oben regeln. Was aber trennt Huber und Seehofer? Auch hier steht der Mann fürs Praktische gegen den Mann fürs Grundsätzliche.»Den Eindruck, ich müsste eine Kurskorrektur der CSU vornehmen, möchte ich nicht erwecken«, sagt Huber, ganz Stoibers Kronprinz,»sie ist auch nicht notwendig.«seehofer dagegen sieht die CSU in der vielleicht schwierigsten Situation ihrer Geschichte.»Wir brauchen eine strukturelle Erneuerung. Die ist bislang nicht in Sicht.«Vieles sei in den vergangenen Jahren liegen geblieben, die Arbeit am neuen Parteiprogramm genauso wie die längst überfällige Verjüngung in den Führungsetagen der CSU. Hierüber, sagt er, müsse die Partei diskutieren offen und transparent. Diskutieren, offen und transparent so hatte zuletzt Landrätin Gabriele Pauli geredet. Erst hatten die Hierarchen sie ignoriert, dann die Dämme höher gezogen um Edmund Stoiber und seine Staatskanzlei.»Doch der Deich war schon durchnässt«, sagt Fraktionschef Herrmann,»und dann kam da die Gabi-Welle.«Nun warten sie in München gebannt, was ihnen als Nächstes droht ein Tsunami namens Horst? Vielleicht aber kommt es gar nicht so schlimm, und der Kandidat Seehofer verzichtet am Ende doch ganz großzügig. Darauf hofft auch Erwin Huber.»Ich hab in meinem ganzen Leben den Horst Seehofer nicht so gelobt wie in den letzten Tagen.«i Zur Krise der CSU Im Augenblick ist ERWIN HUBER obenauf sicher fühlt er sich nicht. HORST SEEHOFER ist immer für eine Überraschung gut Fotos [M]: Goetz Schleser/Visum (u.), Wolf Heider-Sawall (o.) Der getreue Günther Innenminister Beckstein wird Ministerpräsident, weil Edmund Stoiber es ihm gestattet hat VON MARTIN KLINGST Es ist Bundestagswahlkampf 2005, und im preußischen Jüterbog spricht der Bayer Günther Beckstein. Es gibt Freibier, Bratwurst und Humpta-Tätera. Vor einem reichlich betagten Publikum holt Beckstein tief Luft und rattert los. Er beginnt mit einem Loblied auf die deutschen Flut hel fer und auf»unsere tollen Schäferhunde«, die den»hilflosen Amerikanern«nach dem Sturm in New Orleans»mannhaft«Beistand leisten. Sodann schlägt er von dort eine ziemlich wackelige Brücke zu den Terroranschlägen vom 11. September und springt alsbald zurück über den Atlantik zu»den lieben Frauen hier in Brandenburg«, die sich bei Dunkelheit nicht mehr auf die Straße trauten. Irgendwann endet er bei den»prima Wirtschaftsleistungen«der Ostdeutschen, obwohl die Republik und die»sozialistische Schröder-Regierung«insgesamt»im Bremserhäuschen, also in aller Klarheit: im letzten Waggon bei Rotlicht«säßen. Becksteins öffentliche Ansprachen sie sind meist ein irrwitziges Sammelsurium aus losen Gedanken, wilden Wortbildern und verwirrenden Bandwurmsätzen. Sähe man nicht, wer da in Jüterbog am Rednerpult steht, man könnte meinen, Edmund Stoiber sei gekommen. Daheim in Bayern nennen manche Beckstein deshalb»die Stimme seines Herrn«. Das klingt vielleicht ein wenig übertrieben, aber eines ist wahr: Der Politiker Günther Beckstein ist, wie er selbst immer wieder gesagt hat,»ein glasklarer Stoiber-Mann«. Stoiber holte ihn 1988 als Staatssekretär ins Innenministerium und machte ihn 1993 zum Polizeiminister. Beckstein dankte es ihm mit jahrzehntelanger Nibelungentreue:»Auf Stoiber lass ich nichts kommen, gegen ihn mach ich nichts.«dieser Treueschwur hat ihm viel abverlangt. Zweimal war Bayerns Ewigkeits-Innenminister aufgebrochen, um nach gewonnener Bundestagswahl Höheres zu werden: Innenminister in Berlin oder Ministerpräsident in München. Doch stets hing seine weitere Laufbahn nicht nur vom Wahlergebnis, sondern vor allem von den Launen und Entscheidungen seines Förderers ab. Wurde Stoiber nicht Kanzler, Europapräsident oder wenigstens Supersonderwirtschaftsfinanzminister, musste Beckstein bleiben, was er war. Immer wieder ordnete er sich den Gemütszuständen Stoibers unter bis zur Selbstaufgabe. In der vergangenen Woche allerdings hatte er die Nase voll und rottete sich in einem Hinterstübchen mit Erwin Huber zusammen, um das Fell des inzwischen erlegten Stoiber zu verteilen. Läuft alles nach Plan, wird Bayerns Innenminister bald Ministerpräsident. Aller Voraussicht nach nur einer für den Übergang, für höchstens fünf bis sieben Jahre. Denn Beckstein ist bereits 63, kein Mann für den gro ßen Neuanfang, für das Bayern des 21. Jahrhunderts. Der Protestant aus Nürnberg, äußerst beliebt bei den Landräten und beim mehrheitlich katholischen Parteivolk, steht für Solidität und Kontinuität, für»keine Experimente, bitte«. Für die derzeit aufgeraute, hoch nervöse CSU ist er die notwendige Beruhigungspille. Beckstein kennt jeder, er war schon immer da, seit 33 Jahren im Landtag, seit 19 Jahren im Regierungsgeschäft, zunächst als Staatssekretär, dann als Minister. Und alle wissen, wofür Beckstein steht. Schließlich ist er, solange zumindest die Jüngeren in der CSU denken können, nur für ein einziges Thema zuständig: die Innere Sicherheit. Darin liegt für den MP in spe auch eine Gefahr, denn Beckstein muss erst noch beweisen, dass er sich aus dieser inhaltlichen Enge befreien kann. Die Seite des»mister null Toleranz«ist schnell erzählt. Ja zur schnellen Abschiebung von verdächtigen Ausländern, zur Rasterfahndung und zu verdachtsunabhängigen Kontrollen. Ja zur Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen, zu einem strengeren Jugendstrafrecht und zum Einsatz der Bundeswehr im Innern. Ja zum Lauschangriff, zum NPD-Verbot und zur unnachgiebigen Verfolgung selbst kleiner Apfeldiebe. Nein zum individuellen Grundrecht auf Asyl, zum erweiterten Datenschutz und zum Kopftuch für muslimische Beamtinnen. Blind konnte man darauf vertrauen, dass Beckstein selbst auf die rabiatesten Forderungen Otto Schilys noch einen draufsetzte. Es gibt aber noch eine andere Seite des Günther Beckstein. Sie dürfte bei der Wahl des künftigen MPs wohl den Ausschlag geben. Beckstein hält sich nicht für unfehlbar, schätzt Widerspruch und Widersprüche. Geduldig setzte sich Beckstein stundenlang der Kritik evangelischer Pfarrer an seiner harschen Asylpolitik aus. Daheim am Küchentisch fahren ihm seine Frau und seine drei Kinder dazwischen. Einer seiner Söhne hielt sein Vorhaben, Schulschwänzer mit Blaulicht zum Unterricht zurückzubefördern, für»völlig übertrieben«. Und gleich nach den Anschlägen vom 11. September überredete er den zögerlichen Stoiber, gemeinsam mit ihm eine Moschee in Nürnberg zu besuchen.»edmund, wir brauchen ein Zeichen der Toleranz.«Nach dem hochfahrenden, kühlen, nüchterntechnokratischen Edmund Stoiber sehnen sich viele Bayern nach einer Verschnaufpause. Der barocke, menschelnde Günther Beckstein könnte sie füllen. Für eine kurze Weile. S.2

3 S Januar 2007 DIE ZEIT Nr. 5 POLITIK 3 DAS OBJEKT DER BEGIERDE: Minenarbeiter in Sierra Leone mit einem Rohdiamanten Fotos [Ausschnitte]: Kadir Van Lohuizen/VU/laif Kalaschnikows und Edelsteine Gold, Uran, Holz, Diamanten der Hunger des Westens auf Rohstoffe heizt in Afrika blutige Konflikte an. Jetzt kommt das Thema ins Kino VON ANDREA BÖHM Der amerikanische Rap-Musiker Paul Wall, von seinen Fans»Pinky«genannt, ist im Nebenberuf Designer von Diamanten-Zahnkronen, ein beliebtes Accessoire der HipHop-Szene. Für einen Dokumentarfilm des Musiksenders VH1 sind Wall und andere prominente Rapper nun in Sierra Leone der Frage nachgegangen, ob ihre Vorliebe für Hochkarätiges womöglich einen verheerenden Bürgerkrieg mitangeheizt hat: Zwischen 1991 und 2002 starben in dem westafrikanischen Land mindestens Menschen, Tausende wurden verstümmelt in einem Konflikt, in dem es vor allem um die Kontrolle der Diamantenfelder in Sierra Leone ging. Anführer und Hintermänner der Rebellen füllten damals ihre Waffenlager und Auslandskonten mit dem Verkauf der Edelsteine, die irgendwann geschliffen und funkelnd in den Auslagen westlicher Juweliergeschäfte landeten. Und womöglich auch am Dekolleté oder Schneidezahn eines Show-Stars. Zum Leidwesen der Diamantenindustrie hat nicht nur die amerikanische Rap-Szene Sierra Leone entdeckt. Hohe Wellen schlug in der Vorweihnachtszeit die Premiere des Warner-Brothers-Films Blood Diamond, der nun auch in deutschen Kinos anläuft. In der Hauptrolle Leonardo DiCaprio als Diamantenschmuggler mitten im Bürgerkrieg. Die Diamantenindustrie (Jahresumsatz 60 Milliarden Dollar) reagierte schnell: Um einen Einbruch im Weihnachtsgeschäft zu verhindern, betonte ihr Verband, der World Diamond Council, in ganzseitigen Zeitungsanzeigen, dass, erstens, dank internationaler Kontrollen fast keine»konfliktdiamanten«mehr in den Handel kämen, zweitens, in Sierra Leone längst Frieden herrsche und, drittens, die Diamantenförderung in Staaten wie Botswana und Südafrika Quelle des wirtschaftlichen und sozialen Aufschwungs sei. Ins selbe Horn stieß Mitte Dezember kein Geringerer als Nelson Mandela, Ikone der internationalen Menschenrechtsbewegung.»Es wäre sehr bedauerlich«, schrieb Mandela an Warner-Brothers-Präsident Alan Horn und Filmregisseur Edward Zwick, sollte Blood Diamond zur»destabilisierung afrikanischer Länder führen, die Diamanten fördern«.»folgen Sie der Spur des Geldes, und Sie finden den Verbrecher«Mandelas Angst ist nachvollziehbar. Schließlich könnten fehlgeleitete Boykottaufrufe gegen afrikanische Diamanten Südafrika schweren Schaden zu fügen, das jährlich ganz und gar unblutige Roh diaman ten im Wert von 1,4 Milliarden Dollar exportiert. Doch die Sorge hat sich als unbegründet erwiesen. Niemand fordert einen Boykott, und die Diamantenbranche verzeichnete trotz Hollywood ein hervorragendes Weihnachtsgeschäft. Also viel Aufregung um einen Fall verspäteter Political Correctness in der Filmindustrie? Sind»Blutdiamanten«tatsächlich ein Problem von gestern? Keineswegs. Denn die Situation ist doch etwas komplizierter, als es das mediale Duell zwischen Nelson Mandela und Leonardo DiCaprio vermuten lässt. Die Spur der ersten»blutdiamanten«führt nicht nach Sierra Leone, sondern nach Angola. Im Dezember 1998 sorgte Global Witness, eine kleine Londoner Nichtregierungsorganisation mit einem halben Dutzend Mitarbeitern, mit einer Studie über den Krieg in Angola für Wirbel. Der Bericht dokumentierte detailliert, wie ein Bürgerkrieg durch die Plünderung von Rohstoffen finanziert wird. Die Rebellenorganisation Unita, von den USA nach Ende des Kalten Krieges als»freiheitskämpfer«fallen gelassen, konnte weiterkämpfen, weil sie jährlich Rohdiamanten im Wert von mehreren Hundert Millionen Dollar auf den Markt brachte. Zu den Aufkäufern zählte auch der Konzern De Beers, der damals fast den gesamten Handel mit Rohdiamanten beherrschte. Wenige Monate nach Erscheinen von A Rough Trade initiierte die deutsche Hilfsorganisation Medico International mit Global Witness und anderen europäischen Gruppen eine Kampagne unter dem Motto»Fatal Transactions«(Tödliche Geschäfte). Das Ziel: Unternehmen, die mit Kriegsparteien Handel treiben, zur Verantwortung zu ziehen, sowie ein effektives Kontrollsystem für Diamanten und andere Rohstoffe aus Konfliktgebieten zu schaffen. Die Gründung der Kampagne war kaum verkündet, da klingelte im Büro von Medico International das Telefon. Die Pressestelle von De Beers versicherte, dass sich die Firma aus Angola und anderen Kriegsgebieten zurückziehe. Im Juli 2000 verkündete dann die gesamte Branche auf ihrem Weltkongress in Antwerpen eine»null Toleranz«-Politik gegen»konfliktdiamanten«. So schnell hatte noch nie eine Industriebranche auf den Druck von Medien und Menschenrechtlern reagiert. Das erste handfeste Ergebnis folgte zweieinhalb Jahre später. Im Jahr 2003 trat der»kimberley-prozess«in Kraft, der erste institutionalisierte Versuch, den Kreislauf zwischen Krieg und Rohstoffhandel zu durchbrechen. Beitrittsländer verpflichten sich, Rohdiamanten nur mehr von staatlich registrierten Händlern ankaufen zu lassen und nur mit dem Herkunftszertifikat»konfliktfrei«auf dem Weltmarkt zu handeln. Die Industrie schloss sich mit einem allerdings freiwilligen System der Selbstkontrolle an. Die schlimmsten Rohstoffkriege im Kongo, in Angola, Sierra Leone und Liberia waren zu diesem Zeitpunkt gerade beendet. Inzwischen sind 71 Länder im Kimberley- Prozess vertreten, und der Anteil der»konfliktdiamanten«ist laut Industrie auf unter ein Prozent gesunken eine Ziffer, die von Menschenrechtsorganisationen wie amnesty international jedoch infrage gestellt wird. So weit, so gut. Aber schon steht man vor dem nächsten Problem: Was ist zu tun, wenn an Rohstoffen immer noch»blut klebt«, obwohl der Krieg im betreffenden Land längst zu Ende ist? Und wie zieht man jene zur Verantwortung, die mit Waffen- und Rohstoffgeschäften Kriege angeheizt haben oder weiterhin anheizen?»folgen Sie der Spur des Geldes, und Sie finden die Verbrecher«, sagte der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC), Louis Moreno-Ocampo, kurz nach seinem Amtsantritt Der ICC mit Sitz in Den Haag ist das einzige permanente internationale Gericht zur Ahndung von Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Unter sein Statut fällt auch der Tatbestand der Beihilfe. Ocampo bezog sich damals ausdrücklich auf Firmen und Individuen, die während des verheerenden Krieges im Kongo»Blutdiamanten«oder andere»konfliktrohstoffe«gekauft hatten in dem Wissen, damit Rebellengruppen zu unterstützen, die für Kriegsverbrechen verantwortlich sind. Soweit bekannt, beschränkt das ICC seine Ermittlungen bislang allerdings auf die Kriegsherren, wohl wissend, wie schwierig es ist, an Profiteure und Hintermänner heranzukommen. Nicht dass es keine Informationen gäbe. In den Diensten des UN-Sicherheitsrats arbeiten verdeckte Ermittler, die in Konfliktgebieten die Einhaltung von Waffen- und Wirtschaftsembargos untersuchen. Auch Global Witness, das sich heute etwas martialisch als»paramilitärischer Think Tank«bezeichnet, ist es wiederholt gelungen, einzelne Branchen zu infiltrieren. Und so ergibt sich über einzelne Akteure ein recht scharfes Bild: Da ist der ehemalige sowjetische Armeeoffizier Wiktor Bout, Inhaber diverser Luftfahrtunternehmen und Briefkastenfirmen, der in West- und Zentralafrika jeden zahlungsfähigen DER WEG DER STEINE: In Afrika gefördert, in Indien verarbeitet, in Europa zur Schau gestellt Warlord mit Rüstungsgütern aus den Beständen osteuropäischer Armeen versorgt hat. Da ist die südafrikanische Firma anglogoldashanti, einer der weltweit größten Goldproduzenten, die nach Recherchen von Human Rights Watch im Nordosten des Kongos mit einer der brutalsten Bürgerkriegsmilizen kooperierte, um Zugang zu den reichhaltigen Goldminen der Region zu erhalten. Da sind die unzähligen französischen, israelischen, libanesischen und südafrikanischen Geschäftsmänner, die alles aufkaufen, was Kriegsherren plündern Holz, Erz, Uran, Gold und eben Diamanten, die trotz Exportembargos und Sanktionen so wunderbar einfach zu schmuggeln sind. Manche bieten das ganze Servicepaket: Lufttransport der Waffen ins Konfliktgebiet, Abtransport der Rohstoffe, Abwicklung des Zahlungsverkehrs über ausländische Konten. Und da ist der holländische Geschäftsmann Guus Kouwenhoven, ein ehemaliger Gebrauchtwagenhändler, der in Liberia das Geschäft für den schlimmsten Kriegstreiber der Region organisierte Liberias Präsidenten Charles Taylor. Kouwenhovens Firma Oriental Timber Company kontrollierte 40 Prozent des liberianischen Marktes für Tropenhölzer, ver kaufte die Ware auf dem Weltmarkt und brachte in firmeneigenen Schiffen Raketenwerfer und Maschinengewehre für Taylors halbwüchsige Milizen zurück trotz eines UN-Waffenembargos. Taylor finanzierte seinerseits im Nachbarland Sierra Leone die Rebellen der Revolutionary United Front (RUF), die berüchtigt dafür waren,»illoyalen«zivilisten die Gliedmaßen abzuschlagen. Die RUF wiederum versorgte Taylor mit Rohdiamanten. Schmuggelware mit dem Zertifikat»konfliktfrei«Allein die Lektüre der Untersuchungsberichte mit ihrem Buchstabensalat aus Milizen und Konzernen lässt ahnen, wie schwierig es ist, gerichtsverwertbares Ermittlungsmaterial herauszufiltern. Viele»Händler des Todes«bewegen sich in einer rechtlichen Grauzone. Es fehlen konkrete Definitionen von»konfliktrohstoffen«und rechtlich verbindliche Regeln für das Verhalten von Unternehmen in Krisengebieten. Sowohl die OECD als auch die UN haben entsprechende Leitsätze, aber die beruhen auf dem Freiwilligkeitsprinzip, die Überwachung ist bestenfalls lückenhaft. Und so gibt es bisher nur einen erfolgreichen Schlag der Justiz gegen einen Profiteur der afrikanischen Kriege. Im Juni 2006 verurteilte ein niederländisches Gericht Guus Kouwenhoven wegen wiederholten Verstoßes gegen ein UN-Waffenembargo zu acht Jahren Haft. Ein glimpfliches Urteil für Uncle Guus, wie er zu seinen besten Zeiten in Liberia genannt wurde. Die Staatsanwaltschaft hatte 20 Jahre beantragt, weil Kouwenhoven Arbeiter seiner Holzfirmen für Taylors Milizen abgeordnet habe und deswegen auch für deren Gräueltaten mitverantwortlich sei. Das sah das Gericht nicht als erwiesen an. Kouwenhovens ehemaliger Auftraggeber und Kumpan Charles Taylor soll sich von April an vor einem UN-Sondergericht verantworten. Nicht für das, was er in seiner Heimat Liberia angerichtet hat, sondern für seine Rolle als Finanzier der Revolutionary United Front in Sierra Leone. Womit man wieder beim Thema»Blutdiamanten«wäre. Diese sind eben doch kein Problem der Vergangenheit. Im Oktober 2006 berichtete eine UN-Expertenkommission, dass Rebellen aus der Elfenbeinküste»Blutdiamanten«im Wert von 23 Millionen Dollar auf den Markt geschmuggelt haben. Verglichen mit dem weltweiten Handelsumfang, ist das minimal, aber für 23 Millionen Dollar kann man eine Menge Waffen kaufen. Der Fall offenbarte eine Schwachstelle im Kimberley-Prozess: Die Diamanten wurden über die Grenze nach Ghana, in ein»kimberley-land«geschmuggelt und dort mit dem Zertifikat»konfliktfrei«versehen. Ghana will nun bis Ende März mit der offensichtlichen Korruption in den eigenen Kontrollstellen aufräumen. In Anbetracht von korruptionsgeplagten Mitgliedsländern wie dem Kongo, Angola, aber auch Indien, wo inzwischen über 80 Prozent aller Rohdiamanten geschliffen und poliert werden, ist der Kimberley-Prozess also ein work in progress. Zudem beschränkt er die Definition von»konfliktdiaman ten«auf Steine, die von»rebellen und ihren Verbündeten zur Finanzierung des bewaffneten Kampfes gegen eine legitime Regierung«benutzt werden. Was aber, wenn eben diese Regierung gegen elementare Menschenrechte verstößt? In Angola riskiert der Journalist Rafael Marques de Morais seit Jahren Kopf und Kragen, weil er immer wieder ein Geflecht aus Armeeoffizieren, privaten Sicherheitsfirmen und Diamantenfirmen bloßstellt, die mit Überfällen, Folter, Verstümmelungen und willkürlichen Verhaftungen gegen die Zivilbevölkerung und garimpeiros in ihren Konzessionsgebieten vorgehen. Garimpeiros sind meist bettelarme Diamantensucher, die auf eigene Faust arbeiten. Angolanische Diamanten aber kommen mit dem Gütesiegel»konfliktfrei«auf den Markt. Ebenso Rohsteine aus Sierra Leone, wo ausländische Firmen nun mit Zwangsräumungen Dorfbewohner von ihren Konzessionsgebieten vertreiben, Ackerland zerstören und die Minenarbeiter teils in»sklavenähnlichen Bedingungen halten«. So beschreibt es Abu Brima, Mitbegründer des»netzwerks für Gerechtigkeit und Entwicklung«, das schon zu Bürgerkriegszeiten den Handel der RUF mit»blutdiamanten«recherchierte. Brimas Organisation arbeitet an der Umsetzung des Kimberley-Prozesses mit, er weiß diesen Fortschritt zu schätzen, aber er geht ihm nicht weit genug.»wohlstandsdiamanten«statt»blutdiamanten«lautet ein Slogan der Mitgliedsländer, doch in den Statuten des Abkommens steht nichts über Ausbeutung von Arbeitern. Auch nichts über Sank tionen gegen Unternehmen und Regierungen, die fast den gesamten Gewinn an der Bevölkerung vorbeileiten. Steuern von drei bis fünf Prozent kassiert der sierra-leonische Staat von den Diamantenfirmen. Davon, so Brima, tröpfelten nur 0,75 Prozent in die vom Krieg völlig zerstörten Gemeinden der Diamantengebiete.»Es gibt nicht die geringste Transparenz weder beim Staat noch bei den Unternehmen.«Friedensdividende? Fehlanzeige. In Sierra Leone leben Zehntausende von Kriegsverstümmelten, die bislang keinerlei Entschädigung erhalten haben. Die Lebenserwartung beträgt 40 Jahre, im Entwicklungsindex der UN rangiert das Land auf dem vorletzten Platz. Was Sierra Leone im Überfluss hat, sind junge Männer ohne Perspektive und Diamanten. Das war schon einmal eine tödliche Kombination. Blood Diamond mit Leonardo DiCaprio hat Abu Brima übrigens noch nicht gesehen. Er hofft, dass irgendein Besucher aus den USA demnächst eine Videokopie mitbringt. Die Delegation der amerikanischen Rapper hat er wahrscheinlich getroffen. Genau kann er sich nicht erinnern.»da kommen zurzeit alle paar Tage welche aus Amerika, um sich hier nach den Blutdiamanten zu erkundigen.«pinky, der Rapper und Schmuckdesigner, will jetzt in den USA juwelenverzierte Radkappen verkaufen und den Erlös für den Wiederaufbau in Sierra Leone spenden.»soll er machen«, sagt Abu Brima.»Aber das Geld nicht einfach bei der Regierung abgeben.«siehe auch FEUILLETON, SEITE 50 Audio a S.3

4 S. 4 4 POLITIK 25. Januar 2007 DIE ZEIT Nr. 5 Nach der Strafe Vergebung und Versöhnung sind allzu große Worte für das, worum es im konkreten Fall geht nämlich um die Frage, ob die als Terroristen wegen mehrfachen Mordes verurteilten vormaligen RAF-Mitglieder Brigitte Monhaupt und Christian Klar noch länger im Gefängnis verharren sollen. Der Staat als Institution ist weder eine Person, die sich mit einer anderen Person versöhnen kann, noch eine metaphysische Größe, der Vergebung zu Gebote steht. Wäre es anders, dann hätten wir mit schwammiger Politik oder schlechter Religion zu tun. Das Einzige, was ein Rechtsstaat muss, nämlich das Maximum und das Minimum seiner Möglichkeiten zugleich, ist dies: Er hat sich an seine eigenen Regeln zu halten. Und die sehen nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ausgerechnet aus dem Jahr 1977, also aus dem Jahr des Deutschen Herbstes, Folgendes vor:» dass dem zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten grundsätzlich eine Chance verbleibt, je wieder der Freiheit teilhaftig zu werden. Die Möglichkeit der Begnadigung allein ist nicht ausreichend.«es bedarf einer gesetzlich geregelten Überprüfungsmöglichkeit, sonst wäre die bis zum Tode währende Freiheitsstrafe verfassungswidrig, nämlich der»zivile Tod«als Ersatz für die physische Todesstrafe. Dies alles gilt, jedenfalls in unserem Rechtsstaat, auch für die Straftäter der RAF. Im Fall der Brigitte Monhaupt ist dies ganz unstrittig. Deshalb hat auch die Bundesanwaltschaft selbst beantragt, nach der Verbüßung von 24 Jahren die weitere Strafe zur Bewährung auszusetzen ein nüchternes rechtliches Verfahren, das nichts mit Gnade, Vergebung oder dergleichen zu tun hat. Denn Strafe bleibt hier Strafe, nur dass ihr Rest eben ausgesetzt wird. Anders im Falle Christian Klars, der den regulären Überprüfungstermin im Jahr 2009 nicht abwarten will, sondern schon jetzt einen Gnadenantrag gestellt hat. Hier nun zeigt sich der entscheidende Unterschied: Im Fall Monhaupt hat ein Gericht zu prüfen, ob etwas gegen die Aussetzung spricht, im Fall Klar muss der Bundespräsident prüfen, ob etwas für den Gnadenerweis (vor dem gerichtlichen Stichtag) spricht. In diese Entscheidung, in die naturgemäß auch einfließen kann und muss, ob und wie der Täter sich heute zu seiner Tat stellt, sollte Horst Köhler niemand öffentlich hineinreden schon gar nicht mit den allzu großen Worten von Vergebung und Versöhnung. Versöhnung können nämlich nur die Opfer dem Täter anbieten. Und darum müsste der Täter sie erst einmal bitten. ROBERT LEICHT Nase zu und durch Hübsch anzusehen ist das nicht, wie Serbien murrend und knurrend gen Europa rumpelt. Die Ultranationalisten, deren Vorsitzender Vojislav Šešelj vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal seinem Prozess entgegensieht, sind nach den Wahlen am Sonntag erneut stärkste Fraktion geworden. Die EU tut nun, was sie tun muss: Sie hält sich die Nase zu und applaudiert dem»erfolg der demokratischen Kräfte«, um die Wiederaufnahme der EU-Verhandlungen in Aussicht stellen zu können. Das Problem: Besagter Erfolg verteilt sich auf vier Parteien, von denen die beiden größten, die DS von Präsident Tadić und die DSS von Premierministers Koštunica, einander spinnefeind sind. Sie müssen sich nun zu einer Koalition zusammenraufen und unter dem»verrat«-geschrei der Ultranationalisten zwei»altlasten«abwickeln: die Unabhängigkeit des Kosovos hinnehmen, was vor allem Koštunica schwerfällt. Und den General Ratko Mladić endlich nach Den Haag bringen. In der Zwischenzeit könnte auch die EU ihren warmen Worten Taten folgen lassen und endlich den Visumzwang lockern. Damit die pro-europäischen Serben endlich europäischen Boden unter den Füßen bekommen zumindest als Besucher. ANDREA BÖHM Herr Mehdorn, solche Post gibt s sonst nur in Bild, aber wenn es um den Bröckel-Bahnhof geht, wollen auch wir uns mal direkt zu Wort melden. Wissen Sie, dass es bald schneit? Und dass dann eine Handvoll Pulverschnee genügt, um Ihren überflüssigen, potthässlichen, von überall in Berlin zu weit entfernten Protz- und Überbahnhof in sich zusammenrutschen zu lassen wie eine alte Moorkate? Und dass wir dann ernsthaft auf Sie böse sind, weil wir wieder nicht wissen, wo wir in unseren Zug nach Hamburg einsteigen sollen, der nur dann schnell ist, wenn er wirklich fährt? Warum mussten Sie mit einem baltischen Architekturgroßfürsten dieses traurige Monstrum aushecken, dessen tragende Elemente leicht und luftig aussehen, während das Schwere außen als loses Ornament darauf lauert, Ihre Kunden zu erlegen? Ein Volk von erfahrenen Heimwerkern sollte so etwas durchgehen lassen? Sie, Herr Mehdorn, haben in einem Anfall von linkischem Wilhelminismus in der Hauptstadt den Zentralismus eingeführt. Mit einem einzigen Bauvorhaben Ost- und Westberliner gleichzei tig zu demütigen war bisher noch keinem gelungen. Vor dem Bröckel-Bahnhof wird sofort die achtzig Millionen teure Barockfassade des Schlossvereins angebracht! Die ist wenigstens sicher. Der Zoo wird wieder Fernbahnhof. Die Ostberliner steigen im neuen Bahnhof Republikpalast ein. Trotzdem schmoren Sie im Fegefeuer für Staatskapitalisten, Unterabteilung für versägte Börsengänge. Dort bauen Sie mit Streichhölzern Ihre Bausünde nach. Alle fünfzig Jahre kommt ein Teufel, der alles wieder umpustet. Ihr THOMAS E. SCHMIDT Guantánamo-Gate Ehemalige Mitarbeiter des Kanzleramts versuchen die Einreisesperre für Murat Kurnaz zu rechtfertigen. Doch der Skandal bleibt VON JOCHEN BITTNER Dem Außenminister ist immerhin zugutezuhalten, dass er sich in der Affäre Murat Kurnaz konsequent verhält. Nach allem, was bisher bekannt ist, hat Frank-Walter Steinmeier (SPD) vier Jahre lang unbeirrt an der Fehlentscheidung festgehalten, den in Bremen aufgewachsenen Türken im Stich zu lassen, nachdem dieser Anfang 2002 ins US-Internierungslager Guantánamo verschleppt worden war. Aber vielleicht ist ja bisher nicht alles bekannt. Vielleicht gab es Gründe für den damaligen Kanzleramtschef Steinmeier, die Rückkehr von Kurnaz zu verhindern Gründe, die sich bislang einfach niemand vorstellen kann. Entsprechend gespannt wartet nicht nur Murat Kurnaz auf eine Erklärung Steinmeiers, sondern mittlerweile das ganze Land. Doch Steinmeier sagt, der»respekt«gebiete es, sich vorerst öffentlich nicht näher zu der Sache zu äußern. Erst vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss wolle er dies tun. Setzt Steinmeier wieder auf Zeit, also darauf, dass sich die Sache Kurnaz damit von selbst erledigt? Viel spricht dafür, dass Steinmeier und seine damaligen Mitarbeiter im Kanzleramt genau dies von Anfang an gehofft haben. Von dem Moment an, als sie erfuhren, ein»bremer Taliban«sei in das Gefangenenlager auf Kuba gebracht worden. Die Affäre nimmt ihren Lauf am 9. Januar An diesem Tag unterrichtet der Bundesnachrichtendienst (BND) das Bundeskanzleramt, US-Soldaten hielten im afghanischen Kandahar den aus Bremen stammenden, 19 Jahre alten Murat Kurnaz gefangen. Pakistanische Sicherheitskräfte hatten den Teenager in Pakistan aufgegriffen und gegen ein Kopfgeld den Amerikanern übergeben.»m.k. solle noch im Verlauf der Woche nach Guantanamo überstellt werden«, hält ein geheimer Regierungsbericht fest. Zwei Wochen später kommt die Nachricht aus Afghanistan:»Verbringung nach Guantanamo werde vorbereitet. Es bestehe ein Angebot, M.K. zu befragen.«für Ernst Uhrlau, den damaligen Geheimdienstkoordinator und heutigen BND-Präsidenten, ist das eine verlockende Vorstellung, denn deutsche Geheimdienstler verdächtigen Kurnaz, Mitglied einer islamistischen Gruppierung zu sein. Uhrlau plädiert dafür, BND-Mitarbeiter nach Kuba zu schicken, sobald sich die Gelegenheit ergebe. In den kommenden Monaten bemühen sich deutsche Diplomaten und Geheimdienstler gegenüber der US-Regierung nach allen Regeln der Kunst darum, den türkischen Staatsbürger Kurnaz als Deutschen und damit als»ihren«kunden zu etablieren. Gegenüber Kurnaz Mutter, die sich mittlerweile Hilfe suchend an den damaligen Außenminister Joschka Fischer gewandt hatte, teilt das Auswärtige Amt unterdessen mit, konsularische Hilfe für ihren Sohn sei nur»sehr eingeschränkt«möglich schließlich besitze Murat einen türkischen Pass. In aller Stille machen sich Ende September 2002 zwei BND-Mitarbeiter und ein Verfassungsschutzbeamter auf den Weg nach Guantánamo. Begleitet werden sie von einem Mitarbeiter der CIA. Zweieinhalb Tage lang befragen die Experten Murat Kurnaz, danach sind sie sich sicher: der»bremer Taliban«(Bild-Zeitung) ist ein frommer Naivling, der»zur falschen Zeit am falschen Ort war«. Die Dschama at Tablighi, deren Koranschulen Kurnaz in Pakistan besuchen wollte, gilt in Gelehrtenkreisen als friedliche missionarische Gruppe. Kurnaz habe nichts mit»terrorismus, geschweige denn mit al-qaida«zu tun, teilen die deutschen Guantánamo-Besucher am 2. Oktober 2002 dem Kanzleramt mit. Zum selben Ergebnis kommt rund zwei Jahre später eine US-Richterin, die den Fall Kurnaz als exemplarisch für die Willkür der Terroristenhäscher beschreibt. Weiter berichtet der BND ans Kanzleramt:»Die Bitte des Leiters der Befrager an die US-Seite, Kurnaz möglichst bald freizulassen, wurde offensichtlich positiv aufgenommen.«nach zehn Monaten illegaler Haft steht Murat Kurnaz also im Herbst 2002 kurz davor, aus dem tropischen Käfiglager entlassen zu werden. Doch dann passiert etwas im Berliner Kanzleramt, was dazu führte, dass Kurnaz fast vier weitere Jahre in Guantánamo zubringen muss. In kleinem Zirkel, der sogenannten»präsidentenrunde«im Kanzleramt, verschwört man sich nicht OTTO SCHILY»Würden wir Osma bin Laden in Deutschland festnehmen, käme er vor Gericht und könnte alle Rechte eines Angeklagten in Anspruch nehmen«damaliger Bundesinnenminister, DIE ZEIT vom 13. März 2003 nur gegen Kurnaz Rückkehr, sondern beginnt auch, die Wiedereinreise des Häftlings systematisch zu hintertreiben. Der jeweils dienstags tagenden Runde gehört neben den Chefs der drei Nachrichtendienste, dem BKA-Präsidenten, dem Geheimdienstkoordinator Uhrlau sowie Staatssekretären aus dem Innen- und Außenministerium regelmäßig auch der Kanzleramtschef an. Es ist, mit anderen Worten, die vornehmste Ansammlung prä ven tions fixier ter Sicherheitsdenker, die das Land zu bieten hat. Das Protokoll der Sitzung vom 29. Oktober 2002 hält fest:»bnd plädiert hinsichtlich Nachfrage der USA, ob M.K. nach DEU oder in die TUR abgeschoben werden solle, für Abschiebung in die TUR und Einreisesperre für DEU. AL6/ BKAmt, und StS BMI teilen die Auffassung.«AL6 ist das Kürzel für Abteilungsleiter 6, also Ernst Uhrlau. Für den BND sprach damals dessen Präsident August Hanning, er ist heute Staatssekretär im Bundesinnenministerium. Jedenfalls diese beiden Spitzenbeamten bereiten also die skandalöse Entscheidung vor, Kurnaz in Guantánamo schmoren zu lassen. Sie bleiben auch bei ihrer Meinung, als die türkische Regierung definitiv abwinkt, die Interessen des in Deutschland verwurzelten Kurnaz wahrzunehmen. Warum? Ernst Uhrlau sagte der ZEIT am 14. Juni 2006, es habe sich um eine»schwierige Güterabwägung«gehandelt, die kein anderes Ergebnis zugelassen habe. Bloß, welches Interesse der Bundesregierung konnte damals so schwer wiegen, dass es das Interesse eines Unschuldigen, in Freiheit zu leben, übertraf? Diese Frage muss Frank-Walter Steinmeier beantworten, denn er trägt die politische Verantwortung für den Vorgang, unabhängig davon, ob er in der entscheidenden»präsidentenrunde«zugegen war oder nicht. Einige Vertreter der damaligen Bundesregierung haben unter der Bedingung, dass ihre Namen nicht genannt werden, gegenüber der ZEIT die damalige Entscheidung ERNST UHRLAU»Sie dürfen Guantánamo 2002 doch nicht mit den Augen von 2006 sehen. Niemand ahnte damals, dass Guantánamo auf lange Zeit bestehen würde«bnd-präsident, DIE ZEIT vom 14. Juni 2006 begründet. Doch ihre Erklärungen sind entweder unplausibel, widersprechen einander oder reichen nicht aus. Die erste Erklärung lautet, die US-Seite habe gar kein echtes Angebot gemacht, Kurnaz freizulassen. Vielmehr hätten die deutschen Guantánamo- Besucher ihrem CIA-Begleiter den Vorschlag unterbreitet, Kurnaz in Deutschland als Informant im Islamistenmilieu zu nutzen. Die se Idee habe man aber schnell verworfen. Die zweite Erklärung lautet, die Amerikaner hätten die Freilassung an die Bedingung geknüpft, dass Kurnaz rund um die Uhr geheimdienstlich überwacht werde. Dafür, so ein hochrangiger Sicherheitsbeamter, habe es jedoch»keine Rechtsgrundlage«gegeben. Die Behauptung, Kurnaz hätte in Deutschland nicht überwacht werden dürfen, ist schlicht falsch. Natürlich wäre das zulässig gewesen, solange die Behörden in Kurnaz ein potenzielles Sicherheitsrisiko gesehen hätten. Die dritte Erklärungsvariante ist vielleicht noch die glaubwürdigste, aber sie würde zugleich belegen, dass den Sicherheitsbeamten der Sinn für die Verhältnismäßigkeit abhanden gekommen war. Es heißt, die Sicherheitsrunde im Kanzleramt habe dem Urteil der Guantánamo- Delegation, Kurnaz sei harmlos, nicht getraut. In vielen deutschen Geheimdienstbüros habe der Bremer weiterhin als gefährlicher Islamist gegolten, der vorgehabt habe, in Afghanistan westliche Soldaten zu töten. Damit fiel Kurnaz in die ebenso diffuse wie gefürchtete Kategorie Schläfer/ Hassprediger/Gefährder. Ein Staatsfeind, kurz gesagt, dem man nie und nimmer eine Einreisegenehmigung erteilt hätte. Warum sollte man sich so einen freiwillig aufhalsen, wenn er schon einmal außer Landes war? Ein damals an der Entscheidung Beteiligter bringt die Geisteshaltung im Kanzleramt auf den Punkt.»Es galt: Im Zweifel für die Sicherheit.«Bloß, diese Sicherheit für Deutschland hätte sich mit der Freilassung von Kurnaz durchaus in Einklang bringen lassen. Man hätte ihn in Deutschland vor Gericht stellen können wie andere Terrorverdächtige auch (ein Ermittlungsverfahren gegen ihn lief ja). Man hätte ihn überwachen und notfalls mit der Ausweisung drohen können. Man hätte ihn jedenfalls rechtsstaatlich behandeln müssen. Stattdessen herrschte Staatsräson pur erlaubt war, was Sicherheit zu schaffen schien.»diese Haltung ist natürlich extrem falsch«, sagt Max Stadler, der für die FDP im Untersuchungsausschuss sitzt,»aber sie würde immerhin noch eine Argumentationslinie ergeben.«aber was sollte diese Linie für Murat Kurnaz bedeuten? Dass er notfalls den Rest seines Lebens in Guantánamo Was wusste Ex-Kanzleramtschef STEINMEIER vom Schicksal des»bremer Taliban«? Dazu wird er vor dem Ausschuss aussagen müssen hätte verbringen dürfen? Dagegen hätte die rot-grüne Bundesregierung offenkundig nicht einmal etwas einzuwenden gehabt. Nur einen Tag nach der»präsidentenrunde«, am 30. Oktober 2002, erarbeitet das Bundesinnenministerium laut Süddeutscher Zeitung einen»fünf-punkte-plan«, um sich Kurnaz dauerhaft vom Leibe zu halten. Mit allen Mitteln soll dafür gesorgt werden, dass Kurnaz seine Aufenthaltsgenehmigung für Deutschland verliert. Dafür habe das Bundesinnenministerium direkt bei der Bremer Innenbehörde mit der Bitte interveniert, sie solle Kurnaz Aufenthaltsgenehmigung nicht erneuern, schließlich habe er sie während seiner Haft auf Guantánamo (!) nicht verlängern lassen. Notfalls, so plante es das Innenministerium laut SZ, solle das Bundesamt für Verfassungsschutz die Amerikaner bitten, Kurnaz Pass herauszugeben, damit seine Aufenthaltsgenehmigung»physisch ungültig«gemacht werden könne. Im Klartext hieße dies, das Innenministerium wollte ein Ausweisdokument verstümmeln ein in der bundesdeutschen Rechtsgeschichte wohl einmaliger Vorgang. Die Abwehrbemühung gingen weiter bis nach der Bundestagstagswahl im September Noch am 27. Oktober 2005 berieten sich laut Zeitungsberichten die Staatssekretäre Lutz Diwell (Innen) und Georg Boomgarden (Außenamt), wie sie an belastendes Material gegen Kurnaz herankommen könnten, um gegebenenfalls einen Visumsantrag ablehnen zu können. Selbst Kurnaz Anwalt Bernard Docke hätte der Bundesregierung eine solche verschwörerische Energie bis vor wenigen Tagen nicht zugetraut.»ich bin schon überrascht über diese Bösartigkeit, diesen unbedingten Willen, Murat Kurnaz unter gar keinen Umständen zurückzunehmen. Was ist denn eigentlich das Motiv für diese Aggressivität und Kreativität?«, fragt er. Mittlerweile zeigt auch der sonst fast lähmungsähnlich besonnene Unions-Vorsitzende des BND-Ausschusses, Siegfried Kauder, erste Anzeichen von Verärgerung.»Steinmeier muss noch einmal in den Ring«, sagt er.»damit könnten wir uns die Fragen drumherum vielleicht sogar ersparen.«für Uhrlau, Hanning und Steinmeier sind all die Fragen umso schwieriger zu beantworten, als die neue Kanzlerin Merkel den Häftling Kurnaz im August 2006 ohne größere Probleme nach Hause brachte. Offenbar war sie schnell zu einer neuen, eindeutigen»abwägung«gelangt. Gleichwohl, die Kanzlerin stützt ihren Außenminister, demonstrativ. Sie hat ja nur einen. Fotos [M]: Peer Grimm/dpa; Christian Schroth/action press (klein) S.4

5 S Januar 2007 DIE ZEIT Nr. 5 POLITIK 5 Familie, ein Schlachtfeld? Eine neue Studie belegt das Gegenteil: Die Generationen halten besser zusammen denn je VON SUSANNE GASCHKE Zum Wesen der Medien gehört es, dass sie sich für gesellschaftliche Konflikte interessieren; zu ihren Unarten, dass sie diese Konflikte gern publikumswirksam überzeichnen. Der problematischen Altersentwicklung in Deutschland widmeten sich in den letzten Jahren eine Fülle von Publikationen, Talkshows und hochrangig besetzten Konferenzen in der vergangenen Woche auch der alarmistische ZDF-Spielfilm- Dreiteiler Aufstand der Alten. Die demografische Entwicklung wird bei solchen Bemühungen oftmals mit der allgemeinen familienpolitischen Debatte verknüpft und legt dann ein insgesamt düsteres Bild von Familie nahe. Da rin dominieren Belastungen und finanzielle Benachteiligungen, überstrapazierte Familienernährer und parasitäre Rentner, Akademikerinnen im Gebärstreik und Unterschichtseltern, die ihre zu zahlreichen Kinder verkommen lassen. Familie, ein Schlachtfeld? Diesem Eindruck widerspricht das Generationenbarometer 2006, eine Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach, deren vollständiges Datenmaterial aus einer repräsentativen Stichprobe mit mehr als 2600 Befragten in der kommenden Woche in Berlin vorgestellt wird. Die Autoren ziehen eine vom Mainstream der Diskussion durchaus abweichende Bilanz.»Die Deutschen«, schreiben sie,»erweisen sich als Schwarzseher. Privat verstehen sie gut zu leben und fühlen sich in ihren Beziehungen zu jüngeren und älteren Angehörigen überwiegend wohl. In der Gesellschaft und in den Familien der anderen jedoch sehen sie sich von Abgründen und Gefahren umgeben.«dabei zeigen die Daten der Erhebung eine fast schon unheimliche ideologische Annäherung der Generationen: Auffassungen zu Fragen von Moral, Sexualität, Politik und Religion haben sich weitgehend angeglichen. Sah 1986 noch ein gutes Drittel der Jüngeren»überhaupt keine Übereinstimmung«mit den Eltern, so macht das Generationenbarometer heute noch ganze acht Prozent solcher vollkommen distanzierten Jugendlichen aus. Die neuen Belastungen in der Arbeitswelt setzen die Menschen zwar unter Druck und erschwe ren mitunter die Entscheidung für Partnerschaft und Kinder; zugleich aber hängt offenbar das Engagement für den eigenen Beruf positiv mit der Einstellung zur Familie zusammen. Die Wichtigkeit einer starken Familienbindung betonen heute 78 Prozent der Befragten, fast 10 Prozent mehr als vor zehn Jahren; bei den Jugendlichen sind es sogar 15 Prozent mehr als damals. Diese positive Haltung zieht sich durch alle gesellschaftlichen Schichten. Von dramatischen Desintegrationsprozessen ist nach der Allensbach-Studie auch in der ökonomisch und bildungsmäßig benachteiligten Unterschicht wenig festzustellen. Fast 70 Prozent der 16- bis 59-jährigen Angehörigen dieser Gruppe bezeichnen Familie als»wichtigsten Lebensbereich«. Da mehr als die Hälfte von ihnen unter finanziellen Problemen leidet, kommt der Familie sogar mehr existenzielle Bedeutung zu als in der Mittel- und Oberschicht. In Notlagen haben 34 Prozent der Unterschichtsangehörigen schon finanzielle Hilfe von ihren Verwandten erhalten diese Form der praktizierten Solidarität fällt in Mittel- und Oberschicht kaum anders aus. Die Enthierarchisierung und Abkehr von autoritären Strukturen, die in den akademischen Mi lieus der siebziger Jahre begannen, haben mittlerweile auch bildungsferne Familien erreicht. War deren Nachwuchs früher in vielen Fällen geprägt durch ein schlechtes Verhältnis zum häufig brutal körperlich strafenden Vater, so wächst inzwischen die Zahl der Jugendlichen, die mit ihrem Vater gut oder sehr gut auskommen. Dieser Prozess braucht freilich Zeit. Ein rigider Erziehungsstil bleibt einstweilen Merkmal des Familienlebens in der Unterschicht. Familienbegleitende Hilfen müssten denn wohl am ehesten an Ton und Klima ansetzen. In weniger als der Hälfte der Unterschichtsfamilien herrscht eine Atmosphäre von»wärme und Geborgenheit«(Oberschicht: 64 Prozent); nur 47 Prozent legen Wert auf Familienrituale wie etwa gemeinsames Essen (Oberschicht: 68 Prozent). Und während sich immerhin 45 Prozent der Befragten aus privilegierten Elternhäusern in ihrer Kindheit»viel gelobt«fühlten, erinnern sich an Lob nur 25 Prozent der Sprösslinge aus benachteiligten Familien. Fast logisch ergeben sich daraus jene beachtlichen 40 Prozent der Befragten aus der Unterschicht, die als wichtiges Lebensziel den Wunsch äußerten,»dass andere mich mögen, dass ich beliebt bin«. Ober- und Mittelschichtsangehörigen ist das herzzerreißend viel gleichgültiger. Eltern KLETTERN noch nicht mit. Aber sie bemühen sich mehr als früher, ihre Kinder zu verstehen Foto: Lukasz Trzcinski/laif Samtpfötchenprogramm Sobald sie Politik machen, vergessen Parteien ihr Programm. Nur wenn sie opponieren müssen, berufen sie sich gern auf Beschwörungsformeln, die sie irgendwo niedergelegt haben. Die Magie einer fast schon musealen Schriftkultur tut dabei immer noch ihre Dienste: Wo sonst können Werte fixiert werden, die in der politischen Praxis verdampfen, täglich musealisiert werden? Und wenn es eine Partei gibt, die auf diesen Mechanismus der geistig-politischen Selbstvergewisserung vertraute, dann war es die SPD. Oft genug gezaust zwischen Machtinteresse und Moralanspruch, bändigte sie Fliehkräfte immer wieder durch Verweis auf ihr Programm. Seit mehr als zehn Jahren debattiert die SPD nun über ein neues Grundsatzprogramm, welches das alte von 1989 ersetzen soll.»debatte«ist hier aber ein großes Wort. In Wirklichkeit interessierten sich vor allem die häufig wechselnden Parteivorsitzenden für die Diskussion und die ewigen Programmschreiber. Den großen Austausch mit der Gesellschaft und ihrer Intelligenz bekam die Partei bisher nicht hin. Anfang des Jahres legte der Vorstand den»bremer Entwurf«vor. Ende Oktober schon soll das neue Grundsatzprogramm auf dem Bundesparteitag in Hamburg beschlossen werden. Es heißt Soziale Demokratie im 21. Jahrhundert, und man möchte gleich fragen: Wie sonst? Immerhin verbirgt sich hinter dem Wort eine Weichenstellung. Vom»demokratischen Sozialismus«seit Godesberg die Begriffsmonstranz der SPD ist nicht länger die Rede. Verschwunden ist der autoritäre, selbstgewisse Ton des 89er Programms, aufgegeben die von Oskar Lafontaine inspirierte öko so zialis ti sche Vision, die damals eine gesellschaftliche Wirklichkeit mehr beschwor als beschrieb. Dann folgten die deutsche Wiedervereinigung, die Sonderkonjunktur Kohls, die Wahlniederlage Lafontaines und einige Jahre darauf mit dem Vorsitzendenwechsel Engholm, Scharping, Lafontaine eine veritable Identitäts- und Führungskrise. Die Agenda 2010 darf kein Unfall der Parteigeschichte sein Man kommt nun ab von einer Mo der ni sie rungsidee der Gesellschaft, deren Grund eine starke nationalstaatliche Politik bildet. Kein Begehren nach stärkerer staatlicher Wirtschaftslenkung mehr, kein gewerkschaftlicher Maximalismus mit Wochen arbeitszeitverkürzungen und ausgeweitetem Kün digungsschutz, kein fahnenschwenkender Pazifismus, kein Ausbau des Sozialstaats. Die Wirklichkeit und das Regieren haben das»programmliche«der SPD ziemlich weggehobelt. Auch tief unten, wo das heilige Selbstverständnis der Partei verwahrt wird, ist die Entscheidung zugunsten der Wirklichkeit ausgefallen. Was ins Au ge sticht, ist das nachdrückliche Bekenntnis zur Globalisierung:»Wir begreifen die Globalisierung als Chance für neue Arbeitsplätze und für die Sicherung des Wohlstands in den kommenden Jahrzehnten.«Was auch heißt:»wir bejahen den technologischen Fortschritt.«Wer will, kann das vertraute Profil der SPD immer noch wiedererkennen. Was sich seit dem Godesberger Programm von 1959 politisch da raus ergab, wird nun aber ausdrücklich in Kongruenz mit einer weltweiten Marktwirtschaft gefordert.»es gibt keinen Weg zurück in die Ära der alten Industriegesellschaft und in den Nationalstaat des 20. Jahrhunderts. Wir richten den Blick nach vorn.«doch wo ist vorn? So einfach lassen sich die Die SPD macht ihren Frieden mit dem globalen Kapitalismus. Der Preis für diesen Pragmatismus ist hoch VON THOMAS E. SCHMIDT Linien der eigenen Moral nicht ins Globale verlängern. Ist es im Licht der Imperialismusgeschichte des Westens in Ordnung, wenn Asien ungestüm in die Industrialisierung strebt oder gibt es mit Blick auf die Klimakatastrophe nicht auch Einwände gegen diesen Prozess? Über solche moralischen Dilemmata läse man gern mehr. Sonst bleibt nur globaler Pragmatismus übrig, aber von dem sich zu distanzieren, ist gerade das erklärte Ziel des Programms. Mit dem Kosovound dem Afghanistaneinsatz der Bundeswehr hatte sich die Schröder-SPD vom Nachkriegspazifismus verabschiedet. Richtete sich beim Nein zum zweiten Irakkrieg wirklich die alte Friedenspartei wieder auf? Was bedeutet das für künftige Bundeswehreinsätze? Krieg um des Friedens willen: Eine übernationale Moralität wäre mehr als Rücksichtnahme auf den Gefühlshaushalt der Partei. Moralische Normen gelten nicht global. Ihr Inhalt und ihre Reichweite werden in einem offenen politischen Prozess ausgehandelt. Der Eindruck ist, dass das SPD-Programm dergleichen Wagnisse und Untiefen eher umschifft, ja sie durch globalistische Formeln mehr abmoderiert, als sie zu analysieren. Das Stichwort lautet»multilateralismus«. Es heißt:»wir setzen auf faire Partnerschaft, intensive Zusammenarbeit und eine Einbindung in das Gefüge internationaler Organisationen und Institutionen.«Nur bleibt die Frage offen, woher diese Organisationen im Konfliktfall ihre Legitimität beziehen. Und ob sie sich in der Vergangenheit tatsächlich immer den Anforderungen gewachsen gezeigt haben. Das Programm, nationale Politik in einem Beziehungsgeflecht übernationaler Einflusschancen zu entlasten und ausgerechnet damit neue Gestaltungskompetenz zu eröffnen, klingt eher ratlos. Auch ein Satz wie»die Europäische Union ist unsere Antwort auf die Globalisierung«liest sich gut. Aber eine europäisierte Sozialdemokratie wird nicht dadurch attraktiv, dass sie eine neue, höhere Zentralperspektive sucht, von wo aus sie politische Gestaltung verspricht. Schon gar, wenn es sich um die komplexe und ermüdete EU handelt. Ergibt man sich dem Zauber von Wörtern wie»interdependenz«oder»vernetzung«, argwöhnt der Leser, hier werde Mo der ni sie rungspolitik durch Modernisierungssemantik ersetzt. Im Zentrum des Bremer Programmentwurfs schimmert wie ein Medaillon der Begriff des»vorsorgenden Sozialstaats«:»Sicherheit im Wandel gewährleisten«. Von jenen aber, die sich durch die wie auch immer fein gesteuerten Inklusionswerkzeuge des vorsorgenden Sozialstaats nicht zurückholen lassen, schweigt das Programm. Nichts über Langzeitarbeitslose, nichts über die Unterschicht, die Kurt Beck immerhin selbst einmal öffentlich erwähnte. In dieser Hinsicht ist keine Modernisierung des Sozialstaats geplant. Der Bremer Entwurf bastelt gleichsam einen nachträglichen Sinnrahmen um die Agenda-Politik. Ihn hatte Gerhard Schröder seinerzeit nicht mitgeliefert. In der Koalition bleibt die SPD jedoch auf diese Politik festgelegt. Die Sozialstaatsreformen dürfen kein Unfall in der Parteigeschichte sein, immerhin werden sie nun in ein Konzept eingebunden, das Bildungs- und Familienpolitik mit umfasst. Aber weiter als bis jetzt möchte auch das neue Programm nicht gehen. Becks Satz vom Ende der reformerischen Zumutbarkeit signalisiert auch tagespolitisch, wo für die SPD die Grenze liegt. Die Formeln, mit denen die Partei in den vergangenen Monaten eine gewisse sozialpolitische Härte anzeigte,»hilfe zur Selbsthilfe«oder»Fördern und Fordern«, tauchen lediglich im Kapitel Vorsorgende Sozialpolitik der Kommunen auf. Wo wirkliche Not ist, sollen die Gemeinden ran. Die Agenda ist für die SPD kein Ausrutscher, aber auch kein Zukunftsprojekt. In der Vergangenheit verstand sich die SPD als Programmpartei, was vor allem signalisierte, dass sie über moralische Prinzipien verfügte, die sie auch beim Regieren nicht zu opfern bereit war. Sie waren ihr Schutz vor dem Zynismus realistischer Politik. Die SPD wollte mehr sein als Kanzlerwahlverein. Doch wenn sie regierte, brachte sie oft genug auch pragmatische Machtpolitiker wie Schmidt oder Schröder hervor, die sie bewunderte, unter denen sie aber bald litt. Die Spannung zwischen Macht und Moral bleibt eine erneuerbare Energieressource der Partei. Sozialdemokraten:»Hier werden Sie geholfen«was jedoch das neue Grundsatzprogramm jetzt versucht, ist, diesem strukturellen Konflikt die Dramatik zu nehmen. Bekenntnisse zu den Traditionswerten fehlen nicht, gleichzeitig holt das Programm die identitätszermürbenden Erfahrungen der Regierungsverantwortung so weit ins Selbst verständnis der Partei hinein, wie es nur geht. Mit dem globalen Kapitalismus macht die SPD ihren Frieden, Kontur zeigt sie vor allem in Form eines Konservatismus, der sich um soziale Standards sorgt. Das ist zwar realitätsgerecht, doch erstaunlicherweise scheint mit der Entscheidung für den Pragmatismus ein Stück Modernisierungskompetenz verloren zu gehen. Deutlich ist der Wille, sich nicht aus dem historischen Geschehen auszuklinken. Man spürt förmlich das Zögern, wieder eine ideologische Gegenwelt aufzumachen, sich wieder in normative Phantasmen und Forderungsmaximalismen zu flüchten, was doch nur Opposition hieße. Der Preis fürs Ernstnehmen der globalen Lage ist relative Unerkennbarkeit. Der historische Kontrahent kommt darüber der SPD endgültig abhanden, folglich auch die große Erzählung von der Emanzipation der Industriearbeiterschaft, die bruchlos in eine ökosoziale Neuerfindung der Gesellschaft münden sollte. Programmlich unterscheiden die SPD nur noch Nuancen von der Union. Wenn als Gegner lediglich»konservative«,»neolibe ra le«und»populisten«übrig bleiben, muss der Sieg der Sozialdemokratie im»sozialdemokratischen Jahrhundert«wohl grandios gewesen sein. Und irgendwie unbekömmlich. Er verwandelt die Kampftruppe und das Sozialingenieurbüro nun in eine Art politische Agentur in der Dienstleistungsökonomie. Weicher hat die SPD nie formuliert:»die Menschen wollen «,»Die Menschen fürchten «Die Grundsätze der Sozialdemokratie kommen auf den Samtpfötchen einer Wir-haben-verstanden-Rhetorik daher. Wähle SPD, und eine nette Stimme antwortet:»hier werden Sie geholfen.«s.5

6 S. 6 6 POLITIK 25. Januar 2007 DIE ZEIT Nr. 5 Erzwungene Küsse Israelische Touristen an einem alten Armeeposten auf dem Bentalberg, GOLANHÖHEN Israels Regierende plagen sich mit Skandalen und Vorwürfen politischer Unfähigkeit. Zwei Ex-Premiers bereiten sich auf ein Comeback vor VON JOSEF JOFFE Foto: Ariel Schalit/AP Herzlija, Israel In Deutschland gilt:»they never come back«einmal Kanzler, nie wieder. Nicht in Israel, wo sich gleich zwei Alt-Premiers um die Nachfolge bemühen. Der eine heißt Benjamin»Bibi«Netanjahu (1996 bis1999); der andere Ehud Barak (1999 bis 2000). Dezenter hält auch Außenministerin Zipi Liwni den Finger hoch und all das, obwohl erst 2010 Neuwahlen anstehen. Das auserkorene Opfer ist Regierungschef Ehud Olmert, den vor einem Jahr ein biologischer Zufall an die Macht gebracht hat: das Perma-Koma seines Patrons Ariel Scharon. Es greift ein Eisernes Gesetz demokratischer Politik:»Jede neue Regierung ist dazu da, den Ruf der alten aufzubessern.«nach einem Jahr ist der Ruf der neuen knapp unter den Nullpunkt gefallen. Der Chef kämpft gegen drei Ermittlungsverfahren wegen Korruption und Unterschleif: und gegen den Verdacht der Unfähigkeit, der ihm wie auch seinem Verteidigungsminister seit dem Libanonkrieg 2006 anhängt. Sein Justizminister wird wohl wegen erzwungener Küsse gehen müssen. Also greift Olmert zum Bauernopfer. Das erste war der Stabschef Dan Halutz, ein Luftwaffengeneral, der von Bodenoperationen etwa so viel Ahnung hatte wie ein Jagdfalke vom Tunnelbau.»Wenn der Truppen von Haifa in den Südlibanon verlegen sollte«, heißt es,»dachte er an fünf Minuten so lange, wie ein Jet braucht.«jetzt ist er weg, und sein Nachfolger heißt Gabi Aschkenasi, 52, Typ Haudegen, der einst die Nordfront und die gefürchtete Golani-Brigade befehligte. Der Nächste könnte Amir Peretz sein. Der Verteidigungsminister ist freilich auch Führer des wichtigsten Koalitionspartners, der Arbeitspartei. Gemessen an Berliner Verhältnissen, wäre er, der Mehrheitsbeschaffer, so unverwundbar wie SPD- Vizekanzler Franz Müntefering. Nur wünschen sich 85 Prozent der Israelis den sofortigen Rücktritt des Mannes mit dem Stalin-Schnauzbart. Im März will eine Kommission über Schuld und Sühne im Libanonkrieg richten. Für den Zivilisten Peretz, der wahrscheinlich ein M-16- nicht von einem Galil- Sturmgewehr unterscheiden kann, sieht es nicht gut aus. Tagesbefehle, die sich täglich konterka- rierten, Reservisten, die ohne Wasser und Munition in den Krieg zogen, Hisbollah-Raketen, die ungehindert in Nord-Israel einschlugen, haben ihn zum Hanswurst gemacht, und Spott ist tödlicher als Verachtung. Deshalb das Comeback der beiden B,»Bibi«und Barak. Netanjahu, der Likud-Chef, fühlt sich so sicher, dass er nur noch den Staatsmann gibt.»da kommt der nächste Premierminister«, flüstert ein Nachbar bei der 7. Herzlija-Konferenz, die einmal im Jahr das israelische Establishment nebst internationalen Größen in diesem Vorort von Tel Aviv versammelt. Netanjahu verliert kein Wort über Regierung und Rivalen. Die Stimme, noch ein paar Noten tiefer als in seiner Amtszeit, suggeriert mit jeder Silbe:»Ich bin der einzige Staatsmann, den Israel noch hat.«und er hätte, so die Umfragen, den größten Stimmenblock in der Knesset, was ihm automatisch die Einladung zur Regierungsbildung verschaffen würde. Er redet nur verklausuliert über Militärschläge gegen Iran, aber deutlich von guter Nachbarschaft mit den Palästinensern. Ahmadineschad soll wegen seiner Pläne zur Auslöschung des jüdischen Staats vor ein internationales Tribunal kommen. In der Innenpolitik:»Wir haben einen Plan für alles, und die Gegenfinanzierung noch dazu.«schließlich:»israel geht besseren Tagen entgegen.«mit ihm, natürlich. Der andere, Ehud Barak von der Arbeitspartei, muss sich noch aus der Tiefe des Exils nach vorn spielen. Zu seiner Zeit stand er so strahlend da wie heute Olmert. Ihm, dem Kriegshelden, wird die verpatzte Chance eines Friedens mit Damaskus angekreidet, dazu das Fiasko in Camp David (2000) und der Ausbruch der Zweiten Intifada. Seine Mitarbeiter und Parteifreunde konnten ihn nicht ausstehen;»überheblich«und»treulos«sind die häufigsten Vokabeln. Doch besagt das schon erwähnte Eiserne Gesetz: Das Unglück von heute lässt die Regierenden von gestern im milden Licht der Verklärung erglänzen, zumal Barak, drehbuchgemäß, bußfertig alte Wunden gesalbt und eine neue Hausmacht in der Arbeitspartei um sich geschart hat. In den Umfragen führt er vor allen Rivalen und ganz weit vor dem Parteichef Peretz. Dann ist da noch Zipi Liwni, die Außenministerin, die aber den Dolch gegen ihren Chef Olmert nicht führen kann. Sie ist zu unerprobt, und sie muss noch lernen, die unbewegte Miene, die Rede ohne Punkt und Komma aufzulockern. Aber Wahlkampf macht sie doch; das bezeugt ein Redefluss, der sorgfältig jede Festlegung vermeidet. Warten, bis sich Olmert selber erdolcht und vorsichtig das Messer etwas anschärfen. Also spricht sie vom»schatten der Korruption«, der sich um ungenannte Ministerien gelegt habe. Oder von der»seuche, die sich unaufhaltsam ausbreitet äh, wie behauptet wird«. Haben wir noch jemanden vergessen? Natürlich: den ewigen Kandidaten Schimon Peres, 83, der mit geübten Bonmots Bonhomie verbreitet. Nein, es stehe sehr gut um Israel, aber»echte Juden sind erst glücklich, wenn sie sich miserabel fühlen«. Also weg mit der Depression! Er, Peres, der auch schon mal Premier war, sei ein unverbesserlicher Optimist, und das sei gut so.»optimisten und Pessimisten sterben in der gleichen Weise, aber Optimisten leben besser.«schließlich gehe es der Wirtschaft prächtig: Zum ersten Mal in seiner Geschichte exportiere Israel mehr, als es einführe. Israel boomt in der Tat; es steht weltweit an dritter Stelle der Wagnisinvestitionen nach Silicon Valley und Boston.»Genau das ist unser Problem«, knurrt ein Mossad-Veteran, der auch als Nationaler Sicherheitsberater fungiert hat,»unsere besten Leute gehen nicht mehr in die Armee, sondern in den Hightech.«Das aber ist nicht das Einzige, denn jenseits der Grenzen ballen sich die Entscheidungen. Libanon: Der frühere Generalstabschef und heutige Transportminister Schaul Mofaz beklagt bitteren Wortes die Lähmung:»Uns fehlen die Mittel, die Wiederbewaffnung der Hisbollah durch Syrien zu stoppen.«die Mittel Luftschläge gegen Syrien fehlen natürlich nicht; es fehlt indes der Wille, aus gutem diplomatischem Grund. Denn wieder einmal schält sich der Erzfeind im Norden als Wunschpartner heraus. Syrien: Mit durchsichtiger Unschuldsmiene behauptet die Regierung Olmert:»Uns ist von Gesprächen mit Damaskus nichts bekannt.«ergo reden sie doch, und der Köder liegt schon auf dem Tisch: Rückgabe des Golan, mit einem grenzüberschreitenden Naturpark. Das Ziel wäre Syriens Abspaltung von Iran, mithin die Schließung der Waffenpipeline zur Hisbollah. Bloß würde die Assad-Option die Distanzierung von der Regierung Bush erfordern, die mit Damaskus partout nicht reden will. Zalman Shoval, der frühere US-Botschafter, folgert lapidar:»das syrische Problem kann zum Zusammenstoß mit Amerika führen.«und zwischen den Zeilen warnt der Vize-Außenminister Nicholas Burns, der gerade in Israel weilt, mit liebevollen Worten:»Wir bleiben unserer Allianz mit Israel verpflichtet, unserem wichtigsten Sicherheitspartner. Wir haben die gleichen strategischen Interessen. Nie war die Beziehung stärker.«wie soll Stolper-Olmert, der Zufalls-Premier, das finassieren? Iran: Unter dem Schah bester Verbündeter Israels in der Region, hat sich Iran zum nationalen Trauma verdichtet. Ahmadineschad plus Atomwaffen ist der zweite Holocaust, denn der Mann hört nicht auf, von der»auslöschung«zu reden, derweil er hartnäckig, ja lustvoll den Bombenbau vorantreibt so zielstrebig, dass selbst König Abdallah von Jordanien plötzlich von einem»zivilen«atomprogramm redet, und dies in einer israelischen Zeitung:»Bald wird jedermann in der Region sich Atomwaffen zulegen wollen.«die Amerikaner haben gerade eine zweite Flugzeugträger-Gruppe in den Golf verlegt, aber sie ist nur Teil der Drohkulisse. Gleichlautend mit seinen israelischen Kollegen warnt Burns:»Wir können uns einen Atomwaffenstaat Iran nicht leisten.«doch hat die Diplomatie nicht ausgespielt.»wir hoffen, dass die EU aufhört, Iran zu beliefern, und Russland den Hightech- Waffen-Export stoppt.«auch Netanjahu setzt auf Diplomatie, aber mit schärferem Unterton: Die Politik müsse»militäraktionen unnötig machen oder die internationale Gemeinschaft auf solche Aktionen vorbereiten«. Wiederum Burns:»Ich glaube, Diplomatie (sprich: schärfere Sanktionen) wird funktionieren.«palästina: Dieses Problem hat Olmert auch noch am Hals, obwohl sich die Hamas seit den Raketenattacken im Sommer an den Waffenstillstand hält. Das Prinzip des Noch-Verteidigungsministers Peretz lautet:»krieg gegen den Terror, aber nicht gegen das Volk.«Seine Regierung hat 100 Millionen Dollar an Zoll- und Steuereinnahmen freigegeben, quälende Straßensperren abgebaut und den direkten Kontakt mit dem Palästinenser-Präsidenten Abbas wiederbelebt.»alles für Abbas«ist die stumme Devise, und auf dem Programm steht eine permanente Zweistaaten-Lösung mit Gebietsaustausch innerhalb von 30 Monaten. So rosig sah es seit 2000 nicht mehr aus, aber Blüten verwelken schnell in dieser Region. Die Ironie lässt sich in vier Wörter fassen: Irak-Desaster plus iranischer Imperialismus. Also: Die Amerikaner reden nicht mehr von Demokratisierung, was die Despoten aufatmen lässt, und der iranische Hegemonialanspruch lässt das»zionistische Gebilde«als geringeres Übel glänzen. Deshalb verkündet der amerikanische Arabienexperte Robert Satloff den mürrischen Israelis eine wundersame Botschaft:»Israel befindet sich in einer beneidenswerten Position. Alle Araber, auch die üblen Burschen, wollen mit euch reden. Ihr könnt entscheiden, wann und mit wem.«wann? Wenn die Israelis wieder einen Regierungschef haben, der sich nicht mit drei Ermittlungsverfahren herumschlagen muss, mit einem unfähigen Verteidigungsminister, mit einem Justizminister, der mit der Justiz in Konflikt geraten ist, mit den Bibis und Baraks, die seinen Job wollen. i Der Nahostkonflikt: S.6

7 S Januar 2007 DIE ZEIT Nr. 5 POLITIK 7 Der Nationalheilige Mutig, todesmutig Im Winter 1954 schreckte ein damals noch unbekannter Priester die Franzosen mit einem Radio-Appell auf:»zu Hilfe, meine Freunde! Heute Nacht um drei Uhr ist eine Frau auf dem Boulevard Sébastopol erfroren, weil sie aus ihrer Wohnung herausgeworfen wurde.«seit damals hat der 1912 in Lyon mit dem bürgerlichen Namen Henri Grouès geborene Sohn eines Seidenfabrikanten die Obdachlosenorganisation Emmaüs aufgebaut. Mit vierhundert Gemeinschaften und zwölftausend Wohnungen hat sie sich in Frankreich und über dreißig Ländern zu einem der bedeutendsten Hilfswerke für Menschen in Not entwickelt. Mit Pilgerstab, Pelerine und Baskenmütze wurde Abbé Pierre zum französischen Nationalheiligen. Doch statt Gottesdienste abzuhalten oder an den Gesetzgeber zu appellieren, agierte der ehemalige Kapuzinermönch meist gleichermaßen kirchen- wie staatsfern. Er sammelte Geld und Kleider, er gründete Wohngemeinschaften, besetzte Häuser und erinnerte die laizistischen Franzosen immer wieder daran, wie sehr ihr religionsneutrales Land darauf angewiesen ist, die große Politik mit der individuellen Moral zu verknüpfen. In ihrer Trauer über den Tod des 94 Jahre alten Abbé Pierre spüren die Franzosen jetzt auch, wie sehr in ihrem Staatsaufbau und Werteuniversalismus das Werk großer Außenseiter steckt. MICHAEL MÖNNINGER Foto: Mustafa Ozer/AFP/gettyimages TRAUER um Hrant Dink Die türkische Bürokratie hat den armenischen Journalisten Hrant Dink auf dem Gewissen VON MICHAEL THUMANN Die Mörder von Hrant Dink waren innerhalb weniger Tage gefasst. Ein 17- jähriger Junge streckte den türkisch-armenischen Journalisten mit zwei Schüssen in den Kopf und einem in den Nacken nieder. Pistole und Auftrag hatte der Minderjährige von einem Rechtsextremisten aus Trabzon erhalten. Beide sitzen nun in Haft. Nur sie. Die türkischen Brandstifter und Hetzer, welche die Spur zu Hrant Dink seit Jahren gelegt haben, werden wohl nie belangt werden. Hrant Dink schrieb in seinem letzten Artikel, er sei»ein bisschen furchtsam und frei«wie eine Taube inmitten der Stadt. Das war eine Untertreibung. Er war mutig, todesmutig, wie man nun weiß, und eben deshalb so frei. Seine Arbeit war eine Herausforderung für die Brandstifter und Hetzer, von denen noch zu reden sein wird. Hrant Dink leitete in seinem ersten Leben ein Heim für armenische Kinder, in dem er selbst als Kind gewesen war. Die Behörden konfiszierten das Heim, dessen Grundstück angeblich illegal gekauft worden war. In seinem zweiten Leben gründete er die türkisch-armenische Zeitung Agos in Istanbul, die zum Forum für armenische Themen in der Türkei wurde und zur bevorzugten Wutdroge türkischer Nationalisten.»Ich brauche nur äh zu sagen, schon habe ich einen Prozess am Hals«, witzelte Hrant Dink einmal in seiner charmanten Art über seine Gegner. Und hatte die Lacher stets auf seiner Seite. Später kamen die Drohbriefe. Doch wollte Dink die Türkei nicht verlassen.»ich vermisse mein Land schon nach drei Tagen«, schrieb er in seinem letzten Artikel.»Und wenn wir irgendwann gehen müssten, dann würden wir wie 1915 gehen.«an die Massaker an und Massenvertreibungen von Armeniern im Osmanischen Reich wollte Hrant Dink erinnern. Er schrieb darüber in seiner Zeitung, er organisierte darüber eine große Konferenz mit Unterstützung der Regierung von Premier Tayyip Erdoğan. Dink sprach vom»völkermord«. Doch kam es ihm nicht auf das Wort an, an dem der armenischen Diaspora in den Salons von Paris und New York so sehr gelegen ist. Als Frankreichs Nationalversammlung im Herbst 2006 die»leugnung des Genozids«unter Strafe stellte, erklärte Dink, er wolle sofort nach Paris fahren, öffentlich leugnen und sich verhaften lassen. Und wieder lachten alle mit ihm. Dink ging es um das Miteinander von Türken und Armeniern in der Türkei. Um die gemeinsame Vergangenheit. Und um das Verständnis einer politischen Nation, in der Menschen verschiedener Herkunft als»türkische Staatsbürger«zusammen leben. Nach diesem westlichen Modell hatte Atatürk 1923 die türkische Republik geformt. Und diesen Sinn haben türkische Boden-und-Blut-Nationalisten bis heute nicht begriffen. Sie überzogen Hrant Dink mit Prozessen. Einer wurde 2002 in Urfa eröffnet, wegen»beleidigung des Türkentums«. Ein zweiter Prozess in Istanbul trug ihm im vergangenen Jahr eine Verurteilung zu sechs Monaten Gefängnis auf Bewährung ein. Den nationalistischen Richtern gibt ein Gesetz freie Hand, das erst 2005 revidiert wurde: der berüchtigte Artikel 301 des Strafgesetzbuchs, ein Gummiparagraf, der die»verunglimpfung des Türkentums«unter Strafe stellt und damit potenziell jeden, der sich über die Türkei und ihre staatlichen Institutionen kritisch äußert. Hier läuft die Spur zu den Schreibtischtätern, die Hrant Dink mit auf dem Gewissen haben. Mit der Verurteilung nach Artikel 301 und der Bestätigung des Urteils durch das oberste Berufungsgericht im vorigen Oktober wurde Dink zum Vogelfreien der Nationalisten. Ausgeliefert haben ihn all jene, die diesen Artikel mit Klauen und Zähnen gegen Kritik aus dem Ausland verteidigen, die ihn weidlich für ihre Zwecke nutzen und ihn als (im Zweifel tödliche) Waffe gegen ihre politischen Feinde richten. Hier ist die Rede von chauvinistischen Richtern, Anwälten und Bürokraten, von der kemalistisch-nationalistischen Opposition und von Teilen der türkischen Regierung. Am Dienstag fand die Beerdigung für Hrant Dink statt. Dabei waren Zehntausende Türken, Armenier aus der Diaspora und der Regierung in Jerewan, und der türkische Außenminister, der sie eingeladen hatte. Tagelang haben Tausende Istanbuler am Tatort und die großen türkischen Medien auf den Titelseiten um Hrant Dink getrauert. Ihre Anteilnahme und ihr Entsetzen sind vergebens, wenn die Regierung Erdoğan jetzt nicht den Artikel 301 aus dem Gesetzbuch tilgt. Schwache Hillary Warum hat Hillary Clinton ihre Präsidentschaftskandidatur im Internet angekündigt? Ohne Hollywood-Krönungsmesse, ohne Kameras? Nur drei Tage bevor ihr der Präsident mit der Rede zur Lage der Nation die Schau stehlen würde? Ohne Zweifel ist die beiläufige Ankündigung ein Zeichen von Schwäche. Hillary Clintons Kandidatur hat jene Unausweichlichkeit verloren, die bislang ihr stärkster Trumpf war. In einigen (nicht allen) Umfragen fällt sie zurück. Gleich zu Beginn steckt ihr Wahlkampf in seiner ersten Krise. Dafür gibt es Gründe. Amerika sieht sich als Land der zweiten Chance. Wer einwandert, beginnt ein neues Leben. Wer scheitert, darf noch einmal anfangen. Jeder kann sich neu erfinden, sogar das Land selbst. Je länger die Ära Bush dauert und je weiter Amerikas Position in der Welt erodiert, desto stärker wird im Lande das Verlangen, reinen Tisch zu machen. Neu zu beginnen heißt vor allem: mit frischem Personal. Gelänge aber Hillary Clinton der Wahlsieg, würde Amerika mindestens ein Vierteljahrhundert lang von zwei Familienclans regiert: Bush Clinton Bush Clinton, von 1989 bis 2013 oder Ob das Land die Belastungen durch deren jeweilige familiale Psychodynamik weiterhin ertragen will, ist ungewiss. Solange zu Clinton in der Demokratischen Partei keine Alternative existierte, galten solche Überlegungen als Luxus. Nun gibt es Auswahl. Die Sehnsucht nach dem Neuanfang hat sich ihren Kandidaten gesucht. Barack Obama ist so sehr Kandidat wie Projektionsfläche. Erst seit zwei Jahren Senator, ohne Management- und Exekutiv- Erfahrung, durch Wahlkämpfe nicht gestählt und (mitten im Krieg) ohne jede außenpolitische Erfahrung, wäre er als Präsidentschaftskandidat chancenlos gäbe es nicht den übermächtigen Wunsch nach dem charismatischen Retter. Der Wettbewerb zwischen Obama und Hillary ist wie der Kampf zwischen Herz und Hirn. Darum reagierte Clinton fast panisch und zog blitzschnell nach, als Obama vergangene Woche seine Kandidatur offiziell ankündigte. Der hat gegenüber Clinton einen gewaltigen Vorteil. Er lehnte den Irakkrieg von Anfang an ab, sie stimmte dafür. Für die Demokratische Parteibasis wird Kriegskritik aber zum Lackmustest für Kandidaten. Das erzeugt für Clinton ein strategisches Dilemma. Zwar stehen die Wähler ihrer Partei links der Mitte. Will Clinton aber nicht nur ihre Partei, sondern das Land gewinnen, muss sie nicht nur als potenzielle Präsidentin, sondern als Oberbefehlshaberin glaubhaft wirken. Um nicht als schwach und unberechenbar zu gelten, hat sie sich in Sicherheitsfragen so weit rechts po si tioniert wie der Präsident. Solange Clinton das Feld dominierte, musste die Partei das ertragen. Nun nicht mehr. Prompt biedert sich Clinton mit Kriegskritik an. Künftig wird ihr vorgehalten werden, sie sei ein Wendehals. Ist Hillary Clinton also chancenlos? Keineswegs. Ein Narr, der in der Kristallkugel schon jetzt den nächsten Präsidenten zu erkennen meint. Als Ronald Reagan einst antrat, galt er als zu alt, zu konservativ, zu furchteinflößend. Reagan gewann haushoch. Aber erst nachdem er sich selbst neu positioniert und seinen Wahlkampf justiert hatte. THOMAS KLEINE-BROCKHOFF S.7

8 8 S. 8 DIE ZEIT SCHWARZ cyan magenta POLITIK W eihnachten stand vor der Tür. Und so begab es sich, dass 46 Parlamentarier der Warschauer Koalition aus Nationalkonservativen, Rechtsklerikalen und Linkspopulisten sich im Dezember aufmachten, um dem Hohen Hause einen Antrag zu unterbreiten. Und dieser Antrag war der erste seiner Art und besagte, dass alle im Lande es schätzen würden, wenn Jesus Christus zum König von Polen gekrönt würde. Denn schon Papst Johannes Paul II. habe wissen lassen, dass von Polen die Kraft ausgehe, Europa aus dem Sumpf des Unglaubens und der Unmoral zu retten. Wen diese wahre, hehre Weihnachtsgeschichte noch rührte, dem musste nur drei Wochen später der 7. Januar 2007 wie das Jüngste Gericht über Polens Christenheit erscheinen. Zwar hatten die regierenden Zwillinge Kaczyński die»moralische Revolution«ihrer 4. Republik in den Monaten zuvor bereits selbst gerichtet. Sie duldeten Vorbestrafte, Rassisten und Sexskandale in den Abgeordnetenbüros ihrer Koalition. Ministerpräsident Jarosław Kaczyńskis Staatssekretär wurde gefilmt, als er eine Abgeordnete zu bestechen versuchte. Staatspräsident Lech Kaczyński versprach, eine europaweite Debatte zugunsten der Todesstrafe anzuregen. Wie schon so oft in der Geschichte schien nur noch die Kirche geblieben zu sein als Trägerin der größten Nation Ostmitteleuropas mit heute 39 Millionen Menschen. Doch dann stürzte unmittelbar über der Inthronisierungsmesse für den neu ernannten Warschauer Erzbischof Stanisław Wielgus selbst noch der Himmel ein. Der neue Kardinalprimas erklärte vor den höchsten Würdenträgern seinen Rücktritt. Er tat es nicht freiwillig; nur ein spätes Wort aus Rom konnte ihn fällen. Bis zu diesem Moment hatten der Bischof und die Kirchenmänner, die ihn stützten, geleugnet, in welchem Ausmaß Wielgus einst kommunistischen Sicherheitsdiensten als Spitzel diente. Mit kaum einem Credo irrte Polens verstorbener Papst Johannes Paul II. so wie mit seinem Bekenntnis, dass die»erfahrung des Totalitarismus Osteuropa zu größerer Reife verholfen hat«. Doch nicht nur sein Urteil hatte eine recht kurze Halbwertszeit. Günter Verheugen, damals noch Erweiterungskommissar der EU, warnte Anfang 2004:»Polen und die Slowakei kommen nicht in die EU, falls Leute wie Andrzej Lepper und Vladimír Mečiar regieren.«die Fanfarenklänge zur Erweiterung waren kaum verhallt, da wurde Lepper, der vorbestrafte Populist und rabiate Führer der Bauernpartei Selbstverteidigung, in Warschau Landwirtschaftsminister und Vizepremier. Auch Vladimír Mečiar, der autoritäre Nationalstaatler und Exkommunist, mischt in der slowakischen Regierung wieder mit. Im vergangenen Juni beendete das Wählervotum die Jagd der neoliberalen Koalition Dzurindas nach ausländischen Investoren. Das Lockmittel der Niedrigsteuern auf Kosten der ländlichen Randschichten wollte die Mehrheit der knapp fünf Millionen Bürger nicht länger tolerieren. In der neuen Koalition unter dem Linkspopulisten Robert Fico erscheint Mečiar fast schon als geläuterter Paulus, gemessen an der Nationalpartei (SNS). Deren Führer Ján Slota propagiert die Sterilisierung der Roma und nennt die halbe Million Ungarn in der Slowakei»krummbeinige Nomaden«und»Schande Europas«. Bitter nur, dass auch die zehn Millionen Ungarn in ihrem eigenen Land inzwischen wenig zum Ruhme des alten Kontinents beitragen. Der Kalte Krieg hatte die Magyaren mit ihrem Aufstand gegen die Sowjetdiktatur 1956 zu den Freiheitshelden der westlichen Welt gemacht. Als er abflaute, galt Budapest als erste Reformadresse des Ostblocks. Heute sind die Ungarn in einen mentalen Bürgerkrieg mit sich selbst zurückgefallen. Der unversöhnliche Konflikt zwischen patriotischen Populisten und hilflosen sozialliberalen Modernisierern spaltet Nation und Familien wie in keinem anderen Land Ostmitteleuropas. Ungarn wie auch Polen und Slowaken leben zwar in der EU. Doch nicht wenige träumen sich zurück in die vorkommunistische Zeit, als autoritäre, antisemitische Politiker zwischen den beiden Weltkriegen die nationale Fahne hochhielten. Nur die Tschechische Republik träumt nicht. Selbst in den ärmsten Provinzen ist die soziale Lage unvergleichlich besser als in den Osthälften der drei anderen Länder. Das macht Böhmen und Mähren gelassener, genauer: gleichgültiger gegenüber der Politik. Und lässt sie resignieren gegenüber der schon endemischen Korruption der politischen Klasse. Über sieben Monate bis zum vergangenen Wochenende leistete sich die Führung in Prag das Kabinettstück, überhaupt keine Regierung zu haben. Welche Vorstellung für einen Deutschen doch kaum einer der zehn Millionen Tschechen schaute hin.»jeder bei uns weiß doch«, lächelt der Prager Publizist Václav Žák verschmitzt,»was der einzige Grund ist, hier in die Politik zu gehen: Diebstahl.«Warum drohen Populismus, Nationalismus und Bereicherungskriminalität die frisch gesäte Demokratie in Ostmitteleuropa zu überwuchern? Wieso haben die Würgemale jahrzehntelanger Diktatur nicht den Ruf nach autoritären Lösungen für immer verstummen lassen? Und warum konnte eine Art geografischer Apartheid entstehen zwischen den glitzernden Metropolen mit ihrer atem- yellow 25. Januar 2007 beraubenden Dynamik und den verödeten Landstrichen, in denen sich Wähler und rassistische Rattenfänger gute Nacht sagen? Auf einen Satz gebracht, kann die Antwort lauten: Die demokratischen Politiker sind außerstande, mit marktwirtschaftlichen Lösungen gesellschaftliche Stabilität zu schaffen. Dafür gibt es vier Gründe: Erstens: Das Vermögen ging, das Volk blieb. Wichtigster Glaubensartikel des Ostens war 1989 die Verheißung des europäischen Sozialstaats. Er hatte dem Sozialismus die Legitimation genommen. Doch im Moment der Wende, als unsere Nachbarn auf den versprochenen Bonus hofften, war die Alt-EU selbst in einen Transformationsprozess geraten. Der klassische demokratische Staat mit seiner Verantwortung für Infrastruktur und soziale Aufgaben musste unter dem Druck der Globalisierung zurückstecken. So bekam Osteuropa unversehens zwei Anwälte zur Umstellung auf die liberale Marktwirtschaft. Die EU verlangte für die Beitrittsperspektive die Übernahme ihres rechtlichen Regelwerkes. Internationaler Währungsfonds und Weltbank, die den»washingtoner Konsens«ersannen, waren hingegen nicht an einem geduldigen Aufbau von rechtlichen Institutionen und Wettbewerbsfähigkeit interessiert: Die Marktkräfte würden auch das schon richten. Allein das Tempo der Privatisierung zählte. Für Schutz und Chancengleichheit der Menschen gab es weder Zeit noch Mittel. Westliche Konzerne und postkommunistische Seilschaften rissen die gewinnträchtigsten Stücke aus der volkswirtschaftlichen Erbmasse. Die Bevölkerung dagegen musste den Gürtel enger schnallen. Die Maastricht-Kriterien untergraben ihre Zukunft: Gesundheits- und Bildungswesen können inzwischen nicht mehr auf europäischem Niveau versorgt werden. So fühlen sich viele Menschen in die EU getrieben wie in eine Einbahnstraße, in der sie für ihr eigenes Leben wenig finden. DIE ZEIT Nr. 5 es in dieser Region noch nie gab, erwies er sich als schwach.«und als Theorie des Übergangs zum Kapitalismus habe er ein Fiasko erlebt. Der bedeutende polnische Ideenhistoriker Jerzy Szacki betrachtete den Jubel über Osteuropas Neoliberale von Anfang an skeptisch:»mag im Westen auch eine Synthese zwischen Neoliberalismus und Konservatismus möglich sein so ist sie in Polen und Ungarn nicht erreichbar, weil der Konservatismus hier mit einer vorkapitalistischen Mentalität belastet ist.«folgerichtig prophezeite der Warschauer Professor schon zu Beginn der neunziger Jahre:»Vor allem in Ungarn und Polen geht der Trend zu einer möglichst vollkommenen Restauration der Wertewelt, die vor dem Beginn des realen Sozialismus existiert hatte.«so ist es gekommen. Schon Ungarns erster Premier nach 1989, József Antall, ließ Hitlers Verbündeten, den Reichsverweser Miklós Horthy, feierlich wieder beisetzen und nannte ihn einen»patrioten«. Im Budapester Verteidigungsministerium prangt heute eine Gedenktafel für Horthys Gendarmen obwohl sie sich einst bei der Deportation der ungarischen Juden hervortaten. Im Warschauer Regierungsviertel ist Ende vergangenen Jahres ein Denkmal für den 1939 verstorbenen Nationalisten Roman Dmowski errichtet worden. Der erklärte Antisemit hatte die Isolierung der Juden und ihre Massenemigration gefordert, seine Parteigänger wollten Madagaskar als»neue Heimstatt«der Juden ankaufen. Polens rechtskonservative Zwillinge Kaczyński sind keine Antisemiten. Doch sie bilden eine Regierungskoalition mit der latent judenfeindlichen»liga der polnischen Familien«. Und sie haben nie einen Zweifel daran gelassen, dass sie nicht nur die Postkommunisten aus der Politik verbannen wollen, sondern auch alle Liberalen aus der Gewerkschaft Solidarność, weil diese 1989 am Runden Tisch mit dem noch herrschenden Regime verhandelten und damit die Nation»verrieten«. Die Verführung Europas Populisten bedrohen die jungen Demokratien in den östlichen EU-Ländern. Was macht sie so attraktiv? VON CHRISTIAN SCHMIDT-HÄUER Zweitens: Eliten und politische Kultur. Zur Ab- Viertens: Das postsouveräne Trauma. Die Nation kehr der Bevölkerung von den demokratischen Lektionen trug schon sehr früh die Arroganz bei, mit der die landeseigenen neoliberalen Herolde ihre unvorbereiteten Gesellschaften zur lichten Zukunft der Marktwirtschaft führten. In Warschau verordnete Leszek Balcerowicz die Schocktherapie, in Prag Václav Klaus die Privatisierung im Vorwärts-Stil sozialistischer Apparatschiks statt um Verständnis und Vertrauen zu werben. Bis heute kann sich ein großer Teil der Elite nicht von einem nahezu bolschewistischen Politikverständnis lösen. Und das hat seine historischen Wurzeln nicht nur im Sozialismus, sondern auch im vorangegangenen bürokratischen Absolutismus der Region. Schon Thomas G. Masaryk, der liberale Denker und Gründer des tschechischen Staates 1918, erkannte bald:»vielleicht haben wir hier Demokratie. Aber wir haben wenig Demokraten.«Für Jiří Pehe, den klugen Analytiker und Exberater von Václav Havel, hat sich da bis heute wenig geändert:»es gibt noch keine Dialogkultur in Ostmitteleuropa. Dein politischer Gegner ist dein Feind. Du musst ihn zerstören.«auch Tomás Kafka, den Abteilungsleiter für Mitteleuropa im Prager Außenministerium, besorgt der Mangel an politischer Kultur:»In dieser Region nehmen die Politiker den Wahlkampf und die Auseinandersetzung mit dem parlamentarischen Gegner noch ganz persönlich. Sie fühlen sich tödlich beleidigt; sie würden ihren Konkurrenten nach der Wahl am liebsten gleich hinter Gitter bringen.«im Denken der Klaus und Zemans, der Orbáns und Kaczyńskis war und ist für die Zivilgesellschaft kein Platz. Für diese Politiker löst sie sich im Markt oder im patriotischen Obrigkeitsstaat auf. Der liberale Weltgeist Václav Havel wiederum hatte vom Markt und den Mechanismen zur Absicherung der Demokratie sehr weltfremde Vorstellungen. Parteiensysteme blieben ihm obskur. So irrte der Westen in der Annahme, dass sich die politischen Kräfte alsbald in großen Parteienfamilien finden würden. Stattdessen schießen ständig neue politische Gruppierungen aus dem Boden»Einwegparteien«und»Wegwerfbünde«, wie sie Kai-Olaf Lang von der Stiftung Wissenschaft und Politik nennt.»wenigstens«, meint dazu Tomás Kafka mit schwejkscher Gelassenheit,»sind die Parteien nicht so glaubwürdig, dass die Wähler die Dominanz einer Partei länger auf sich einwirken lassen möchten.«hat in Polens Bewusstsein immer den Platz der Zivilgesellschaft eingenommen. 123 Jahre musste die Nation ohne Staat überleben, den ihr Preußen, Russen und Österreicher geraubt hatten. Der verzweifelte Kampf um Staat und Unabhängigkeit gipfelte in der romantisch-messianischen Vorstellung von der Auserwähltheit des polnischen Volkes. Heute hat sich Polens Jugend aufgeklärt, wissbegierig, weltoffen vor allem in den Westprovinzen von diesem Erbe befreit. Von vielen Politikern lässt sich das kaum sagen. Nicht nur für Polen gilt: Die Nation war und ist die Schutzheilige des osteuropäischen Freiheitsstrebens. Der bankrotte Realsozialismus entließ die Völker 1989 als späte Kinder von 1848 und Sie werden ihre gerade errungene Souveränität also noch lange hegen und verteidigen gegenüber den aus ihrer Sicht postsouveränen oder von Deutschland und Frankreich»beherrschten«Alteuropäern. Wohingegen sie in den USA einen beispielhaften souveränen Nationalstaat bewundern. Dieser Grundwertekanon begrenzt das Vertrauen vor allem der konservativen Politiker in die Demokratie. Auch das ist ein altes Muster.»Die Angst, Freiheit und Demokratie könnten die Sache der Nation bedrohen«, so der aus Prag stammende Pariser Historiker und Politikforscher Jacques Rupnik,»war schon in der Zwischenkriegszeit ein Haupthindernis für die Einführung demokratischer Verhältnisse in der Region.«Welche Schlussfolgerungen erlauben diese Befunde?»Unter anderen Bedingungen könnte all das sehr böse ausgehen«, meint Jiří Pehe,»so wie vor dem Zweiten Weltkrieg, als die aufkommenden Demokratien in autoritäre Systeme abrutschten. Doch dank der EU-Mitgliedschaft ist diese Gefahr im Grunde doch gebannt. Die Jungen sind schon Europäer, vielleicht noch nicht allesamt Demokraten, aber Europa ist ihre Sprachenschule, und sie sind auf dem ganzen Kontinent zu Hause. Nach den bitteren Erfahrungen von 45 Jahren Despotismus erleben wir trotz allem einen glücklichen Moment der europäischen Geschichte.«Gestützt wird der Optimismus des früheren Havel-Beraters von Umfragen in Prag, aber auch in den benachbarten Hauptstädten. Das Vertrauen der tschechischen Bürger in die europäischen Institutionen ist weitaus größer als in die heimischen. Wer in Böhmen und Mähren Gerechtigkeit anstrebt, wendet sich lieber an die europäischen Instanzen. Ein solches Vertrauen macht die Verantwortung der von Krisen gestressten Altdemokratien und ihrer Politiker nicht leichter. Aber sage niemand, dass Europa keine Perspektiven mehr habe: In den Dörfern Nordmährens, wo der Anteil der Altkommunisten an der Landbevölkerung noch immer groß ist, hört man viele Erinnerungen an den guten alten Sozialismus und noch mehr Schimpftiraden auf die Invasion des westlichen Raubkapitalismus. Nur hin und wieder hellen sich die grimmigen Gesichter der Altgenossen auf. Das ist immer dann der Fall, wenn sie von ihren Enkeln erzählen:»die Eva ist jetzt in London Der Milan hat doch tatsächlich ein Erasmus-Stipendium bekommen Jelena arbeitet sehr glücklich für eine deutsche Marketing-Agentur «STAATSMACHT und Bevölkerung prallen aufeinander. Proteste in Prag (oben) und Warschau Drittens: Das Fiasko des Liberalismus. Bis zu ihrer Abwahl im vergangenen Sommer präsentierte sich die slowakische Regierung mit höchsten Wachstumsraten als neoliberales Leuchtfeuer Europas. Und Angela Merkel, damals noch im Wahlkampf, jubelte über die radikal gesenkte Einheitssteuer von 19 Prozent:»Ein Segen für uns, dass man jetzt mal gucken kann, wie sich eine solche Reform auswirkt.«auch kritische Beobachter in Mittelosteuropa bestreiten nicht, dass sich der Liberalismus»als Technik der Abkehr vom Kommunismus bewährte«, wie es der polnische Politologe Jarosław Gowin formuliert hat.»als er jedoch, gegen die Neonationalisten gerichtet, auf die Schaffung einer öffentlichen Gesellschaft hätte zielen müssen, die Nr. 5 DIE ZEIT Demokratie in Gefahr? Eine ZEIT-Serie In loser Folge berichten wir über verschiedene Länder Europas. In der vergangenen Ausgabe (ZEIT Nr. 4/07): Deutschland S.8 SCHWARZ cyan magenta yellow Fotos [M]: Panos Images/VISUM (o.); Adam Jagielak/Bloomberg News/interTOPICS (u.) Nr. 5

9 S POLITIK 25. Januar 2007 DIE ZEIT Nr. 5 Die Reflexionspause ist vorbei, es ist erneut an der Zeit, Entscheidungen zu treffen. Allerdings ist das Fundament für einen Konsens noch immer zerbrechlich und durchzogen von einigen sehr unterschiedlichen Erwartungen, Befürchtungen und Bestrebungen. Daher wird von ausschlaggebender Bedeutung sein, auf welche Art und Weise wir die Frage nach Europas Zukunft wieder aufnehmen. Denn die Argumente für einen Neuanfang werden den Verlauf der Debatten maßgeblich mitbestimmen und somit auch die Pro- und Contra-Lager beeinflussen, welche sich herauskristallisieren werden. Deshalb sollten wir allzu abstrakte Fragen als auch zu konkrete Fragen vermeiden, um nicht von jenen abgelenkt zu werden, die unsere Bürger wirklich interessieren. Zu abstrakt ist beispielsweise die Diskussion, ob wir überhaupt eine Verfassung brauchen. Zu konkret wiederum ist die Debatte über die Zukunft des vorhandenen Textes, über das Für und Wider einer Neubearbeitung. Der Verfassungsbegriff ist emotional vorbelastet und führt in die Irre Ein Schritt zurück Die Bürger lassen sich nur für die EU gewinnen, wenn man die Verfassung neu schreibt. Das könnte ganz leicht sein VON GIULIANO AMATO Giuliano Amato möchte eine EU-VERFASSUNG, die nicht Verfassung heißt Foto [M]: Antonio Scattolon/A3/Contrasto/laif Wer sich mit der grundsätzlichen Frage»Brauchen wir überhaupt eine Verfassung?«auseinandersetzt, denkt nicht an die wirklichen Bedürfnisse Europas, sondern an die Bedeutungen, die dem Begriff»Verfassung«beigemessen werden. Befürworter eines noch stärker integrierten Europas, die sich im Kielwasser der alten Föderalisten bewegen, befürworten die Verfassungsidee natürlich, während sie gleichzeitig den bestehenden Verfassungsvertrag als unzureichend ablehnen (ebendies drückten die französischen Wähler mit ihrem»nein«aus). Im Gegenzug werden diejenigen, die einem stärker integrierten Europa misstrauen, hinter dem»verfassungsbegriff«den Brüsseler Superstaat vermuten und ihn reflexartig ablehnen, allein wegen des Namens, den der Text trägt, und ohne mit seinem Inhalt vertraut zu sein. Deshalb sollten wir uns nichts vormachen, wenn die Eurobarometer Umfragen ergeben, mehr als 60 Prozent der EU-Bürger seien für eine europäische Verfassung. Diese 60 Prozent helfen ganz und gar nicht, einen allgemein vertretbaren Text für institutionelle Reformen zu finden. Was die zweite zu konkrete Fragestellung nach der Zukunft des Verfassungstextes betrifft: Außerhalb Frankreichs und der Niederlande bewegt diese nur wenige. Doch dort ist die Vorstellung, der abgelehnte Text würde unverändert übernommen, eine Provokation. Auch aus diesem Grund kann der Text für die Wiederbelebung des Ratifikationsprozesses nicht derselbe sein. Dies ist eine Tatsache, und die Diskussion darüber führt nur in die falsche Richtung. Um die Verbindung zu den Bürgern wiederherzustellen und um zu verstehen, was wir nun zu tun haben, sollten wir zum eigentlichen Ausgangspunkt der Verfassungsdiskussion zurückkehren. Das heißt zu der Ansicht, über die wir im europäischen Establishment die solideste und von der öffentlichen Meinung am breitesten geteilte Übereinstimmung erreicht haben: die Erklärung von Laeken nämlich, die im Dezember 2001 vom Europäischen Rat verabschiedet wurde. Fragen wir uns also: Bestehen die damals beschriebenen Herausforderungen noch? Oder sind wir der Ansicht, dass diese in den vergangenen Jahren bereits hinlänglich beantwortet worden sind, auch ohne die Reformen, die damals angedacht wurden? Falls dieselben Schwierigkeiten noch bestehen und weiterhin angegangen werden müssen, wäre es hilfreich, den Verfassungsvertrag nach ebenjenen Kriterien zu durchforsten. Sind die Lösungen, die wir suchen, im Verfassungsvertrag enthalten, und wie können wir diese aufgreifen, ohne in nutzlosen oder sachfremden Diskussionen zu versumpfen? Europa braucht einfache, effiziente Spielregeln Nun, wenn wir zu der Erklärung von Laeken zurückkehren, stellen wir fest, dass die Verfassungsfrage erst am Ende einer langen Liste auftaucht und keineswegs im Zentrum der Forderungen steht. Zu prüfen sei, heißt es dort,»ob diese Vereinfachung und Neuordnung nicht letztlich dazu führen sollte, dass in der Union ein Verfassungstext angenommen wird«.»letztlich«also, nicht erstrangig; und folglich war dies nicht die vorrangige und dringende Aufgabe. In der Laekener Erklärung steht, vorrangige und dringende Aufgabe sei die Klärung und Vereinfachung der Rechtsordnung der Union, damit die Bürgern verstünden, wer was tut und wer dafür Verantwortung trägt. Zudem sollten die von Vertrag zu Vertrag komplizierter werdenden Verflechtungen der Institutionen aufgelöst und die Unterscheidung von Gemeinschaft und Union überwunden werden. Eine Trennung, deren Sinn für neun von zehn Europäern nicht ersichtlich ist. Vorrangige und dringende Aufgabe war gleichfalls, Europa demokratischer zu machen und zu diesem Zweck die Mehrheitsfindung sowohl auf dem Willen der Staaten als auch der Bürger zu gründen, die Rolle des Europäischen Parlamentes und ebenso der nationalen Parlamente auszuweiten, die Prozeduren transparenter zu gestalten und Bürger einen besseren Zugang zu diesen sicherzustellen. Vorrangige und dringende Aufgabe war es, für verbesserte Effizienz zu bürgen was im Englischen mit dem Begriff delivery umschrieben wird. Sei es durch allgemeine Vorschriften über die Kommission, über die rotierende Präsidentschaft des Rates und über den Gebrauch des Mehrheitsprinzips, oder auch durch Regelungen, die Europa für die großen weltpolitischen Herausforderungen der Zukunft stärken sollen: die gemeinsame Außenpolitik, die gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die Steuerung von Immigration und der Kampf gegen Kriminalität und Terrorismus. Sind wir uns selbst gegenüber ehrlich, so müssen wir zugeben, dass diese Probleme im Verlauf der vergangenen Jahre allesamt ungeklärt geblieben sind und sich einige von ihnen durch die Erweiterung gar noch verschärft haben. Und niemand, nicht einmal der Britischste unter uns, könnte erklären, wie ihre Lösung ohne die Veränderung der bestehenden Regeln möglich wäre. Regeln zu verändern reicht niemals aus, um politische Probleme zu lösen. Sie können allerdings in schwer zu bewältigenden Fällen den entscheidenden Unterschied ausmachen. Und daher sollten wir nicht fragen, ob wir eine Verfassung für Europa benötigen. Fragen wir uns, ob die Anliegen von Laeken noch aktuell sind, ob der Verfassungsvertrag angemessene Antworten bietet und ob noch weitere vonnöten sind. So könnte eine neue und kurze Regierungskonferenz mühelos einen Konsens finden. Sie könnte sich die beiden ersten Teile des Verfassungsvertrages, mehr oder weniger in ihrer Ganzheit, zu eigen machen. Sie könnte, so transparent wie möglich an die Fragen von Laeken anknüpfend, diejenigen Antworten aufgreifen, welche die Bestimmungen des ersten Teiles und die grundlegenden Neuerungen des dritten Teiles für die wichtigsten Sektoren bieten. Sie könnte das eine oder andere der zwei zusammengefassten Teile auflockern, ohne die Grundrechtscharta des zweiten Teiles zu wiederholen, dem stattdessen durch einen einzigen Artikel volle Rechtskraft verliehen werden kann. In jedem Fall könnte die Konferenz jene neuen Antworten hinzufügen, die sie für unentbehrlich erachtet. Das Gros des dritten Teiles würde herausfallen. Da der dritte Teil die Konsolidierung der bestehenden Verträge in einem einzigen Text ist, werden diese durch die Nichtannahme des dritten Teiles nicht verschwinden, sondern einfach in ihrer jetzigen Form fortbestehen. Weitere technische Lösungen sind denkbar. Die weiseste erscheint, die Verträge in ein Protokoll umzuwandeln, was ihren rechtlichen Stellenwert nicht verändern würde, aber sie weniger sichtbar und den Vertrag weniger überladend machen würde. Schlussendlich wird es an den Mitgliedstaaten sein, den Titel des neuen Texts und den Modus seiner Ratifizierung festzulegen. Mittels ihres politischen Einfühlungsvermögens werden sie einen Namen und eine Ratifizierungsart vorschlagen, welche die Eindringlichkeit und die Probleme der ersten Runde vermeiden werden. Giuliano Amato ist seit Mai 2006 Italiens Innenminister. Zuvor war er Vize-Vorsitzender des Europäischen Konvents, der den EU-Verfassungsvertrag erarbeitet hat FRAGEN ZU EUROPA: EMMANUEL TODD, FRANKREICH Foto [M]: Gamma/laif»Zerklüftet und kompliziert«europa ist zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um gefährlich zu werden, sagt der Historiker Emmanuel Todd? Woran denken Sie zuerst, wenn Sie»Europa«hören? Eine außerordentlich zerklüftete und komplizierte Landkarte voller Halbinseln, Meerengen, Inseln und innerer Barrieren aus Gebirgen. Ozeanische, mediterrane und kontinentale Klimazonen.? Was war Ihre erste persönliche Erfahrung mit Europa? Auf Reisen als junger Mann, der zwischen 1966 und 1975 per Moped, Anhalter und Eisenbahn durch die Niederlande, Schweden, Spanien, Griechenland und Ungarn fuhr. Da bekam ich einen sehr direkten Eindruck von der sozialen und mentalen Verschiedenartigkeit des Kontinents.? Warum ist es gut, dass Ihr Land zur EU gehört? Seine Zugehörigkeit zu Europa erinnert Frankreich, das Land der universellen Menschenrechte, daran, dass es nicht für sich allein seine Vorstellungen von der Welt und ihrer Vielfalt entwickeln kann. Und dass Europa Frankreich hat, heißt, dass es das unentbehrliche Ideal der universellen Menschenrechte hat.? Womit kann oder wird Europa die Welt noch überraschen? Europa kann zu einer ökonomischen Neuordnung der Welt beitragen, wenn es sich wirtschaftlich als souverän begreift und einen vernünftigen Protektionismus auf kontinentaler Ebene einführt: einen Binnenmarkt mit 450 Millionen Konsumenten, wo wachsende Einkommen die Nachfrage steigern, und eine neue Art des Außenhandels. Wenn das nicht geschieht, wird die Überraschung für die Welt das Verschwinden des Euro sein, und das wahrscheinlich zuerst in Frankreich. Denn das Land der Menschenrechte ist auch das der politischen Revolte gegen die soziale Unterdrückung.? Wo liegen für Sie Europas Grenzen? Es sind die gegenwärtigen Grenzen nach der Aufnahme Rumäniens und Bulgariens. Mit Ausdehnung und Vereinigung sollte man es nicht übertreiben, wie schon Bismarck gut verstanden hatte.? Wer sind in Ihren Augen Europas gefährlichste Feinde? Wenn Europa sich nicht weiter ausdehnt, wird es keine Feinde haben. Seine innere Verschiedenartigkeit verhindert, dass es militärisch oder kulturell aggressiv werden könnte. Doch durch seine ökonomische Macht ist Europa der natürliche Rivale der Vereinigten Staaten. Bei allen Sympathien für den großen Bündnispartner sollten Europas politische Führungen begreifen, dass der Euro eine tödliche Gefahr für den Dollar und daher für das amerikanische imperiale System darstellt. Der Historiker Emmanuel Todd wurde 1951 bei Paris geboren. Er sagte 1976 das Ende der UdSSR voraus und beeinflusste mit seinen Thesen die Gesellschaftspolitik Jacques Chiracs i Weitere Informationen im Internet: und S.10

10 S. 11 Schleswig- Holstein Niedersachsen LÄNDERSPIEGEL 25. Januar 2007 DIE ZEIT Nr ZUM BEISPIEL Foto: akg-images Ein Dorf schafft an Brokdorf in SCHLESWIG-HOLSTEIN hat alles, wovon ein Bürgermeister träumt. Nur eines fehlt dem 1000-Seelen-Nest eine eigene Eissporthalle VON JÖRN BREIHOLZ Brokdorf Man kann eine Geschichte spannender beginnen als mit Zahlen. Doch Zahlen sind nun einmal eine wesentliche Seite der Wirklichkeit. Nehmen wir beispielsweise die Zahlen ,32 und ,60. Die erste drückt in Euro die Einnahmen aus, die die Gemeinde Brokdorf mit ihrem Freibad im Jahr 2005 erzielte. Die zweite Zahl sind die Gesamtausgaben. Setzte man beide Zahlen ins Verhältnis, müsste man zu dem Schluss kommen, die Brokdorfer könnten mit ihren Einnahmen nicht einmal Kassierer und Bademeister bezahlen. Man müsste vielleicht ergänzen, dass das Brokdorfer Schwimmbad nicht einmal zehn Prozent seiner Kosten erwirtschaftet. Oder umgekehrt: Die stolze Summe von ,28 Euro lässt sich das Elbdorf mit seinen kaum mehr als tausend Einwohnern das Schwimmbad kosten in einem einzigen Jahr. Doch Budgets, Haushaltslöcher, Defizite sind nur so lange wichtig, wie sie nicht den eigenen Besitz betreffen. In Brokdorf ist das schon lange nicht mehr so. Die Quelle, aus der das Geld so unablässig sprudelt, ist die Uranspaltung. Vor 30 Jahren begann der Bau des wohl am heißesten umkämpften Atommeilers der Republik und aus einer der ärmsten Gemeinden Schleswig-Holsteins wurde schlagartig eine der reichsten, einzig durch die Gewerbesteuer des Atomkraftwerkes. Nun, nachdem man in den vergangenen drei Jahrzehnten im Gemeinderat schon allerlei geplant, gekauft und gebaut hat, steht in diesem Jahr ein weiteres Highlight in der knapp 800-jährigen Geschichte des Elbdorfes an. Brokdorf baut Schleswig-Holsteins zweite überdachte Eissporthalle, für knapp sieben Millionen Euro. Die bisher einzige schleswig-holsteinische Halle, im Touristenzentrum Timmendorfer Strand an der Ostsee, ist schon zweimal Pleite gegangen. Jedes Jahr müssen die Timmendorfer bei den Betriebskosten bis zu Euro drauflegen trotz der drei Mil lionen Touristen, die Timmendorf in jedem Jahr besuchen. Nach Brokdorf indes kommt kaum jemand. Der Timmendorfer Bürgermeister, der parteilose Volker Popp, sagt, er bewundere»den Mut der Brokdorfer«. Die Konkurrenz lässt ausrichten, sie bewundere»den Mut der Brokdorfer«Die Idee für das Megaprojekt kam Brokdorfs Bürgermeister Eggert Block (CDU)»im Urlaub beim Besuch einer Eissporthalle«, wie er erzählt. In Blocks Amtszimmer in seinem Privathaus in der Dorfstraße stehen Couch und Sessel mit dem Charme der Siebziger. Statt PC und Internet tut es immer noch eine Schreibmaschine. Doch wenn der 71-Jährige von der anderen Halle spricht, die Brokdorf außer dem Schwimmbad bereits gebaut hat, gerät er ins Schwärmen. In jüngeren Jahren hat er einmal Handball gespielt.»für mich war es immer ein Traum, eine Handballhalle zu haben«, sagt er. Seit achtzehn Jahren ist der Traum wahr. Ein Stückchen die Dorfstraße hinunter steht nun die»brokdorfer Großturnhalle«, wie es stolz in der Dorfchronik heißt. Dabei gibt es in Brokdorf keine Schulklassen, die diese Sporthalle tagsüber nutzen Brokdorfs Bürgermeister EGGERT BLOCK im Kreise seiner liebsten Bauwerke könnten. Auch musste der zugehörige Sportverein erst wieder neu gegründet werden. Egal: Das beschauliche Bauerndorf am Deich bekam seine»großturnhalle«mit einer 45 mal 27 Meter großen, dreifach teilbaren Sportfläche, mit Doppelkegelbahn und Sauna, mit einer Innentribüne für 300 Zuschauer und verglaster Sprecherkabine, mit Tennisanlage und Cafeteria. Nebenan, ein Bau aus neuerer Zeit, glänzt das Vereinshaus. Stück für Stück wird in Brokdorf jeden Tag Neues geschaffen. Am Deich baut die Gemeinde gerade eine alte Bauernkate zum ersten Brokdorfer Café um. Aber eine Eissporthalle, mitten in der platten Marsch deutet sich da nicht doch ein Anflug von Größenwahn an?»hier kann Verschwendung noch verhindert werden«, mahnt der Steuerzahlerbund, die örtlichen Sozialdemokraten wollten das Projekt gar per Bürgerentscheid verhindern. Man solle das Geld lieber anderen schenken, als es mit der Eissporthalle praktisch im Ofen zu verbrennen, forderten sie. Gehör fanden sie nicht. Mehr als 70 Prozent der Brokdorfer stellten sich hinter den Bürgermeister und votierten für den Bau.»Wir liegen weitab jeglicher Autobahn mit dem Deich im Rücken«, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende und zweite stellvertretende Bürgermeister Gero Kleis.»Wie sollen da die veranschlagten Besucher pro Saison zu uns kommen? Das sind 350 Besucher durchschnittlich am Tag!«Und überhaupt:»was passiert, wenn das Atomkraftwerk 2020 planmäßig abgeschaltet wird?«, fragt sich der 63-Jährige. Nun will Brokdorf eine Stiftung mit einem Kapital von sechs Millionen Euro gründen, deren Erträge die Hallen und das Schwimmbad auch nach dem Ende des AKWs absichern sollen. Das reiche niemals, meinen die Sozialdemokraten.»Wer hat so etwas schon«, sagt Bürgermeister Block, als er beim Rundgang durch das Dorf bei der ebenfalls neuen Bestattungskapelle mit angeschlossenem Leichenkühlhaus die öffentliche Toilette vorführt. Hier, am Friedhof, ist weit und breit keiner zu sehen, der ein Bedürfnis hätte.»um 20 Uhr schließt die Tür. Automatisch«, sagt der Bürgermeister. Automatisch, per Funksteuerung, kann man von der neuen Kapelle aus jetzt auch die Glocken des 200 Meter entfernten Kirchenturms läuten. Irgendwie praktisch.»es soll deutlich werden, dass die Brokdorfer Bürger vom Kraftwerk profitieren«, sagt Eggert Block. Ob Gartenabfälle oder Abwasser, Kitagebühren oder Schwimmbad, Sportverein, Bücherei oder Altenhilfe: In Brokdorf ist alles billiger als andernorts. Vieles sogar umsonst. Auch deswegen ziehen viele Familien nach Brokdorf. Bürgermeister Block ist noch nicht fertig.»ans Aufhören denke ich nicht«es muss schön sein, in Brokdorf Bürgermeister zu sein und so viel Gutes für die Bürger tun zu können.»solange man etwas gestalten kann, macht es Spaß«, sagt Eggert Block. Hinter seiner für einen 71-Jährigen erstaunlich faltenfreien Stirn reifen wahrscheinlich längst wieder neue Baupläne.»Ans Aufhören denke ich noch nicht«, sagt er und spurtet durch den Marschmatsch seiner vom Wind weggepusteten Mütze hinterher. Ein Golfplatz vielleicht? Nein, dazu weht das Meer zu viel Wind die Elbe hinauf. In einer Halle würde es natürlich gehen. Fotos: Karin Desmarowitz/agenda für DIE ZEIT Heinrich Göbel Der Mann, der die Glühbirne doch nicht erfand Springe Die monumentale Glühbirne, die sie zum Gedenken an die bahnbrechende Erfindung errichteten, strahlt weit ins Tal. Sie haben ihm ein Denkmal gesetzt, eine Realschule nach ihm benannt, dafür gesorgt, dass sein Name im Brockhaus auftauchte. Er war einer, zu dem sie aufblickten. Ein Idol. Und jetzt soll der Mann plötzlich ein Hochstapler gewesen sein? Die Bürger der niedersächsischen Stadt Springe stehen vor einem Scherbenhaufen. Heinrich Göbel, geboren 1818 in Springe am Deister, gestorben 1893 in New York, wird die Ehre streitig gemacht, als Erfinder der Glühbirne zu gelten. Ausgerechnet der in Springe ansässige zu Klampen Verlag bringt dieser Tage ein Buch heraus, das den Sohn der Stadt als Schwindler entzaubert: Die Göbel-Legende. Autor Hans-Christian Rohde, Gymnasiallehrer in Springe, kommt zu dem plausiblen und außerhalb Springes wenig überraschenden Ergebnis, dass ausschließlich Thomas A. Edison die Erfinderehre gebührt. Nicht ohne Erfolg hatte der Tüftler Göbel einst vor amerikanischen Gerichten geltend gemacht, dass er bereits 1854 aus einer Kölnischwasser-Flasche die erste Glühbirne geschaffen habe, während Edison sein berühmtes Patent erst 1879 beantragte. Allen Zweifeln zum Trotz wurde Göbel seither in seinem Heimatland als Verkörperung deutscher Ingenieurskunst gefeiert besonders während der NS-Zeit bachte die Post zum 150-jährigen Jubiläum seiner angeblichen Erfindung eine Göbel-Briefmarke heraus. Eine Internet-Präsentation der Bundesregierung zählt ihn noch heute zu den ganz Großen unter den Erfindern. Jetzt muss neu nachgedacht werden. In Springe laufen die einen Sturm gegen das Buch, die andern gegen die Stadtvorderen.»Es gibt schon Stimmen, die sagen, wir müssen hier alles umkrempeln«, sagt Bürgermeister Jörg-Roger Hische. Ihm geht das zu weit.»vielleicht können wir unsere große Glühbirne einfach umwidmen.«immerhin habe Göbel Leuchtenfabrikanten wie Philips veranlasst, sich in Springe anzusiedeln. Legende hin oder her. HEINRICH THIES Nahe am Wasser gebaut Nach jedem Sturm ruft Sylt in SCHLESWIG-HOLSTEIN um Hilfe. Dabei droht den Insulanern kaum Gefahr VON SINA CLORIUS Westerland/Kiel Dramatisch zauste der Orkan Kyrill die Haare des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten, effektvoll zerrte er an den Puschelmikrofonen der Kamerateams am Strand von Westerland und Kampen. 14 Millionen Euro, so verkündete Peter Harry Carstensen, werde er in den kommenden drei Jahren für den Küstenschutz auf der Nordseeinsel lockermachen. Als die Flut dann endlich kam, waren Filmteams und Ministerpräsident längst weitergezogen, ebenso Kyrill. Doch dessen Vorgänger Franz hatte den Strand sechs Meter schmaler gemacht. Und das nächste Unwetter kommt bestimmt. Jahr für Jahr nagen die Winterstürme am Sylter Traumstrand, der sich an der Westseite der Insel über 40 Kilometer erstreckt. Im Sommer rücken Baggerschiffe einer dänischen Firma an und spülen aus großen Rohren eine Million Kubikmeter Sand vor die Insel. Der Sand wird ordentlich platt geschoben und verteilt, um Stellfläche für Strandkörbe zu bieten. Im folgenden Winter holt sich das Meer den Sand zurück. Seit 30 Jahren versanden so jährlich 3,5 Millionen Euro Landes- und Bundesmittel. Schöner als ein Betondeich ist die Methode allemal, und bisher konnte man damit den Abbruch der Sylter Westkante stoppen. Aber wie lange noch? Und wie teuer darf der Küstenschutz werden? Der Klimawandel sorgt schon jetzt dafür, dass Orkane keine Ausnahme mehr sind. In der laufenden Wintersaison war der neu aufgespülte Sand schon Anfang Januar fast aufgebraucht. Westerlands Bürgermeisterin Petra Reiber hofft, dass es für Küstenschutz auf Sylt dauerhaft mehr Geld gibt:»wenn das mit den Stürmen so weitergeht, wird dem Land gar nichts anderes übrig bleiben.«derzeit gibt Schleswig-Holstein im Jahr 30 Millionen Euro für Deichbau und andere Küstenschutzmaßnahmen aus. Zu viel ist das nicht. Vor sechs Jahren bezifferte eine Untersuchung den Wert der Sylter Immobilien allein in der kleinen Gemeinde Hörnum auf 23 Millionen Euro, in Rantum auf 380 Millionen, und an Westerland wagte man sich gar nicht heran. Ist das die Obergrenze für Ausgaben zum Schutz von Ferienhäusern und Badestränden, auf die sich die Finanzminister in Kiel und Berlin einstellen müssen? Andererseits ist das, was Sylt im schlimmsten Falle droht, noch vergleichsweise harmlos. Während Teile des Festlands unter dem Meeresspiegel liegen und bei einem Deichbruch wie eine Badewanne vollzulaufen drohen, müssen die meisten Sylter Ferienhausbesitzer lediglich befürchten, dass ihnen bei einer extremen Sturmflut Wasser vor die Haustür schwappt. Insulaner, die nahe am Wasser gebaut haben, stellen solche Ereignisse gern als apokalyptische Untergangsszenarien dar. In Wirklichkeit sind nur wenige Häuser gefährdet. Und die Geografen versichern, dass die Insel weder auseinanderzubrechen noch in absehbarer Zeit von der Landkarte zu verschwinden drohe. Nur wenige sind so realistisch wie der Landschaftsfotograf Hans Jessel aus alteingesessener Sylter Familie:»Es läuft doch immer darauf hinaus, dass die Leute erst da bauen, wo Wasser hinlaufen kann, und dann nach mehr Geld für Küstenschutz schreien.«beim Landschaftszweckverband Sylt, der sich für den Küstenschutz auf der Insel engagiert, überlegt man, Privatleute mit in die Verantwortung zu nehmen.»leute, die Millionen für Immobilien auf Sylt ausgeben, sollten dabei auch an den Küstenschutz denken«, sagt der Verbandsvorsteher Helge Jansen. Er möchte aus Landesmitteln und Spenden eine Küstenschutz-Stiftung gründen. Ministerpräsident Carstensen findet Stiftung und Spenden gut, die Einbeziehung seines Etats weniger. Lieber hält er den Eindruck aufrecht, mit kubikmeterweise Sand und einem gelegentlichen Extra-Zuschuss sei die Lage unter Kontrolle zu halten. Für diese Legislaturperiode dürfte das reichen, wohl auch für die nächsten drei. Aber dann? Karsten Reise, Meeresökologe aus List im Norden der Insel, fordert, in künftigen Bebauungsplänen den Abbruch der Westseite einzukalkulieren.»man sollte einen Streifen von mindestens 200 Metern bis zum Strand unbebaut lassen.«und was geschieht mit den Hochhäusern von Westerland, Bausünden aus den 1960er Jahren, an denen bereits die Gischt leckt?»diese Feriensilos sind kein Weltkulturerbe. Sie sind ohnehin nicht so konstruiert, dass sie da noch in 100 Jahren stehen.«s.11

11 2. Fassung S DIE ZEIT Nr Januar 2007 IN DER ZEIT POLITIK 2 CSU Kampf um den Parteivorsitz VON MATTHIAS KRUPA UND PATRIK SCHWARZ Günther Beckstein ein Mann für die Verschnaufpause VON MARTIN KLINGST 3 a Afrika Blutdiamanten 4 Affäre Kurnaz Außenminister Steinmeier ist in Erklärungsnot VON JOCHEN BITTNER 5 SPD-Programm Die Partei versöhnt sich mit dem globalen Kapitalismus VON THOMAS E. SCHMIDT Studie Die Familie ist besser als ihr Ruf VON SUSANNE GASCHKE 6 Nahost Israels Krise erschwert eine Friedenslösung VON JOSEF JOFFE 7 Türkei Die Mitschuld der Justiz am Tod des armenischen Journalisten Hrant Dink VON MICHAEL THUMANN 8 Europa Populisten bedrohen die jungen Demokratien im Osten VON CHRISTIAN SCHMIDT-HÄUER 10 Wie sich die EU endlich ein Grundgesetz geben kann VON GIULIANO AMATO Den ZEIT-Fragebogen beantwortet der französische Historiker Emmanuel Todd 11 LÄNDERSPIEGEL Schleswig-Holstein Brokdorf leistet sich eine eigene Eissporthalle Wie teuer darf es werden, Sylt vor der Flut zu schützen? VON SINA CLORIUS Niedersachsen Warum die Stadt Springe einen Hochstapler verehrte DOSSIER 13 Irak Während in Bagdad die Bomben explodieren, herrscht in Kurdistan im Norden Stabilität VON SUSANNE FISCHER WIRTSCHAFT 19 Klimaschutz Alle wollen mehr Energieeffizienz. Warum passiert nichts? VON FRITZ VORHOLZ 30 Sekunden für Verpackungen Gesundheitssystem Wie sähe eine grundlegende Reform aus? Ein Modell VON CERSTIN GAMMELIN 21 Iran Die USA drängen deutsche Unternehmen, ihre Geschäfte zu reduzieren VON ULRICH LADURNER 22 Strom Sollen die Energiekonzerne entflochten werden? Ein Pro und Contra 23 VW-Prozess Peter Hartz betreibt schon wieder Image-Pflege VON STEFAN WILLEKE 24 Giftmüll Die EU-Kommission will den illegalen Abfallhandel stoppen VON SOPHIE BÜNING EZB Streit um die Unabhängigkeit VON ROBERT VON HEUSINGER EU Terrorbekämpfung als Entwicklungshilfe VON PETRA PINZLER 26 Export Der Erfolg hat einen hohen Preis VON HANS-WERNER SINN 27 Autozulieferer Wie ein deutsches Unternehmen weltweit Spitze bleibt VON JOSEF STELZER 28 Was bewegt Niklas Zennstroem, Chef von Skype und Gründer von Joost? VON JOHN F. JUNGCLAUSSEN 29 Lebensversicherungen Die Branche drückt sich vor Nachzahlungen VON NADINE OBERHUBER 30 a Familienunternehmen Gegenüber den Skandalkonzernen stehen sie glänzend da VON RÜDIGER JUNGBLUTH Foto (Ausschnitt): Kadir Van Lohuizen/VU/laif Stephan Hartmann/Lennart Laberenz/Montage ZEIT online " MURSCHETZ Grüß Gott, Hermannstadt VON BURKHARD STRASSMANN Hier spricht man ein schönes Deutsch ohne jegliche Anglizismen, der deutsche Bürgermeister wurde mit 89 Prozent der Stimmen gewählt, zum Dank renoviert er die Stadt mit deutscher Gründlichkeit und holt deutsche Investoren auf die kleine deutsche Insel im EU-Beitrittsland Rumänien REISEN SEITE 69 NIEDERBAYERN VON GUANTANAMO EINGEHOLT Kalaschnikows und Diamanten VON ANDREA BÖHM Gerade läuft bei uns der Film»Blood Diamond«an: Leonardo DiCaprio als Steineschmuggler mitten im Bürgerkrieg. Nicht nur die Diamantenindustrie protestierte, sondern sogar Nelson Mandela. Zu Recht? Oder sind Blutdiamanten, die Bürgerkriege finanzieren, ein Problem von gestern? POLITIK S. 3 ZEIT i ONLINE Bayerische Basis Was sagen die Wähler zum CSU-Machtkampf? Eine Videoreportage aus dem tiefschwarzen Mühldorf am Inn in Niederbayern Konstruktivist oder Existenzialist? Fünf Theorien erklären die Geisteswissenschaften. Welcher stimmen Sie zu? Foto: Gerhard Westrich/laif WISSEN 31 Medizin Um die Gesundheit der Ärzte steht es schlecht VON ASTRID VICIANO Hochschulen Exzellenzinitiative für die Lehre VON MARTIN SPIEWAK 33 Robotik Kakerlaken auf Rädern VON ROLAND FISCHER 34 Archäologie Barbara Rüschoff-Thale hat in Herne ein Museum zum Mitmachen geschaffen VON TANJA KRÄMER Wald Neues Leben durch Orkane VON STEFANIE SCHRAMM 35 Ornithologie Rettungsaktion für bedrohte Zwerggänse VON CORNELIA REICHERT 37 Gen-Check Erfahrungen mit Embryonentests im Ausland ein Gespräch 38 a Biometrie Großtest im Mainzer Hauptbahnhof VON ULRIKE WEIMER FEUILLETON 43 Geisteswissenschaften Schluss mit nutzlos! VON HARALD WELZER Lieblingsfeind: Der Intellektuelle VON JENS JESSEN 44 Forschung in Deutschland und den USA ein Gespräch mit dem Philosophen Rainer Forst 45 Die neue Generation Vier Porträts von Geisteswissenschaftlern 46 DISKOTHEK DVD Filme von Jacques Rivette Klassik Lauma Skride spielt Fanny Mendelssohn-Hensel VON MIRKO WEBER 50 Klassiker der Modernen Musik Bob Dylan: The Basement Tapes Meinecke hört Saxofon und Dudelsack 47 a Theater Wie Regisseure die Vergangenheit vernichten drei Hamburger Premieren VON PETER KÜMMEL 49 Kulturgeschichte Das Bremer Überseemuseum zeigt europäische Orientbilder Pop Die Songs des Briten Jamie T Kino Alex Gibneys Dokumentarfilm über die Enron-Pleite VON THOMAS ASSHEUER 50 Edward Zwicks»Blood Diamond«Kulturpolitik In Thüringen herrscht Sparwahn VON VOLKER HAGEDORN 51 Musik Monteverdi an der Berliner Staats oper VON CLAUS SPAHN Nachrufe Zum Tode von Uwe Nettelbeck, Peer Raben, Art Buchwald 52 KUNSTMARKT Antike Waffen Der Händler Peter Finer VON CLAUDIA HERSTATT Sechs Fragen zur Kunst an Christina Weiss Diebstahl Die Kopie von Rodins»Denker«ist wieder da, aber ein Bein fehlt LITERATUR 53 USA Ein Gespräch mit David Foster Wallace Krimis Detektivroman und Literatur tauschen die Plätze VON TOBIAS GOHLIS 54 Kafka-Edition Germanisten in aller Welt sind erbost über die Politik der Deutschen Forschungsgemeinschaft VON MICHAEL NAUMANN 55 Politisches Buch Wolfgang Kraushaar (Hrsg.)»Die RAF und der linke Terrorismus«VON HANS-MARTIN LOHMANN 55 Julia Jusik»Die Schule von Beslan«56 Kaleidoskop Symposium über Zeruya Shalev in Konstanz VON BERNADETTE CONRAD Vom Stapel; Büchertisch; Gedicht LEBEN 57 Deutschtürken Für die Integration müssen wir selbst kämpfen. Ein Aufruf in Türkisch und Deutsch VON BIRAND BINGÜL a Martenstein über Erotik 59 Bayern Mit Landrätin Gabriele Pauli zu Edmund Stoiber VON PATRIK SCHWARZ Generationenfragen: Die 18-Jährigen 60 Wochenschau 61 Fußball Das Karriere-Ende des Sebastian Deisler VON HENNING SUSSEBACH 62 Gartenkolumne Die Ringeltaube VON SUSANNE WIBORG 64 Siebeck in Kopenhagen (3) 66 Autotest Der Honda Legend VON MANUEL J. HARTUNG 67 Spielen 68 a Ich habe einen Traum Norah Jones, Sängerin REISEN 69 Rumänien Grüß Gott, Herrmannstadt 70 Deutschland Der berühmteste Zaun der Welt Interview zum G8-Gipfel in Heiligendamm/Ein Wellness-Kunde fordert Ruhe während der Massage Rundreisen nach Rumänien und Bulgarien 71 Österreich Das längste Skirennen der Welt in Lech-Zürs VON ANJA HAEGELE 73 England In einem Londoner Reihenhaus verbergen sich Schätze des Klassizismus VON MARTIN WEIN Lesezeichen CHANCEN 75 Hochschule Mit lokalem Numerus clausus gegen die Sparpolitik VON JAN-MARTIN WIARDA 76 Warum Studiengebühren die Familienplanung beeinflussen könnten Schule Architektur führt im Unterricht ein Schattendasein VON JULIAN HANS 77 Arbeit Mit dem Gleichstellungsgesetz lässt sich Geld machen VON THOMAS RÖBKE ZEITLÄUFTE 90 Holocaust-Gedenktag Heitere Stunden in Auschwitz. Wie deutsche Künstler ihre mordenden Landsleute im besetzten Polen bei Laune hielten VON ERNST KLEE RUBRIKEN 2 Worte der Woche 18 Leserbriefe 30 Macher und Märkte 35 a Stimmt s?/erforscht und erfunden 51 a Das Letzte/Impressum ANZEIGEN 17 Sidestep 36 Museen und Galerien 62 Spielpläne 65 Kennenlernen und Heiraten 76 Bildungsangebote und Stellenmarkt Die so a gekennzeichneten Artikel finden Sie als Audiodatei im Premiumbereich von ZEIT.de unter DIE ZEIT print check 2. Fassung S.12

12 S. 13 HP/ DIE ZEIT Nr Januar 2007 DOSSIER Foto: Bryan Denton/WpN/Agentur Focus Der Frieden im Krieg KINDERFREUDEN IM IRAK: Achterbahn in einer Ferienanlage im kurdischen Norden Der Norden des Iraks ist ein Hort der Stabilität. Menschen aus Bagdad suchen hier Zuflucht vor den täglichen Anschlägen in der Hauptstadt, Exilkurden kehren in ihre Heimat zurück. SUSANNE FISCHER, die seit zwei Jahren in Kurdistan lebt und Journalisten ausbildet, berichtet Schon aus der Luft empfiehlt sich Erbil als Hauptstadt des anderen Iraks. Sanft geht die Boeing 737 von Kurdistan Airlines in den Sinkflug über und steuert geradewegs auf die einzige, kurze Landebahn des Flughafens Erbil zu. Kein Pilot könnte es wagen, so in Bagdad zu landen. Obwohl das Sperrgebiet um den Baghdad International Airport groß genug wäre, eine Kleinstadt zu beherbergen, gilt die Einflugschneise als riskant. Weshalb alle ankommenden Maschinen so lange wie möglich so hoch wie möglich fliegen und sich erst unmittelbar über dem Flughafen im Spiralflug in die Tiefe schrauben, um außerhalb der Reichweite womöglich in Palmenhainen lauernder Kämpfer und ihrer Raketenwerfer zu landen. Am Flughafen von Erbil gibt es keine Terroristen. Zwar sind viele Männer mit großen Waffen an der Einfahrt postiert, aber die unterstehen der KRG, der kurdischen Regionalregierung, und schießen in der Regel nicht auf ankommende Besucher. Serchaw! Willkommen in Kurdistan, wo der Irak zumindest auf den ersten Blick so aussieht, wie ihn sich die Strategen in Washington beim Pläneschmieden für die Operation Iraqi Freedom ausgemalt haben mögen: friedlich, demokratisch und für diese Weltgegend geradezu säkular. Und immerhin so sicher, dass die Autorin dieses Berichts seit nunmehr zwei Jahren dort leben kann, um für das britische Institute for War and Peace Reporting (IWPR) Journalisten aus dem ganzen Irak auszubilden. Und das nicht in einem isolierten Compound für Ausländer, sondern mitten in der zweitgrößten irakisch-kurdischen Stadt Suleimania, zweieinhalb Autostunden südöstlich von Erbil, in einem normalen Wohnhaus mit gerade mal einem Wächter vor dem Tor. Für irakische Verhältnisse also praktisch unbewacht. Die Einreiseformalien sind, anders als in Bagdad, schnell erledigt. Kein Visum nötig, der Beamte drückt den Stempel»Republic of Iraq Kurdistan Region«in den Pass und bittet, sich binnen zehn Tagen bei der Polizei zu registrieren. Ein anderer fordert auf, sich in zwei Schlangen zu teilen: eine für Inhaber irakischer Pässe, eine für alle anderen. Der Irak-Schalter bleibt so gut wie leer, die meisten holen englische, dänische, schwedische oder deutsche Pässe heraus aber blond ist niemand von ihnen. Es sind, kaum zu glauben, Rückkehrer. Oder Besucher auf Zeit, Exiliraker auf dem Weg in die alte Heimat. Oder Geschäftsleute aus Europa und den USA. Oder Mitarbeiter von Hilfsorganisationen. Kurz: Ausländer aller Art, die im Irak arbeiten, aber nicht (mehr) nach Bagdad wollen oder dürfen, weil ihr Arbeitgeber, ihre Regierung, ihre Familie oder sie selbst es sich verbieten.»das Tor zum Irak«so wirbt die kurdische Regionalregierung für sich und ihre drei Provinzen Dohuk, Suleimania und Erbil. Und wirklich scheinen im Ankunftsterminal von Erbil die sonst im Land wirksamen Fliehkräfte ins Gegenteil verkehrt bis 3000 Iraker verlassen laut UN täglich das Land, bis zu anderthalb Millionen sollen bereits geflohen sein. In Jordanien und Syrien geht das Wort von den»neuen Palästinensern«um, wächst die Angst vor Flüchtlingen, die für immer bleiben. In Erbil aber reisen sie ein. Die irakischen Kurden kommen exakt aus jenen Ländern, denen auch die Sehnsucht der flüchtenden Iraker gilt: Europa, USA, Kanada. Viele kommen nur zu Besuch, andere rücken mit Habe und Familie an.»kurdistan«, sagt in akzentfreiem Deutsch eine junge Frau mit hüftlangem schwarzem Haar und knöchellangem Rock, so eng, dass sie im Geishaschritt zum Schalter trippelt.»zum ersten Mal betrete ich die Heimat meiner Eltern.«Kurdistan gibt es das überhaupt? Ein Staat namens Kurdistan existiert nicht, und doch bezeichnen sich weltweit 25 bis 30 Millionen Menschen als Kurden, die global größte ethnische Gruppe ohne Staat. Sie leben in der Türkei, in Syrien, in einigen GUS-Staaten, in Iran und eben im Irak. Und natürlich in der Diaspora, in den USA, in Kanada und Europa, rund eine halbe Million allein in Deutschland. Nein, es gibt kein Land namens Kurdistan. Und doch gibt es Orte, an denen der Reisende sofort spürt: Jetzt bin ich im Land der Kurden. Wie in den Nordprovinzen des Iraks, von den Bergen bei Zacho nahe der türkischen Grenze bis ins dattelpalmensatte Khanakin im Südwinkel des staubigen Bezirks Germian. Wo Sprache, Tra di tionen, Kleidung, Musik sich deutlich unterscheiden von der arabischen Kultur ein Stückchen weiter südlich. Weil aber ein Kurdenstaat nicht auf die geopolitische Landkarte des 21. Jahrhunderts passt, existiert eben nur die gefühlte Nation. Und die autonome Region Kurdistan als Teil eines föderalen Iraks. Auch wenn so recht noch keiner weiß, wie das geht Föderalismus. Bisher war man entweder ins Joch einer zentralistischen Diktatur in Bagdad gezwängt oder abgetrennt als Schutzzone der UN. Bagdad war der Feind, bis heute sprechen viele den Namen der Hauptstadt wie ein Schimpfwort aus. Vielleicht sagt auch darum niemand»irakisch-kurdistan«oder»die kurdischen Gebiete im Irak«. Die Menschen vor Ort wissen genau, wie ihr Land heißt: Kurdistan. Das ist wichtig, um den Nordirak zu verstehen. Am Flughafen von Bagdad begänne mit dem Schritt vor die Tür der blutige Ernst der Reise.» Route Irish«heißt die Strecke vom Flughafen in die Grüne Zone, wo hinter Betonmauern und tief gestaffelten Kontrollpunkten die irakischen Regierungsgebäude, die US-Botschaft und immer mehr Redaktionen und Büros internationaler Organisationen liegen. Sie gilt als gefährlichste Straße der Welt. Wer kann, nimmt den»rhino Runner«. Der gepanzerte Bus des US-Militärs rast, meist nach Beginn der Ausgangssperre, in einer Viertelstunde vom Flughafen zur Grünen Zone. Als sich dennoch einmal ein Selbstmordattentäter mit einem BMW und 120 Kilogramm Sprengstoff im Kofferraum zwischen zwei Rhinos drängte und in die Luft sprengte, klaffte ein drei Meter breiter und anderthalb Meter tiefer Krater in der Straße die Passagiere in den Bussen waren derangiert, aber unverletzt. In Erbil reicht für die Fahrt in die Stadt ein Taxi. Vorbei an Baustellen, deren Größe und Zahl die Vermutung nahelegen, hier werde für die nächsten Olympischen Spiele und die nächste Fortsetzung auf Seite 14 ANZEIGE S.13

13 S DOSSIER 25. Januar 2007 DIE ZEIT Nr. 5 NEUE TRAUMSTÄDTE entstehen bei Erbil in Kurdistan (oben). In Bagdad dagegen steigt der Bombenrauch empor, werden Zivilisten Opfer von Heckenschützen Fotos (Ausschnitte): Robert Huber/Lookat/laif (li.); Joseph Eid/AFP; Helmiy al-azawi/reuters (re.) Der Frieden im Krieg Fortsetzung von Seite 13 Fußballweltmeisterschaft auf einmal gebaut. Vorbei an Ankawa, dem Christenviertel, wo auf neuen Kirchen nachts meterhohe Kreuze leuchten, ganz so, als wollten die aus Bagdad und Mossul zugezogenen Christen, Assyrer und Chaldäer allen ihre Erleichterung zeigen, mit dem Leben davongekommen zu sein. Ein Wald von Kränen versperrt den Blick zum Horizont, Werbetafeln kündigen futuristische Shopping-Malls an. Neben dem Flughafen entsteht»dreamcity«, eine Siedlung mit 1200 Einfamilienhäusern, Krankenhaus, Supermarkt, Schulen, Kindergärten und Moschee. Mit Preisen zwischen und einer Million Dollar sind die Häuser für die meisten Erbiler unerschwinglich. Die einzige Frage, die sie bewegt:»kriegen die dann auch mehr Strom?«Denn dieses Leid teilen die Kurden mit den anderen Irakern: Auch im Norden gibt es nur drei bis vier Stunden Strom am Tag. Es sei denn, man wohnt im edel renovierten Hotel International, das immer noch alle Sheraton nennen, weil es so hieß, bevor es 1995 zerstört wurde. Dort wohnen für 200 Dollar die Nacht Geschäftsleute aus der Türkei und den Arabischen Emiraten. Auch Deutsch ist oft zu hören; seit Dezember gibt es in Erbil einen deutschen Honorarkonsul und schon seit März 2006 den Deutschen Hof. In einer Zeit, in der in Bagdad immer mehr Restaurants schließen, weil kaum noch jemand wagt, auswärts zu essen, und man längst daheim ist, wenn um 18 Uhr die tägliche Ausgangssperre beginnt, zapft der Thüringer Gunter Völker in Erbil Bier vom Fass, serviert Wildschweingulasch und organisiert Musik und Tanz zu Karneval und Oktoberfest. Amerikanische Gäste freuen sich:»german beer und Brratwurrst ist doch gar nicht so schlimm im Irak.«Ihr Denkfehler: Formal mögen sie sich hier im Irak befinden. Praktisch aber beginnt 35 Kilometer südwestlich, an der Stadtgrenze von Mossul, eine andere Welt. Eine Welt, in der Amerikaner nur mit Sturmgewehr und überhaupt eher selten zu sehen sind, weil sie entweder im Panzer durch die Stadt fahren oder in der Kaserne bleiben. Wo Ausländer nicht in Biergärten sitzen, weil es weder Bier noch Ausländer gibt und ohnehin niemand mehr im Garten sitzt. Wo islamische Milizen Statuen in öffentlichen Parks sprengen, weil sie Götzenbilder seien, und Ladenbesitzer zwingen, die Köpfe der Schaufensterpuppen mit Plastiktüten zu verhüllen. Aus Mossul kommt oft die Journalistin Yasmin Ahmed zu Fortbildungen nach Suleimania. In der kurdischen Stadt kann die 44-Jährige einen Luxus genießen, den sie daheim schon lange entbehrt: Normalität. Durch die Stadt laufen ohne Angst, an der nächsten Ecke erschossen oder entführt zu werden. Kebab essen in einem der Gartenrestaurants in Sarchnar, wo zauselige Flamingos und Gänse die Illusion eines Zoos erwecken sollen. Im Azadi-Park den Jugendlichen beim Inlineskating zusehen. Zu Saddams Zeit lag dort ein Foltergefängnis. Heute spazieren zwischen Rosensträuchern und Eisbuden Familien und junge Paare, manche sogar Hand in Hand. In Mossul und Bagdad überlegen Eltern jeden Morgen neu, ob sie es wagen, ihre Kinder zur Schule zu schicken. Wenn die nicht sowieso gerade geschlossen ist wegen einer Drohung oder weil wieder ein Lehrer ermordet wurde. In Suleimania bevölkern Mädchen und Jungen in ihren blau-weißen Schuluniformen nachmittags die Straßen, in kleinen Gruppen schlendern sie nach Hause, kaufen unterwegs am Kiosk Süßigkeiten oder besuchen Freunde. Die Älteren treffen sich auf einen Cappuccino im neu eröffneten Café Papula (kurdisch für Schmetterling), ein Rückkehrer aus Deutschland hat es eröffnet. Auf dem Flachbildschirm singen arabische Popdiven vor der Glitzerkulisse Dubais von der großen Liebe. Es gibt sogar eine Kellnerin vermutlich die einzige in Kurdistan, wenn nicht im ganzen Irak. Bomben, Todesschwadronen, Morde am helllichten Tag sind hier ganz weit weg. In einem bescheidenen Einfamilienhaus im Bagdader Stadtteil Dawoodi am Westufer des Tigris sitzt ein Mann, der zu wissen glaubt, warum das so ist. Ein Vierteljahrhundert lang diente Adnan Obeidi (Name geändert) in der irakischen Armee, zuletzt als Oberst, der seine Einheit noch am 8. April 2003, dem Tag vor dem Fall Bagdads, zum Flughafen führen sollte. Nach ersten Gefechten unterwegs überlegte er es sich anders und ging nach Hause. Und wartete. Wartete, dass er und seine Männer wieder einberufen würden nun von der anderen Seite, um den neu entstehenden irakischen Staat zu schützen. Aber niemand rief sie. Stattdessen wurden Soldaten und Offiziere endgültig heimgeschickt, ebenso die gesamte Polizei. In Sachen Sicherheit verordneten die Amerikaner dem Irak eine Stunde null. In Obeidis Augen der Kardinalfehler, für den heute alle Iraker büßen. Die Demobilisierten fühlten sich ausgegrenzt, leichte Beute für den Widerstand. Und auf jene, die eiligst neu rekrutiert wurden, um eine neue Armee und eine neue Polizei zu gründen, sei, wie man ja sehe, kein Verlass.»Weshalb ist die Lage bei den Kurden denn so viel besser?«, fragt er.»weil die auf ihre Polizei und ihre Armee zählen können. In Bagdad können wir nicht mehr unterscheiden, wer Terrorist ist und wer Polizist.«Kontinuität mag ein Teil des Erfolgsrezepts im Norden sein. Die Kurden haben ihr Gebiet ja schon vor Saddams Sturz in jener UN-geschützten autonomen Zone selbst verwaltet, nach einem fehlgeschlagenen Aufstand gegen ihn Dann allerdings begannen sie bald, was ihnen die Iraker im Süden nun nachtun: einen Bürgerkrieg. Westkurdistan gegen Ostkurdistan, der Clan der Barsanis gegen die Partei von Dschalal Talabani endeten die Kämpfe»ohne Sieger und Besiegte«, wie es im Nahen Osten gern heißt. Von den Folgen hat sich Kurdistan nur langsam erholt. Was beide Seiten einander näherbrachte, war der nächste Krieg, 2003 gegen das Regime in Bagdad. Nach dessen Sturz blieben, anders als im Restirak, im Norden die kurdische Armee, Polizei und Geheimdienste bestehen. Kritiker formulieren es auch so: Der Spitzelstaat Saddam Husseins ist demontiert, der kurdische Überwachungsstaat lebt munter fort. Sicherheit versus Freiheit: Mit Terrorgefahr aufwendige Polizeiapparate und eingeschränkte Bürgerrechte zu rechtfertigen, das mussten die Kurden nicht erst vom Westen lernen. Das Gefühl realer Bedrohung steigert die Akzeptanz von Überwachung sehr. Je brutaler sich Sunniten und Schii ten, Polizei und Terroristen, Widerstandskämpfer und US-Armee sonst im Irak bekämpfen, umso heller strahlt das sichere Kurdistan. Egal wie viele dunkle Flecken es dort geben mag. Wer wollte die vielleicht etwas ruppige kurdische Polizei kritisieren, die Demonstranten und Journalisten verprügelt, wenn in Bagdad Poli zeigene rä le verhaftet werden, weil sie mit ihren Einheiten an Verschleppung und Mord beteiligt gewesen sein sollen. Nicht in ein oder zwei in Dutzenden Fällen! Wer wollte einen toten Jugendlichen beklagen, von kurdischer Polizei bei einer Demonstration in Halabdscha erschossen, wenn der Bag dader Innenminister Tausende Mitarbeiter wegen Verdachts auf Kontakt zu oder Mitgliedschaft in Todesschwadronen der Badr-Brigaden entlässt? Diese Brigaden sind der bewaffnete Arm des Höchsten Rats für die Islamische Revolution im Irak (SCIRI), in Premierminister Nouri al-malikis Regierung eine wichtige Partei, die das Innenministerium kontrolliert aus dessen Kellern befreiten US-Truppen schon zweimal Hunderte halb verhungerter, gefolterter Sunniten. Wie die Folterkeller in sein Ministerium gelangt waren, wusste der Innenminister nicht recht zu sagen und erklärte, sein Ministerium sei unterwandert worden. Auch Obeidis Schwager, vor Monaten in Bagdad erschossen, gehe auf das Konto der Badr- SYRIEN TÜRKEI Euphrat Mosul Zacho Dohuk Samarra Erbil Kirkuk Sarchnar Khanakin Gebiet der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) Gebiet der Patriotischen Union Kurdistan (PUK) Suleimania Ölfelder IRAN 100 km JORDA- NIEN Ramadi IRAK Kerbala Nadschaf Bagdad Tigris Hauptsiedlungsgebiete im Irak Kurden arabische Schiiten arabische Sunniten arabische Sunniten und Schiiten wenig besiedeltes Gebiet SAUDI- ARABIEN KUWAIT ZEIT-Grafik S.14

14 S Januar 2007 DIE ZEIT Nr. 5 DOSSIER 15 Fotos [M]: Robert Huber/Lookat/laif (o.li.); Christoph Bangert/laif (u.li.); Robert Hubert/Lookat/laif; Khalid Mohammed/AP (re.) BAUKRÄNE in der Nähe von Erbil Schüsse in Bagdad. Während kurdische Studenten in Dohuk ihre Freiheit genießen, versorgen sich die Bewohner der Hauptstadt mit Brennstoff Brigaden, ist der Oberst überzeugt. Genau weiß in Bagdad niemand mehr, wer wen ermordet und warum. Obeidi fürchtet sich vor den Badr- Brigaden, weil sie im Ruf stehen, vor allem alte Regimemitglieder zu töten. Andere halten die Mahdi-Miliz für gefährlicher. Benannt nach dem»verborgenen Zwölften Imam«, einer zentralen Figur des schiitischen Glaubens, rekrutiert sich diese Truppe meist aus armen, arbeitslosen Anhängern des radikalen Schiitenpredigers Muqtada al-sadr. Über Größe und Struktur ist wenig bekannt, das Pentagon aber hält die Mahdi-Miliz heute für gefährlicher als al-qaida im Irak. In vielen Schiitenvierteln Bagdads übt sie offen die Macht aus. Örtliche Büros der Sadr-Bewegung kontrollieren Schulen, Moscheen, Geschäfte und den Zugang für Journalisten sowieso. Ob Badr oder Mahdi in beider Händen hätte einer wie Obeidi keine hohe Lebenserwartung. Dass er sich dem sunnitischen Kampf nicht anschloss und sogar für eine ausländische Firma arbeitet, macht ihn auch für die andere Seite zum Feind. Seine Ehe mit einer Kurdin aus Suleimania aus der Familie eines hohen kurdischen Polizeioffiziers verkompliziert die Lage noch. Er weiß nicht, wen er mehr fürchten soll: sunnitische Islamisten, die heute den Ton angeben in Dawoodi, oder schiitische Todesschwadronen, die immer wieder im Viertel einfallen und Sunniten töten oder entführen, was am Ende auf das Gleiche hinausläuft? Junge Kurden klagen über Korruption, über die Allmacht der Parteien, über Medienkontrolle, schlechte Universitäten, marode Straßen, sogar über Langeweile, weil es keine Kinos, keine Jugendkneipen gibt. Für Obeidi wie für Yasmin Ahmed dagegen ist Kurdistan der Ort, an dem sie sich nicht fürchten müssen. In Mossul hing eine Weile ein Bild von Yasmin Ahmed in einer Moschee mit dem Aufruf, sie umzubringen sie sei Journalistin, also Spionin. In Bagdad kostete sie ein Besuch bei Verwandten fast das Leben. Ein Querschläger traf sie im Bauch, verletzte aber wie durch ein Wunder keine Organe. Ein paar Wochen später wurde ihr Schwiegersohn ermordet. Jemand wollte sein Auto haben, erschoss den jungen Mann und fuhr davon. Nicht jeder Mord im Irak ist politisch oder ethnisch motiviert. Oft geschieht er schlicht aus Habgier. Die Konstruktion, die Menschen dazu bringe, sich innerhalb ethischer Grenzen zu bewegen, sei sehr zerbrechlich, schrieb einmal der polnische Reiseschriftsteller Ryszard Kapuściński. Im Irak hat sie nicht gehalten. Überdeutlich zu besichtigen ist das im gelben Backsteingebäude hinter dem Gesundheitsministerium im Zentrum von Bagdad. Der Geruch liegt wie ein böse Vorahnung über dem Viertel. Die Lebenden kriegen den Tod nicht mehr in den Griff, in zu rascher Folge füllen die Leichen die Zentralpathologie von Bagdad allein im Dezember, rund im vergangenen Jahr. Sie liegen in den Gängen, längst sind die Regale überfüllt, selbst die Kühlwagen, zusätzlich vor der Leichenhalle geparkt, sind voll. Was nützt eine Kühlanlage, wenn es kaum Strom gibt, und für einen Dauerbetrieb der Generatoren fehlt oft das Benzin. Mit Tüchern vor dem Mund warten Angehörige am Tor. Jene, die noch keine Gewissheit haben, halten den überforderten Angestellten Fotos hin, andere warten neben einer roh gezimmerten Holzkiste auf die Freigabe ihrer Toten. Die Männer, die hier arbeiten, wissen, wie es wirklich steht um das Land. Sie sehen, was Menschen einander anzutun bereit sind. Denn hierher kommen nur die, die keines natürlichen Todes gestorben sind. Tag für Tag erstatten die Toten in der Zentralpathologie ihren Bericht zur Seelenlage der Nation. Bohrlöcher in den Beinen, im Schädel. Ausgerissene Augen. Gebrochene Gliedmaßen. Verstümmelte Genitalien. Manche weinen vor Erleichterung, wenn sie beim Abholen der Leiche feststellen, dass ihr Vater oder Sohn»nur«erschossen wurde. Nicht einmal der Verwalter der Toten ist seines Lebens sicher. Faik Baqr, schon Direktor der Zentralpathologie zu Zeiten, als nur 16 Tote am Tag in die Kühlhallen kamen, flüchtete im Frühjahr 2006 ins Ausland. Anfangs sagte er noch:»ich untersuche, woran die Toten gestorben sind. Über das Warum kann ich nichts sagen.«dann wurde das Warum zu offensichtlich. Immer mehr Leichen wiesen Spuren von Folter und Merkmale systematischer Hinrichtungen auf. Ärzte, Beamte, Professoren, Polizeioffiziere, von denen viele zwei Dinge gemeinsam hatten: Sie waren Sunniten und einst Mitglieder der Baath-Partei. Erst geschahen die Morde in wohltemperierter Stetigkeit. Heute ein Mord, übermorgen einer, auf dass optisch und offiziell jeder Tote ein Einzelfall bleibe. Vor einem Jahr, kurz nach dem Anschlag auf den schiitischen Al-Askari-Schrein in Samarra, änderte sich das abrupt. Nun landeten die Toten zu Dutzenden bei Baqr auf dem Tisch, mit gefesselten Händen und Kopfschuss. Was er als Hinweis auf schiitische To des schwadro nen interpretierte, die gezielt Sunniten jagen. Dann kamen die Drohungen. Viele Angehörige trauen sich nicht, ihre Toten abzuholen, aus Angst, die Mörder ihrer Männer, Brüder oder Söhne könnten an der Pathologie auf sie warten. Auch das trägt zur Überfüllung bei. Bisher werden nicht identifizierte Leichen zwei Wochen lang aufbewahrt und dann beerdigt. Künftig sollen es nur noch drei Tage sein und die Toten auf Video aufgenommen werden für eine mögliche Identifikation. Mit weniger Toten scheint jedenfalls so bald niemand zu rechnen. Im Herbst kündigte das Gesundheitsministerium den Ausbau der Pathologie an: zwei neue Hallen, mehr Ärzte, mehr Kühlregale, für 250 Tote am Tag. Yasmin Ahmed ertrug die Angst um ihre Familie nicht länger. Nach dem Mord an ihrem Schwiegersohn schickte sie ihre Kinder mit ihrem Mann ins benachbarte Ausland, so bald wie möglich will sie ihnen folgen. Es scheint das Schicksal irakischer Familien zu sein, verstreut auf mehrere Länder zu leben wenn auch selten unter so hoffnungsfrohen Vorzeichen wie bei Nihad Salim: Er ist ein Rückkehrer. Nach 23 Jahren in Deutschland wohnt er wieder in seiner Geburtsstadt Erbil, seine Frau mit den beiden Töchtern blieb vorerst in Bonn. Schwarzbrot liebt Salim so wie die Wasserpfeife, er träumt auf Deutsch und verhandelt auf Kurdisch. Er hat einen deutschen Pass, fährt einen VW Touareg (»Ich fühle mich in deutschen Autos einfach sicherer«), zugleich kennt er jede Altstadtgasse von Erbil, jeden Winkelzug der komplizierten kurdischen Geschichte. Äußerlich erinnert nichts an seine Herkunft. Kein Bart, und statt der Kurdentracht trägt er Nadelstreifen. Als politischer Flüchtling ging er 1981 fort, wurde Kellner, Taxifahrer, Restaurantbesitzer, dann Dolmetscher bei der Justiz. Als Oberbürgermeister kam er Anfang 2004 nach Erbil zurück. Ein wichtiger Posten, erst recht, seit die Stadt alleiniger Sitz der kurdischen Regionalregierung ist. Noch bis Mai 2006 gab es alles doppelt: zwei kurdische Hauptstädte, zwei Präsidenten, zwei Parlamente, zwei Kabinette, zwei Premierminister, zwei Armeen, zwei Polizeiapparate, zwei Geheimdienste sowieso. Einmal im Gebiet der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) unter Führung von Massud Barsani, einmal im Reich der Patriotischen Union Kurdistan (PUK) mit Dschalal Talabani an der Spitze. Dann geschah, was seit Jahren angekündigt, aber so oft verschoben worden war, dass jenseits der politischen Klasse kaum noch jemand daran glaubte: Die beiden kurdischen Regierungen wurden vereint. Weitgehend jedenfalls. Nun gibt es eine Hauptstadt (Erbil), einen Präsidenten (Massud Barsani), einen Premierminister (Nechirwan Barsani, der Neffe von Massud), ein Parlament und ein Kabinett mit 42 Ministern, an die KDP, die PUK sowie die Minderheiten der Christen, Jesiden und Turkmenen verteilt. Nur die Frauen kamen mit drei Posten etwas zu kurz. Und Fortsetzung auf Seite 16 " ETHNISCHE UND RELIGIÖSE GRUPPEN IM IRAK Autonomie, Macht und Öl Die Republik Irak besteht aus 18 Provinzen, in denen Araber (80 Prozent), Kurden (16 Prozent) und ethnische Minderheiten leben. Staatsreligion ist der Islam. Religiöse Minoritäten wie Christen oder Jesiden dürfen ihren Glauben praktizieren. Knapp zwei Drittel der 25 Millionen Iraker gehören dem schiitischen Islam an, wichtige schiitische Pilgerstätten wie Nadschaf und Kerbala liegen im Irak. Die Glaubensrichtungen verteilen sich auf den schiitischen Süden und den überwiegend sunnitischen West- und Zentralirak. Die Kurden im Norden sind mehrheitlich Sunniten. Bis zu Saddam Husseins Sturz im April 2003 regierte die sunnitische Minderheit das Land. Seit Mai 2006 führt eine Mehrparteienkoalition unter Premierminister Nouri al-maliki den Irak. Zu den Wahlen traten die Parteien in Listen an, vereint nach ethnischen und konfessionellen Kriterien. Wahlsieger war die Vereinigte Irakische Allianz der Schiiten, die neben der islamischen Dawa-Partei von Premier Maliki auch den Höchsten Rat für die Islamische Revolution im Irak (SCIRI) umfasst. Auch die Sadr-Bewegung um den radikalen Schiitenprediger Muqtada al-sadr spielt eine zentrale Rolle. Die in der Demokratischen Patriotischen Allianz Kurdistans vereinten kurdischen Parteien stellen mit Dschalal Talabani den irakischen Präsidenten. Die drei Nordprovinzen Dohuk, Erbil und Suleimania bilden die Region Kurdistan, die weitgehende Autonomierechte genießt. Ähnliches streben auch die schiitischen Südprovinzen an, was die sunnitischen Parteien ablehnen. Da die großen Ölvorkommen im Norden (bei Kirkuk) und im Süden (Basra) liegen, fühlen sich die Sunniten im Zen tral irak von Föderalismus- oder gar Unabhängigkeitsbestrebungen massiv bedroht. S.15

15 S DOSSIER 25. Januar 2007 DIE ZEIT Nr. 5 Fotos (Ausschnite): Michael Bause für DIE ZEIT; Scott Nelson /WpN/Agentur Focus (re.) UNVERSCHLEIERT und bewaffnet auch 500 Frauen dienen in kurdischen Kampfeinheiten (links). Ein US-Soldat schult irakische Polizisten in Ramadi, einer der gefährlichsten Städte westlich von Bagdad Der Frieden im Krieg Fortsetzung von Seite 15 weil Massud Barsani dem vereinten Kurdistan vorsteht, durfte Dschalal Talabani im April und noch einmal im Dezember 2006 in Bagdad für das Amt des Präsidenten aller Iraker kandidieren. Gewaltenteilung auf Kurdisch. Zwar bleiben die Schlüsselressorts Inneres, Finanzen und Peschmerga-Angelegenheiten (eine Art kurdisches Verteidigungsministerium) vorerst doppelt besetzt. Und noch immer ist es leichter, von Suleimania aus in Shanghai anzurufen, als in Erbil. Mit der Vereinigung der Regierungen auch die beiden konkurrierenden Mobilfunknetze zusammenzulegen oder wenigstens für gegenseitige Erreichbarkeit zu öffnen wäre dann doch zu weit gegangen. Immerhin, man schießt nicht mehr aufeinander, das letzte innerkurdische Gefecht liegt acht Jahre zurück. Nun wächst Erbil so schnell wie sonst im Irak nur die Betonsperren. Deutsche Geschäftsleute sagen, das habe auch ein wenig mit dem deutschen Bürgermeister zu tun, für sie ein unverzichtbarer Lotse durch die schwere See kurdischer Bürokratie. Und doch träumt mancher Funktionär bereits davon, die Region in ein zweites Dubai zu verwandeln. Vor allem, wenn nach dem landesweiten Referendum Ende des Jahres die umstrittene Stadt Kirkuk mit ihren Ölfeldern 40 Prozent des gesamten irakischen Vorkommens sollen dort liegen unter die Ägide der kurdischen Regionalregierung fällt. Am prokurdischen Ausgang des Referendums zweifelt in der politischen Klasse niemand. Doch ob mit Öl oder ohne: Von einem Investorenparadies ist Kurdistan bei allen Vorzügen gegenüber dem restlichen Irak weit entfernt. Wie auch von einer echten Demokratie. Was aus Freude darüber, dass es wenigstens eine Region im Irak gibt, in der nicht täglich ein Auto in die Luft fliegt und Dutzende Menschen in den Tod reißt, leicht übersehen wird.»die Probleme fingen an, als aus Kriegern Politiker wurden«, analysiert Twana Osman, Chefredakteur von Hawlati, einer von zwei unabhängigen kurdischen Zeitungen, den Geburtsfehler der kurdischen Führung. Nach einer Revolution oder einem Staatsstreich träten normalerweise die Feldherren irgendwann zugunsten von Politikern und Technokraten zur Seite.»In Kurdistan aber übernahmen die Generäle aus den Bergen alle wichtigen Regierungsämter.«Die jüngere Generation sei von der Macht fast völlig ausgeschlossen.»wie oft bekommen wir zu hören: Du warst kein Peschmerga, du hast nicht gekämpft. Du hast kein Recht, mit mir zu diskutieren.«auch Salim war kein Peschmerga, kein»vor dem Tode Stehender«, der in den Bergen den Partisanenkampf gegen Saddam Hussein geführt hätte. Aber sein Vater war einer, das hilft. Vor allem aber hilft, dass er Rückendeckung von ganz oben hat noch sind die Verhältnisse in Kurdistan so, dass ein Reformer immer nur ein Reformer von des Herrschers Gnaden sein kann. Premierminister und Präsident der kurdischen Regionalregierung stehen hinter Salim, sonst wären die kleinen und großen Kämpfe, die er täglich führt, aussichtslos oder sogar gefährlich. Denn natürlich sind längst nicht alle begeistert vom»deutschen Bürgermeister«, der vielleicht nicht alles, aber doch das meiste anders machen möchte. Und dessen Pläne viele Parteifunktionäre um lieb gewordene Privilegien und Pfründe bringen könnten. Kampf dem Benzinschwarzmarkt, der Korruption, dem Müll! Ordnung müsse her.»prrrrrrreußische Ordnung!«, sagt Salim und lacht, er weiß, wie befremdlich sein Lieblingswort in Kurdistan klingt. Genauso wie sein Traum vom Grünen Punkt, den er gern in Kurdistan einführen möchte, weshalb auf seinem Bürgermeisterschreibtisch neben der kurdischen Flagge eine deutsche Hausmülltonne in Miniatur steht. In Bagdad hingegen ist Müllentsorgung ein tödliches Geschäft. Mindestens 350 Müllmänner starben in einem Jahr, nach Polizei und Armee steht die Müllabfuhr auf Platz drei der gefährlichsten Berufe. Und das für fünf Dollar am Tag. Meist sind es arme Schiiten, die beim Wegräumen eines Müllhaufens am Straßenrand vom darin versteckten Sprengsatz zerfetzt werden. Wenn sie nicht zuvor von dem, der die Bombe versteckt und sie eigentlich für vorbeifahrende US-Soldaten gelegt hat, erschossen werden.»zu uns kommt die Müllabfuhr schon lange nicht mehr«, klagt Yassir Salman, ein Ingenieur aus Mansur in Westbagdad. Dabei ist oder war Mansur ein vornehmes Viertel, mit großen Villen, Botschaften, teuren Geschäften, Restaurants. Hier wohnte die Mittelschicht. Ärzte, Professoren, Geschäftsleute. Viele sind weggezogen, viele wurden ermordet, und diejenigen, die noch da sind, haben sich verbarrikadiert. Mit Palmstrünken, Fässern und Sandsäcken haben sie ihre Straßen abgeriegelt, in der verzweifelten Hoffnung, das möge Überfälle wenn nicht verhindern, so doch wenigstens erschweren, da niemand schnell mit dem Auto ins Viertel rasen und wieder verschwinden kann. Leider kommt nun auch das Müllauto nicht mehr durch. Wenn es denn käme. Von 1200 Müllwagen, die es im Jahr 2003 in Bagdad gab, sind noch 380 übrig geblieben. Die anderen sind bei den Plünderungen kurz nach dem Sturz des alten Regimes verschwunden (und angeblich vereinzelt in Kurdistan wieder aufgetaucht), oder sie wurden später gestohlen oder zerstört. Etwa, als sich ein Selbstmordattentäter in einem städtischen Müllauto vor einem Hotel im Stadt zentrum in die Luft sprengte. Auch bei Oberst Obeidi in Dawoodi, das gleich neben Mansur liegt, kommt die Müllabfuhr nur noch selten vorbei. Doch zählt das für ihn zu den erträglichen Übeln der neuen Zeit. Schlimmer sind ihre neuen Herren. Oder die, die sich in seinem Viertel dazu ernannt haben. Wäre die Lage nicht so ernst, müsste er lachen. Über die»omar-brigaden«, über die»islamische Armee im Irak«oder wie auch immer die vermeintlichen Hüter des wahren Islams sich nennen. Was sonst soll er tun als lachen angesichts der Aufforderung, keinen gemischten Salat mehr zu essen, weil der»unislamisch«sei. Die weibliche Tomate und die männliche Gurke dürften nicht in eine Schüssel. Grammatikalisch stimmt im Arabischen die Zuordnung der Geschlechter. Das Wörterbuch als Waffe des Dschihad aber war ihm bisher unbekannt.»die wollen uns selbst den Dieselgenerator verbieten, mit dem wir unser Haus wenigstens ein paar Stunden am Tag mit Strom versorgen Mohammed habe ja auch keinen gehabt«, empört er sich.»aber hatte der vielleicht Maschinengewehre und Raketenwerfer?«In seiner Nachbarschaft kann Obeidi im Kleinen beobachten, was sich in Bagdad im Großen vollzieht: die Teilung in eine sunnitische und eine schiitische Stadt. Dawoodi war immer ein mehrheitlich sunnitisches Viertel. Doch bis zum vergangenen Jahr hatte Obeidi auch schiitische Nachbarn. Zum Beispiel den Bäcker um die Ecke. Dann kam ein hoher schiitischer Feiertag, und zu Ehren Imam Husseins, eines Enkels des Propheten Mohammed, verteilte der Bäcker kostenlos Brot. Abends hörte Obeidi Schüsse, dann Schreie. Als es wieder leise wurde, lagen der Bäcker und seine sechs Gehilfen tot in der Backstube. Nach und nach zogen alle schiitischen Familien fort. Durch die allmähliche Teilung Bagdads in einen sunnitischen Westen und einen schiitischen Osten ist ein ganz neuer Markt entstanden: Häusertausch. Schon gibt es die ersten Makler, die sich darauf spezialisiert haben. Will eine schiitische Familie aus einem mehrheitlich sunnitischen Viertel fliehen, sucht sie eine sunnitische Familie, der es in einem schiitischen Stadtteil genauso ergeht. Sie schließen einen befristeten Vertrag und ziehen jeweils in das Haus der anderen. Ein Makler, der aus Sicherheitsgründen seinen Namen nicht nennen will, preist die Vorteile solcher Deals:»Wir haben so schon für mehr als hundert Familien ein neues Zuhause gefunden, und beide Seiten waren sehr zufrieden.«manche nähmen ihre Möbel mit, andere wollten den Transport in Bagdad nicht riskieren und tauschten lieber Haus und Inventar. Woher er weiß, wer sein Haus verlassen muss, will er nicht sagen. Es gehe aber alles legal zu, beide Seiten bekämen einen schriftlichen Vertrag, und die Eigentumsrechte blieben unberührt. Auch wenn heute kaum vorstellbar scheint, dass eines Tages alle einfach wieder in ihre alten Häuser zurückkehren. Jedes Mal, wenn in Dawoodi wieder eine Familie wegzieht, überlegt Oberst Obeidi, ob er nicht auch gehen soll. Nach Kurdistan, in die Heimat seiner Frau, wo ihre Eltern und Geschwister leben. Damit hätten sie es schon mal leichter als das Gros der arabischen Familien, die nach Schätzung der Behörden seit Februar 2006 nach Kurdistan umgesiedelt sind. Doch Obeidi spricht kein Kurdisch, seine Kinder können es ein wenig. Unter dem alten Regime war es sicherer, nur Arabisch zu sprechen. Heute wünscht er, seine Kinder hätten es trotzdem besser von der Mutter gelernt. Viele kurdische Schüler lernen umgekehrt heute kein Arabisch mehr; in ein, zwei Generationen werden Nord und Süd keine gemeinsame Sprache mehr haben. Seine Vergangenheit als Oberst der irakischen Armee würde die Jobsuche im Norden nicht erleichtern, zumal er früher oft dort stationiert war. An Angriffen irakischer Truppen auf die Kurden aber sei er niemals beteiligt gewesen, versichert er. Sondern immer gerade»auf Fortbildung irgendwo im Süden«. Sosehr der kurdische Norden lockt Obeidi ist kein Kurde. Das spüre er immer. Bei einem der letzten Besuche in Suleimania geriet er mit Bekannten aneinander, weil er zur Liveübertragung des Saddam-Prozesses eine abfällige Bemerkung machte. Dabei sind er und die Kurden sich eigentlich einig in ihrer Ablehnung der übereilten Hinrichtung, wenn auch aus ent gegengesetzten Gründen. Obeidi hielt den ganzen Prozess für eine Farce, die Kurden hingegen fühlen sich um Gerechtigkeit betrogen. Der zweite Prozess, in dem es um die Verbrechen gegen die Kurden ging, lief noch, als Saddam gehängt wurde. Für die Anfal- Kampagnen in den achtziger Jahren, bei denen 4000 kurdische Dörfer zerstört und ihre Bewohner vertrieben oder getötet wurden, und für den Giftgasangriff auf Halabdscha wird Saddam Hussein nun niemals verurteilt werden. Gewiss, die meisten Kurden wollten Saddam tot sehen. Aber nun ist er eben nicht ihr Gerichteter, und sie fühlen sich um das Gericht über ihn betrogen. Es sind mühsame Siege in Kurdistan. Kaum errungen, entpuppen sie sich als Mogelpackung. Selbst dann, wenn sie eigentlich ihr Ziel erreicht haben. Wie beim Kampf kurdischer Frauenrechtlerinnen gegen die Polygamie. Jahrelang hat Runak Rahim, Leiterin des Frau en bil dungs zentrums Rewan in Suleimania, sich für deren Verbot eingesetzt. Im Jahr 2000 war es so weit, zumindest im Herrschaftsgebiet der PUK. Dann aber riet sie einer alten Freundin, die einen bereits verheirateten Mann als Zweitfrau ehelichen wollte: Geh nach Erbil, da ist es erlaubt. Woher der Sinneswandel? War es Mitleid mit der Freundin, seit 15 Jahren verwitwet und ganz sicher, dass die erste Frau des Mannes nichts dagegen habe, sondern sogar froh sei? Rahim schüttelt den Kopf.»Ich kam ins Grübeln, als nach der Verabschiedung des Gesetzes Dorffrauen zu mir kamen und sich beschwerten, was wir in der Stadt uns eigentlich dächten. Die waren richtig empört und warfen mir vor, ich wisse nichts von ihrem Leben. In der Stadt hätten Frauen vielleicht andere Möglichkeiten als die Ehe, ein Auskommen zu finden wir aber sind froh, wenn wir überhaupt geheiratet werden, egal ob als Erst-, Zweit- oder Drittfrau.«Das Gesetz, resümiert sie, habe nicht viel gebracht. Die Zahl der Vielehen sei nicht gesunken, nur würden sie»jetzt eben vor dem Mullah geschlossen. Damit steht die Frau aber im Zweifel schlechter da als mit einer legalen Zweitehe.«Diese soziale Realität sehe sie heute deutlicher als vor ein paar Jahren.»Ein Polygamieverbot ist schön, aber es ist der zweite Schritt vor dem ersten. Zuerst müssen wir die Frauen wirtschaftlich auf eigene Füße stellen.«die Gelegenheit zur Nachbesserung könnte schneller kommen als erwartet. Denn im Zuge der Vereinigung der beiden kurdischen Regierungen prüft ein Rechtsausschuss des Parlaments derzeit alle Gesetze mit dem Ziel der Angleichung. Ein hübscher Anachronismus: Gerade wählte das World Economic Forum in Davos den kurdischen Premierminister Nechirwan Barsani zu einem von 250»Young Global Leaders«und seine Regierung debattiert demnächst über die mögliche Wiederzulassung der Polygamie. So ist das mit den mühsamen Siegen in Kurdistan. Der Fortschritt kommt in kleinen Schritten. Manchmal braucht er nur wenige Quadratmeter. Wie unlängst mitten im Basarviertel von Erbil. Dort wurde feierlich die erste öffentliche Damentoilette Kurdistans eingeweiht. MITARBEIT: REPORTER DES INSTITUTE FOR WAR AND PEACE REPORTING IN BAGDAD Ihre Erfahrungen im Irak hat unsere Autorin in ihrem Buch»Meine Frauen-WG im Irak. Die Villa am Rande des Wahnsinns«, Malik-Verlag, 17,90 Euro, festgehalten S.16

16 S DIE ZEIT Nr Januar 2007 LESERBRIEFE Der Zug ist abgefahren Iris Radisch:»Wir könnten auch anders«, ZEIT NR. 3 Warm anziehen ist nun wohl der falsche Rat, aber hold your hats passt sicher. Schön, dass nun alle Medien das Thema Klimawandel entdeckt haben und sich allenthalben echte Betroffenheit mit dringlichen Appellen zum Umdenken mischt. Aber der Zug ist längst abgefahren, mit uns unterwegs zum ersten Tipping- Point. Aus Klimawandel wird Klimakatastrophe. Geboren 1958, wette ich, dass ich den ersten Hurrikan auf europäischem Festland erleben werde, ohne dazu ein rüstiger Hundertjähriger werden zu müssen. Im Buddhismus gelten Gier, Hass und Verblendung als Hauptursachen für menschliches Leid. Nennt man es Konsumgeilheit, Trägheit und Dummheit, stimmt das auch für den christlichen Westen. Gäbe es eine Arche, sie würde im Sturm sinken. JOHANNIS R. JAPPEN, DORTMUND Soso, wir könnten auch anders? Eben komme ich vom Bäcker. Vor dem Eingang parkt jemand. Er wartet. Bei laufendem Motor. Die Frau holt Brötchen. Überflüssig zu erwähnen, dass Kinder im Auto sitzen. Der Motor läuft. In der Nacht wundern wir uns dann über den Asthmaanfall eines Kindes. Wahr schein lich ist die Industrie schuld. Oder die Amerikaner. Wir brauchen nichts zu ändern, weil die anderen ja noch viel böser sind als wir selbst. KARIN KRÄMER, FREIBURG Sie sagen, man müsse aufhören, alles immer auf die berühmten»verhält nisse«zu schieben. Richtig! Aber das im Artikel so pointiert geschmähte»teure und öde Klimbim«wurde in derselben Ausgabe mal wieder großformatig beworben. Sogar von»wellness-wochen«durfte man in der Beilage eines Autokonzerns lesen. Nun ja, die Verhältnisse, sie sind eben so. TILMAN TENSCHERT, HAMBURG Der stellenweise bei Iris Radisch anklingende Sarkasmus passt hervorragend zu dem Artikel Unterwegs nach Europa (ZEIT Nr. 2/07), wo die Vielfliegerei junger Europäer als Zeichen des Fortschritts präsentiert wird. Der arme weiße Flussdelfin. MARC SIEBEL, GÖTTINGEN Sollte es sich wirklich noch nicht bis zu Ihnen herumgesprochen haben, dass»die Verhältnisse«leider immer noch dieselben sind wie zur Zeit der Dreigroschenoper, und zwar sowohl der von Brecht wie der von Jon Gay? Und dass deshalb»wir«, das heißt Sie und ich, der ich Ihre Wünsche von ganzem Herzen teile, eben nicht ihre»herrn und Meister«sind; und daran änderte sich auch dann nichts, wenn sich uns zum Beispiel ein wundersam bekehrter Josef Ackermann zugesellte. HERMANN MUNTSCHICK, GÖTTINGEN Es hängt mir schlicht zum Halse heraus: auf Seite eins aufgewärmter Tiefsinn zum Klimaschutz, und weiter hinten besingen Sie mit infantilem Stolz die geliehenen Spritsäufer, die wir nicht brauchen. EBERHARD BARTSCH, WÖLPINGHAUSEN Frau Radisch weist beherzt auf eine Klimakatastrophe hin, erwähnt aber nicht den Kern des Problems. Seit Jahrzehnten sind sich Wissenschaftler darin einig, dass die Erde unaufhaltsam durch die zunehmende Weltbevölkerung verschmutzt wird. Vor 75 Jahren flößten mir die falschen Propheten ein: Deutschland ist ein Volk ohne Raum! Heute: Deutschland ist ein Volk ohne Kinder! PROF. FRITZ MENZER, NORTORF Die redlichen Vorschläge von Iris Radisch mögen nicht grundsätzlich unrealistisch sein, aber wer sind»wir«? Welche Länder kommen dafür infrage? Es sind wohl EU-Europa, Nordamerika, Teile Russlands, Australien, Japan mit circa 1,2 Milliarden Menschen. Der Rest der Weltbevölkerung beträgt etwa 5,5 Milliarden mit einem Wachstum auf 8 bis 9 Milliarden in den nächsten 30 bis 40 Jahren. Diese Menschen haben Nachholbedarf für einen wenigstens bescheidenen Lebensstandard. Der Weltenergieverbrauch wird also steigen, keine Macht der Welt kann das verhindern! Wir müssen darüber nachdenken, wie mit Hilfe von Wissenschaft und Technik trotz der unumkehrbaren Entwicklung das Überleben der Menschheit gesichert werden kann. LUDWIG FENSCH, KÖLN Auch New Labours Sozialpolitik dient der Kontrolle Reiner Luyken:»Big Brother ist wirklich ein Brite«, ZEIT NR. 3 LEVI STRAUSS war ein Franke Ach, ihr Hamburger Josef Joffe:»Mister Schwarz-Grün«, NR. 3 Die ZEIT und Süddeutschland oder was man in Hamburg dafür hält Gefährlich genug ist es, vom»bayern«und nicht vom»franken«levi Strauss zu schreiben. Zugegeben, Löb Strauß verbrachte seine Kindheit in den Grenzen des Königreiches Baiern, aber es käme wohl auch keiner auf die Idee, den im damals bayerischen Kaiserslautern aufgewachsenen Fritz Walter deshalb einen»bayern«zu nennen (so was machen die in München zwar auch gerne, aber wir Franken schätzen es gar nicht, wenn Dürer, Kissinger oder eben Strauss denen zugeschlagen werden). Weit mehr daneben aber liegt die Einschätzung, das Arnold»ganz aus der Nähe von Levi Strauss«stamme. Thal bei Graz und Buttenheim bei Bamberg, das sind (Luftlinie) 440 Kilometer. Und damit 20 Kilometer weiter auseinander als Buttenheim und Hamburg. Oder zum Beispiel 80 Kilometer mehr als Hamburg und Amsterdam THILO MENGLING, KÖLN Foto: ullstein Nicht wegducken! Bartholomäus Grill:»Wofür das Ganze?«, ZEIT NR. 3 Arme Entwicklungshilfe: Was wird nicht alles von dir erwartet! Man stellt dir für mehr als hundert Länder gerade einmal die Hälfte jener Gelder zur Verfügung, die jährlich nach Ostdeutschland transferiert werden. Man hält in den Industrieländern an einer Agrarpolitik fest, die insbesondere für Afrika katastrophale Folgen hat etwa das Siebenfache (!) der offiziellen Entwicklungshilfegelder fließt in die Agrarsubventionen des Nordens, und erwartet trotzdem Entwicklungserfolge für die armen Agrarstaaten des»verlorenen Kontinents«. Man treibt eine diskriminierende Handelspolitik, exportiert Waffen, mit denen lokale Konflikte angeheizt werden, und lässt internationalen Konzernen freie Hand im undurchsichtigen Wettbewerb um kostbare Rohstoffe. Aber von dir wird erwartet, dass du das alles ausgleichst und die negativen Folgen quasi ungeschehen machst! Wenn es darum geht, zu diskutieren, was die Entwicklungshilfe unter diesen Umständen realistischerweise erreichen kann, ducken sich die Journalisten weg. Auch so hoch geschätzte Korrespondenten wie Bartholomäus Grill. DR. WALTER HUPPERT, KÖNIGSTEIN Seien wir konkret: Weniger Entwicklungshilfe würde weniger Engagement gegen Kindersterblichkeit bedeuten, weniger Aufklärung und Medikamente gegen Aids, weniger Umweltschutz und weniger Nothilfe. Auch in Afrika trägt Entwicklungsarbeit Früchte, den meisten Staaten geht es besser als kurz nach ihrer Unabhängigkeit. Als Autorität für die Kritik an der Entwicklungshilfe dient dem Autor das Buch Tödliche Hilfe aus den achtziger Jahren. Zum Glück haben Regierungen und Was heißt hier»historisch«? Hanno Rauterberg:»Ein Land auf Abriss«, ZEIT NR. 3 NGOs damals nicht auf Frau Erler gehört. Mohammed Yunus hat jüngst den Nobelpreis für das von ihm mitentwickelte System der Kleinkreditprogramme in Bangladesch erhalten. Bei ihnen macht Bartholomäus Grill denn auch eine Ausnahme. Sie sollen ausgeweitet werden, obwohl gerade die Expansion dieser Programme zu einem neuen Schuldenkreislauf in einigen Regionen geführt hat. PROFESSOR BERTHOLD KUHN TSINGHUA UNIVERSITY, PEKING, CHINA Die globale Entwicklungsdebatte ist nicht, wie Grill suggeriert, nur auf die Erhöhung der Entwicklungsetats ausgerichtet. Auch wenn ich mit ihm übereinstimme, dass Entwicklungszusammenarbeit in der Vergangenheit oft ineffektiv war, versäumt er, die viel versprechenden Ansätze der 2005 verabschiedeten Paris-Deklaration zu diskutieren: Genau um die von Grill angeführten Fehler zu vermeiden, verpflichteten sich die Geber, die Eigenverantwortung durch die Nehmerländer anzuerkennen und die eigenen Maßnahmen abzustimmen. Die Regierungen der Entwicklungsländer sollen die Verantwortung übernehmen und ihrer Bevölkerung Rechenschaft ablegen. Darum geht es auch bei den Mil len niumentwicklungszielen, dem globalen Vertrag zwischen reichen und armen Ländern zur Verringerung extremer Armut bis Das typische Entwicklungsmodell der Vergangenheit ging von der Annahme aus, die Geber entwickelten die armen Länder. Das tun sie nicht. Entwicklungsländer entwickeln sich selbst, und sie brauchen die Möglichkeit, diese Verantwortung zu übernehmen. EVELINE HERFKENS, NEW YORK Exekutivdirektorin der UN-Kampagne für die Millenniumentwicklungsziele Leider geht der Artikel zu wenig auf die Frage ein, warum denn ausgerechnet in Großbritannien die Videoüberwachung so stark zugenommen hat. Dies liegt zum großen Teil daran, dass die Dimension des antisozialen Verhaltens und der Gewalt ein Ausmaß erreicht hat, das in Deutschland nur mühsam vorstellbar ist. Die Neue Züricher Zeitung schrieb, dass keine andere Gesellschaft weltweit so viele aggressive Jugendliche produziere. Es hat sich eine regelrechte yob culture etabliert, die sich aus meist weißen Jugendlichen zusammensetzt, die jedwede Hoffnung und Perspektive verloren haben und denen moralische Normen der Gesellschaft fremd sind. Leider hat New Labour anstatt in Sozialprogramme zu investieren, der totalen Überwachung den Vorrang gegeben. Dies führt selbstverständlich nur zu einem Placebo-Effekt, der nicht hilft, Verbrechen zu verhindern, aber so doch, diese schneller aufzuklären, wie die Anschläge vom Juli 2005 gezeigt haben. MICHAEL KÖRBER, LONDON Was mir während meines viermonatigen Aufenthaltes als Erasmusstudentin in London am deutlichsten aufgefallen ist, ist eben jene Totalüberwachung via Kamera. Ob in der Uni, im Café, in der»tube«, auf den Hauptverkehrsstraßen all meine Schritte wurden aufgezeichnet. Dennoch konnten diese vielen Tausend Kameras nicht verhindern, dass mein zweifach verschlossenes Fahrrad vor meiner Haustür gestohlen, ich von einem Hund gebissen wurde (den ein gelangweilter Kleinkrimineller auf mich hetzte) und eine blutüberströmte Frau vor meinem Haus fand, die von einem Motorradfahrer auf den Boden geworfen wurde, als dieser versuchte, ihr die Handtasche zu entreißen. Ich kann das Bedürfnis der Briten nach Schutz vor Terrorbanden und Kriminellen verstehen, doch keine einzige Ka me ra hat dazu beigetragen, dass ich mich sicherer fühlte. Sie haben mir lediglich das Gefühl vermittelt, beobachtet, kon trol liert und überwacht zu werden. Meiner Meinung nach verlagern die vielen Kameras eher die Kriminalität von öffentlichen Plätzen (die in der Regel ohnehin gut durch Polizeibeamte bewacht sind) in Wohnsiedlungen und Parks, also direkt vor die Haustür. Ich bin überzeugt, nur Auf merk samkeit, Zivilcourage und ein erhöhtes, gut ausgebildetes Polizeiaufgebot können letztlich für ein sicheres London sorgen. STEPHANIE KÜHN, MANNHEIM Das britische Big-Brother-Programm zur Kriminalitätsbekämpfung findet seine Parallele in der Tatsache, dass der Staat unter New Labour auch auf sozialpolitischer Ebene immer weiter in Privatsphäre und Lebensführung seiner Bürger eingreift. Das geht so weit, dass es schon eine ganze Reihe sogenannter behaviourally-based interventions, das heißt staatliche Eingriffe mit dem Ziel der Verhaltensänderung gibt: Rauchverbote für werdende Mütter, Erziehungsunterricht für Eltern, strenge Mentoren für Arbeitssuchende alles begründet als»hilfe zur Selbsthilfe«für die Unterschicht. Für einen liberalen Wohlfahrtsstaat eine erstaunliche Entwicklung nur Jamie Olivers lobenswerter Versuch der diätetischen Umerziehung von Schulkindern hat nicht bei allen gefruchtet. ALMUTH WIETHOLTZ, DEPARTMENT OF SOCIAL POLICY, OXFORD UNIVERSITY Ich bin genervt Antwort auf den Leserbrief»Schaffen Sie den Männerzentrismus ab«, ZEIT NR. 3 Ich protestiere ganz entschieden. Als Privatperson und als Juristin mit langer Praxis werde ich ständig durch die völlig überflüssigen Formulierungen genervt, die einen in aller Regel ohnehin klaren Sachverhalt noch einmal überdeutlich hervorheben sollen: also zum Beispiel»die Lehrer/Lehrerinnen«. Fast immer liegt es auf der Hand, dass auch weibliche Personen gemeint sind. Die Texte werden dann durch die ausdrückliche Erwähnung der weiblichen Form überfrachtet, das heißt noch schlechter lesbar, als sie ohnehin oft schon sind. Das alles, um einem überholten, verkniffenen Verständnis von Gleichberechtigung Rechnung zu tragen. Nur ganz, ganz selten ist es zum richtigen Verständnis wirklich geboten, die weibliche Form dazuzuschreiben! D. GIFFEY, AACHEN Beilagenhinweis Unsere heutige Ausgabe enthält in Teilauflagen Prospekte folgender Unternehmen: Biber Umweltprodukte Versand GmbH, A-6850 Dornbirn; Gruner + Jahr AG & Co. KG, Hamburg; Ketterer Kunst GmbH & Co. KG, München; Neue Wohnkultur GmbH, Berlin Den Autoren, allen voran Hanno Rauterberg, dem man für seinen drastischen Situationsbericht nur Lob zollen kann, sei Dank gesagt. Es fehlen uns Umwelt- und Denkmalbewusstsein, letztlich eine Konsequenz aus einem gestörten Wertebewusstsein. Hoffnung auf einen Wandel gründet aber in den Erfahrungen der Jahre nach 1975, als es mit dem Europäischen Denkmalschutz jahr möglich wurde, ein vollständiges Umdenken weg von Flächensanierung und Gebäudeabbruch hin zur gesetzlich verankerten Stadtsanierung und zur Dorferneuerung auszulösen. Bis Ende der neunziger Jahre wurden so die Mehrzahl der Altstädte und Tausende von Dörfern in Deutschland vor dem Verfall bewahrt. Es sei auch an die beeindruckenden Leistungen der Stadt-, Dorfund Objektsanierung in den neuen Bundesländern erinnert! Da offensichtlich Bewusstseinsänderungen nur über EVENTS möglich sind (siehe WM 2006!), scheint es sinnvoll, nach über 30 Jahren im vergrößerten Europa ein neues Europäisches Jahr der Bau- und Kulturpflege auszurufen. Aber auch eine solche Maßnahme kann nichts daran ändern, dass der so unerlässliche öffentliche Förderrahmen zumindest bis 2013 schwerpunktmäßig für die Sanierung osteuropäischer Projekte vorbehalten ist. Ohne vergleichbare Förderung fehlt sowohl den öffentlichen als auch den privaten Bauherren die nötige Motivation für Investitionen. DR. JOACHIM GRUBE, NIENBURG/WESER Der Begriff»historisch«besagt und rechtfertigt zunächst einmal gar nichts. Und das Siegel der Denkmalwürde muss nicht Unantastbarkeit für alle Zeiten bedeuten Denkmale seien in Deutschland zerstört worden in den letzten 30 Jahren. Auch wenn diese Zahl Zweifel herausfordert, wem würde da nicht die Zornesader schwellen. Doch Differenzierung ist angebracht, was denn da verloren gegangen ist und wie viel davon anderen berechtigten Zielen geopfert werden durfte. Und da muss sich ein Bauobjekt schon gefallen lassen, dass verschiedene Merkmale erst den Grad seiner Erhaltungswürdigkeit bestimmen. Dazu gehören sein Baualter, seine stadtgeschichtliche Bedeutung, seine gestalterischen Qualitäten bis hin zur Singularität, sein Stellenwert im Stadtbild und seine Gliedfunktion innerhalb eines städtebaulichen Ensembles. Es bleiben am Ende immer noch allzu viele Beispiele unverantwortlicher Vernichtung; einige haben Sie genannt. ADOLF GSTÖTTNER, HAMBURG S.18

17 S DIE ZEIT Nr Januar 2007 WIRTSCHAFT Der Gratisguru Kostenlos im Internet Musik tauschen, telefonieren und jetzt fernsehen. Niklas Zennström greift die dritte Traditionsbranche an Seite 28 Das ideale System Die Gesundheitsreform hätte kein Monster werden müssen. Wie das Modell der Zukunft aussehen könnte VON CERSTIN GAMMELIN Nicht streiten, Klima schützen! Alle wissen, was zu tun ist Unglaublich, aber wahr: George W. Bush, der ewige Bremser, bewegt sich in Sachen Klimaschutz. Langsam begreift auch der Präsident der USA, dass der Kampf gegen die Erderwärmung und der für mehr Energiesicherheit zwei Seiten derselben Medaille sind. Das ist die gute Nachricht für Angela Merkel. Die Chancen der Bundeskanzlerin, während ihrer EU- und G8-Präsidentschaft den Grundstein für ein Post-Kyoto-Reglement zur CO 2 -Minderung zu legen, sind in dieser Woche etwas gestiegen. Die schlechte Nachricht: Wenn die Deutschen an ihrem Atomausstieg festhalten, werden sie selbst nicht packen, wozu sie andere Länder drängen mit dem Klimaschutz Ernst zu machen. Laut einer druckfrischen Studie der Deutschen Bank jedenfalls steht dem Klimaschutz die Laufzeitbegrenzung der hiesigen Meiler entgegen. Womit der Boden bereitet wäre für die nächste Runde einer unseligen Debatte. Unselig, weil jenseits allen Nuklearstreits unumstritten ist, was schnell zu tun wäre: Kohle, Öl und Gas, Strom und Benzin müssen effizienter verwendet werden. Der Konsens darüber eint mittlerweile Greenpeace, den schwedischen Stromkonzern Vattenfall und eine Koalition von US-Unternehmen und amerikanischen Ökogruppen. Was fehlt, sind Taten. Normen und Anreize, um die Effizienzpotenziale zu heben, Verbrauchslimits für Fahrzeuge inklusive. Allen Ökobekenntnissen zum Trotz demonstriert indes ausgerechnet Europa gerade, wie zerrissen es in Wirklichkeit ist, wenn es zum Beispiel um Autos geht. Bleibt es dabei, wird Kern-energie eines Tages wirklich unverzichtbar. Selbst schuld. FRITZ VORHOLZ Erinnert sich jemand an das Gesundheitsstrukturgesetz von 1993? Oder das Beitragsentlastungsgesetz 1996, das Solidaritätsstärkungsgesetz 1999 oder die Gesundheitsreform 2000? Seit den neunziger Jahren jagt eine Reform die nächste, suggerieren komplizierte Namen eine gesicherte Zukunft ohne die Erwartungen am Ende zu erfüllen. Das Wettbewerbsstärkungsgesetz der Großen Koalition, das kommende Woche im Bundestag und später im Bundesrat verabschiedet werden soll, setzt diese Tradition nahtlos fort. Es ist eine ebenso unzureichende Reform wie seine Vorgänger. Der einzige Unterschied: Nachdem die Koalition mit hochgesteckten Zielen gestartet war, haben die Regierungspartner am Ende ihre Ursprungspläne offiziell vertagt. Auf jene unbestimmte Zeit, in der eine der Volksparteien allein oder mit einem anderen, kleineren Partner regiert und das eigene, parteiideologisch gefärbte Finanzkonzept durchsetzen kann. Der mühevoll ausgehandelte Kompromiss sei vor allem ein Einstieg»in die Bürgerversicherung«, wie SPD-Fraktionschef Peter Struck erklärt, oder»in die Prämie der Union«, wie CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla beteuert. Ein Einstieg, mehr nicht. Eine grundlegende Reform hat auch Schwarz-Rot nicht geschafft. Die Option auf eine bessere Zukunft ist alles, was Wissenschaftler dem Machwerk zubilligen. Für den Essener Gesundheitsökonomen Jürgen Wasem ist das, was die Politik von der Idee des Gesundheitsfonds übrig gelassen hat, allenfalls ein»institutionell guter Ausgangspunkt«. Dass sich»aus einigen Teilen der Reform in der kommenden Legislaturperiode ein nachhaltiger finanziertes und effizienter arbeitendes Gesundheitssystem entwickeln«lässt, räumt auch Bert Rürup ein, Vorsitzender des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Aber gleichzeitig kritisiert er den ideologisch verhagelten Reformmurks hart: Er habe»kein einziges Problem gelöst, sondern neue geschaffen«. Vor allem der Streit um die richtige Finanzierung des Gesundheitswesens hat verhindert, dass überfällige Maßnahmen auf der Ausgabenseite angepackt wurden. Deshalb dürfte auch künftig gelten: Die Ausgaben steigen, ohne dass es dafür mehr medizinische Leistungen gibt. Inzwischen gilt das hiesige System als durchschnittlich um 25 Prozent teurer als andere europäische Systeme mit vergleichbarer Qualität der Versorgung und Lebenserwartung der Menschen, wie in den Niederlanden und Frankreich. Mehr als 47 Prozent der Gesundheitsausgaben finanzieren die Bürger direkt, Tendenz steigend. Die Beiträge der Arbeitgeber sanken in den vergangenen zehn Jahren auf 36 Prozent, der Staat übernahm zuletzt noch 17 Prozent der Kosten. Ginge es auch anders? Wie müsste eine Reform aussehen, die über Korrekturen am Bestehenden hinausgeht und die sogar Arbeit schafft? Was kann die Regierung tun, damit der 240 Milliarden Euro schwere Wachstumsmarkt nicht zum Selbstbedienungsladen für all jene Branchen wird, die vom Geschäft mit der Gesundheit profitieren? Und dafür, dass jeder Patient mit moderner Medizin behandelt wird und dies bezahlen kann? In der Politik fehlt so ein großer Entwurf. Dabei können sich Experten überraschend schnell über die Grundzüge eines besseren Systems einig werden. Fünf Punkte stehen im Zentrum eines Reformmodells, das die ZEIT aus Gesprächen mit so unterschiedlichen Fachleuten wie Rürup, Wasem und dem Abgeordneten Karl Lauterbach destillierte. Es ist der Entwurf für einen revolutionären Umbau des deutschen Modells: Erstens muss sich jeder Bürger nach diesem Konzept bei einem Versicherer seiner Wahl gegen Krankheitsrisiken grundversichern unabhängig von seinem Einkommen oder beruflichen Status etwa als Beamter, Rentner oder Arbeitsloser. Die Versicherungspflichtgrenze würde entfallen. Private und gesetzliche Versicherer konkurrierten in einem einheitlichen Markt nach europäischem Wettbewerbsrecht. Zweitens: Gleiche medizinische Leistungen werden bei jedem Versicherten gleich bezahlt, egal ob sie im Krankenhaus oder in einer Praxis erbracht werden. Für Qualität könnten Zuschläge gezahlt werden. Drittens: Versicherer, Ärzte und Krankenhäuser schließen Verträge direkt ab, wobei die Interessen der Ärzte von deren Organisationen wie den kassenärztlichen Vereinigungen vertreten werden können. Die Leistungen würden ebenfalls direkt abgerechnet. Viertens: Versicherungsfremde Leistungen wie die beitragsfreie Mitversicherung von Familienmitgliedern werden ordnungspolitisch korrekt aus Steuermitteln finanziert. Fünftens: Eine Positivliste für nachgewiesenermaßen wirksame Medikamente wird eingeführt. Versicherer schreiben Wirkstoffe aus, für die sie die Kosten erstatten. Den Zuschlag bekommt das Pharmaunternehmen mit dem günstigsten Angebot. Dieses Modell brächte nach Ansicht der Experten enorme Einsparungen, ohne dass die Versorgung schlechter würde. Durch die neuen Regeln für Ärzte, Krankenhäuser und Pharmaindustrie erwartet Lauterbach Kostensenkungen von bis zu zwanzig Milliarden Euro innerhalb von zehn Jahren die Fortsetzung auf Seite 20 Fotocomposing: Uwe Arens für DIE ZEIT (nach Leonardo da Vinci, Proportionsschema); Modell: Carsten Zoltan 30 SEKUNDEN FÜR Verpackungen Bioprodukte werden knapp, zumal sie mittlerweile gut schmecken, nicht mehr so blähen und im Supermarkt auf Augenhöhe angeboten werden. Also musste die Ökobranche einen neuen Weg finden, die überbordende Nachfrage zu limitieren: die Verpackung. Wen es beim Frühstück nach eingeschweißter Biowurst oder eingeschweißtem Biokäse gelüstet, der stößt auf erbitterten Widerstand. Laschen, die bei unökologischem Brotbelag das Öffnen erleichtern, gibt es nicht oder sie entpuppen sich als fingernagelbrechende Imitate. Die Ökobranche beschäftigt schon zahlreiche Marktforscher, die mit Fernglas und Richtmikro die verzweifelten Öffnungsversuche unterzuckerter Frühstücker ausspionieren. Dazu Verhaltenspsychologen, die ausgehungerten Fokusgruppen stets neue, raffiniert gesicherte Verpackungen vorsetzen, um Schwachstellen in der»food Firewall«zu eliminieren. Und bald, aber das ist eine andere Geschichte, eröffnen die ersten Biosupermärkte ihre eigenen Nagelstudios. MARK SPÖRRLE S.19

18 Nr S. 20 DIE ZEIT SCHWARZ cyan magenta WIRTSCHAFT yellow 25. Januar 2007 Erst mal wird es teurer Versicherte Revolution im Gesundheitswesen DIE ZEIT Nr. 5 Jeder Bürger muss sich bei einer Kasse seiner Wahl versichern. Versicherungspflichtgrenzen entfallen. Je nach politischer Entscheidung gibt es entweder eine vom Gesamteinkommenabhängige Bürgerversicherung oder eine einkommensunabhängige Kopfpauschale Womit Versicherte rechnen müssen, wenn die Beschlüsse zur Gesundheitsreform in Kraft treten VON CERSTIN GAMMELIN Alle Versicherungsunternehmen bieten Regelversicherung mit heutigem Leistungskatalog an, dazu Zusatzversicherungen für besondere Leistungen u.a. ein Krankenhaus dessen Honorar sich wiederum von dem eines Facharztes unterscheidet. Während Fortsetzung von Seite 19 Wasem für völlige Vertragsfreiheit plädiert, halten Rürup und Lauterbach eine Umstellung Prämien könnten um zwei Prozentpunkte der Vergütung auf das Prinzip»Gleiche sinken. Hinzu kämen weitere BeitragsPreise für gleiche Leistungen«für effizifonds, zuständig für den senkungen aufgrund höherer Steuenter und wettbewerbsfreundlicher. Risikostrukturausgleich erzuschüsse. Die drei Experten Mediziner, die die vorgeschriebene (Kassen mit schlechten Risiken gehören alle der SPD an, sie deleistung ohne Qualitätsverlust bekommen Geld) preiswerter erbringen können, cken aber ein großes Spektrum ab. In ihrem Reformkonzept dürfen die Gewinne behalten. bei Ärzten, Krankenhäusern Zusätzlich schlägt Lauterund Arzneiherstellern sind bach Boni für gute Qualität sie sich einig. Bei der Fivor. Das Modell dürfte zu nanzierung haben sie einer großen Umorganisaunterschiedliche Vortion bei Krankenhäusern stellungen. Der Wirtund Ärzten führen. Steuerzuschüsse für schaftsweise Rürup Krankenhäuser würden versicherungsfremde empfiehlt die Kopfhäufiger ambulant beleistungen (z. B. Kinder) pauschale. Sozialexhandeln oder Leistunperte Lauterbach gen an kostengünstiger hängt der Bürgerverarbeitende Facharztsicherung an. Einen praxen abgeben; niemix aus beidem prädergelassene Ärzte feriert Gesundheitswürden stärker koopeökonom Wasem. Das rieren oder sich in PoPool für Qualität Kassen und Krankenhäuser Kassen und Ärzte likliniken zusammenzeigt, dass Partei- und schließen Verträge, schließen Verträge, Konzeptgrenzen nicht schließen. Nicht zuletzt Kassen bezahlen Kassen bezahlen deckungsgleich sind. würde die Zahl der Krankenhäuser direkt Ärzte direkt Weder ist die BürgerKrankenhäuser und Einversicherung der SPD zelpraxen sinken. Zuschüsse für Arzt»links«noch die KopfKurzfristig billiger wird und Krankenhaus pauschale der Union ein es auch, wenn Versicherer bei guter Leistung direkt mit niedergelassenen»rechtes«modell. Und: Die Ärzten und Krankenhäusern Reform der Strukturen in der medizinischen Versorgung ihre Verträge aushandeln und hängt nicht zwangsläufig von diese bezahlen. Allein fünf Milliarden Euro Einsparpotenzial der politischen Entscheidung zwischen Steuerfinanzierung und berge der direkte Finanzverkehr, sagt Kopfpauschale ab, die die nächste Lauterbach. Bisher beharren die kasbundesregierung zu treffen hat. senärztlichen Vereinigungen auf ihrer Hoheit über die Budgets der Ärzte. Sie solallerdings dürfte der Umbau des Gesundlen nach dem Willen der Experten künftig Ärzte und heitssystems an der Finanzierungsfrage nicht nur noch Berater für Mediziner sein beim AusKrankenhäuser scheitern. Schließlich handeln die Politiker weithandeln von Individualverträgen. gehend auf Basis derselben Erkenntnisse. Ein GeAuch bei den Arzneimitteln lohnt eine kleine Gleiche Leistungen werden unabhängig vom Erbringer sundheitssystem, das überwiegend durch Abgaben Revolte für mehr Wettbewerb. Rund 800 Millionen überall in Deutschland gleich bezahlt. lichen Euro weniger müssten Versicherer für Medikamente auf Löhne und Gehälter finanziert wird, schadet tungen Die Gebührenordnung schreibt den Preis vor dem Arbeitsmarkt und wird von der demografischen die Ausgaben Kassen die In- zahlen, wenn es gelänge, über eine Positivliste die ZEIT-Grafik: Wolfgang Sischke; Quelle: eigene Recherche senken können Entwicklung konterkariert. frastruktur der me- Zahl der Präparate von auf etwa 2000 erstatdie heutige Solidargemeinschaft ist weder damit aber nur mehr Bürodizinischen Versorgung. Und tungsfähige Wirkstoffe zu begrenzen. Das geht aus nachhaltig finanziert noch gerecht, noch effizient. kratie schaffen. welche Vorteile hat ein einheitlicher Markt? Kalkulationen des Bundesgesundheitsministeriums Arbeitnehmer mit einem Einkommen bis zu Spürbar sparen, so die Experten, können die Versi- hervor. Tatsächlich dürfte das Einsparpotenzial sogar Euro müssen sich in einem Umlagesystem Einige Weichen des revolutionären Modells hat cherer durch die Abschaffung der willkürlichen im Milliardenbereich liegen, erhöht doch die Listung versichern, das nicht erwerbstätige Familienange- die Große Koalition schon gestellt. Die Basisversi- Teilung des Krankenversicherungsmarktes nicht. wirksamer Präparate den Druck, echte Innovationen hörige kostenlos aufnimmt. Besserverdienende, cherung, die private Versicherer künftig anbieten Der Vorteil liege allerdings darin, dass die heute auf den Markt zu bringen erstatteten KranBeamte und Selbstständige haben die Wahl, sich müssen, und das Insolvenzrecht, dem gesetzliche praktizierte Entmischung der Risiken verhindert, kenkassen nach eigenen Angaben zwischen fünf und in einer mit risikoorientierten Prämien arbei- Kassen mittelfristig unterliegen sollen, sind die Zweiklassenmedizin vermindert und damit»ef- sieben Milliarden Euro für patentgeschützte Scheintenden, kapitalgedeckten privaten Krankenversi- Signale dafür, dass es einmal einen»einheitlichen fizienter und wachstumsorientierter«gewirtschaftet innovationen ohne Zusatznutzen für Patienten. cherung abzusichern.»eine solche Segmentierung Versicherungsmarkt«geben wird, auf dem alle werden könne. Noch stärker sinkende Preise brächte es nach Ansicht nach der Einkommenshöhe und der Art der Er- Unternehmen miteinander konkurrieren. Nach Die Experten versprechen sich von ihrem Reform- von Wasem und Lauterbach, wenn die Versicherer werbstätigkeit ist weltweit beinahe ein Unikat«, dem Expertenmodell sollte dieser Wettbewerb da- modell Dinge, die wie aus dem Schlaraffenland er- Wirkstoffe ausschrieben und die Hersteller Angebote konstatiert Rürup. Beide Volksparteien wissen, durch gefördert werden, dass künftig alle Kassen scheinen: Medizinische Leistungen sollen preiswerter machen müssten. dass Kleinverdiener einen vergleichsweise höheren»eine Regelversicherung für jedermann anbieten, und gleichzeitig besser werden. Doch Rürup und Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte über ihre Anteil ihrer Einnahmen ins System zahlen müs- deren Umfang etwa dem heutigen Leistungskata- seine Fachkollegen glauben, dass ein neues Vergü- Reform im Sommer 2006, diese habe»so viele Aussen; Mieteinnahmen und Kapitalerträge der Bes- log der gesetzlichen Kassen entspricht«, wie Karl tungssystem für medizinische Leistungen genau das wirkungen und Facetten, das wird uns noch lange serverdienenden bleiben unberücksichtigt. Lauterbach erklärt. Jeder Bürger hätte die Pflicht, wahr machen kann. beschäftigen«. Damals war es aufmunternd gemeint, Je nachdem, ob ein niedergelassener Arzt oder sich zu versichern, die Anbieter dürften keinen heute klingt es wie eine düstere Vorahnung. Das ein Krankenhausangestellter operiert, gelten un- Interessenten ablehnen. Zusatz- und Wohlfühl- Bisher werden Leistungen abhängig davon bezahlt, Wettbewerbsstärkungsgesetz bleibt eine leere Hülle, terschiedliche Budgets. Ländliche Regionen wie leistungen könnten extra versichert werden. wer sie erbringt. Praktisch läuft es so ab: Eine Blind- solange die Politiker nicht die Effizienzrevolution Mecklenburg-Vorpommern sind medizinisch unbeendet würde damit die Querfinanzierung darmoperation kostet in einem Krankenhaus nahe im Gesundheitssystem angehen. terversorgt, in ähnlichen Gegenden Bayerns sieht zwischen beiden Systemen. Heute sichern höhere dem Starnberger See mehr als auf der Insel Rügen. das ganz anders aus. Und Politiker wissen, dass sie Privathonorare das Auskommen vieler Ärzte und Oder: Ein niedergelassener Hausarzt bekommt für i Weitere Informationen im Internet: über spezifische Budgets für medizinische Leis- Krankenhäuser. Dagegen finanzieren die gesetz dieselbe Untersuchung ein geringeres Honorar als Das ideale System Einheitlicher Versicherungsmarkt: Keine Unterscheidung in gesetzliche und private Kassen mehr D ie meisten Bürger werden zunächst nichts davon merken, wenn am 1. April planmäßig die Gesundheitsreform der Großen Koalition in Kraft tritt. Denn die wichtigsten Bestandteile der Reform die Finanzierung des Gesundheitswesens über einen Fonds, der sogenannte Einstieg in die Steuerfinanzierung versicherungsfremder Leistungen und der Basistarif, den private Versicherer künftig anbieten müssen, sind auf das Jahr 2009 verschoben. Und die neue Gebührenordnung für Ärzte soll sogar erst 2011 beschlossen werden. Dennoch bleibt das Tun der schwarz-roten Regierung schon heute nicht ohne Folgen. Gestiegen sind beispielsweise die Beitragssätze vieler gesetzlicher Kassen. Das liegt auch daran, dass die Kassen weniger Geld vom Staat bekommen. Zwar hat die Koalition den Einstieg in die Steuerfinanzierung beschlossen, tatsächlich aber den Zuschuss aus dem Staatshaushalt von 4,2 Milliarden Euro im vergangenen Jahr auf 2,5 Milliarden in diesem Jahr gekürzt. Für 2008 sind sogar nur noch 1,5 Milliarden Euro Zuschuss vorgesehen. In Wahrheit schrumpft also die Steuerfinanzierung. Erst im Wahljahr 2009 soll der Zuschuss wieder verdoppelt werden. Ein weiterer Grund für die gestiegenen Beiträge ist die Mehrwertsteuer-Erhöhung, die Medikamente und medizinische Leistungen verteuert. Und die Kassen müssen bis zur Einführung des Fonds illegale Schulden abtragen, die einige von ihnen in den vergangenen Jahren angehäuft haben. Erschwert wird von April an der Wechsel in die private Versicherung. Gesetzlich Versicherte dürfen nur dann in das private System umsteigen, wenn ihr Einkommen oberhalb der geringfügig erhöhten Versicherungspflichtgrenze von jährlich Euro liegt, das aber über drei Jahre lang. Privat Versicherte dürfen auch weiterhin keinen gesetzlichen Anbieter wählen. Nur der Wechsel zu einer anderen Privatkasse ist möglich und zwar zukünftig unter Mitnahme von Altersrückstellungen oder aber in den neuen Basistarif. Der muss weitgehend die Leistungen der gesetzlichen Kassen abdecken und darf nicht teurer sein als der maximale gesetzliche Beitrag. Derzeit sind das rund 500 Euro monatlich. Zuschläge für Krankheitsrisiken sind verboten. Kunden der privaten Versicherer dürfen allerdings nur in den ersten sechs Monaten nach seiner Einführung am 1. Januar 2009 in den Basistarif wechseln. Jederzeit hinein dürfen dagegen ehemals privat Versicherte, die keinen aktuellen Versicherungsschutz haben, sowie freiwillig gesetzlich Versicherte. Für die Mitglieder gesetzlicher Kassen dürfte 2009 nochmals teurer werden. Dann müssen sie ihre Prämien nach einem einheitlichen Beitragssatz zahlen, der vom Gesetzgeber festgelegt wird. Die Beiträge fließen mit Steuermitteln in den Gesundheitsfonds. Über ihn sollen zunächst alle Ausgaben, später mindestens 95 Prozent gedeckt werden. Bei Bedarf können Kassen Zusatzbeiträge erheben. Klare Verbesserungen gibt es von April an für gesetzlich Versicherte mit schweren oder seltenen Erkrankungen. So können Krebspatienten von ihrem Krankenhausarzt auch ambulant behandelt werden. Und Mutter-Vater-Kind-Kuren werden nach medizinischer Indikation als Pflichtleistung angeboten. Gekürzt werden dagegen Leistungen für Folgen von Schönheitsoperationen, etwa Entzündungen nach Piercings. Neu ist schließlich die generelle Versicherungspflicht von 2009 an. Nur noch Restkarten! Nr. 5 DIE ZEIT S.20 SCHWARZ cyan magenta yellow

19 S Januar 2007 DIE ZEIT Nr. 5 WIRTSCHAFT 21 Unter Feuer Die USA drängen die deutsche Wirtschaft, ihre Geschäfte mit Iran zu reduzieren. Die duckt sich erst einmal VON ULRICH LADURNER IRANISCHE POLIZISTINNEN üben im Dienst-Mercedes Iran in Zahlen Einwohner: 68,6 Mio. (2005) Bruttoinlandsprodukt pro Kopf Wirtschaftswachstum IRAN 7,1 % Arbeitslosenquote offiziell 10,3 % (2005) Arbeitslosenquote geschätzt 3401 US-Dollar* Erdölreserven 131 Mrd. Barrel (zweitgrößte Reserven der Welt, 11 % der Weltreserven) *2006 geschätzt Deutsch-iranischer Außenhandel über 50 % in Milliarden Euro ZEIT-Grafik/Quelle: bfai, Statistisches Bundesamt deutsche Exporte deutsche Importe Wenn es aus Teheran die Order gegeben haben sollte, jetzt nur die Ruhe zu bewahren, befolgt Seyed Mohammad Haschemi sie vorbildlich.»glauben Sie, dass sich die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Iran und Deutschland verschlechtern werden?«herr Haschemi lächelt lange und sagt schließlich:»nein, auf keinen Fall! Wo denken Sie hin?aber der UN-Sicherheitsrat hat doch Sanktionen beschlossen!ja, natürlich«, antwortet Haschemi, der Wirtschaftsfachmann der iranischen Botschaft in Berlin ist,»doch wir haben mit Deutschland seit 400 Jahren enge und gute Wirtschaftsbeziehungen. Wir haben schon vieles überstanden. Auch das wird vorbeigehen.«seyed Haschemi mag recht haben mit seiner historischen Betrachtungsweise, doch gibt es jetzt eine völlig neue und historisch einmalige Situation: Iran steht unter dem Verdacht, eine Atombombe bauen zu wollen. Der UN-Sicherheitsrat hat am 23. Dezember 2006 Sanktionen gegen Iran beschlossen, weil die Regierung die Anreicherung von Uran nicht stoppen will. Sollte sie innerhalb von 60 Tagen nicht der Aufforderung Folge leisten, treten die Sanktionen allerdings nach weiteren Beratungen in Kraft. Herr Haschemi lächelt darüber nur. Er bewahrt die Ruhe wie Teheran es vermutlich von ihm verlangt. Dabei geht es um viel. Deutschlands Wirtschaft hat zwar hervorragende Beziehungen zu Iran. Bisher schien der Streit um die Nuklearfrage diese nicht zu beeinträchtigen. Die Geschäfte florierten auch noch zu Zeiten, als das Land schon wegen seiner nuklearen Aktivitäten unter verschärfter internationaler Beobachtung stand summierten sich die Exporte auf 2,6 Milliarden Euro, 2004 waren es 3,5 Milliarden Euro und ,3 Milliarden Euro. Kein anderes Land lieferte so viel an Iran. Fast alles, was in der deutschen Industrie Rang und Namen hat, ist dabei: Siemens, BASF, Linde und eine Vielzahl von kleinen und mittleren Unternehmen. Doch 2006 hat es offensichtlich eine dramatische Trendwende gegeben. Der Geschäftseinbruch soll nach ersten Schätzungen bis zu 15 Prozent betragen. Der Rückgang ist unter anderem eine Folge des politischen Drucks, der aus den USA kommt. Washington will scheinbar all jene an die Kandare nehmen, die immer noch Geschäfte mit dem vermeintlichen»schurkenstaat«machen. Das ist Teil einer Gesamtstrategie, welche zum Ziel hat, mit allen Mitteln zu verhindern, dass das Regime in Teheran die Bombe in die Hände bekommt. Aus Industriekreisen hört man, dass amerikanische Emissäre ausschwärmen und ein Auge auf die Irangeschäfte der Deutschen werfen.»welcher Markt ist euch wichtiger?«das ist eine der Fragen, die dabei angeblich gestellt werden. Die Pressestelle der US-Botschaft in Berlin sagt zu diesen kolportierten Behauptungen:»Kein Kommentar!«Deutsche Unternehmen reagieren jedenfalls auf die komplizierte Lage. Die Commerzbank zog sich vor Kurzem aus dem Dollargeschäft mit Iran zurück. Peter Pietsch, ein Sprecher der Bank, betont, dass dies»freiwillig geschehen ist«. Die Commerzbank habe auch keine ungesetzlichen Geschäfte abgewickelt.»alles war völlig legal!«warum hat die Bank dann diese Entscheidung überhaupt getroffen?»das liegt im Trend«, antwortet Pietsch.»Die Credit Suisse hat sich bereits im vergangenen Jahr zurückgezogen, das Geschäftsvolumen hat sich danach auf andere Banken verlagert, auch auf uns. Wir wollen nicht gegen den Trend sein.«man sollte dem vielleicht hinzufügen, dass die USA den internationalen Banken mit US-Töchtern große Schwierigkeiten bereiten können. Nach US-Gesetz ist es amerikanischen Unternehmen nicht erlaubt, mit Iran Geschäfte zu machen dafür kann man bestraft werden. Die EU sträubt sich gegen schärfere Handelssanktionen Viele glauben, die Sanktionen vom 23. Dezember seien nur ein erster gelungener Versuch der USA, den UN-Sicherheitsrat nach und nach auf ihre eigene harte Position einzuschwören. Den einzelnen Staaten steht es frei, schärfere Sanktionen gegen Iran zu beschließen, und Washington macht keinen Hehl daraus, dass man genau dies von der EU erwartet. Trotzdem haben sich die EU-Außenminister am Montag dieser Woche nicht zu einem härteren Vorgehen gegen Iran entschließen wollen. Die EU»begrüßt einhellig die Annahme der Resolution 1737 des Sicherheitsrates vom 23. Dezember 2006«, will auch geringfügig über sie hinausgehen, blieb aber hinter den Vorstellungen der USA, die Iran wirtschaftlich isolieren wollen, weit zurück. Dann hat also Herr Haschemi doch recht mit seiner zur Schau getragenen Gelassenheit? Ist der Geschäftseinbruch von 2006 nur eine Delle gewesen, nichts weiter? Ist Iran möglicherweise ein zu wichtiger Wirtschaftspartner, als dass man es sich mit ihm verscherzen wollte? 4,3 Milliarden Euro Export ist zwar eine erkleckliche Summe, aber bei einem Gesamtvolumen deutscher Ausfuhren von 720 Milliarden Euro wäre ein Ausfall durchaus verkraftbar. Schätzungen der DIHK zufolge hängen in Deutschland rund Arbeitsplätze am Geschäft mit Iran. Alles in allem also wäre also ein Totalausfall verkraftbar, auch wenn es manche mittelständische Unternehmen hart treffen würde. Es gibt Unternehmen, die einen großen Anteil ihres Umsatzes mit Iran erwirtschaften. Wer unter den deutschen Firmen betroffen ist, der ist tatsächlich mehr als besorgt. Das geht aus einer soeben beendeten Umfrage hervor, die der DIHK und der IHK Westfalen unter mehr als hundert deutschen Unternehmen veranstaltet haben. Demnach ist bei einem Drittel der befragten Firmen das Geschäft rückläufig, ein weiteres Drittel erwartet für die nahe Zukunft Verschlechterungen. 35 Prozent der Befragten machen dafür die deutschen Exportbeschränkungen verantwortlich, und mehr als die Hälfte rechnet in naher Zukunft mit einer weiteren Abkühlung der Beziehungen zwischen Deutschland und Iran. 40 Prozent spüren zunehmende Schwierigkeiten bei der Zahlungsabwicklung. Das Interessanteste aber: Jedes zehnte befragte Unternehmen fühlt sich informellem Druck ausgesetzt, Geschäfte mit Iran zu reduzieren, weitere 15 Prozent geben an, solchen Druck in Ansätzen zu spüren. Die Sanktionen gegen Iran wirken also noch bevor sie überhaupt in Kraft sind. Ein umfassendes Embargo gegen Iran träfe die deutschen Maschinenbauer Das genau beklagt der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Sein Sprecher Friedrich Wagner spricht von Unsicherheit.»Wir wissen nicht, was die EU-Kommission vorhat, ob sie zum Beispiel die UN-Sanktionen verschärfen will. Wir denken aber, dass alles nur bürokratischer werden wird.«deutschlands Maschinenbauer wären von einem eventuellen Embargo hart getroffen. Denn die Iraner haben in den letzten Jahre vor allem im Ausbau ihrer petrochemischen Industrie, der Autoindustrie und der Infrastruktur kräftig investiert. Die Nachfrage nach deutschen Gütern war dementsprechend. Wagner befürchtet nun, dass»einzelne Firmen auf eine watchlist kommen«. Wer sich bei deutschen Unternehmen nach dem Irangeschäft erkundigt, spürt bei denen ein gewisses Bedürfnis, möglichst unterhalb des Radarschirms der Öffentlichkeit zu fliegen. Siemens hält sich bedeckt. BASF begnügt sich mit dem Hinweis, dass die in der deutschen Presse verbreitete Nachricht, das Unternehmen baue eine Ammoniak-Harnstoff- Anlage im Wert von 304 Millionen Euro im iranischen Schiraz, falsch sei.»bei den 304 Millionen handelt es sich um die Gesamtsumme aller Partner. Die Investition der BASF bewegt sich im niedrigen einstelligen Millionenbereich.«Möglichst nicht auffallen, das scheint die Devise zu sein. Die deutschen Maschinenbauer gehören zu den wenigen Unternehmen, die sich derzeit öffentlich zumindest ein wenig beklagen. Sie wünschen sich klare Regeln. Für einige Bereiche gibt es die bereits. Alles, was nach Raketen- oder Nukleartechnik auch nur riechen könnte, unterliegt strengsten Kontrollen.»Das machen wir ja ohnehin nicht«, sagt VDMA-Sprecher Wagner.»Wir möchten nun einfach wissen, was auf uns zukommt!«das ist nicht einfach zu sagen. Sicher ist: Washington wird den Druck auf Iran aufrechterhalten, und die deutschen Unternehmen werden das zu spüren bekommen. Iran seinerseits wird auf Dauer trotzdem ein verlässlicher Partner bleiben, jedenfalls lassen die Erfahrungen der Vergangenheit darauf schließen.»iran war 1992 zahlungsunfähig«, erinnert Hans Janus, Vorstand der Euler Hermes Kreditversicherungs-AG.»Wir haben eine Umschuldung gemacht. Sie haben alles vorbildlich zurückbezahlt.«dennoch hat Hermes Iran in seiner Risikoanalyse jetzt nach unten gestuft. Das internationale politische Klima ist nur ein Grund dafür, der andere ist ein von Iran hausgemachter. Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat auch in der Wirtschaft bis ins zweite und dritte Glied hinein seine Leute gesetzt. Meistens sind das Männer aus dem Sicherheitsapparat. Und die müssen auf dem ökonomischen Parkett erst einmal laufen lernen. i Weitere Informationen im Internet: Foto [M]: Abbas Kowsari/Polaris/Studio X S.21

20 S. 22 WIRTSCHAFT Januar 2007 DIE ZEIT Nr. 5 PRO Man stelle sich nur einmal vor, im nächsten Bundesligaspiel von Borussia Dortmund gegen die Bayern aus München pfeift ein von Münchner Seite benannter und bezahlter Schiedsrichter. Auf welcher Seite fällt dann wohl eher ein Elfmeter? Auf die Elektrizitätswirtschaft übertragen, bedeutet dies: Echter Wettbewerb zwischen Elek tri zitätserzeugern (den»fußballmannschaften«) kann nur entstehen, wenn die Netzgesellschaft (der»schiedsrichter«) neutral und unabhängig ist. Die Mitteilung der Europäischen Kommission vom 10. Januar 2007 lässt denn auch hinsichtlich der Rolle des Netzbetreibers an Klarheit nichts zu wünschen übrig: Zur Stärkung des seit mehr als zehn Jahren geforderten, aber nach wie vor nur schleppend umgesetzten europäischen Binnenmarktes für Elektrizität sollen die Mitgliedsländer die Kraftwerke von den Netzen trennen. Mit diesem»vertikalen unbundling«wird der Wettbewerb auf der Erzeugerseite gestärkt und die Preise können sinken. Weil das Netz ein natürliches Monopol bleibt, bedarf es selbstverständlich auch weiterhin der Regulierung; hierzulande durch die Bundesnetzagentur. Sowohl theoretische Überlegungen als auch prak tische Erfahrungen legen nahe, dass die vertikale Trennung eine Voraussetzung für echten Wettbewerb auf der Erzeugerseite ist. Warum? Weil ein vertikal integriertes Unternehmen vielseitige Möglichkeiten hat, neue Anbieter zu diskriminieren. Ein unabhängiger Netzbetreiber hat daran nicht das geringste Interesse. Im Gegenteil, er hat Interesse an der Beseitigung von Engpässen im Netz, einschließlich des Ausbaus der Verbindungen zu Nachbarländern; schließlich ist er an einem möglichst hohen Transportvolumen und den damit verbundenen Einnahmen interessiert. Unabhängige Betreiber sind auch für Fusionen mit benachbarten Netzbetreibern offen; das kann die Kosten weiter sinken lassen. Nachteile einer vertikalen Trennung, die neuerdings aus der außen- und sicher heitspolitischen Ecke im Verlust von Ver handlungsmacht gegenüber»großen«energie lieferanten gesehen werden, sind weder theoretisch begründbar noch empirisch belegt. Nach der Mitteilung aus Brüssel steht ohnehin nicht mehr die Frage des»ob«, sondern nur noch des»wie«der vertikalen Trennung zur Debatte. Nur die Trennung von Stromerzeugung und -transport schafft Wettbewerb VON CHRISTIAN VON HIRSCHHAUSEN Hier bietet die Kommission zwei Varianten an: den unabhängigen Systembetreiber oder die vollständige eigentumsrechtliche Trennung. Beim unabhängigen Systembetreiber (In de pendent System Operator, ISO) übernimmt eine eigenständige Netzgesellschaft den Betrieb mit dem Ziel der Optimierung des Gesamtsystems. Das Eigentum an den Netzen sowie der Anspruch auf eine entsprechende jährliche Verzinsung des Kapitals verbleibt jedoch beim vormaligen Betreiber. Die Netze vieler Regionen in den Vereinigten Staaten werden per ISO betrieben. Es liegen sowohl positive als auch negative Erfahrungen vor. Ein Vorteil des Modells besteht in seiner raschen Umsetzbarkeit, gerade wenn sich die Netzunternehmen im Privatbesitz befinden. Nachteilig wirkt sich die»zwitter«-struktur des ISO als Diener zweier Herren aus: Vollständige Unabhängigkeit ist nicht gegeben, da die Kapitaleigentümer sprich Strom erzeuger noch mit am Tisch sitzen. Auch fehlt dem ISO eine klare unternehmensspezifische Fokussierung. Letztlich ergibt sich das Problem der Investitionsanreize, da sich der ISO beim Netzausbau mit den Kapitaleignern abstimmen muss. Demgegenüber ist die von Brüssel bevorzugte eigentumsrechtliche Trennung die sauberere Lösung. Durch die Trennung werden die Aufgaben der Unternehmen klar, jedes Unternehmen kann sich auf seine Kernkompetenz, entweder Erzeugung oder Transport, konzentrieren. Das neue Netzunternehmen bekommt bei entsprechender Regulierung Anreize zum Ausbau des Netzes sowie zu einem möglichst effizienten Ausgleich von Angebot und Nachfrage. Die britischen Erfahrungen zeigen, wie die Wettbewerbsintensität durch die vertikale Trennung gefördert werden kann. Wegen der technischen Besonderheiten entsteht Wettbewerb auf Elektrizitätsmärkten nicht von selbst, sondern bedarf einer aktiven Wettbewerbspolitik, im angelsächsischen Raum als market design bezeichnet. Vertikale Trennung ist Teil eines solchen Marktdesigns. Dahinter steht ein ordnungspolitischer Ansatz zur Förderung des Wettbewerbs und zum Wohle der Gesamtwirtschaft. Fußball macht schließlich auch nur Spaß, wenn die Regeln fair sind. Christian von Hirschhausen ist Professor für Energiewirtschaft und Public Sector Management an der TU Dresden Streit um den Strom Sollen die Energiekonzerne ihre Netze abgeben? Foto [M]: Benoit Pesle/Anzenberger Eine Zerschlagung nützt niemandem außer der EU-Kommission VON WOLFGANG STRÖBELE Seit mehr als 20 Jahren wird in zahlreichen Ländern an der Neuordnung der»leitungsgebundenen Energiewirtschaft«gearbeitet. Durch Regulierung des Zugangs zu den Netzen sollen diese für Dritte geöffnet werden mit dem Ziel, bei der Produktion von und beim Handel mit Energie Wettbewerb entstehen zu lassen. Die Preise für die Kunden von Strom und Erdgas sollen auf diese Weise sinken. Seit dem Jahr 2005 hat in Deutschland die Bundesnetzagentur den gesetzlichen Auftrag für die Regulierung. Sie hat inzwischen mehrfach die Netzentgelte gesenkt und wird dies auch in Zukunft tun. Der Vorschlag der EU-Kommission, dieses Ziel durch eigentumsrechtliche Entflechtung zu verfolgen, führt zu keinerlei Vorteilen. Eine eigentumsrechtliche Heraustrennung der Netze würde den Status der Netze als natürliche Monopole nämlich nicht ändern, deshalb bestünde die Notwendigkeit zur Regulierung unverändert fort. Der Netzbetrieb im elektrischen Hoch- und Höchstspannungsnetz wird in Deutschland von vier Gesellschaften, nämlich den Netzgesellschaften von RWE, E.on, Vattenfall Europe und ENBW wahrgenommen. Deren Netzentgelte sind so gering, dass selbst eine Senkung um 15 bis 20 Prozent den Strompreis für die Endkunden fast unverändert ließe: Der Effekt läge in einer Größenordnung von knapp über 0,1 Cent pro Kilowattstunde. Auf der regionalen und kommunalen Ver tei lerebe ne sind in Deutschland mehrere Hundert Unternehmen aktiv. Im Strommarkt wird dort auf deutlich niedrigeren Spannungen gearbeitet; im Gasmarkt bei niedrigeren Drücken und kleineren Leitungsquerschnitten. Die Verteilernetze stellen lokale natürliche Monopole dar und werden ebenfalls reguliert. Je nach Spannungsebene und Größe des Abnehmers streuen die Netzentgelte sehr stark und liegen im Mittel in einer Größenordnung von 3 bis 6 Cent pro Kilowattstunde. Die Gründe dafür könnten unterschiedliche örtliche Gegebenheiten sein; es ist aber nicht abwegig zu vermuten, dass mancher regionale oder kommunale Versorger über die Netzentgelte Konkurrenz fernhält und bei der Festlegung auch an die Stadtsäckel denkt, in die ein Teil der Gewinne der Stadtwerke fließt. Eine Senkung der Netzentgelte auf dieser Stufe um beispielsweise 20 Prozent ließe den Strompreis für die Endkunden merklich sinken. Die Bundesnetzagentur bemüht sich, diskriminierende Praktiken einzudämmen. CONTRA Gleichzeitig ist festzuhalten, dass in den nur ungenau bezeichneten»netzentgelten der Endkunden«auch Umlagekosten für alle möglichen Extralasten enthalten sind: für die Förderung der Kraft-Wärme- Kopplung ebenso wie für die der erneuerbaren Energi en. Zusammen mit gestiegenen Brennstoffkosten und der erforderlichen Einpreisung der CO 2 -Zertifikate ist der beobachtete Strompreisanstieg damit zum größten Teil erklärbar. Die Regulierungsschritte der Länder mit langjährigeren Erfahrungen zeigen, dass fast unabhängig von der Eigentümerstruktur enorme Lernprozesse notwendig waren. In Großbritannien stieß die Regulierungsbehörde beim Ferngastransport auf eine einzige reine Transportgesellschaft; dennoch liegen stapelweise Dokumente über jahrelange Hearings, Modifikationen der Vorschriften und Hunderte von Nachbesserungen der Spielregeln vor. Im Strommarkt wurde das Marktdesign nach mehr als zehn Jahren Erfahrung im März 2001 umgestellt; aber auch die neue Struktur wird kritisiert. Nicht ohne Grund, denn die Märkte für leitungsgebundene Energien sind kompliziert, die Regeln für die Entgeltfestlegung, das Engpassmanagement, die Investitionsanreize und die Ausschreibungsverfahren für Regelenergie müssen entsprechend aufeinander abgestimmt sein. Deshalb sind für den Übergang auf ein neues Regime einige Jahre zu kalkulieren. Die bereits erfolgten Senkungen der Entgelte, der Ausbau grenzüberschreitender Leitungen nach Westen, Investitionsprojekte von Newcomern und letztlich im EU-Vergleich doch günstige Großhandelspreise sind bisher durchaus Erfolgsindikatoren in Deutschland. In dieser Situation kommt die Vorstellung der EU-Kommission, die Stromunternehmen eigentumsrechtlich zu entflechten und auf diesem Wege die Regulierung zu»erleichtern«, einer Flucht nach vorne gleich die allerdings die Unterschiede in den EU-Ländern ebenso ignoriert wie die objektiven Schwierigkeiten, ein funktionsfähiges Regulierungssystem Schritt für Schritt zu entwickeln. Entweder ist diese Empfehlung nur als politischer Schnellschuss mit einem gewissen Show-Effekt zu verstehen, oder es geht der EU-Kommission letztlich wieder einmal um Kompetenzverlagerung nach Brüssel. Substanziell bringt der Vorschlag weder die Stromkunden noch die Versorgungssicherheit in Deutschland voran. Wolfgang Ströbele ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Uni Münster S.22

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