Themen: Grundlagen der kogni.ven Verhaltenstherapie am Beispiel Angststörungen. Verhaltensanalyse. Was ist eine Angststörung? Was ist Angst?
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- Krista Wolf
- vor 8 Jahren
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1 Grundlagen der kogni.ven Verhaltenstherapie am Beispiel Angststörungen Prof. Dr. med. V. Köllner Fachklinik für Psychosoma.sche Medizin, Blieskastel Themen: Grundlagen der kogni.ven Verhaltentherapie Erklärungsmodelle für Angststörungen Differen.aldiagnos.k der Angststörungen Wie vermipele ich einem Pa.enten die Diagnose Angststörung? Äthiologiemodell der Verhaltenstherapie Prädisponierende Faktoren Genetik Physiologische Variablen (z. B. Mitralprolaps) Kogn. Schemata Lebens- und Lerngeschichte Persönlichkeitsfaktoren familiäres und soziales Umfeld Auslösende Bedingungen Physiologische Bedingungen, kognitive Bewertung und emotionale Reaktion in der Auslösesituation Aufrechterhaltende Bedingungen Operante Verstärkung von Vermeidungsverhalten sekundärer Krankheitsgewinn familiäre Interaktion soziale Rahmenbedingungen S Verhaltensanalyse Lebensgeschichte, Wertesystem O R Soziales Umfeld, Normen, Rahmenbedingungen K + lang - + kurz - S = Auslösesituation; O = Organismus-Variablen; R = Reaktion; K = Konsequenzen; lang = langfristig; kurz = kurzfristig. S, R und K können auf der physiologischen, psychischen und sozialen Ebene beschrieben werden. Was ist Angst? Angst ist die natürliche Reaktion des Menschen auf Gefahren. Sie äußert sich auf allen Ebenen unseres Verhaltens und Erlebens: im kognitiven und emotionalen Bereich: z. B. Einengung der Wahrnehmung auf gefahren-relevante Reize, Einengung des Denkens und Fühlens bei Befürchtungen, selektives Lernen und Erinnern, im Verhalten: meist Flucht oder Vermeidung auf der körperlichen Ebene: Alarmreaktionen im sympathischen Nervensystem, z. B. Herzrasen, Schwitzen, Beschleunigung, Hyperventilation, Zittern. Was ist eine Angststörung? Andauernde Fehlregula.on des Angst- Streß- Reak.onssystems Angst trip in unangemessener Stärke und in unangemessenen Situa.onen auf Erwartungsangst führt zu Dauerak.vierung des Angstsystems Vermeidungsverhalten verhindert Habitua.on 1
2 Angststörungen sind häufige Erkrankungen Nach Bundesgesundheitssurvey (1998) lipen 14,2% der Bevölkerung zwischen 18 und 65 innerhalb eines Jahres unter einer klinisch relevanten Angststörung 12- Monatsprävalenz entspricht fast der Lebenszeitprävalenz 50% Komorbidität mit Depression, somatoformen Störungen oder Suchtstörung Hohe volkswirtschagliche Relevanz z. B. durch häufige AU- Tage und sozialmedizinische Folgen Bezeichnungen nach ICD- 10 Agoraphobie Soziale Phobie Spezifische Phobie stap phobische Neurose Panikstörung generalisierte Angststörung stap Angstneurose Angstdiagnos.k Erfragen von Leitsymptomen in der Anamnese Leitsymptome ermöglichen og schon Diagnose und therapeu.sche Weichenstellung Zeitlicher Verlauf der Symptoma.k? Zusammenhang mit biographischen Ereignissen? Ausmaß der Beeinträch.gung/Vermeidung? Genaue Abklärung mit strukturierten Interviews (SKID, DIPS, CIDI), Erfassung von Lebens- und Lerngeschichte, Symptomtagebüchern und Verhaltensanalyse Soma.sche Differen.aldiagnos.k Cave: Erklärungsmodell des Pa.enten bes.mmt Gebiet des aufgesuchten Arztes (O 2 - Mangel in vollem Kaunaus => Pneumologe oder Kardiologe) Cave: Über- Unter- und Fehldiagnos.k Auf Suchterkrankungen (Entzugssymptome achten) Hausarzt und Vorbefunde einbeziehen zügige Abklärung soma.scher Symptome gemäß diagnos.scher Leitlinien Häufige DD in der Akutmedizin: Panikanfälle 34 56% aller Pa.enten mit unauffälligem Herzkatheterbefund die diagnos.schen Kriterien einer Panikstörung erfüllen (Fleet et al, 2000) 16 25% aller Pa.enten in einer Notallambulanz als Diagnose einen Panikanfall aufweisen, ebenso wie 25 57% aller Pa.enten mit atypischem Brustschmerz (Jeejeebhoy et al, 2000) bei 50 98% aller Pa.enten, die wegen eines Panikanfalls eine kardiologische Sprechstunde aufsuchen, die Diagnose nicht gestellt wird! (Ormel et al., JAMA, 1994) Problem nicht gestellter Diagnosen: Pa.ent kommt mit körperlichen Symtomen eines Panikanfalls zur Diagnos.k Organmedizinische Diagnos.k o. B. Arzt: Sie sind gesund! Pa.ent hat keine Erklärung für seine Beschwerden erhalten, fühlt sich unverstanden und sucht bei neuen Beschwerden weiterführende Diagnos.k. 2
3 Panik- Teufelskreis Synonyme für Panikstörung in Arztbriefen Wahrnehmung Körperl. Veränderung (z. B. Pulsfrequenz ) Physiologische Angstreaktion: Puls RR Atmung Schwitzen, Vasokonstriktion, Muskelspannung Bewertung Gefahr Angst harmlos Neurozirkulatori- sche Asthenie Neurasthenie Hyperkine.sches Herzsyndrom DaCosta- Syndrom vegeta.ve Labilität Reizherz Herzphobie Herzneurose Hypochondrie Lokomotorische Angst Vasomotorische Neurose... Agoraphobie (ICD- 10 F40.0) Leitsymptom: Angst an bes.mmten Orten, von denen aus es keinen Fluchtweg gibt; Versuch, diese zu vermeiden. Kombina.on mit Panik u. Depression häufig Lebenszeitprävalenz: 5,7% m<w Arztbesuch v. a. wg. körperlichen Symptomen (z. B. Dyspnoe in vollen Räumen). Viele Pa.enten wissen nicht um die guten Therapiemöglichkeiten und suchen deshalb keine Hilfe. Soziale Phobie F40.1 Leitsymptom: Furcht vor prüfender Betrachtung in kleinen Gruppen und sozialen Situa.onen; Versuch, diese zu vermeiden. Lebenszeitprävalenz 2-10%, m=w Symptoma.k wird häufig verschwiegen. Arztbesuch allenfalls wg. körperlicher Symptome wie ZiPern, Schwitzen, Erröten. Häufig sek. Alkohol- oder Med.- Abusus. Spezifische Phobien F40.2 Leitsymptom: Angst vor spezifischen Objekten/Situa.onen (Tiere, Höhen, Fliegen, Blut, Spritzen); Versuch, diese zu vermeiden. Lebenszeitprävalenz 5-15%, m<w Viele Pa.enten wissen nicht um die guten Therapiemöglichkeiten und suchen deshalb keine Hilfe. Bei Blut- /Spritzenphobie ist Ohnmacht häufig! Hier gute Behandlungs- möglichkeit mit Applied Tension (2-4 Sitzungen). Panikstörung F41.0 Leitsymptom: Unvorhersehbar augretende Anfälle mit hegigen vegeta.ven Symptomen und Angst vor Tod oder Kontrollverlust. Häufig Verstärkung durch Hyperven.la.on Lebenszeitprävalenz 2,4%; m<w; bei Männern 2. Häufigkeitsgipfel um 40. Lj. Pa.enten kommen og zum Arzt, da sie körperl. Ursache der Symptome vermuten. Wich.ge DD in Notallsprechstunden. 3
4 Generalisierte Angststörung F41.1 Leitsymptom: ständige Sorgen zu wich.gen Lebensthemen, Suche nach Rückversicherung, veget. Symptome, Erschöpfung, Schlafstörung. Lebenszeitprävalenz etwa 6%, m=w Arztbesuch v. a. wg. Streßsymptomen, Schlafstörung und Erschöpfung. Viele Pa.enten wissen nicht um die guten Therapiemöglichkeiten und suchen deshalb keine Hilfe. Folgen der Chronifizierung sekundäre Depression Alkohol- oder Medikamentenabhängigkeit (v. a. Benzodiazepine) familiäre Problem berufliche Nachteile, häufige AU, Langzeitarbeitslosigkeit Exposi.onstherapie Wirksamste Behandlung bei Phobien und Zwängen Massive Konfronta.on wirksamer als abgestuges Vorgehen Cave: Bei Abbruch vor Symptomabfall oder verdeck- tem Vermeidungsverhalten Verschlechterung Systema.sche Desensi- bilisierung hat nur noch geringe Bedeutung. Kogni.ve Therapie Wirksamste Therapie u. a. bei Panikstörung und GAS Beginn: Informa.on und Erarbeiten eines Krankheitskonzepts Danach kein Überreden, sondern sokra.scher Dialog, strukturierte Selbstbeobachtung und Verhaltensexperimente (z. B. Hyperven.la.on- stest. Ziel: Modifika.on dyskunk.onaler Überzeugungen und automa.scher Gedanken Medikamentöse Therapie Benzodiazepine max. für eine Woche zur Kriseninterven.on, Abhängigkeit mit quälender Entzugs- symptoma.k bereits nach 3 Wochen möglich. β- Blocker pathophysiologisch gute Idee, aber leider wirkungslos. SSRI- An.depressiva als Alterna.ve zur VT und bei komorbider Depression Kombina.on SSRI & VT ist VT alleine nicht überlegen. Gefahr bei Medikamenten: Pa.ent apribuiert Erfolg auf die Pille und nicht auf sich. Physiotherapie und Herz- Kreislaugraining Herz- Kreislaugraining hilg den Pa.enten, wieder Vertrauen in ihren Körper zu gewinnen. Stabilisierung des kardiovaskulären Systems hoher an.depressiver Effekt Physiotherapie kann bei Verspannung und Fehlhaltung als Ursache thorakaler Beschwerden helfen. 4
5 Therapieevalua.on Konfronta.onsbehandlung ist das effek.vste Therapieverfahren bei Phobien. Bei 80% der Pa.enten langfris.g Beschwerdefreiheit. Neue Symptome treten nach der Therapie nicht häufiger auf, als in der Allgemeinbevölkerung. Massierte Reizkonfronta.on in vivo weist bessere Wirkung auf als systema.sche Desensibilisierung. Für die kogni.v- behaviorale Therapie der Panikstörung liegen weniger Studien mit kürzeren Katamnesen vor, die Ergebnisse scheinen jedoch ähnlich güns.g zu sein. Probleme: Nur 40% aller Pa.enten mit Angststörung erhalten überhaupt eine Behandlung, nur etwa 10% Verhaltenstherapie. Auch Verhaltenstherapeuten neigen dazu, bei Pa.enten mit phobischem Vermeidungsverhalten keine Konfronta.onsbehandlung durchzuführen. Unsachgemäß durchgeführte Konfronta.on kann Pa.enten demoralisieren und die Angst verschlimmern. Was wird aus den verbleibenden 20% therapierefraktärer Pa.enten? Diagnose: Agoraphobie (F40.00), depress. Reak.on (F43.20) Therapie: Nach Erstellen einer Angsthierarchie und kogni.ver Vorbereitung 8 Sitzungen abgestuger Exposi.on mit anschließender Anleitung zur Selbstexposi.on. Dazwischen und abschließend 5 Sitzungen zu den Themen Rückzug, Beziehung und Selbstzweifel. Katamnese: Am Ende der Therapie Symptomfrei- heit sowohl hinsichtlich der Agoraphobie als auch der Depression. Therapieerfolg stabil seit Wie kann ich Chronifizierung verhindern? Medizinische Diagnos.k entsprechend Leitlinien zügig durchführen Dem Pa.enten die Glaubhagigkeit der Beschwerden versichern Krankheitsbild benennen und Informa.on über Teufelskreismodell geben, Symptome des Pa.enten und Befunde (z. B. Sinustachykardie) damit verknüpfen Hinweis, daß es sich um eine häufige und gut bekannte Diagnose handelt Bei einzelnen Panikanfällen kann Erklärungsmodell + Verhaltensempfehlungen (keine Schonung!) ausreichen, sonst kogn. Verhaltenstherapie vorschlagen. BiPe nicht vergessen: Angststörungen sind in der Allgemeinpraxis häufig, die Pa.enten schildern v. a. deren körperliche Symptome. Aus der Lerntheorie lassen sich hierfür schlüssige Erklärungskonzepte und effek.ve Therapien ableiten. Diese sind leider vielen nicht bekannt. Sagen Sie den Pa.enten nicht Sie haben nichts! sondern erarbeiten Sie mit Ihnen ein schlüssiges Erklärungskonzept für die Symptome. 5
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