PHYTOPHARMAKA IN DER GYNÄKOLOGIE

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1 PHYTOPHARMAKA IN DER GYNÄKOLOGIE B. Kopp U. Kastner, Wien Auftreten von Symptomen während des Menstruationszyklus Prämenstruelles Syndrom Prämenstruelles Syndrom - PMS Somatische Beschwerden Mastodynie, Brustspannen Abdominalbeschwerden (Krämpfe, Blähungen, etc.) Ödeme, Gewichtszunahme Kopfschmerzen, Migräne Muskel-, Gelenksschmerzen Herzbeschwerden Psychische Beschwerden Gereiztheit, Nervosität, Konzentrationsschwäche Depressive Stimmungslage, Angstzustände Psychische Labilität Schlafstörungen, Müdigkeit, Heißhunger Pathogenese des PMS Hyperprolaktinämie Erniedrigte FSH- und LH-Spiegel Erniedrigte Östrogen- und Progesteronspiegel Ungleichgewicht zwischen Progesteron und Östrogenen Gestagenmangel in der Lutealphase 1

2 Therapie des PMS Folgen einer Hyperprolaktinämie Verhaltensänderung (life style modifications) Körperliche Bewegung Lichttherapie Salzrestriktion, Vermeidung von Coffein und Alkohol Schlafhygiene Ballaststoffreiche Ernährung Stressmanagement Medikamentöse Therapie Pflanzliche Therapie (in 80% ausreichend) Synthetika: SSRIs, Diuretika, Benzodiazepine, GnRH-Analoga, Danazol, etc. Homöopathie DD Prolaktinom Psychotherapie Hormonproduktion des Ovars Menopause Fertile Lebensphase Aus Cholesterol Produktion von Aldosteron, Cortisol, Testosteron, Östrogen und Progesteron Nach der Menopause Abnahme der Gestagen- und Östrogenproduktion bei Steigerung der Produktion von LH und FSH Folgen für Stoffwechsel und Psychovegetativum Knochen, Haut, Immunsystem, Gewicht, Fettverteilung, Lipoproteine, Urogenitalsystem, kardiovaskuläres System Menopause = Zeitpunkt, zu dem die zyklischen Regelblutungen aufhören (Mitteleuropa um das 50. Lebensjahr) Prämenopause = Zeitraum 5 Jahre vor der Menopause Postmenopause = Zeitraum ab 1 Jahr nach der Menopause (ein Drittel der Gesamtlebenszeit der Frau fällt in die Postmenopause und das Senium) 3 Stadien der Menopause Veränderungen von FSH, LH und Estradiol während Prämenopause, Menopause und Postmenopause u Gestagen-Mangel Präklimakterium Lebensjahr u Östrogen-Mangel KLIMAKTERIUM Lebensjahr u Androgen-Mangel Senium ab dem 65. Lebensjahr 2

3 Klimakterium Gestagenmangelsymptome u Höhepunkt, Wendezeit, Wechsel u Ist gekennzeichnet durch seelische, soziale und körperliche Veränderungen u Wird von den meisten Frauen als Abwertung ihrer Persönlichkeit erlebt u Prämenstruelle Schmierblutungen u Brust- und Bauchschmerzen u Ödeme u Migräne u Psychische Labilität Östrogennmangel= typische Wechselbeschwerden (I) Östrogennmangel= typische Wechselbeschwerden (II) u unregelmäßige Monatszyklen bis zum Ausbleiben der Blutung u Hitzewallungen und Schweißausbrüche u Schlafstörungen u Stimmungsschwankungen u Vaginale Beschwerden u Kontinenzprobleme u Osteoporose u Blutfett-, Gefäßveränderungen u Viele andere: trockene Augen, Nachlassen der cerebralen Leistungsfähigkeit, Gewichtszunahme,... Erfassung mittels Kuppermann-Index Erfassung mittels Kuppermann-Index Therapie der Wechselbeschwerden u AUFKLÄRUNG der Patientin u Lokalbehandlung der wichtigsten Symptome u HRT = Hormonersatztherapie u Phytotherapeutika Serumkonzentrationen von FSH, LH, Estradiol und Progesteron währends der perimenopausalen Übergangsphase im Vergleich zu einem normalen ovulatorischen bzw. verkürzten Zyklus in der Prämenopause 3

4 Klimakterisches Syndrom - Therapie Hormonersatztherapie Sequentialtherapie Simultantherapie Östrogen-Monotherapie Gestagen-Monotherapie Vorteile der Hormonersatztherapie schnelle Besserung des Beschwerdebildes Nachteil der Hormonersatztherapie Karzinomrisiko (Endometrium-Ca, Mamma-Ca) Pflanzliche Arzneimittel in der Frauenheilkunde - Stellenwert u Volksmedizin - Erfahrungsheilkunde u Rationale Phytopharmaka Mönchspfeffer (Keuschlammfrüchte, Agni casti fructus) Cimicifugawurzelstock (Cimicifugae racemosae rhizoma) u Nahrungsergänzungsmittel Rotklee (Trifolium pratense) Soja (Glycine max) Wirkung und Wirkungsamkeit von pflanzlichen Gynäkologika antiphlogistisch adstringierend keimhemmend spasmolytisch hormonartig (z.b. SERM*, -ähnlich) zentralnervös dopaminerg wirksamkeitsmitbestimmende Inhaltsstoffe Phytoöstrogene Phyto-SERMs Terpenoide ätherische Öle Gerbstoffe Phenolcarbonsäuren u.a. *SERM: selective estrogen receptor modulator Traditionelle Anwendung bei gynäkologischen Beschwerden in Ö Cimicifuga racemosa und Vitex agnus castus in Mitteleuropa nicht heimisch Traditionelle Anwendung von: Hb. Millefolii 15% Hb. Alchemillae 38% 16% Hb. Bursae pastoris Flos Lamii albi Flos Chamomillae 7% 7% 7% 10% Hb. Anserinae Rest Was sind Phytoöstrogene Pflanzeninhaltsstoffe, die am Östrogenrezeptor binden Können als Östrogenagonist oder -antagonist wirken, auch in Abhängigkeit vom Zielorgan Stoffgruppen: - Resorcylsäurelaktone ( Mycoestrogene ) - Isoflavonoide (Fabaceae, Poaceae) - Flavonoide - Lignane 4

5 PHYTO-ÖSTROGENE Vitex agnus castus ISOFLAVONOIDE (Sojabohnen,Rotklee) LIGNANE (Sesamsamen) 0,1% der Wirkung von humanen Östrogenen geringe Wirkung hohe Konzentration Vitex agnus castus Verbenaceae Diterpene in Vitex agnus castus Mönchspfeffer, Keuschlamm Verwendeter Pflanzenteil: Früchte (Pharm.Helv.) OH OH O O OH O Inhaltsstoffe: - Iridoide (z.b. Agnusid) - Flavonoide (z.b. Casticin) - Diterpene - ätherisches Öl, fettes Öl H OCOCH3 OCOCH 3 H OCOCH 3 Rotundifuran H OCOCH 3 5

6 Vitex agnus castus Wirkungen Anwendung - Hemmung der Prolaktinsekretion bei erhöhtem Ausgangswert (dopaminagonistisch) - Stimulation von LHrH-erhöhte Sekretion von LH erhöhter Progesteronspiegel - Bindung an Opioidrezeptoren - Regeltempoanomalien - prämenstruelle Beschwerden - Mastodynie - (Infertilität, Ovarialinsuffizienz) - (Depressio, klinmakterische Beschwerden) Wirkschema von Vitex agnus castus Arzneimittelinformation Vitex agnus castus u Dosierung wässrig-ethanolischer Extrakte: äquivalent mg Droge/die u bei PMS auch Studien mit 240mg/die u Einnahme über mindestens 3 Zyklen (auch während der Regelblutung) u ev. mit Tropfen etwas schnellerer Wirkungseintritt u Gut verträglich u Unerwünschte Wirkungen (Häufigkeit 1-2%): Ev. Hauterscheinungen, Pruritus, Urtikaria leichte GI Beschwerden, Übelkeit bei sehr hohen Dosen (480mgDroge/die) Kopfschmerzen, Müdigkeit Vitex agnus castus - Anwendungshinweise Gegenanzeigen - Überempfindlichkeit (sehr selten) Warnhinweise - diagnostische Abklärung vom Arzt, falls keine Besserung nach 3 Monaten, oder Verschlechterung der Beschwerden Wechselwirkungen - wechselseitige Wirkungsabschwächung bei gleichzeitiger Gabe von Dopamin-Rezeptor-Antagonisten (z.b. Neuroleptika, Antiemetika,...) Schwangerschaft, Stillzeit - Nicht in der Schwangerschaft! Nicht während Stillzeit, da Milchproduktion vermindert werden kann. Vitex agnus castus Therapiestudie: - Indikation: Corpus luteum-insuffizienz, PMS, klimakter. Beschwerden - Präparat: alkohol. Auszug aus Vitex agnus castus 1 : 5 (Agnumens ) - Studienart: multizentrische Untersuchung, 314 Arztpraxen, 1592 Patientinnen - Behandlung: 1 x tgl. 40 Tropfen (6-10 Monate Dauer) Ergebnis und Bewertung: Besserung der Symptome > 50 %, Beschwerdefreiheit bei 33 %, Nebenwirkungsrate 2,4 % Untergruppe unerfüllter Kinderwunsch : 38,6 % schwanger Vitex agnus castus - Präparate Zusammensetzung Standardisierung Agnofem ethan. Extrakt DEV 9,58-11,5 : 1 Kapseln 3,85 mg ED ~ 40 mg Droge Agnofem 100g enth. Tinktur 1:5 Tropfen 9g Tinktur 31mg ED (40gtt) Agnucaston 3,2-4,8 mg entspr. 40 mg Filmtabletten Extrakt Droge pro Tbl. Agnucaston 100 g enth. 2,4 g Droge pro Tropfen 0,192-0,288 g 100 g (~40 mg ED) Extrakt Agnumens 100 g entsp. ED ~ 200 mg Droge Tropfen Rp! 20 g Droge 6

7 Actea racemosa (Cimicifuga racemosa) Cimicifuga racemosa Heimat: - Kanada, Osten der Vereinigten Staaten Volkstümliche Bezeichnungen: - Traubensilberkerze, Frauenwurzel, Wanzenkraut (cimex = Wanze, fuga = Flucht); Black Cohosh Traditionelle Anwendung: - Gelenksschmerzen, Myalgien, Neuralgien, Rheumatismus - Behandlung klimakterischer Symptome, Beschwerden in der Schwangerschaft, Schmerzen bei der Geburt Actea racemosa Ranunculaceae Traubensilberkerze Verwendeter Pflanzenteil: Wurzelstock Inhaltsstoffe: - Saponinglykoside vom Cycloartan-Typ - Phenolcarbonsäuren (Fukinolsäure) - Hydroxyzimtsäureester - Isoflavone Cimicifuga - Inhaltsstoffe Cimicifuga - Inhaltsstoffe Triterpenglykoside Hydroxyzimtsäuren - Kaffesäure, Ferulasäure, Isoferulasäure Fukinolsäure, Cimicifugasäuren auch Cimiracemosid u.a. 7

8 Actea- Wirkungsmechanismus (I) 2 Typen von Östrogenrezeptoren ER-α, ER-ß je nach Organ in unterschiedlicher Dichte Pflanzliche Inhaltsstoffe: höhere Affinität zu ER-ß Entwicklung synthetischer Substanzen, die je nach Zielorgan als Östrogenagonist oder -antagonist wirken SERM (Selective Estrogen Receptor Modulation) Cimicifuga ist ein Phyto-SERM Actea Wirkungsmechanismus (II) In in vitro-bindungsmodellen an α- und ß- Östrogenrezeptoren nicht wirksam Offensichtlich östrogen-unabhängige Mechanismen Wirkung auf ZNS dopaminerge Wirkungsmechanismen Bindung an Serotonin-Rezeptoren Actea - Wirksamkeit Behandlung vegetativer Symptome klinisch belegt zwar Bindung an Östrogenrezeptor, aber vor allem Antiöstrogenaktivität Studie an über Frauen: Verringerung von Beschwerde-Indices (Kuppermann-Menopasuen- Index, menopasue Pating Scale) Kombination mit Hpyericum Positive Beeinflussung der psychischen Symptome (Hamilton Depression Rate Scale) Stimulierung der Osteoblasten + positiver Einfluss auf Marker des Knochenturnovers Erste Daten zur Beeinflussung der Cholesterinwerte Senkung LDL Erhöhung HDL Wirkstoff = Gesamtextrakt am Rezeptor gebundene Radioaktivität Verdrängung radioaktiv markierten Estradiols vom Rezeptor (1995) (Menge) Actea - Wirkungsmechanismus Actea weist keine östrogenidentische Wirkweise auf! Hormonstatus bleibt auch bei 6-monatiger Therapie unverändert keine östrogenartigen uterotropen oder vaginotropen Effekte Hemmung des Wachstums ER-positiver Brustkrebszelllinien, proliferationsfördernde Wirkung von Östradiol wird antagonisiert Neue Untersuchungen in vitro an Krebszelllinien Brust, Prostata: >>Apoptose und Inhibition der Proliferation Anwendung Wirkungen Actea racemosa - Prämenstruelle und dysmenorrhoische Beschwerden - Klimakterisch bedingte neurovegetative Beschwerden - LH-Suppression - Bindung an Östrogenrezeptor Dosierung - Tagesdosis: isopropanolischer (40%) bzw. ethanolischer (60%) Auszug: äquivalent mg Droge/Tag ältere Präparate 900mg/die (Rp!) 8

9 Actea - Anwendungshinweise Kein sofortiger Wirkungseintritt, erste therapeutische Effekte nach ca. 2 Wochen Behandlung über mind. 3 Monate empfehlenswert ohne ärztliche Anweisung jedoch nicht länger als 6 Monate Gegenanzeigen: - Überempfindlichkeit Nebenwirkungen: - gelegentlich Magenbeschwerden, Hautausschläge, Kopfschmerz - keine Nebenwirkung auf Endometrium oder Vaginalzytologie Chronische Toxizität, Mutagenität: - keine Actea - Iteraktionen Keine Interaktion mit Digoxin Keine Interaktion mit Midazolam Keine Interaktion mit CYP1A2, CYP2E1, CYP3A4/5 Geringe Interaktion mit CYP2D6 Actea - Präparate Actea - Präparate Zusammensetzung Standardisierung Tagesdosis Agnukliman 26,64 mg Extrakt entspr. 150 mg 900 mg Tabletten Rp! Droge pro Tbl. Agnukliman 100 g entspr. ethanol. Lösung 900 mg Tropfen Rp! 20 g Droge Remifemin 0,018-0,026 ml entspr. 20 mg 40 mg Tabletten Fluidextrakt Droge pro Tbl. (40 % i-prop.) Zusammensetzung Standardisierung Tagesdosis Jinda 4,5 mg Extrakt DEV 7-12:1 1 Tablette Tabletten 50% Ethanol ca. 40mg Klimadynon 1,66-2,86 mg DEV 7-12:1 2 Tabletten Filmtabletten Extrakt, entspr.20mg 40 mg Droge Droge, 58% Ethanol Therapeutische Wirksamkeit von Remifemin bei Patientinnen mit klimakterischen Beschwerden (Alter: Jahre) 9

10 Folium pratense Rotklee Glycine max - Sojabohne Stammpflanzen - Droge Trifolium pratense L. - Kraut vor der Blüte Glycine max (L.) Merr. meist Bohnen Keine traditionelle medizinische Anwendung in der Gynäkologie Positive Effekte der Phytoöstrogene aus epidemiologischen Daten und Clover Disease abgeleitet Indikation: klimakterische Beschwerden Folium pratense Rotklee Glycine max Sojabohne Inhaltsstoffe Folium pratense Isoflavone als Malonylglucoside (Formononetin, Biochanin A), geringe Anteile an Genistein und Daidzein Pflanzensäuren, Flavonoide Glycine max 35-40% Proteine 20-30% Kohlenhydrate Protease-Inhibitoren Saponine, Phanolcarbonsäuren Isoflavone an Malonyl-und Acetylglucoside an Proteine gebunden (Daidzein, Genistein, Glycitein) R 3 O Phytoöstrogene R 2 O R 1 R 1 R 2 R 3 GENISTEIN OH OH OH DAIDZEIN OH OH H hohe Bindungsaffinität an ß- Rezeptoren >> agonistisch geringe Bindungsaffinität an α- Rezeptoren in Brust, Uterus, Ovarien, Nebenniere Östrogene und/oder anti-östrogene Wirkungen an verschiedenen Zielgeweben Wirkstärke ca bis 10-5 verglichen mit endogenen Östrogenen L.Krenn, Inst.f.Pharmakognosie Östradiol 12 Å Genistein Folium pratense Rotklee Glycine max Sojabohne Wirkungsmechanismus Pharmakologische Studien bei Östrogenmangel: schwache östrogene Effekte bei hohem Ostrogenspiegel: Hemmung östrogener Effekte Klinische Studien unzählige, unterschiedliche Isoflavon quellen, unterschiedliche Qualität * menopausale Beschwerden * Osteoporose (Equolbildner besser) * cardiovaskuläre Erkrankungen (positiver Einfluss auf Plasmalipide und tw. auf vaskuläre Funktionen) * Brustkrebs - Prävention, etc. 10

11 Folium pratense Rotklee Glycine max Sojabohne Arzneimittelinformation Dosierung mg Isoflavone/die Therapeutischer Effekt nach 2-3monatiger Einnahme Einnahme über mind. 3 Monate empfehlenswert Aufteilung der Dosis zu empfehlen Verträglichkeit: gut Sicherheit: kein Hinweis auf Einfluss hinsichtlich Brustgewebe, Endometrimyhperplasie, etc. L. Krenn, Wien 11