Wir sind gegen Diskriminierung, aber Warum der unterschiedliche Diskriminierungsschutz in Österreich endlich beseitigt werden sollte
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- Adolf Junge
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1 Wir sind gegen Diskriminierung, aber Warum der unterschiedliche Diskriminierungsschutz in Österreich endlich beseitigt werden sollte Daniela Almer/Volker Frey Abstract In Austria there is an overall lack of commitment towards harmonizing its anti-discrimination safeguards. Only two of the parties in Parliament the Social Democrats (SPÖ) and the Greens have voiced their approval of leveling-up measures. International pressure is also largely ignored. However, a democratic nation must guarantee comprehensive human rights. Personal autonomy does not just mean that those running the economy can pick and choose who they want to do business with; personal autonomy also means being treated the same as everyone else. Without the long overdue harmonization of anti-discrimination measures, the Equal Treatment Act will continue to lie outside the legal mainstream where it should have been from the very beginning. 1. Diskriminierungsfreiheit und Menschenrechte Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) aus 1948 postuliert:»alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.«die AEMR ist der Ausgangspunkt für den internationalen Menschenrechtsschutz im Rahmen der Vereinten Nationen (VN), wie wir ihn heute kennen. In ihrem Artikel 2 enthält sie bereits ein Diskriminierungsverbot»[ ] etwa nach Rasse, Farbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer und sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, nach Eigentum, Geburt oder sonstigen Umständen.«Obwohl die AEMR als Reaktion der Völkergemeinschaft auf den Nationalsozialismus entstanden ist, sind Behinderung und sexuelle Orientierung nicht aufgeführt. Diese Lücken wurden auf internationaler Ebene erkannt und ansatzweise beseitigt etwa mit dem Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Neuere Menschenrechtsdokumente enthalten bereits erweiterte Diskriminierungsverbote etwa Artikel 21 der Grundrechtecharta der Europäischen Union (EU). 1
2 Wir sind gegen Diskriminierung, aber Gerade die Diskriminierungsverbote der EU zeigen die stetige Sensibilisierung in diesem Bereich. Während in den Römer Gründungsverträgen nur die Geschlechterdiskriminierung im Lohnbereich ausdrücklich verpönt war, wurden durch die Kompetenzbestimmung des Art. 13 EGV (nun: Art. 19 AEUV) und die darauf beruhenden Antidiskriminierungs-Richtlinien (Antirassismus-Richtlinie 2000/43/EG, Beschäftigungs-Rahmen-Richtlinie 2000/78/EG, Gender-Güter-Dienstleistungs-Richtlinie 2004/113/EG) diese Diskriminierungsverbote ausgeweitet. Trotz allem besteht auf EU- Ebene eine Hierarchisierung: Während in der Arbeitswelt Diskriminierung aufgrund des Alters, der Behinderung, der ethnischen Herkunft und Rasse, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung sowie der sexuellen Ausrichtung 1 verboten ist, gibt es ein solches Diskriminierungsverbot außerhalb der Arbeitswelt beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen nur aufgrund des Geschlechts und der ethnischen Zugehörigkeit. Ein Richtlinien-Vorschlag der Europäischen Kommission vom Jahr 2008, der eine Ausweitung dieses Diskriminierungsverbots auf alle Gründe vorsieht, wird zwar formal noch verhandelt seiner Verabschiedung werden aber nur wenig Chancen eingeräumt. Aus menschenrechtlicher Perspektive ist dieser Zustand unbefriedigend: Gleiche Menschenwürde für alle Menschen wird auch durch einheitlichen Diskriminierungsschutz sichergestellt. Partieller Diskriminierungsschutz für manche Gründe nur in der Arbeitswelt, für andere auch beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen ist eine sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung und stellt somit eine Diskriminierung dar. 2. Hierarchisierung in Österreich und kein Levelling-up in Sicht Österreich hat erst auf internationalen Druck Diskriminierungsverbote abgesehen vom Schutz der Volksgruppen eingeführt. 2 Das Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) verbietet seit 1979 Diskriminierungen beim Ent- 1 Im Folgenden verwenden wir im Einklang mit dem österreichischen Gleichbehandlungsgesetz statt»ethnische Herkunft und Rasse«den Begriff»ethnische Zugehörigkeit«und statt»sexuelle Ausrichtung«den Begriff»sexuelle Orientierung«. 2 Im Folgenden wird aus Platzgründen nur das Bundesrecht dargestellt und besprochen. Auch auf Ebene der Bundesländer existiert im Detail eine Hierarchisierung, obwohl mit Ausnahme Niederösterreichs überall außerhalb des Dienstrechts bei allen Gründen ein Diskriminierungsschutz existiert. 2
3 gelt zwischen Frauen und Männern. Im Lauf der Jahre wurde das Diskriminierungsverbot auf die gesamte Arbeitswelt und auf die Gründe des Alters, der Behinderung, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion und Weltanschauung sowie der sexuellen Orientierung ausgeweitet. Außerhalb der Arbeitswelt wurden auf Bundesebene nur der EU-rechtlich verpflichtende Mindestschutz eingeführt und zwar wegen ethnischer Zugehörigkeit 3 und des Geschlechts 4. Dieser wurde im Jahr 2006 im Behindertengleichstellungsgesetz auf Behinderung ausgedehnt. 5 Auch im Detail unterscheiden sich die Anwendungsbereiche außerhalb der Arbeitswelt. So ist etwa Diskriminierung bei der Bildung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit und Behinderung verboten, nicht aber aufgrund des Geschlechts. Die oben genannten Gesetze wurden seither mehrmals novelliert, wobei teilweise auf eine einheitliche Terminologie mit dem GlBG geachtet wurde (Diskriminierung aufgrund eines Naheverhältnisses), teilweise im Detail abweichende Regelungen getroffen wurden (Rechtsdurchsetzung, Bemessung und Verschuldensabhängigkeit des Schadenersatzes). Konkret gibt es folgende unterschiedliche Schutzniveaus im österreichischen Bundesrecht: In der Arbeitswelt aufgrund des Geschlechts, des Alters, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion und Weltanschauung und der Behinderung Beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit, des Geschlechts, der Behinderung und des Alters, der Religion und Weltanschauung. 3 BGBl. I 2004/66. 4 BGBl. I 2008/98. 5 BGBl. I 2005/82. 3
4 Wir sind gegen Diskriminierung, aber Diese Unübersichtlichkeit zeigt nicht nur ein mangelndes Bewusstsein für Menschenrechte, sondern hat auch eine Reihe negativer Auswirkungen: Gleichbehandlung wird vielfach nicht ernst genommen. Das Gesetz unterscheidet unsachlich und ist somit diskriminierend. Das Gleichbehandlungsrecht ist so unübersichtlich, dass es zu einer Materie weniger Spezialist_innen verkommt. Damit ist es für die Rechtsunterworfenen schwer verständlich und es kann nur schwer vermittelt werden. Die Unterscheidungen sind willkürlich und deshalb wird das Antidiskriminierungsrecht noch mehr abgelehnt. Diese Argumente werden auch auf internationaler Ebene geteilt. So wurde Österreich bereits mehrfach etwa vom VN-Menschenrechtsrat 6, im Rahmen der Universellen Menschenrechtsprüfung UPR 7 oder vom Menschenrechtskommissar des Europarats zur Einführung eines einheitlichen Diskriminierungsschutzes aufgefordert. Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz hat bereits zweimal in den Jahren und einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der das Levelling-up enthielt. Beim ersten Anlauf wurde das Levelling-up sogar im Ministerrat als Regierungsvorlage beschlossen 11, scheiterte dann aber im Parlament am Widerstand der ÖVP. Die jüngste Novelle wurde erst ein halbes Jahr nach dem ministeriellen Begutachtungsverfahren ohne Levelling-up im Ministerrat 12 und im Parlament 13 beschlossen. 6 ( ). 7 Oesterreich.doc
5 3. Aus welchen Gründen wird das Levelling-up abgelehnt? Inzwischen gibt es eine erstaunlich breite Zustimmung für das Levellingup. So haben sich neben einer Vielzahl von Vereinen, der Gleichbehandlungs- und Volksanwaltschaft, neben SPÖ und Grünen auch die Sozialpartner_innen in einer Einigung dafür ausgesprochen. 14 Auch die evangelische Kirche 15 hat das Levelling-up in ihrer Stellungnahme zum jüngsten Entwurf befürwortet. Widerstände gibt es aus den anderen Nationalratsfraktionen und der katholischen Kirche. Die Argumente dagegen sind oft schwer zu eruieren. Namhafte ArbeitsrechtlerInnen warnen polemisch vor einem»autoritären Staat«und sprechen von einer weitgehenden»beseitigung der Privatautonomie«. 16 Abgeordnete behaupten (fälschlicherweise),»dass es nur in einem einzigen Land, nämlich Großbritannien, einen umfassenden Diskriminierungsschutz unter Einbeziehung aller Merkmale gebe, genau dort kämpfe man nun aber mit einer Klagsflut.«17 Diese Argumente sind teils aufgrund ihrer Allgemeinheit (autoritärer Staat) einer sachlichen Argumentation nicht zugänglich, sonst aber durchwegs leicht zu widerlegen. 3.1 Beseitigung der Privatautonomie? Privatautonomie bedeutet Selbstbestimmung. Jeder Mensch soll die Möglichkeit haben, seine rechtlichen Beziehungen nach eigenem Willen frei zu gestalten. Die Privatautonomie wird durch die Vertragsfreiheit konkretisiert, die unter anderem die Abschlussfreiheit (Freiheit zu entscheiden, mit wem ich Verträge abschließen will oder nicht), die Inhaltsfreiheit (Freiheit, die Inhalte eines Vertrags autonom zu bestimmen) und die Endigungsfreiheit (Freiheit, Verträge wieder zu beenden) umfasst. In den Fällen, in denen diese Gleichheit nicht besteht, gibt es umfangreiche Schutzgesetze, die Macht- und Informationsungleichgewichte oder imfname_ pdf
6 Wir sind gegen Diskriminierung, aber massiv unfaire Vertragsbedingungen beschränken sollen. Die bekanntesten Beispiele sind das Arbeits-, Miet- und Konsumentenschutzrecht die alle die Privatautonomie der stärkeren Seite einschränken, um eine materielle Gleichheit zwischen (angehenden) Vertragspartner_innen herzustellen. Eine Person zu diskriminieren bedeutet, ihre Privatautonomie einzuschränken. Insbesondere in existenziellen Bereichen wie dem Zugang zu Wohnraum ist das nicht akzeptabel, da es dem menschenrechtlichen Gleichheitspostulat widerspricht. Um die Privatautonomie des/der Einzelnen zu gewährleisten, müssen diskriminierende Praktiken daher verboten werden. Wer sich auf die Wahrung der Privatautonomie beruft, darf damit nicht Diskriminierungen begründen. Eine solche Vorgangsweise bedeutet einen Rechtsmissbrauch und ist daher nicht schützenswert. 3.2 Kommt es zu einer Klagsflut? Die bisherigen Erfahrungen mit dem Antidiskriminierungsrecht lassen eine Klagsflut nicht erwarten. Aufgrund des geringen Wissens, der wenigen Beratungsstellen, des hohen Kostenrisikos und der geringen Höhe der zugesprochenen Schadenersatzbeträge entschließen sich viele Menschen, nicht gegen Diskriminierungen vorzugehen. 3.3 Gibt es einen umfassenden Diskriminierungsschutz nur in Großbritannien? In der Mehrzahl der EU-Staaten gibt es einen weit über die unionsrechtlich vorgeschriebenen Standards hinausgehenden Diskriminierungsschutz. Eine aktuelle EU-weite Studie über den Umfang des Diskriminierungsschutzes existiert derzeit nicht. Doch bereits eine oberflächliche Recherche ergibt, dass in vielen Staaten über den Mindeststandard hinausgegangen wurde, etwa in Deutschland des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes: 6
7 4. Die politischen Positionen zum Levelling-up in Österreich»Wir sind gegen Diskriminierung, aber «, so lässt sich die Haltung der Gegner_innen eines einheitlichen Diskriminierungsschutzes auf Österreichs politischer Bühne zusammenfassen. Der Klagsverband hat das Ende der Legislaturperiode zum Anlass genommen, alle Parteien, die zur Nationalratswahl antreten wollen, nach ihrer Position zum Levelling-up zu fragen. 19 Die Antworten zeigen: Natürlich sprechen sich alle wahlwerbenden Parteien für Antidiskriminierung aus. Außer bei der SPÖ und den Grünen ist aber in allen Antworten die Ungleichbehandlung von gesellschaftlichen Minderheiten unter dem Deckmantel der Wahrung von Privatautonomie und Vertragsfreiheit versteckt. Die in diesem Text bereits als Gegnerin des Levelling-up zitierte ÖVP beginnt ihre Antwort mit»die ÖVP bekennt sich voll und ganz zur Antidiskriminierung.«Allerdings werden dann sofort die Argumente»Vertragsfreiheit«und»Privatautonomie«bemüht:»Eine Ausweitung des Diskriminierungsschutzes darf in Österreich nicht zu Lasten der Vertragsfreiheit jedes Einzelnen passieren. Sozialrechtsexperten haben erhebliche Bedenken angemeldet, dass das sogenannte levelling up eine drastische Einschränkung der Privatautonomie bedeuten würde.«wer verfolgt hat, wie die ÖVP die Angleichung des Diskriminierungsschutzes im Rahmen der jüngsten Novellen verhindert hat, ist geneigt davon auszugehen, dass die Privatautonomie und die Vertragsfreiheit hier als Feigenblatt benutzt werden, um Lesben und Schwule in Österreich auf 19 Die Frage lautete: Die jetzige rechtliche Lage in Österreich sieht vor, dass Personen in der Arbeitswelt aufgrund aller gesetzlichen Diskriminierungsgründe (Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Behinderung, Alter, sexuelle Orientierung, Religion und Weltanschauung) vor Diskriminierung geschützt sind. Außerhalb der Arbeitswelt gilt dieser Schutz nur für die Gründe Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit und Behinderung. Der Klagsverband fordert seit Langem eine Angleichung des Diskriminierungsschutzes, denn es gibt keine sachliche Rechtfertigung für diese Unterscheidung. Im Zuge der jüngsten Novellen des Gleichbehandlungsgesetzes wurde die Angleichung oder»levelling-up«regelmäßig diskutiert, es hat auch schon eine Regierungsvorlage und eine Einigung der SozialpartnerInnen dazu gegeben. Zum Levelling-up ist es aber nicht gekommen. Wir fragen Sie: Werden Sie sich in der nächsten Legislaturperiode für das Levellingup einsetzen? Wenn nein, können Sie uns die Gründe nennen? Was hat Sie dazu bewegt, in der Vergangenheit für bzw. gegen das Levelling-up einzutreten? Die Frage wurde (gemeinsam mit zwei weiteren Fragen zu Gleichstellungsthemen) im Mai 2013 an die Parteiobleute von SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grüne, BZÖ, Team Stronach und Neos geschickt. 7
8 Wir sind gegen Diskriminierung, aber rechtlicher Ebene weiterhin als Menschen zweiter Klasse zu behandeln. Bemerkenswert bei der Position der Österreichischen Volkspartei ist auch die Tatsache, dass sie sich auf die Europäische Union beruft:»weiters streben wir in diesem Punkt eine einheitliche Regelung auf EU-Ebene an.«damit ist wohl der EU-Richtlinien-Vorschlag aus dem Jahr 2008 gemeint, der die Angleichung des Diskriminierungsschutzes vorsieht. Diese Richtlinie wird zwar verhandelt, derzeit ist aber nicht abzusehen, ob und wann sie verabschiedet wird. Die ÖVP agiert also im Antidiskriminierungsbereich nach dem Motto»Erst wenn uns die EU etwas verordnet, machen wir es auch.«neben der ÖVP sind auch die FPÖ, das BZÖ, Team Stronach und Neos gegen das»levelling-up«. Alle sprechen sich zwar für Diskriminierungsschutz aus, aber Privatautonomie und Vertragsfreiheit werden als wichtiger eingestuft. Die FPÖ malt auch noch die Gefahr einer Klagsflut an die Wand. Als negatives Beispiel für ein Land, in dem der Diskriminierungsschutz bereits zu dieser gefürchteten Klagsflut geführt habe, wird Großbritannien erwähnt. Und auch auf die geplante EU-Richtlinie bezieht sich die FPÖ. Die Position der Freiheitlichen ähnelt also in vielem jener der Volkspartei. Bemerkung am Rande: Das BZÖ wird in seiner Antwort nicht müde zu betonen, dass die Debatte um das Levelling-up sachlich zu erfolgen habe. Das Thema sollte»ohne große Emotionen«geführt werden und»überbordende, nur emotional und nicht sachlich diskutierte Regelungen«sind beim BZÖ nicht erwünscht. Als Befürworter des Levelling-up haben sich sowohl bei den jüngsten Novellen des Gleichbehandlungsgesetzes als auch in ihren Antworten auf die Klagsverbands-Umfrage die SPÖ und die Grünen zu erkennen gegeben. Letztere bekennen sich zu einem einheitlichen Diskriminierungsschutz ohne Wenn und Aber. Sie hätten sich bereits in der derzeitigen Legislaturperiode dafür eingesetzt und würden das auch nach den Wahlen wieder tun, antworteten die Grünen. Etwas zwiespältiger fällt die Antwort der SPÖ aus. Ein uneingeschränktes»ja«zum Levelling-up, man werde sich auch in der nächsten Legislaturperiode für eine rasche Umsetzung einsetzen. In der Vergangenheit habe die ÖVP bedauerlicherweise blockiert. Genau an diesem Punkt gilt es nachzufragen: Warum musste sich die Kanzlerpartei diesen Blockaden beugen? Auch eine Regierungsvorlage und eine Einigung der Sozialpartner_innen waren nicht stark genug, um den Widerstand des Koalitionspartners zu überwinden? Im Rahmen der Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes 2012 wurde die Bischofskonferenz als Sündenbock herangezo- 8
9 gen: Sie habe eine negative Stellungnahme abgegeben und sich gegen das Levelling-up ausgesprochen, hieß es von offizieller Seite. Wieso kann sich die katholische Kirche so uneingeschränkt in politische Belange einmischen und Gesetzesvorhaben gar zu Fall bringen? Bei anderen Religionsgemeinschaften würden sich die politischen Parteien eine derartige Einflussnahme verbitten. Abseits dieser politischen Ränkespiele hebt sich die Haltung der SPÖ zum Levelling-up allerdings wohltuend von jener der anderen Parteien ab: Vertragsfreiheit und Privatautonomie sind für die Sozialdemokrat_innen keine Gründe, die gegen eine Angleichung des Diskriminierungsschutzes sprechen. Auch die internationale Ebene wird von der SPÖ als maßgeblich betrachtet und die empfohlene Harmonisierung des Diskriminierungsschutzes im internationalen Vergleich ernst genommen. Beim Lesen dieser Antwort bleibt also nur die Frage: Why not do it? 5. Fazit Was nach diesen Betrachtungen der aktuellen Debatte in Österreich bleibt, ist das Resümee, dass es hierzulande an einem eindeutigen politischen commitment zu einem umfassenden Diskriminierungsschutz fehlt. Auch gegenüber internationalen Empfehlungen zeigt man sich auf politischer Ebene resistent. Es entsteht der Eindruck, dass Ungleichbehandlung und die Missachtung von Menschenrechten salonfähig sind, solange es die EU nicht anders verordnet. Aber wer keine sachlichen Gründe erkennen kann, die gegen das Levelling-up sprechen, der muss selber auch sachlich bleiben: Die Angleichung des Diskriminierungsschutzes ist das Gebot der Stunde. Nicht nur, weil Österreich sonst im Ranking der EU-Staaten und bei der Universellen Menschenrechtsprüfung der UNO schlecht abschneidet, sondern weil sonst nicht die umfassenden Menschenrechte garantiert werden, die ein demokratischer Staat erfüllen muss. Das Recht auf Privatautonomie gebührt nicht nur der Vermieterin, die sich ihre Mieter_innen aussuchen will. Das Recht auf Privatautonomie gebührt jedem Menschen und es besteht ganz grundsätzlich darin, gleich behandelt zu werden, wie alle anderen. Zwischen den Diskriminierungsgründen zu unterscheiden, steht in massivem Widerspruch zum Gleichheitspostulat. Das Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsrecht wird ohne Harmonisierung weiterhin ein Schattendasein fristen. Dabei hätte es sich seinen Platz im Mainstream der Gesetze schon längst verdient. 9
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